Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.10.2023, RV/2100537/2023

Installationskünstlerin: Betriebsausgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache N.N., Adr.Bf., vertreten durch Z.Z. Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH & Co KG, Adr.StB, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2020, Steuernummer xxx, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Einkommensteuer 2020 wird festgesetzt mit 618,00 Euro.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) erzielte im Beschwerdejahr 2020 Einkünfte aus selbständiger Arbeit und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Die belangte Behörde erließ am den Einkommensteuerbescheid 2020 und setzte die Einkommensteuer mit 5.559,00 Euro fest. Begründend wurde u.a. ausgeführt, dass wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen die Besteuerungsgrundlagen gem. § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt wurde.

Die Bf. erhob durch ihre steuerliche Vertretung mit Schreiben vom Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid und beantragte die Festsetzung auf Basis der nunmehr erfassten Daten. Aufgrund einer Krebserkrankung sowie weiteren persönlichen Belastungen hätten die Unterlagen für die Steuererklärung 2020 nicht früher zusammengestellt werden können.

Die belangte Behörde erließ mit ein Ergänzungsersuchen, in welchem btr. Werbungskosten die Belege und eine Kostenaufstellung, wie sich die Gesamtsumme zusammensetze, abverlangt wurde. Zudem wurde auch der berufliche Aufgabenbereich der Bf. abgefragt und wie die Ausgaben mit dem Beruf der Bf. zusammenhängen würden.

Die Bf. beantwortete durch ihre steuerliche Vertreung mit Schreiben vom das Ergänzungsersuchen und legte folgende Unterlagen vor:
- Rechnungen zu Materialien. Zur Erläuterung, wozu diese benötigt würden, werde ausgeführt, dass es sich um Materialien handle, die für die Kunstprojekte erforderlich gewesen seien.
- Rechnung Mini-Küche, welche im Atelier verwendet werde.
- Mietverträge.

Die belangte Behörde erließ mit eine teilweise abändernde Beschwerdevorentscheidung und setzte die Einkommensteuer iHv. 723,00 Euro neu fest (bisher 5.559,00 Euro). In der Begründung wurde ausgeführt, dass die unter der Kennzahl 9100 (Waren, Rohstoffe, Hilfsstoffe) angegebenen Aufwendungen um 1.271,85 Euro gekürzt worden seien, da die Einkäufe bei "Firma1" und "Firma2" laut § 20 EStG unter Aufwendungen privater Lebensführung fallen würden und daher nicht abzugsfähig seien.

Die Bf. brachte durch ihre steuerliche Vertretung am den Antrag die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen ein (Vorlageantrag), und beantragte die Berücksichtigung der gekürzten Kosten, da diese Kosten ausschließlich den Kauf von Materialien für diverse Kunstprojekte betreffen würden.
Dem Vorlageantrag war eine Stellungnahme der Steuerpflichtigen beigefügt. Die Bf. sei Installationskünstlerin mit Spezialisierung auf Kunst im öffentlichen Raum an der Universität Y, Deutschland. Sie verfüge über mehr als 15 Jahre Erfahrung in der Kunst und ihre Arbeit bewege sich meist an der Schnittstelle zwischen konzeptioneller und objekthafter Arbeit. In den letzten 10 Jahren habe sie sich in Österreich auf ortsspezifische Interventionen spezialisiert. Sie sei ein sehr aktiver Künstler in der Ort1 Kulturszene und nehme an vielen Ausstellungen in diesem Bereich teil. Eine der Hauptmethoden ihrer Praxis beruhe auf der Verwendung und Re-Semantisierung von alten Objekten oder Antiquitäten. Sie verwende sie als Teil der Erzählung, als Objekt des Denkens und der Kritik, als Teil von Installationen und Interventionen, manchmal auch transformiert. Einige von ihnen würden als Unterstützung für die Arbeit dienen. Die Bf. ersuche die Anerkennung dieser Art von Rechnungen, die in ihrer Praxis üblich seien. Sie kämen immer wieder vor und sie habe eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit einigen Antiquitätenhändlern, bei denen sie die meisten ihre Objekte kaufe (z.B. Firma2).
Die Bf. legte der Stellungnahme als Anhang Fotos von Beispielen für ihre Arbeit mit Objekten/Antiquitäten bei.

Die belangte Behörde legte am die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und verwies im Vorlagebericht unter Punkt "Stellungnahme" darauf, dass die aus der Einnahmen-Ausgabenrechnung ausgeschiedenen Gegenstände vom Finanzamt in typisierender Betrachtungsweise als "der Lebensführung zugehörig" betrachtet worden seien.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. ist Installationskünstlerin. In ihrem Webauftritt [BFG-Akt OZ 17, Webauftritt-Auszug]

[...]

wird von ihr u.a. ausgeführt: [...]

Im Beschwerdeverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 beantragte die Bf. u.a. die Berücksichtigung folgender Ausgaben, welche von der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung als nichtabzugsfähige Ausgaben gem. § 20 ESt 1988 gewertet wurden:
Rechnung der Firma "Firma1" [BFG-Akt OZ 12] iHv. 140,85 Euro für Papiertischuntersetzer, Topfausguss, Schreibunterlage, Schale und Wärmeflasche.
Rechnungen der Firma "Firma2" [BFG-Akt OZ 9] iHv. gesamt 1.130,00 Euro für Porzellan, Lampen, Gebrauchsgegenstände, Sammelgegenstände, Kleinmöbeln und Sitzmöbel.
Auf den Belegen vom (Sitz- bzw. Kleinmöbel) iHv. 80,00 Euro und 70,00 Euro ist der Vermerk "Atelier", auf den Belegen vom (Kleinmöbel, Gebrauchsgegenstände, Sammelgegenstände) iHv. 80,00 Euro und (Tische, Schränke) ist der Vermerk "Installation" ersichtlich.
Gesamtbetrag aller Aufwendungen: 1.270,85 Euro.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Nach § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 sind Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abziehbar, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 enthält als wesentliche Aussage ein Abzugsverbot gemischt veranlasster Aufwendungen, dem der Gedanke der Steuergerechtigkeit insoweit zu Grunde liegt, als vermieden werden soll, dass ein Steuerpflichtiger auf Grund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und dadurch Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann, was ungerecht gegenüber jenen Steuerpflichtigen wäre, die eine Tätigkeit ausüben, die eine solche Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen nicht ermöglicht, und die derartige Aufwendungen aus ihrem bereits versteuerten Einkommen tragen müssen. Typischerweise der Lebensführung dienende Wirtschaftsgüter, für die eine private Mitveranlassung besteht, werden von der Regelung des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 erfasst (vgl. ).

Nach Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs können Aufwendungen für Wirtschaftsgüter, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung in gleicher Weise privat wie auch beruflich bzw betrieblich verwendet werden können, nur dann einkünftemindernd in Ansatz gebracht werden, wenn der Steuerpflichtige den Nachweis der (nahezu) ausschließlich beruflichen bzw betrieblichen Verwendung erbringt. Es hat also derjenige, der typische Aufwendungen der privaten Lebensführung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend macht, im Hinblick auf seine Nähe zum Beweisthema von sich aus nachzuweisen, dass diese Aufwendungen entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung (nahezu) ausschließlich die berufliche bzw betriebliche Sphäre betreffen ()

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO iVm. § 2a BAO haben die Verwaltungsgerichte unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (Grundsatz der freien Beweiswürdigung).

Beschwerdegegenständlich im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht ist ausschließlich die Frage ob Rechnungen für diverse Gegenstände der Firmen "Firma1" und "Firma2" in typisierender Betrachtungsweise als "der Lebensführung zugehörig" zu betrachten sind und damit dem Abzugsverbot gem. § 20 EStG 1988 unterliegen, oder Gegenstände vorliegen, die für die Installationskunst der Bf. erforderlich waren und damit Betriebsausgaben darstellen.
Hinsichtlich der übrigen geltend gemachten Aufwendungen erfolgte im Zuge des Beschwerdeverfahrens die Nachweisführung durch die Bf. und wurde von Seiten der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung die Anerkennung als Betriebsausgaben vorgenommen. Das Bundesfinanzgericht sieht diesbezüglich keinen Anlass von dieser Qualifizierung der belangten Behörde abzugehen.

Aus den Rechnungen der Firma "Firma1" [BFG-Akt OZ 12] iHv. 140,85 Euro ist ersichtlich, dass sich die Aufwendungen aus Kosten für Papiertischuntersetzer, Topfausguss, Schreibunterlage, Schale und Wärmeflasche zusammensetzen.
Auf den Rechnungen der Firma "Firma2" finden sich die Bezeichnungen Porzellan, Lampen, Gebrauchsgegenstände, Sammelgegenstände, Kleinmöbeln und Sitzmöbel.
Bei den angekauften Gegenstände handelt es sich um Wirtschaftsgüter, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung in gleicher Weise privat wie auch beruflich bzw betrieblich verwendet werden können. Entsprechend könne sie nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nur dann einkünftemindernd in Ansatz gebracht werden, wenn der Steuerpflichtige den Nachweis der (nahezu) ausschließlich beruflichen bzw betrieblichen Verwendung erbringt.
Die Bf. hat zwar in ihrer Stellungnahme vom und dem Webauftritt nachvollziehbar dargelegt, dass sie als Installationskünstlerin auch alte Objekte / Antiquitäten für ihre künstlerische Arbeit heranzieht. Allerdings wurden hinsichtlich der konkreten Aufwendungen lediglich in vier Rechnungen der Firma "Firma2" ein direkter Bezug zur Verwendung als Installationsobjekt (Rechnung vom und vom ) bzw. zum Gebrauch im Atelier (Rechnungen vom ) - Gesamtaufwendungen iHv. 300,00 Euro - und damit ein Nachweis für eine (nahezu) ausschließlich beruflichen Verwendung erbracht.
Da für die restlichen Gegenstände - Gesamtaufwendungen iHv. 830,00 Euro - kein entsprechender Nachweis erbracht wurde, geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass diese Objekte nicht Teil von Kunstinstallationen waren, sondern dass es sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung um typischerweise der Lebensführung dienende Wirtschaftsgüter iSd. § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 handelt, die dem Abzugsverbot unterliegen.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das vorliegende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs folgt, liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung beizumessen wäre. Im Übrigen handelt es sich im Beschwerdefall bei der Frage der Betriebsausgabeneigenschaft der strittigen Wirtschaftsgüter um eine auf der Sachverhaltsebene zu klärenden Tatsachenfrage, die nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu beantworten war. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof war daher nicht zuzulassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100537.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at