Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.11.2023, RV/7200054/2023

Keine Nacherhebung der Einfuhrumsatzsteuer wenn der Nachforderungsbetrag die in § 14 ZollR-DV normierte Grenze von € 10,00 nicht erreicht.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Österreich vom , MRN ***1***, betreffend Einfuhrumsatzsteuer zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Zollanmeldung MRN ***1*** vom kam es im Postverkehr zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr (Art. 5 Nr. 16 Buchstabe a UZK) einer aus Pakistan stammenden Sendung mit einer Rohmasse von 0,042 kg. Als Anmelder und indirekter Vertreter des Empfängers (Art. 5 Nr. 15 UZK) ist in dieser Zollanmeldung die Österreichische Post AG vermerkt. Der nunmehrige Beschwerdeführer (Bf.), Herr ***Bf.***, scheint im Feld 8 der Zollanmeldung als Empfänger auf.

Das Zollamt Österreich setzte mit Mitteilung vom gem. Art. 102 UZK die Eingangsabgabenschuld fest. Diese Mitteilung gilt gem. § 59 ZollR-DG als Abgabenbescheid. Die Abgabenfestsetzung betrifft ausschließlich die Einfuhrumsatzsteuer in der Höhe von € 0,80, zumal es sich um eine Sendung mit einem Zollwert unter € 150,00 handelt, die gem. Art. 23 der Zollbefreiungs-Verordnung zollfrei zu belassen ist.

Anlässlich der Zustellung der Sendung hatte der Bf. der Post neben dieser Eingangsabgabenschuld zusätzlich zur Abgeltung deren Leistungen einen "Importtarif" in der Höhe von € 5,00 zu entrichten.

Gegen den erwähnten Bescheid vom richtet sich die Beschwerde des Bf. vom in der es u.a. heißt:

"Die Einfuhrumsatzsteuer wurde vom Verkäufer bzw. von der Verkäuferplattform bereits eingehoben (siehe Kopie von der Kaufbestätigung und Kopie vom Kuvert). Die lOSS-Nummer lautet ***2*** und war deutlich sichtbar außen am Versandkuvert angeführt, ebenso der Wortlaut "VAT Paid" (siehe Kopie vom Kuvert).

Im Falle einer für mich positiven Entscheidung, bitte ich den Betrag auf folgendes Konto zu überweisen:

….."

Das Zollamt Österreich wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. ***3***, als unbegründet ab.

Der Bf. stellte daraufhin Eingabe vom den Vorlageantrag und führte dazu u.a. aus (auszugsweise Wiedergabe):

"Die Einfuhrumsatzsteuer wurde vom Verkäufer bzw. von der Verkäuferplattform bereits eingehoben (siehe Kopie von der Rechnung und Kopie vom Kuvert). Die lOSS-Nummer lautet ***2*** und war deutlich sichtbar außen am Versandkuvert angeführt, ebenso der Wortlaut "VAT Paid" (siehe Kopie vom Kuvert).

Wie in der Beschwerdevorentscheidung, GZ: ***3***, Seite 3, 4.Absatz angeführt, muss der Verkäufer/die elektronische Schnittstelle die IOSS Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer dem Einführer (d.h. dem Empfänger) oder seinem Zollvertreter mitteilen.

Durch das Anführen dieser Nummer auf dem Versandkuvert im Adressfeld sehe ich diese Anforderung als erfüllt an (siehe Kopie des Kuverts). Der Anmelder hat die deutlich sichtbare IOSS- Nummer In die Zollanmeldung nicht eingetragen.

Wenn ich in meiner Beschwerde die lOSS-Nummer angeführt habe, so stellt das keine unzulässige, nachträgliche Beibringung dieser Nummer dar, wie in der Beschwerdevorentscheidung angeführt (Seite 3, 2.Absatz), weil sie ja deutlich sichtbar am Kuvert angeführt war/ist.

Die in der Beschwerdevorentscheidung, Seite 3, 3.Absatz (Zitat: Seitens des Versenders erfolgte keine elektronische Datenübermittlung der Identifikationsnummer an den Anmelder) angeführte Feststellung mag zwar stimmen, eine Verpflichtung zur elektronischen Datenübermittlung der Identifikationsnummer an den Anmelder kann ich daraus nicht ableiten. Diese Verpflichtung stünde sonst im Widerspruch zu " ... muss der Verkäufer/die elektronische Schnittstelle die IOSS Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer dem Einführer (d.h. dem Empfänger) oder seinem Zollvertreter mitteilen..." (Seite 3, 4.Absatz).

Eine am gestellte Bitte an das Verzollungspostamt, mir die gesetzliche Grundlage für die "elektronische Übermittlung der lOSS-Nummer durch den Versender" mitzuteilen, blieb mir das erwähnte Postamt bisher schuldig. In den in der Berufungsvorentscheidung erwähnten rechtlichen Vorgaben konnte ich die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung der lOSS-Nummer durch den Versender nicht erkennen, sondern, wie auch in der Beschwerdevorentscheidung angeführt, ist immer nur von einer Mitteilung an den Einführer (d.h. Empfänger) oder seinem Zollvertreter die Rede.

Zusammenfassung

Wie Sie all' meinen Eingaben bisher entnehmen können, bin ich an einer regelkonformen und legalen Abwicklung von Importen von Waren in Sendungen mit geringem Wert aus Drittländern interessiert.

Die Möglichkeit der Sonderregelung gemäß § 25b UStG 1994, dass der Lieferer bzw. die elektronische Schnittstelle die Einfuhrumsatzsteuer einhebt und an das FA abführt (ich sag einmal "IOSS-Verfahren"), halte ich für eine Erleichterung und Vereinfachung für alle Beteiligten (Lieferer, Anmelder, Zollamt, Empfänger). Leider sieht die Praxis anders aus! Die in der vorliegenden Beschwerde bezeichnete Lieferung erfüllt folgende Voraussetzungen für ein lOSS-Verfahren:

a. Lieferung erfolgte aus einem Drittland

b. Der Warenwert liegt unter 150,- (US$ 25,49)

c. Die USt wurde von der elektronischen Schnittstelle eingehoben (US$ 7,10)

d. Die lOSS-Nummer ist/war am Kuvert deutlich sichtbar angeführt

e. Die Waren unterliegen keinen Verboten oder Beschränkungen

Trotz Einhaltung aller oben erwähnten Voraussetzungen wurde mir die Einfuhrumsatzsteuer ein weiteres Mal verrechnet, was eine zusätzliche Gebühr durch die Post zur Folge hatte.

Meine bisherige Vorgehensweise war/ist nichts Anderes als Versuch und Irrtum. Der Bitte an die Zollstelle Wien Post (und an die Post), mir auf Grund der Komplexität der Zoll-Verfahren, einen gangbaren Weg mitzuteilen, sind weder das Zollamt noch die Post nachgekommen. Die Post hat mir vorgeschlagen, solche Sendungen nicht anzunehmen, was ich im ersten Moment, verzeihen Sie mir den Ausdruck, als Verarschung empfunden habe. Mittlerweile bin ich aber so weit, eine der letzten Sendungen wurde mir nicht ausgefolgt, weil ich die Übernahme der Postgebühren abgelehnt.

…"

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. bestellte die in Rede stehenden Wirtschaftsgüter über eine bekannte Internetplattform und bezahlte für die aus dem Drittland eingeführten Waren laut seinen glaubwürdigen Angaben die darauf entfallende Steuer doppelt.

Nämlich einerseits dem Verkäufer (in Form der Umsatzsteuer) und zusätzlich der Post (in Form der Einfuhrumsatzsteuer). Dass der österreichische Fiskus die Abgaben doppelt vereinnahmt hat, ist nach der Aktenlage nicht erwiesen. Lediglich die Einhebung der Einfuhrumsatzsteuer ist als gesichert anzunehmen.

2. Beweiswürdigung

Die Beweiserhebung seitens des Bundesfinanzgerichtes erfolgte durch Einsichtnahme in die vom Zollamt elektronisch vorgelegten Verwaltungsakte und unter zusätzlicher Berücksichtigung der Ergebnisse des eignen Ermittlungsverfahrens.

Daraus ergibt sich der oben wiedergegebene Sachverhalt und der geschilderte Verfahrensgang.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtslage

§ 6 Abs. 4 Z 9 UStG bestimmt:

"Steuerfrei ist die Einfuhr der Gegenstände, für die die Umsatzsteuer im Rahmen der Sonderregelung gemäß § 25b zu erklären ist und für die spätestens bei der Abgabe der Einfuhrzollanmeldung die, für die Anwendung dieser Sonderregelung zu erteilende, Identifikationsnummer des Lieferers der zuständigen Zollstelle vorgelegt wurde."

§ 25b Abs. 1 UStG (Sonderregelung für Einfuhr-Versandhandel) bestimmt:

"Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Sonderregelung

(1) Unternehmer gemäß Z 1 können für Einfuhr-Versandhandel gemäß § 3 Abs. 8a, bei dem der Einzelwert der Waren je Sendung 150 Euro nicht übersteigt, auf Antrag, abweichend von den allgemeinen Vorschriften, die nachstehende Sonderregelung in Anspruch nehmen, wenn dies nicht nach Abs. 8, § 25a Abs. 10, Art. 25a Abs. 10 oder einer vergleichbaren Sperrfrist in einem anderen Mitgliedstaat ausgeschlossen ist. Diese Bestimmung gilt nicht für verbrauchsteuerpflichtige Waren.

Der Antrag ist über das für diese Zwecke beim Bundesministerium für Finanzen eingerichtete Portal einzureichen."

§ 14 ZollR-DG bestimmt:

"Die Mitteilung der Zollschuld hat im Sinn von Art. 88 Abs. 1 und 2 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2015/2446 zu unterbleiben, wenn im Fall einer durch einen Verstoß entstandenen Zollschuld der Gesamtbetrag der Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben sowie im Fall einer nachzuerhebenden Zollschuld der Betrag der nachzuerhebenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben 10 Euro je Erhebungsmaßnahme nicht erreicht."

Erwägungen

Es steht unstrittig fest, dass in der o.a. Zollanmeldung vom die in § 6 Abs. 4 Z 9 UStG genannte Identifikationsnummer des Lieferers nicht angeführt war. Alleine aus dieser für das Schicksal der vorliegenden Beschwerde entscheidenden Feststellung folgt, dass die in der eben zitierten Norm festgelegten Voraussetzungen für die Anwendung der Steuerfreiheit nicht vorliegen.

Damit gleicht das verfahrensgegenständliche Verfahren in den wesentlichen entscheidungs-maßgeblichen Aspekten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht dem ähnlich gelagerten Fall des selben Beschwerdeführers, über den das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , GZ. RV/7200053/2023, entschieden hat. Aus den im eben erwähnten Erkenntnis genannten Gründen, auf die ausdrücklich verwiesen wird, ist auch im Streitfall die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Ergänzend dazu ist festzustellen:

Der Kaufpreis der in Rede stehenden eingeführten Wirtschaftsgüter inkl. Versandkosten und somit die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Einfuhrumsatzsteuer beträgt laut Beschwerdevorbringen US$ 35,49 bzw. € 34,02.

In der o.a. Mitteilung gem. Art. 102 UZK ist hingegen als Bemessungsgrundlage nur ein Betrag in der Höhe von € 4,02 angeführt. Dieser Fehler ist offensichtlich auf unrichtige Angaben in der Zollinhaltserklärung zurückzuführen.

Die Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer auf der Basis des zutreffenden Wertes gem. § 5 UStG von € 34,02 ergäbe einen Betrag in der Höhe von € 6,80 und somit im Hinblick auf den bereits entrichteten Abgabenbetrag von € 0,80 eine Nachforderung in der Höhe von € 6,00. Von einer solchen Nacherhebung ist allerdings gem. § 14 ZollR-DG abzusehen.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der hier zu klärenden Fragen ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Es musste daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 59 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 25b UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 14 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7200054.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at