Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.11.2023, RV/7102531/2022

Keine Werbungskosten bei unentgeltlicher Tätigkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela Fischer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch RPW Riedl & Pircher Steuerberatungs GmbH, Sudetendeutschestraße 7, 2100 Korneuburg, über die Beschwerde einlangend vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (in der Folge Bf.) ist Angestellter bei einem Versicherungsunternehmen und geschäftsführender Gemeinderat für Tourismus und Wirtschaft in ***1***. Er bekleidet eine Funktion im ***, kandidierte im Jahr 2018 für den *** Landtag und ist Obmann des Vereins ***2***.
Der Bf. erhält aufgrund nichtselbständiger Arbeit Bezüge aus dem Angestelltenverhältnis und der Tätigkeit im Gemeinderat. Für die Tätigkeit als Vereinsobmann erhält er keine Vergütungen und werden ihm keine Aufwendungen ersetzt.

Die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 wurde am eingereicht. Der Bf. beantragte die Berücksichtigung von Sonderausgaben (Versicherungsprämien und -beiträge sowie Darlehensrückzahlungen) iHv Euro 2.259,56 und 8.463,32 sowie aus Steuerberatungskosten iHv Euro 382,50.
Als Werbungskosten wurden "beruflich veranlasste Reisekosten" iHv Euro 4.700,20; "Fortbildungskosten" iHv Euro 535,50 und "sonstige Werbungskosten" iHv Euro 14.455,13 beantragt; insgesamt Euro 19.690,83.

Da das Ergänzungsersuchen der Behörde vom trotz Fristverlängerung unbeantwortet blieb, erging der Einkommensteuerbescheid 2018 am . Es wurden die beantragten Sonderausgaben mit einem Betrag iHv Euro 60,00 (Topfsonderausgaben § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988) sowie die Steuerberatungskosten und der Kirchenbeitrag berücksichtigt. Mangels entsprechender Unterlagen wurden Werbungskosten lediglich in Höhe des Pauschbetrages in Abzug gebracht.

Nach Fristverlängerung wurde rechtzeitig am , einlangend am , die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 eingebracht.
Zum Nachweis der Werbungskosten lagen der Beschwerde Aufstellungen über Höhe und Zweck der Ausgaben bei. Das beantragte Kilometergeld war damit begründet, dass seitens des Arbeitgebers nicht das gesamte gesetzliche Kilometergeld bezahlt werde und daher der Differenzbetrag geltend gemacht werde. Es wurde auf die politischen Funktionen des Bf. im Gemeinderat und im *** hingewiesen. Zur Tätigkeit als Obmann des Vereins war angeführt, dass diese neun Gemeinden in der Region umfasse und zu einer erheblichen Ausweitung der politischen Tätigkeit über die Heimatgemeinde des Bf. hinaus sowie zu höheren Ausgaben führe. Dies sei mit einem erheblichen Einsatz von Ressourcen in zeitlicher und finanzieller Hinsicht verbunden und werde ersucht dies zu berücksichtigen.
Aus den beiliegenden Tabellen seien die Reisekosten und Werbeaufwendungen ersichtlich. Kopien der gesamten Belege könnten aufgrund des Umfangs nicht vorgelegt werden, würden aber auf Verlangen nachgereicht werden.
Es wurde die Veranlagung der Einkommensteuer 2018 entsprechend der Erklärung beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Das Ergänzungsersuchen vom mit der Bitte um Vorlage entsprechender Unterlagen und Nachweise zu den beantragten Aufwendungen sei nicht fristgerecht beantwortet worden.

Am wurde ein Vorlageantrag eingebracht.
Dem Schriftsatz lagen u.a. bei: Belege zum Jahr 2018; Bestätigung der Gemeinde ***1***, Bestätigung des Vereins - beide betreffend Tätigkeit, Aufstellungen zur Steuererklärung und das Schreiben zur Fristverlängerung vom (insgesamt 220 Seiten).
Es wurde darauf hingewiesen, dass die Fristverlängerung für die Beantwortung des Ergänzungsersuchens noch bis aufrecht sei. Es werde zum Ergänzungsersuchen wie folgt Stellung genommen.
Die Aufzeichnungen über die Fahrten betreffend Kilometergeld seien dem Fahrtenbuch der Versicherung (Dienstgeber) und der beigefügten Aufstellung zu entnehmen. Es werde nur der Differenzbetrag zum amtlichen Kilometergeld geltend gemacht.
Die weiteren Werbungskosten resultieren aus der politischen Tätigkeit des Bf. Die entsprechenden Aufstellungen und dazugehörigen Belege (Rechnungen über Zeitungsanzeigen, Kalender etc.) liegen dem Vorlageantrag bei.

Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht (BFG) mit Vorlagebericht vom vorgelegt.
Die Behörde nahm zum Vorlageantrag im Vorlagebericht Stellung und kam nach Prüfung der beigebrachten Unterlagen hinsichtlich der beantragten Werbungskosten zum Schluss dass aufgrund der vorliegenden Nachweise u.a. anzuerkennen seien:
die beantragten Kilometergelder/Differenzbeträge aus dem Angestelltenverhältnis bei der Versicherung iHv Euro 2.662,36;
Fortbildungskosten und Kosten für Eintritte iHv Euro 620,50;
die beantragten Aufwendungen für Werbung im Rahmen der politischen Funktionen und des Wahlkampfes iHv Euro 10.917,10.
Hinsichtlich der weiteren Werbungskosten sei zu unterscheiden, ob diese aus der Tätigkeit als Politiker resultieren, denen Bezüge zu Grunde liegen oder nicht.
Wenn die Aufwendungen mit der Tätigkeit als Vereinsobmann in Verbindung stehen, aus der keine Einnahmen resultieren, seien sie nicht abzugsfähig. Da der Bf. die Aufwendungen dahingehend nicht trennen konnte, werde im Schätzungswege ein Anteil von 10% der Obmannstätigkeit zugeordnet und sei dieser Teil nicht zu berücksichtigen.
Für die "Reisekosten Politik" folge daraus eine Kürzung um Euro 178,50 (425 km lt. Fahrtenbuch x 0,42), d.h. Anerkennung iHv Euro 1.859,34;
Für die "Spenden" folge daraus ebenfalls eine Kürzung, wobei mangels ordnungsgemäßer Belege schon ein Betrag von 420,00 nicht abzugsfähig sei.
Insgesamt bedeute dies - gesamt beantragt 1.710,00 abzgl. 420,00 = 1.290,00 davon 90% somit Euro 1.161,00 zu berücksichtigen.
Für die "Bewirtungsspesen" folge daraus ein Kürzung ebenfalls um 10%, d.h. Anerkennung iHv Euro 1.568,73.
Die Summe der anzuerkennenden Werbungskosten betrage Euro 18.789,03.

Demzufolge wurde seitens der Behörde beantragt der Beschwerde teilweise stattzugeben.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Wie in den Entscheidungsgründen angeführt ist, erhielt der Bf. Bezüge aus dem Angestelltenverhältnis bei einer Versicherung und aus der Tätigkeit im Gemeinderat. Für die Tätigkeit als Obmann des Vereins ***2*** erhielt der Bf. keine Vergütungen und wurden ihm keine Aufwendungen ersetzt.
Strittig war die Höhe der anzuerkennenden Werbungskosten, insbesondere im Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des Bf.

Gemäß § 16 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Demzufolge können Ausgaben als Werbungskosten nur dann in Abzug gebracht werden, wenn sie mit Einnahmen in Verbindung stehen.

Auch wenn der Bf. vorbrachte, dass sowohl die Tätigkeit als Gemeinderat, als auch die Tätigkeit als Obmann des Vereines als politische Tätigkeit zu sehen sei und diese in enger Verbindung stünden, konnten die Aufwendungen, die als Folge der unentgeltlichen Tätigkeit als Obmann des Vereins ***2*** entstanden waren, nicht bei Ermittlung der Einkünfte in Abzug gebracht werden.
Eine dahingehend klare Trennung der mit den beigebrachten Unterlagen nachgewiesenen Aufwendungen aus der politischen Tätigkeit war seitens des Bf. nicht möglich.

Dem BFG erscheint in freier Beweiswürdigung dafür eine Schätzung iHv 10% der jeweiligen Aufwendungen und deren Zuordnung zur Obmannstätigkeit als angemessen. Die Höhe der Kürzung entspricht dem im Vorlagebericht der Behörde genannten Prozentsatz und war dies dem Bf. auch mit dem ihm übermittelten Vorlagebericht zur Kenntnis gebracht worden.

Das BFG kam daher nach Prüfung der beigebrachten Unterlagen und Belege zum Schluss, dass die als Werbungskosten beantragten Aufwendungen aus dem Titel "Reisekosten Politik", "Spenden", "Bewirtung" in entsprechender Höhe zu kürzen waren.

Aufgrund der dem BFG vorliegenden Belege, Aufstellungen und Berechnungen des Bf. sowie der Stellungnahme der Behörde im Vorlagebericht waren die beantragten Werbungskosten in folgender Höhe bei der Ermittlung der Einkünfte in Abzug zu bringen.
Auf die in den Entscheidungsgründen angeführten Details wird ergänzend hingewiesen.

Berechnung "sonstige Werbungskosten"


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Text
Lt. Erklärung
Lt. BFG
Anmerkung BFG
Kilometergeld / Differenzbetrag
2.662,36
2.662,36
Reisekosten Politik
2.037,84
1.859,34
Kürzung "Obmann"
Summe Reisekosten ges.
4.700,20
4.521,70
Eintritte
85,00
85,00
Spenden
1.710,00
1.161,00
Belegmangel und Kürzung "Obmann"
Bewirtung
1.743,03
1.568,73
Kürzung "Obmann"
Werbung
10.917,10
10.917,10
Summe sonst. Werbungskosten
14.455,13
13.731,83
Fortbildung
535,50
535,50
Werbungskosten gesamt lt. BFG
18.789,03

Bei Berechnung des Einkommens waren weiters Sonderausgaben u.a. aus dem Titel "Steuerberatungskosten" und "Kirchenbeitrag" erklärungsgemäß sowie Euro 60 als Topf-Sonderausgaben in Abzug zu bringen.

Aufgrund der oben angeführten Feststellungen war der Beschwerde teilweise stattzugeben.

Die Entscheidung war wie im Spruch angeführt zu treffen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da dieses Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängig ist, ist eine Revision nicht zulässig.

BEILAGE - Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102531.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at