Keine Verpflichtung zur Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen (UVA) für Unternehmer im Erstattungsverfahren
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BDO Assurance GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Am Belvedere 4, 1100 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend
1. Verspätungszuschlag hinsichtlich der USt 2014 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom in Höhe von 411,73 €
2. Verspätungszuschlag hinsichtlich der USt 2015 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom in Höhe von 1.595,54 €
3. Verspätungszuschlag hinsichtlich der USt 2016 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom in Höhe von 3.334,81 €
Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
1. Der Verspätungszuschlag hinsichtlich der Umsatzsteuer 2014 wird mit 0,00 € festgesetzt.
2. Der Verspätungszuschlag hinsichtlich der Umsatzsteuer 2015 wird mit 0,00 € festgesetzt.
3. Der Verspätungszuschlag hinsichtlich der Umsatzsteuer 2016 wird mit 0,00 € festgesetzt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Hinsichtlich des Verfahrensgangs wird auf das Erkenntnis RV/2100810/2022 verwiesen. Strittig ist hier ausschließlich die Festsetzung von Verspätungszuschlägen aus den nicht erklärten Vorsteuerminderungen aus Entgeltsminderungen (Rabatten, Gutschriften, discounts, etc.) bzw. aus Nachforderungen aus der veranlagten Umsatzsteuer aus geschätzten Bemessungsgrundlagen (2014 und 2015). Für 2016 wurden lediglich Vorsteuerminderungen aus Rabatten vorgeschrieben. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf. hat es nach Ansicht der belangten Behörde offenbar unterlassen, die Entgeltsminderungen aus Roaminggebühren in entsprechenden Voranmeldungen zu erklären.
2. Beweiswürdigung
Der objektive Sachverhalt kann unbestritten der Aktenlage entnommen werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Rechtsquellen:
Bundesabgabenordnung (BAO)
§ 135 BAO
Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.
Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 222/2009
Art. 1: § 3a
Erstattungsverfahren für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer
(Anm.: § 3a) (1) Der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer hat die Erstattung mittels amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim Finanzamt Graz Stadt zu beantragen. Der Antrag ist binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist. In dem Antrag hat der Unternehmer den zu erstattenden Betrag selbst zu berechnen. Dem Erstattungsantrag sind die Rechnungen und die Belege über die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer im Original beizufügen.
(2) Der zu erstattende Betrag muss mindestens 400 Euro betragen. Das gilt nicht, wenn der Erstattungszeitraum das Kalenderjahr oder der letzte Zeitraum eines Kalenderjahres ist. Für diese Erstattungszeiträume muss der zu erstattende Betrag mindestens 50 Euro betragen.
(3) Der Unternehmer muss dem Finanzamt Graz-Stadt in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 1 durch behördliche Bescheinigung des Staates, in dem er ansässig ist, nachweisen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist.
Formular U 5, Antrag auf Vergütung der Umsatzsteuer für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer (Auszug)
Fußnote 1 lautet:
"1) Minderungen der Umsatzsteuer infolge des Rechnungsbetrags (zum Beispiel durch Skonti, Rabatte, Storni) sind wie folgt zu berücksichtigen:
a) Ist die betreffende Rechnung in dieser Einzelaufstellung aufgeführt, ist der gekürzte Umsatzsteuerbetrag anzugeben.
b) Ist die betreffende Rechnung in der Einzelaufstellung eines früheren Vergütungsantrages enthalten, ist die Minderung der Umsatzsteuer am Schluss der Einzelaufstellung anzugeben. Es ist auf die zugrundeliegende Rechnung Bezug zu nehmen."
Mit dem Verspätungszuschlag soll die Nichtabgabe oder verspätete Abgabe einer Steuererklärung und nicht eine inhaltliche Unrichtigkeit der Erklärung sanktioniert werden. Die Bf. ging von der Annahme aus, keine Umsätze in Österreich erzielt zu haben und unterließ daher die Einreichung einer Jahreserklärung.
Ausländische Unternehmer, ohne Sitz und Betriebstätte im Inland, haben entsprechende Minderungen von Vorsteuern im Rahmen des Erstattungsverfahrens zu berücksichtigen. Dies ist auch im amtlichen Vordruck - wie die Bf. zutreffend verweist - so vorgesehen. Daraus kann eine entsprechende Verpflichtung zur (zusätzlichen) Abgabe von Voranmeldungen in Rahmen des (vereinfachten) Erstattungsverfahrens nicht abgeleitet werden. Eine weitere Verschuldensprüfung ist daher entbehrlich.
Die Bf. hat objektiv betrachtet unrichtige Vorsteuererstattungsanträge eingereicht, zumal die Rabatte als Vorsteuerminderung (Entgeltsberichtigungen) unberücksichtigt geblieben waren. Für eine Verhängung von Verspätungszuschlägen findet sich in den oa. Gesetzesbestimmungen keine Deckung. Im Übrigen wird auf die Erkenntnisse des BFG RV/2100143/2020 vom , RV/2100117/2019 vom , RV/2101319/2019 vom , RV/2100186/2022 vom , RV/2100079/2022 vom , RV/2100462/2022 vom , RV/2100302/2022 vom verwiesen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Lösung des Beschwerdefalles wird direkt aus dem Gesetzestext und der ergangenen Verordnung abgeleitet.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100815.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at