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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.11.2023, RV/5100578/2019

Schätzung von Einkünften aus nicht erklärten Transportfahrten in einen Drittstaat

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter *** Mag. R. *** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch DDr Hiebl Karl R u Mag Lirk Alexander, Stadtplatz 50 Tür 2, 5280 Braunau/Inn, über die Beschwerde vom (Schreiben vom ) gegen die Bescheide des Finanzamtes Braunau Ried Schärding (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Wiederaufnahme Einkommensteuer 2013 bis 2016, Aufhebung Einkommensteuerbescheid für 2017 vom gemäß § 299 BAO, Einkommensteuer 2013 bis 2017 sowie Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2013 bis 2015, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***31*** zu Recht erkannt:

I.1 Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) gab am über Finanzonline eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2013 ab. Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt ***1*** die Einkommensteuer für 2013 mit - 549,00 € (Gutschrift) erklärungsgemäß fest, wobei nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit angesetzt wurden.

Am gab der Bf. eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2015 ab und wurde die Einkommensteuer für 2014 am erklärungsgemäß mit - 451,00 € (Gutschrift) festgesetzt, wobei wiederum nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit angesetzt wurden.

Auch für die Jahre 2015, 2016 und 2017 wurden vom Bf. jeweils Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung abgegeben und erfolgte jeweils eine erklärungsgemäße Festsetzung der Einkommensteuer für diese Jahre wie folgt, wobei jeweils nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit angesetzt wurden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Erklärung vom
Datum Bescheid
festgesetzte Einkommensteuer
2015
- 341,00 € (Gutschrift)
2016
- 443,00 € (Gutschrift)
2017
- 577,00 € (Gutschrift)

Aufgrund einer durch die Finanzpolizei an das Finanzamt ***1*** übermittelten Kontrollmitteilung der Polizeiinspektion (PI) ***2*** vom , wonach der Bf. wöchentlich Personen nach *** Drittstaat *** sowie auch bei der Rückfahrt von *** Drittstaat *** zu einem Preis von € 55,00 befördern würde, der eine von Organen der Finanzpolizei aufgenommene Niederschrift mit dem Bf. vom angeschlossen war, erging vom Finanzamt ***1*** am folgendes Ersuchen:

Der Bf. wurde ersucht, für die Jahre 2013-2017 vollständig ausgefüllte Einkommensteuererklärungen (Formular E1) inklusive Beilage E1a mit den Einkünften aus Gewerbebetrieb (Personenbeförderung) bis zum einzureichen.
Weiteres wäre eine detaillierte Einnahmen/Ausgabenrechnung für die genannten Jahre beizulegen.
Der Bf. wurde ferner darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Schreiben eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 14 Abs. 3 Finanzstrafgesetz für frühere Jahre darstellen würde und daher gem. § 29 Abs. 3 lit. a FinStrG einer nunmehr eventuell erstatteten Selbstanzeige eine strafbefreiende Wirkung nicht zukommen würde.

Dieses Ersuchen beantwortete der Bf. mit einem am beim Finanzamt ***1*** eingegangenen Schreiben wie folgt:

Er wäre Freitag, den ***3***2014, mit 9 Personen nach *** Drittstaat *** gefahren und wäre in ***4*** beim Kreisverkehr kontrolliert worden. Es sei diesbezüglich eine Aussage vorhanden. Ab diesem Zeitpunkt wäre er häufig nach *** Drittstaat *** gefahren und zwar manchmal mit seinem Auto, manchmal wäre er mit jemandem mitgefahren, da er in *** Drittstaat *** Großeltern hätte und sich um sie kümmern würde. Manchmal hätte er 2-3 Personen mitgenommen und die Spritkosten geteilt. Sie hätten ihn nicht für die Fahrt bezahlt. So hätte er das auch gemacht, wenn er mit anderen mitgefahren wäre. Wenn er Urlaub gehabt hätte (Weihnachten, Sommer) und Ferien von der Schule gewesen wären, wäre er mit der Familie gefahren und würde auch weiterhin so fahren (Semesterferien, Ostern sowie Feiertage/Zwickeltage).

Eine Einkommensteuererklärung samt Beilage für Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Formular E1a) sowie Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen für die Jahre 2013 bis 2017 hat der Bf. nicht abgegeben bzw. vorgelegt.

Mit Bescheiden vom nahm das Finanzamt ***1*** die Verfahren betreffend Einkommensteuer 2013 bis 2016 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wieder auf und begründete diese Bescheide gleichlautend wie folgt:

"Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gem. § 303 (1) BAO, weil die in der Begründung des Sachbescheides näher ausgeführten Tatsachen und Beweismittel neu hervorgekommen sind, die im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht worden sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse der Behörde an der Rechtsrichtigkeit der Entscheidung. Das Interesse auf Rechtsbeständigkeit und die Auswirkungen können nicht als geringfügig angesehen werden."

Ebenfalls mit Bescheid vom wurde der Einkommensteuerbescheid für 2017 vom gemäß § 299 BAO aufgehoben und wurde diese Aufhebung wie folgt begründet:

"Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
Auf Grund einer Überprüfung des Bescheides und der zugrunde liegenden Unterlagen wurde eine sich aus der Begründung des neuen Sachbescheides ergebende inhaltliche Rechtswidrigkeit des im Spruch bezeichneten Bescheides festgestellt, die eine Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO erforderlich macht.
Die Aufhebung wird unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse an der Rechtsrichtigkeit das Interesse auf Rechtsbeständigkeit. Die steuerlichen Auswirkungen sind auch nicht bloß geringfügig."

Weiters wurden am neue Sachbescheide Einkommensteuer 2013 bis 2017 erlassen, mit denen neben den bisher festgesetzt gewesenen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch Einkünfte aus Gewerbebetriebe festgesetzt wurden und zwar für die Jahre 2014 bis 2017 jeweils € 5.000,00 und für 2013 € 2.500,00.

In der Begründung dieser Bescheide wurde ausgeführt, dass die Wiederaufnahme unter Zugrundelegung der neuen Tatsachen und Beweismittel erfolgt wäre. Laut vorliegenden Unterlagen würde der Bf. regelmäßig Fahrten nach *** Drittstaat *** unternehmen. Es würden Personen befördert und dadurch wiederkehrend Einnahmen erzielt werden. Da keine Unterlagen vorgelegt worden wären (wann genau haben Fahrten stattgefunden, wieviele Personen wurden befördert), werde die Veranlagung im Schätzungswege durchgeführt. Es werden Einnahmen in Höhe von 10.000,- pro Jahr angesetzt, wovon 5.000,- als Ausgaben für Treibstoff etc. in Abzug gebracht werden (für 2013: Einnahmen von € 5.000,00 und € 2.500,00 an Ausgaben).

Schließlich ergingen am auch Anspruchszinsenbescheide für die Jahre 2013 bis 2015.

Alle diese Bescheide wurden ohne Zustellnachweis an den Bf. zugestellt.

Gegen alle diese Bescheide erhob der Bf. mit Schreiben vom Beschwerde und zwar wurden die Wiederaufnahmebescheide Einkommensteuer 2013 bis 216, der Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO betreffend Einkommensteuer 2017 und die Anspruchszinsenbescheide 2013 bis 2015 im gesamten Umfang bekämpft. Hinsichtlich der Einkommensteuerbescheide 2013, 2014, 2015, 2016, 2017 richtet sich die Beschwerde gegen die erhöhte Festsetzung der Einkommensteuer und die Schätzung des Einkommens.

Sachverhaltsmäßig wurde in der Beschwerde folgendes vorgebracht:

Der Bf. wäre Eigentümer eines Hauses in ***5***, ***6***, ***7***. Der Bf. hätte im selbigen Ort in *** Drittstaat *** auch Familie (Großmutter und Großvater). Seit 2012 würde der Bf. regelmäßig nach *** Drittstaat *** fahren, um seine Großeltern zu besuchen und nach seinem Haus zu sehen.

Der Bf. würde bei den Fahrten nach *** Drittstaat *** teilweise auch Personen aus ***8*** und Umgebung mitnehmen, die ihm persönlich bekannt wären und aus der Nähe des Heimatortes des Bf. herstammen würden. Der Bf. würde diese bekannten Personen mitnehmen, um seine Treibstoffkosten zu verringern. Einen Gewinn aus diesen Fahrten würde er nicht erzielen. Auch weitere Kosten für die Instandhaltung des Pkws (Reparaturkosten, Pickerl, Versicherung, Steuer, Wertminderung, Vignette, Maut) würden nicht anteilig weiterverrechnet werden, zumal der Bf. auch alleine nach *** Drittstaat *** fahren würde, um nach seinem Haus zu sehen und seine Großeltern zu besuchen, die ihn aufgezogen hätten.

Der Bf. würde seit dem ***9***2016 einen ***10*** besitzen, polizeiliches Kennzeichen ***11***. Der Bf. würde entweder mit dem Auto oder mit dem ***10*** nach *** Drittstaat *** fahren. Der Bf. würde aber gelegentlich selber mit Bekannten nach *** Drittstaat *** mitfahren und würde sich in diesem Fall ebenfalls an den Treibstoffkosten der jeweiligen Fahrer beteiligen.

Als Beschwerdegründe würden geltend gemacht:

1) Mangelhaftigkeit des Verfahrens
2) Unrichtige und unvollständige Tatsachenfeststellung, insbesondere aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung
3) Unrichtige rechtliche Beurteilung

Zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens:
Der Bf. würde schlecht Deutsch sprechen. Die belangte Behörde hätte es im Zuge der Nachschau am und der Einvernahme des Bf. unterlassen, einen Dolmetscher der ***32*** Sprache beizuziehen, obwohl offenkundig gewesen wäre, dass der Bf. der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig wäre.

Der Bf. wäre offenkundig damit überfordert gewesen sich hinsichtlich des ihm vorgeworfenen finanzrechtlichen Sachverhalts auf Deutsch zu verantworten. Der Bf. hätte nicht genau verstanden, was ihm vorgeworfen werde und in die Niederschrift aufgenommen werde.
Die genaue Unterscheidung von "Einnahmen" und "Gewinn" hätte der Bf. nicht verstanden und würde sich dies auch in den sich wiedersprechenden Aussagen zeigen (Niederschrift vom , FA-Nr.: ***12***, Seite 3, vorletzter Absatz und demgegenüber Seite 4).

Wenn sich nun in der Niederschrift die Aussage des Bf. finden würde, dass er mit den Transporten € 800,00 bis € 900,00 verdiene, dies nach Abzug der Ausgaben, dies in den letzten zwei Jahren und in den Jahren und zuvor € 400,00 bis € 500,00 pro Monat, so hätte der Bf. nicht ausreichend verstanden, was ihm hier von den Finanzbeamten vorgehalten worden wäre. Dies würde auch seine Aussage zeigen, die sich einige Absätze zuvor findet, dass er die Leute nur mitnehmen würde, damit die Spritkosten gedeckt wären (Niederschrift vom , FA-Nr.: ***12***, Seite 3, vorletzter Absatz). Auch vor der PI ***2*** hätte der Bf. in seiner Einvernahme ausgesagt, dass er zwar nach *** Drittstaat *** fahren würde, von den Leuten jedoch kein Geld kassieren würde, sondern nur die anteiligen Treibstoffkosten bezahlt werden würden.

Weitere Kosten für die Instandhaltung, Reparaturen, Versicherung und Steuer, Vignette sowie Maut, würden nicht weiterverrechnet werden, zumal der Bf. sowieso regelmäßig nach *** Drittstaat *** fahren würde, um nach seinem Haus zu sehen und seine Großeltern zu besuchen.

Hätte die belangte Behörde dem Bf. einen Dolmetscher der ***32*** Sprache für die Einvernahme zur Seite gestellt, so hätte der Bf. ausgesagt, dass er ausschließlich die anteiligen Treibstoffkosten an die Bekannten die er in seinen Heimatort nach *** Drittstaat *** mitnimmt weiterverrechnet. Die Unterscheidung von "Einnahmen", "Ausgaben" und "Gewinn" hätte der Bf. auf Deutsch nicht verstanden. Der Bf. hätte auch ausgesagt, dass er den ***10*** mit dem polizeilichen Kennzeichen ***11*** erst seit dem ***13***2016 besitzen würde.

Der Bf. würde seit 2012 rund 1-3 Male pro Monat nach *** Drittstaat *** in seinen Heimatort fahren, wo er ab und zu Bekannte mitnehmen oder selber fahren würde.

Der Bf. würde zwar versuchen seine Treibstoffkosten so gering wie möglich zu halten und so oft es geht Bekannte mitzunehmen, jedoch würde sich nicht bei jeder Fahrt jemand finden der mitfährt. Auch die Personenanzahl, die mitfährt, würde Schwankungen unterliegen. Es hätte auch von der Erstbehörde genau darauf eingegangen werden müssen, ob der Bf. immer mit dem ***10***, polizeiliches Kennzeichen ***11***, fährt. Der Bf. würde teilweise mit dem ***10*** und teilweise mit seinem Auto fahren. Es würde auch vorkommen, dass der Bf. mit Bekannten mitfahren und sich in diesem Fall an deren Treibstoffkosten beteiligen würde. Für die Vornahme einer Einkommensschätzung, wobei ein Einkommen aus den Transporten bestritten werde, wäre es jedoch erforderlich die Anzahl der durchgeführten Transporte zu kennen.

Der belangten Behörde hätte auffallen müssen, dass der Bf. der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig wäre, um ohne Beiziehung eines Dolmetschers einvernommen zu werden. Die belangte Behörde hätte von Amtswegen einen Dolmetscher der ***32*** Sprache zur Einvernahme des Bf. beiziehen müssen. Die Nichtbeiziehung eines Dolmetschers der ***14*** Sprache würde ausdrücklich als Verfahrensfehler gerügt werden.

Zur unrichtigen bzw. unvollständigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger und mangelnder Beweiswürdigung:
a) Das Finanzamt hätte mit den Einkommensteuerbescheiden 2014, 2015, 2016 und 2017 festgestellt, dass der Bf. regelmäßig Fahrten nach *** Drittstaat *** unternimmt und Personen gegen Entgelt befördert, wodurch er € 10.000,00 einnehme, wovon € 5.000,00 als Ausgaben für Treibstoff in Abzug gebracht werden.
Mit Einkommensteuerbescheid 2013 wären Einnahmen in Höhe von € 5.000,00 pro Jahr unter Abzug von Ausgaben für Treibstoff € 2.500,00 von der belangten Behörde festgestellt worden.
Zur Vermeidung von Wiederholungen würde der Bf. das Vorbringen zum Beschwerdepunkt der Mangelhaftigkeit des Verfahrens zum Inhalt des Beschwerdepunkts der unrichtigen bzw. unvollständigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger und mangelnder Beweiswürdigung erheben.

Bei richtiger Beweiswürdigung hätte der Erstbehörde insbesondere auch der Widerspruch der Aussage des Bf. in der Niederschrift auf Seite Drei "Ich nehme die Leute nur mit, damit die Spritkosten gedeckt sind." und den "in den Mund gelegten Aussagen" auf Seite 4 der Niederschrift vom und auch der Widerspruch zu der Aussage vor der PI ***2*** auffallen müssen. Die belangte Behörde hätte sich mit diesem Widerspruch in ihren Bescheiden auseinanderzusetzen gehabt. Dies hätte die belangte Behörde unterlassen. Bei richtiger Beweiswürdigung hätte die Erstbehörde feststellen müssen, dass der Bf. ausschließlich die anteiligen Treibstoffkosten an die Bekannten, die er nach *** Drittstaat *** mitnimmt, weiterverrechnet.

Bei richtiger Beweiswürdigung hätte das Finanzamt feststellen müssen:
"Der Beschwerdeführer fährt seit dem Jahr 2012 rund 1-3 Male pro Monat nach *** Drittstaat ***. Teilweise fährt der Beschwerdeführer selbst mit seinem Pkw und teilweise fährt der Beschwerdeführer mit Bekannten mit. Um die Treibstoffkosten für die langen Fahrten nach *** Drittstaat *** abzudecken, nimmt der Beschwerdeführer, sofern jemand findet, Bekannte von ***8*** und Umgebung in seinen Heimatort nach *** Drittstaat *** mit.
Wenn Bekannte mit dem Beschwerdeführer mit nach *** Drittstaat *** fahren, beteiligen sich diese anteilig an den Treibstoffkosten. Wenn der Beschwerdeführer mit Bekannten nach *** Drittstaat *** fährt und sohin nicht selbst fährt, beteiligt er sich wiederum an den Treibstoffkosten anteilig. Seit dem ***9***2016 besitzt der Beschwerdeführer einen ***10***, polizeiliches Kennzeichen ***11***. Zuvor fuhr der Beschwerdeführer mit seinem Auto nach *** Drittstaat ***. "

Die begehrte Feststellung wäre wesentlich, da die belangte Behörde, wenn sie diese Feststellung getroffen hätte, von keinem Einkommen des Bf. durch Transporte nach *** Drittstaat *** ausgegangen wäre, keine Einkommensteuer diesbezüglich festgesetzt hätte, die Wiederaufnahme der Einkommensteuerbescheide unterlassen hätte und die Festsetzung von Anspruchszinsen unterlassen hätte, den Einkommensteuerbescheid 2017 nicht aufgehoben hätte.
4.3. Unrichtige rechtliche Beurteilung, insbesondere aufgrund sekundärer Feststellungsmängel:
a) Zur Unzulässigkeit der Wiederaufnahme der Verfahren:
Gemäß § 303 Abs. 4 BAO wäre eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amtswegen in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen und die Kenntnisse dieser Umstände in Verbindung mit den sonstigen Ergebnissen des Verfahrens einen Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Maßgebend wäre hier, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufnehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt war, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Situation zu der nunmehr im wiederaufnehmenden Verfahren belastenden Entscheidung gelangen hätte können ().

Die Abgabenbehörde wäre über die Tatsachen, aufgrund derer die Wiederaufnahmen nunmehr erfolgt wären, bereits spätestens 2014 in Kenntnis gelangt. Im Juni 2014 wäre der Bf. in ***4*** angehalten worden und hätte er acht Personen zu einem Begräbnis nach *** Drittstaat *** mitgenommen. Es würden daher keine neuen Tatsachen vorliegen, die eine Wiederaufnahme rechtfertigen würden.

b) Vorgenommene Schätzung des Einkommens

Vom Bf. wären keine Aufzeichnungen über die Fahrten und über die mitgenommenen Personen geführt worden. Die vorgenommene Schätzung wäre unzulässig.
Die Erstbehörde hätte zu begründen gehabt, von wie vielen Fahrten á wie vielen Personen á Fahrtpreis sie ausgeht. Auch hätte die Erstbehörde Feststellungen zu den Treibstoffkosten pro Kilometer und zu den sonstigen pro Kilometer anfallenden Kosten (Wertminderung, Reparaturen, Pickerl, Versicherung und KFZ-Steuer, Vignette) treffen müssen.

Auch wenn man von den Einnahmen von € 10.000,00 jährlich ausgeht, was bestritten wird, so wären die geschätzten Kosten von € 5.000,00 bzw. € 2.500,00 im Jahr 2013 von der Erstbehörde deutlich zu gering angesetzt worden. Ginge man tatsächlich von drei Fahrten im Monat aus, so würden sich pro Kalenderjahr 72.000 zurückgelegte Kilometer ergeben (eine Strecke 1.000 Kilometer, sohin 2.000 Kilometer hin und retour, 3 Mal im Monat, dies 12 Mal).

Würde man von Treibstoffkosten und Kosten für die Abnutzung des PKWs (Reparaturen, Wertminderungen, Versicherung, KFZ-Steuer, Vignette, Maut) von nur € 0,20 pro Kilometer ausgehen, so würden sich jährliche Kosten von € 14.400,00 ergeben, die die von der Erstbehörde angenommenen Einnahmen deutlich übersteigen würden. Der Bf. hätte daher tatsächlich keinen Gewinn, sondern einen Verlust erzielt.

Die vom Finanzamt vorgenommene Schätzung wäre unzulässig und wären die Einnahmen viel zu hoch angesetzt. Es wären bei den angenommenen Kosten offenbar nur die Treibstoffkosten berücksichtigt und die sonstigen Kosten am PKW vernachlässigt worden.

Die vorgenommene Schätzung wäre auch nicht nachvollziehbar. Die Behörde hätte weder angegeben wie sie zu den geschätzten Einnahmen kommt noch wie sie zu den geschätzten Kosten kommt.

Es wurde die Einholung eines Kfz-SV-Gutachtens über die Kosten pro Kilometer des PKWs des Bf. beantragt.

c) Unrichtige rechtliche Beurteilung:
Der Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen wären ebenfalls aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung erfolgt und würde zur Vermeidung von Wiederholungen das gesamte Beschwerdevorbringen zum Inhalt dieses Beschwerdepunkts erhoben werden.

Es wurden in der Beschwerde abschließend die Anträge gestellt,
der Beschwerde vollinhaltlich Folge zu geben und die bekämpften Bescheide ersatzlos aufzuheben sowie in eventu die angefochtenen Bescheide aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Erlassung der Bescheide an die Erstbehörde zurückverweisen bzw. in den Einkommensteuerbescheiden 2013, 2014, 2015, 2016, 2017 festzustellen, dass die Fahrtkosten die Einnahmen überstiegen hätten und daher kein Einkommen erzielt worden wären und die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen aufzuheben.

Auch wurde beantragt, dass vor dem Bundesfinanzgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide Einkommensteuer 2013 bis 2016 vom abgewiesen und in der Begründung ausgeführt, dass die Einkommensteuerbescheide für 2013-2016 zunächst als "Soforteingabefall", d.h. ohne Möglichkeit, einer näheren Überprüfung automatisch erklärungsgemäß veranlagt worden wären (Arbeitnehmerveranlagung). Nach Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2013 am wäre am eine Anzeige der ***15*** eingelangt, wonach bei einer Kontrolle erhoben worden wäre, dass der Bf. seit etwa einem Jahr Personen nach *** Drittstaat *** befördern würde. Es wären zunächst keine weiteren Ermittlungen durchgeführt worden. Erst nachdem im Jahr 2018 weitere Anzeigen mit detaillierten Angaben erstattet worden wären, wäre der Bf. aufgefordert worden, Einkommensteuererklärungen für 2013-2017 einzureichen. Nachdem in der Vorhaltsbeantwortung Einkünfte aus dem Personentransport wiederum bestritten worden wären, wären diese im Schätzungswege ermittelt und Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer für 2013-2016 erlassen worden.

In der Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide würde ausgeführt werden, dass die Abgabenbehörde bereits seit der im Jahr 2014 eingelangten Anzeige über die Einkünfte des Bf. informiert war und daher keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorlägen.
Dem wäre entgegenzuhalten, dass der Einkommensteuerbescheid für 2013 bereits vor Einlangen der besagten Anzeige erlassen worden wäre, sodass dieses Argument bezüglich 2013 jedenfalls ins Leere gehen würde.

Hinsichtlich der Jahre 2014-2016 wären die Angaben in der Anzeige aus dem Jahr 2014 keinesfalls geeignet gewesen - ohne weitere Ermittlungen - die Bemessungsgrundlagen festzustellen. Genaue Informationen über die in den gegenständlichen Jahren erzielten Einkünfte wären erst in den späteren Anzeigen enthalten gewesen.

Nach VwGH 90/14/0192 wäre eine Wiederaufnahme eines mit Bescheid abgeschlossenen Verfahrens unter anderem nur dann ausgeschlossen, wenn der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufzunehmenden Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (siehe z.B. das hg. Erkenntnis vom , 88/14/0028, 0029). Ein behördliches Verschulden an der Nichtfeststellung der maßgeblichen Tatsachen bzw. Beweismittel im Erstverfahren würde die Wiederaufnahme von Amts wegen nicht ausschließen.

Auch dass die Abgabenbehörde bei der Erlassung der Steuerbescheide keine weiteren Ermittlungen bezüglich tatsächlichen Zutreffens der Angaben des Bf. in den Beilagen zur Steuererklärung gemacht hätte, könne der Behörde im Rahmen des amtswegigen Wiederaufnahmeverfahrens nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Nach der Rechtsprechung wäre die Wiederaufnahme daher auch für die Jahre 2014-2016 zulässig gewesen.

Hinsichtlich der Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid gem. § 299 BAO betreffend Einkommensteuer 2017 vom erging am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung. In der Begründung dieser Entscheidung wurde ausgeführt, dass gem. § 299 BAO die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben kann, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
Gem. § 302 BAO wären Bescheidaufhebungen innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft des aufzuhebenden Bescheides zulässig.
Da der Erstbescheid keine Einkünfte aus den Transportleistungen enthalten habe, wäre der Spruch dieses Bescheides rechtswidrig und eine Aufhebung mit gleichzeitiger Erlassung eines berichtigten Bescheides zulässig.

Betreffend Anspruchszinsen 2013 bis 2015 wurde am eine die Beschwerde abweisende Beschwerdevorentscheidung erlassen, die wie folgt begründet wurde:

Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3) nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen.
Nach Abs. 2 betragen die Anspruchszinsen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz.
Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.
Anspruchszinsen sind für einen Zeitraum von höchstens 42 Monaten festzusetzen.

Abs. 4 leg. cit. würde regeln, dass die Bemessungsgrundlage für Anspruchszinsen zu Lasten des Abgabepflichtigen (Nachforderungszinsen) durch Anzahlungen in ihrer jeweils maßgeblichen Höhe vermindert wird. Anzahlungen mindern die Bemessungsgrundlage für die Anspruchszinsen nur insoweit, als sie entrichtet sind.

Den angefochtenen Zinsenbescheiden würden die in den Einkommensteuerbescheiden vom ausgewiesenen Nachforderungen zugrunde liegen. Der Bf. würde der Zinsenvorschreibung ausschließlich mit Einwendungen in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Stammabgabenbescheide (ESt- Bescheide) entgegentreten.

Anspruchszinsenbescheide wären zwar mit Beschwerde anfechtbar. Der Bestreitung der Anspruchszinsen im Grunde einer allfälligen Rechtswidrigkeit der Einkommensteuerbescheide müsse aber der Erfolg versagt bleiben, weil eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieser Stammabgabenbescheide im Verfahren betreffend die Anspruchszinsen nicht stattfindet. Die Zinsenbescheide wären nämlich an die Höhe der im Bescheidspruch der Einkommensteuerbescheide ausgewiesenen Nachforderungen gebunden (vgl. Ritz, BAO, Kommentar, 3. Auflage, Tz 35 zu § 205 BAO; UFS- Aktuell, Nr. 4/2009, S 102).

Erweisen sich die Einkommensteuerbescheide nachträglich als rechtswidrig und werden diese (im diesbezüglich noch offenen) Beschwerdeverfahren aufgehoben bzw. abgeändert, so wären von Amts wegen neue, an die geänderte Abgabenfestsetzung gebundene Zinsenbescheide zu erlassen. Eine Abänderung der ursprünglichen Zinsenbescheide wäre im Gesetz nicht vorgesehen.

Da der Bf. keine Einwendungen gegen die Anspruchszinsen selbst erhoben hätte, wäre die Beschwerde als unbegründet abzuweisen (siehe auch UFS Innsbruck, RV/0733-I/09).
Schließlich erging am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung betreffend die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2013 bis 2017 vom und wurde diese in einem gesondert ergangenen Schreiben wie folgt begründet:

Aufgrund der Angaben des Bf. in der von ihm unterfertigten Niederschrift der Finanzpolizei vom wären die Einkünfte aus den Transportdienstleistungen ermittelt worden (siehe Beilage).

Der Bf. würde zunächst Mangelhaftigkeit des Verfahrens einwenden. Er hätte keine ausreichenden Deutschkenntnisse und die Finanzpolizei hätte einen Dolmetscher beiziehen müssen. Daher habe er die Fragen auch nicht richtig verstanden.

Ob ein Dolmetscher erforderlich ist, hätte die Abgabenbehörde zu beurteilen. Bezüglich der Deutschkenntnisse des Bf. wäre jedoch einzuwenden, dass dieser It. ZMR am ***16***1979 in ***17*** geboren wäre und seinen Hauptwohnsitz durchgehend in Österreich gehabt hätte. Nach Aussage des vernehmenden Mitarbeiters der Finanzpolizei hätte er nicht den Eindruck gehabt, dass Fragen nicht verstanden worden wären. Ebenso hätte der Arbeitgeber des Bf. in einer schriftlichen Zeugenaussage bekanntgegeben, dass dieser ausreichend Deutsch spreche. Weiters würde auch aus der bei der Abgabenbehörde im Jahr 2018 eingebrachten handschriftlichen Vorhaltsbeantwortung hervorgehen, dass der Bf. über gute Deutschkenntnisse verfügt.

Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen wäre von den sehr detaillierten Angaben in der Niederschrift mit der Finanzpolizei ausgegangen worden. In dieser gab der Bf. u.a. an, dass ihm nach Abzug aller Kosten € 800 - € 1000 pro Monat verbleiben würden, er aber keine Meldung an das Finanzamt gemacht habe. Nach dieser Aussage würden sich jährliche Einkünfte von
€ 9.600 - € 12.000 ergeben. Demgegenüber hätte sich die Abgabenbehörde mit der Hälfte dieses Betrages begnügt.

Da seitens des Bf. trotz Aufforderung keinerlei Unterlagen vorgelegt worden wären, wäre die Abgabenbehörde gezwungen gewesen eine Schätzung vorzunehmen.

Mit Schreiben vom wurde betreffend die Beschwerde Wiederaufnahme Einkommensteuer 2013 - 2016, Aufhebung gem. § 299 BAO betreffend Einkommensteuer 2017, Einkommensteuer 2013 - 2017 sowie Anspruchszinsen 2013 - 2015 ein Vorlageantrag gestellt.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt ***1*** die Beschwerde vom betreffend Wiederaufnahme Einkommensteuer 2013 - 2016, Aufhebung gem. § 299 BAO betreffend Einkommensteuer 2017, Einkommensteuer 2013 - 2017 sowie Anspruchszinsen 2013 - 2015 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Beschwerden als unbegründet abzuweisen. In der Stellungnahme zur Beschwerde führte die belangte Behörde aus, dass die Bemessungsgrundlagen anhand der Anzeigen und Aussagen ermittelt und zugunsten des Bf. im unteren Bereich angesiedelt worden wären.
Wenn der Bf. in der Beschwerde behaupten würde, dass er bei der Vernehmung nichts verstanden habe, so wäre dem zu entgegnen, dass dieser im Jahr 1979 in Österreich geboren und aufgewachsen ist. Aus einer Vorhaltsbeantwortung wäre ebenfalls ersichtlich, dass er sehr wohl der deutschen Sprache mächtig wäre. Dies wäre auch von seinem Arbeitgeber bestätigt worden.

Am fand die vom Bf. beantragte mündliche Verhandlung statt und wird hinsichtlich ihres Verlaufes auf die darüber aufgenommene Niederschrift verwiesen, die den Parteien nach Schluss der mündlichen Verhandlung ausgefolgt wurde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. ist serbischer Staatsbürger und wurde am ***16***1979 in ***17*** geboren. Er hatte seinen Hauptwohnsitz seit ***18*** 2002 durchgehend in Österreich und war seit diesem Zeitpunkt fast durchgehend immer bei inländischen Arbeitgebern im Inland beschäftigt.

Im beschwerdegegenständlichen Zeitraum 2013 bis 2017 verfügte der Bf. über gute Deutschkenntnisse und konnte daher ihm in deutscher Sprache gestellte Fragen gut verstehen und auch die ihm gestellten Fragen auf Deutsch entsprechend dem von ihm als Antwort Gewollten beantworten. Insbesondere war dem Bf. daher auch der Unterschied zwischen Einnahmen und der Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben bekannt.

Der Bf. hat seit Mitte 2014 und auch in den Jahren 2015 bis 2017 mit in seinem Besitz befindlichen Fahrzeugen wie insbesondere einem ***10*** (Type ***19***) Personen gegen Entgelt zu Fahrten nach *** Drittstaat *** und zurück samt Gepäck transportiert, wobei die Entgelte pro Person zwischen € 25,00 und € 50,00 pro Fahrt (einfache Fahrt) differiert haben und auch von der Menge des transportierten Gepäcks abhängig waren. Auch hat er Fenster und Türen gegen Entgelt (€ 20,00 pro Fenster und zwischen € 10,00 - 15,00 € pro Tür) von *** Drittstaat *** nach Österreich mit seinem Fahrzeug transportiert.

Aufzeichnungen über die aus diesen Transportfahrten erzielten Erlöse bzw. die damit verbundenen Ausgaben hat der Bf. im gesamten Zeitraum 2013 bis 2017 der Abgabenbehörde nicht vorgelegt. Es kann daher auch nicht festgestellt werden wie lange die jeweiligen Fahrtstrecken gewesen sind, für die der Bf. die im Vorabsatz angeführten Entgelte von den beförderten Personen/das beförderte Gepäck bzw. für die beförderten Türen und Fenster erhalten hat bzw. wie viele Personen vom Bf. im Durchschnitt je Fahrt befördert wurden. Insbesondere wurden auch keinerlei Unterlagen über die Fahrzeuge, mit denen die Transporte erfolgt sind, vorgelegt (Anschaffungskosten der Fahrzeuge; Reparatur- bzw. Wartungskosten).

Es können daher die vom Bf. erzielten Einnahmen und Ausgaben nicht festgestellt werden, sondern müssen die Bemessungsgrundlagen für die aus den Transporten erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Schätzungsweg festgestellt werden.

Im Schätzungsweg wird davon ausgegangen, dass der Bf. im Jahr 2013 zumindest Einnahmen von € 5.000 erzielt hat und unter Abzug der darauf entfallenden Ausgaben (inklusive des Gewinnfreibetrages) einen Gewinn von zumindest € 2.500,00 erzielt hat.

Im Schätzungsweg wird davon ausgegangen, dass der Bf. in den Jahren 2014 bis 2017 zumindest Einnahmen von € 10.000 erzielt hat und unter Abzug der darauf entfallenden Ausgaben (inklusive des Gewinnfreibetrages) einen Gewinn von zumindest € 5.000,00 erzielt hat.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellung, dass der Bf. im beschwerdegegenständlichen Zeitraum 2013 bis 2017 über gute Deutschkenntnisse verfügt hat und daher ihm in deutscher Sprache gestellte Fragen gut verstehen und auch die ihm gestellten Fragen auf Deutsch entsprechend dem von ihm als Antwort gewollten beantworten konnte, folgt zum einen aus dem Umstand, dass er in ***17*** geboren ist wie sich aus dem Zentralen Melderegister (ZMR; Abfrage durch die belangte Behörde vom ) ergibt, er seit ***18*** 2002 seinen Hauptwohnsitz durchgehend in Österreich hat (dies ergibt sich ebenfalls aus dem ZMR). Auch die die Einvernahme des Bf. am durchführenden Organe der Finanzpolizei haben bestätigt, dass der Bf. der deutschen Sprache gut mächtig war (Aktenvermerk von ***20*** und ***21*** vom ). Schließlich hat auch der Arbeitgeber des Bf., Herr ***22***, bestätigt, dass der Bf. die deutsche Sprache für den Alltagsgebrauch gut versteht. Auch die Vorhaltsbeantwortung vom zeigt, dass der Bf. der deutschen Sprache sehr wohl mächtig ist. Die in der Beschwerde diesbezüglich gemachten Ausführungen, dass der Bf. schlecht Deutsch spricht und er nicht genau verstanden habe, was ihm vorgeworfen wird, sind durch die dargestellten Ermittlungsergebnisse widerlegt.

Daher ist auch in freier Beweiswürdigung gemäß § 167 Abs. 2 BAO davon auszugehen, dass die vom Bf. in der Niederschrift vom gemachten Angaben zum beschwerdegegenständlichen Sachverhalt dem entsprechen was der Bf. der auf die ihm gestellten Fragen, die er aufgrund guter Deutschkenntnisse verstanden hat, antworten wollte. In der Nichtbeiziehung eines Dolmetschers der ***32*** Sprache bei der Einvernahme vom kann daher kein Verfahrensmangel erblickt werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kommt einer Beschwerdevorentscheidung der Charakter eines Vorhaltes zu (vgl. zB ).

Der Bf. ist den diesbezüglichen Feststellungen betreffend die ausreichenden Deutschkenntnisse des Bf. in der Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2013 bis 2017 im Vorlageantrag nicht entgegengetreten.

Die Feststellung, dass der Bf. seit Mitte 2014 und auch in den Jahren 2015 bis 2017 mit in seinem Besitz befindlichen Fahrzeugen wie insbesondere einem ***10*** (Type ***19***) Personen gegen Entgelt zu Fahrten nach *** Drittstaat *** und zurück samt Gepäck transportiert hat, wobei die Entgelte pro Person zwischen € 25,00 und € 50,00 pro Fahrt (einfache Fahrt) differiert haben und auch von der Menge des transportierten Gepäcks abhängig waren und er auch Fenster und Türen gegen Entgelt (€ 20,00 pro Fenster und zwischen € 10,00 - 15,00 € pro Tür) von *** Drittstaat *** nach Österreich mit seinem Fahrzeug transportiert hat, ergibt sich aus der eigenen Aussage des Bf. in der Einvernahme vom . Soweit in der Beschwerde der Gehalt der in dieser Einvernahme getätigten Aussagen wegen der schlechten Deutschkenntnisse angezweifelt wird, ist zunächst auf die bereits dargestellten Überlegungen hinzuweisen, aus denen sich ergibt, dass der Bf. bei der Einvernahme über ausreiche Deutschkenntnisse verfügt hat um die Fragen zu verstehen und in seinen Antworten auch das von ihm Gewollte zum Ausdruck zu bringen. Von einem "in den Mund legen" von Aussagen durch die den Bf. einvernehmenden Beamten der Finanzpolizei (vgl. Seite 6 oben der Beschwerde) kann nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts keine Rede sein, weil die in der Beschwerde als unrichtig bekämpfte Aussage, wonach der Bf. mit den Transporten ca. € 800-1000 pro Monat verdiene, durchaus dem entspricht, was allgemein als Gewinn angesehen wird. Überdies wurden in den Antworten des Bf. auch nicht die Begriffe "Gewinn" und "Einnahmen" verwendet. Außerdem hat der Bf. seine Aussage "Mit den Transporten verdiene ich ca. € 800-1000,- pro Monat" in der Folge dahingehend präzisiert, dass er festgehalten hat, dass davon bereits vorher sämtliche Ausgaben bereits abgezogen wurden und daher der Beträgen € 800-1.000 pro Monat die Differenz zwischen seinen Einnahmen und Ausgaben, also sein Gewinn ist. Dies wurde auch durch den Folgesatz nochmals bekräftigt ("Das ist das was mir bleibt.": vgl. Seite 4 oben der Niederschrift vom ).
In der auf Seite 3 der Niederschrift enthaltenen Aussage, dass der Bf. die Leute nur mitnehmen würde, damit die Spritkosten gedeckt sind, besteht nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts kein Widerspruch, weil er ja auch Fahrten ohne Mitfahrer - insbesondere die Besuchsfahrten zu seinen Großeltern - getätigt hat und daher mit dem von ihm aus den Transportfahren erzielten Gewinnen auch die Spritkosten für nicht betrieblich veranlasste Fahrten decken wollte.
Überdies bezieht sich die Frage, die der Bf. auf Seite 4 oben der Niederschrift vom beantwortet hat, eindeutig nur auf die Fahrten, bei denen Personen gegen Entgelt transportiert wurden.

Dass der Bf. die Transportfahrten von Österreich nach *** Drittstaat *** und zurück mit der Absicht durchgeführt hat, einen Gewinn zu erzielen und einen solchen auch erzielt hat, folgt auch daraus, dass bei der am ***3***2014 durchgeführten Kontrolle festgestellt wurde, dass von dem Fahrzeug des Bf. auch ein schwerer Anhänger mit Gepäck gezogen wurde und sich insgesamt zehn Personen (mit dem Bf.) im Fahrzeug befanden und sich eine solche Anzahl von transportierten Personen samt entsprechend viel Gepäck nicht von einer üblichen gewerblichen Personenbeförderung unterscheidet.

Auch ist zu berücksichtigen, dass der Bf. am ***23***2019 die Gewerbeberechtigung der Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt, von der Bezirkshauptmannschaft ***2*** (GISA-Zahl: ***24***) erhalten hat und davon auszugehen ist, dass er bereits vor dieser Gewerbeberechtigung das Know How hatte wie aus dem Transport von Personen ein Gewinn erzielt werden kann.

Dass der Bf. keinerlei Unterlagen betreffend die von ihm aus den Transportfahrten von Österreich nach *** Drittstaat *** und zurück erzielten Erlösen, Ausgaben und Gewinnen der Abgabenbehörde vorgelegt hat, ist zwischen den Parteien unstrittig und wurden auch weder mit der Beschwerde noch mit dem Vorlageantrag diesbezügliche Unterlagen vorgelegt.

Soweit in der Beschwerde offenbar in Abrede gestellt wird, dass Transportfahrten vor der Anschaffung des ***10*** mit dem polizeilichen Kennzeichen ***11*** mit ***13***2016 erfolgt sind (vgl. Seite 4 unten der Beschwerde), ist festzuhalten, dass sich aus dem von der Abgabenbehörde abgefragten KFZ-Zentralregister ergibt, dass auf den Bf. bereits am ***25***2015 ein solches Fahrzeug zugelassen war und zwar mit dem Kennzeichen ***26***. Auch vor diesem Zeitpunkt hat der Bf. jedenfalls über ein solches Fahrzeug verfügt wie sich aus dem Mail der Polizeiinspektion ***4*** vom ergibt (***27*** mit dem polizeilichen Kennzeichen ***28***). Überdies hat der Bf. ausgesagt, dass er die Transportfahrten auch mit den Fahrzeugen seiner Gattin durchgeführt hat (vgl. Seite 4 oben der Niederschrift vom ).

Soweit in der mündlichen Verhandlung am vom Vertreter des Bf. vorgebracht wurde, dass man bei der Schätzung der Einkünfte des Bf. von durchschnittlich fünf beförderten Personen auszugehen hätte, weil der Bf. ausgesagt hätte, dass es einmal drei, einmal fünf bzw. sieben gewesen wären, ist festzuhalten, dass für diese Angaben keinerlei Nachweise vorgelegt wurden und sich aus dieser Aussage nicht ergibt in welcher Häufigkeit drei, fünf bzw. sieben Personen befördert wurden. Auch hat er ausgesagt, dass in der Sommerzeit und zu Weihnachten mit zwei Bussen gefahren werden würde, dh. in diesem Zeitraum sind nach seiner Aussage jedenfalls weit mehr als sieben Personen befördert worden.

Auch eine Feststellung wie viel Kilometer der Bf. pro Jahr für Transportfahrten jeweils zurückgelegt hat, ist aufgrund der vorliegenden Beweismittel wie zB von Tankbelegen nicht möglich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Bf. jedenfalls auch Personen transportiert hat, die nicht bis ***30*** gebracht wurden und daher eine weit kürzere Strecke zurückgelegt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1Zur Beschwerde gegen die Wiederaufnahme Einkommensteuer 2013 bis 2016

Gemäß § 303 Abs. 1 BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Tatsachen iS des § 303 Abs. 1 lit. b BAO sind mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis als vom Bescheid zum Ausdruck gebracht geführt hätten wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften (vgl. zB ). Die Durchführung von Transportfahrten mit Personen und Gütern gegen Entgelt nach *** Drittstaat *** und zurück durch den Bf. in den Jahren 2013 bis 2016 stellt jedenfalls eine entscheidungserhebliche Tatsache iS des § 303 Abs. 1 lit. b BAO dar zumal in den abgeschlossenen Verfahren Einkommensteuer 2013 bis 2017 lediglich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt wurden.

Dass die Durchführung von Transportfahrten mit Personen und Gütern gegen Entgelt nach *** Drittstaat *** und zurück durch den Bf. vor der Durchführung der Veranlagung zur Einkommensteuer 2013 der Abgabenbehörde bekannt gewesen wäre, wird in der Beschwerde nicht dargestellt und ist auch nicht erkennbar, weswegen die betreffend die Wiederaufnahme Einkommensteuer 2013 erhobene Beschwerde sich schon deswegen als unbegründet erweist.

Betreffend die Wiederaufnahme der Jahre 2014 bis 2016 ist auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, dass für die Zulässigkeit einer Wiederaufnahme von Amts wegen maßgeblich ist, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufgenommenen Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt war, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumption zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können (vgl. zB ).

Soweit in der Beschwerde die Ansicht vertreten wird, dass bereits aus dem Mail der Polizeiinspektion ***4*** vom der entscheidungswesentliche Sachverhalt betreffend die vom Bf. in den Jahren 2014 bis 2016 durchgeführten Transportfahrten nach *** Drittstaat *** und zurück bekannt gewesen wäre, dass sie in den abgeschlossenen Verfahren zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können, ist festzuhalten, dass sich aus diesem Mail, dem keinerlei Beilagen angeschlossen waren, lediglich ergibt, dass der Bf. seit etwa einem Jahr alle 10 bis 14 Tage von ***8*** nach *** Drittstaat *** fahren würde. Aus dieser Mail kann daher nicht abgeleitet werden, ob der Bf. nach der am erfolgten Kontrolle diese Fahrten fortgesetzt hat. Auch ist aus diesem Mail nicht erkennbar, wie viele Personen der Bf. bei den einzelnen Fahrten nach *** Drittstaat *** und zurück transportiert. Schließlich finden sich in diesem Mail auch keinerlei Hinweise auf die mit diesen Fahrten verbundenen Ausgaben, sodass alleine aufgrund der Angaben in diesem Mail eine Ermittlung der Einkünfte aus den Transportfahrten der Jahre 2014 bis 2016 nicht möglich gewesen ist. Eine Festsetzung der Einkünfte aus diesen Transportfahrten im Schätzungsweg war der Abgabenbehörde vielmehr erst durch die Einvernahme des Bf. am , in der dieser detaillierte Angaben über die von ihm durchgeführten Transportfahrten nach *** Drittstaat *** und zurück gemacht hat, möglich.

Daher ist der Abgabenbehörde erst nach Abschluss der Verfahren Einkommensteuer 2013 bis 2016 der Sachverhalt betreffend die vom Bf. gegen Entgelt durchgeführten Transportfahren nach *** Drittstaat *** und zurück bekannt geworden, dass eine Festsetzung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus dieser Tätigkeit möglich war. In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass ein allfälliges Verschulden der Behörde an der Nichtausforschung von Sachverhaltselementen die amtswegige Wiederaufnahme nicht ausschließt (vgl. Ritz/Koran, BAO7, Tz 33 zu § 303 BAO mwN).

Bei der Ermessensübung, ob eine Wiederaufnahme vorzunehmen ist, ist nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit einzuräumen (vgl. zB ). Auch kann die Erhöhung der Einkünfte in den Jahren 2014 bis 2016 um € 5.000 und im Jahr 2013 um € 2.500 nicht als steuerlich geringfüge Auswirkung angesehen werden zumal bereits eine steuerliche Auswirkung vom € 746,00 nicht mehr geringfügig ist (). Durch die nach Wiederaufnahme erlassenen Einkommensteuerbescheide 2013 bis 2016 ist es insgesamt - bei Wiedersaufnahmen für mehrere Jahre ist die steuerliche Auswirkung nicht je Verfahren, sondern insgesamt zu berücksichtigen (vgl. ) - zu einer Erhöhung der Einkommensteuer um € 6.498,00 gekommen, sodass keine Geringfügigkeit der steuerlichen Auswirkungen der Wiederaufnahmen gegeben ist.

Die Beschwerden betreffend Wiederaufnahme der Verfahren Einkommensteuer 2013 bis 2016 waren daher als unbegründet abzuweisen.

3.1.2 Zur Beschwerde gegen die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für 2017 vom gemäß § 299 BAO:

Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

§ 299 BAO gestattet Aufhebungen, wenn der aufgehobene Bescheid sich als nicht richtig erweist. Der Inhalt eines Bescheides ist nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht (vgl. zB ). Im gemäß § 299 BAO aufgehobenen Bescheid Einkommensteuer 2017 vom wurden keine Einkünfte aus Gewerbetrieb aufgrund der entgeltlichen Transportfahrten des Bf. von *** Drittstaat *** und zurück berücksichtigt. Da in einem Einkommensteuerbescheid alle der Einkommensteuer unterliegen Einkünfte iS des § 2 Abs. 3 EStG 1988 zu berücksichtigen sind, hat der Spruch des Einkommensteuerbescheides für 2017 vom , der nur Einkünfte des Bf. aus nichtselbständiger Arbeit enthalten hat, nicht dem Gesetz entsprochen.

Die Begründung des Aufhebungsbescheides hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 299 BAO darzulegen und die Gründe für die Ermessensübung darzustellen (vgl. zB ).

Im angefochtenen Aufhebungsbescheid wurde auf den neuen Sachbescheid Einkommensteuer 2017 vom verwiesen. Ein solcher Verweis ist zulässig (vgl. zB ). Im Einkommensteuerbescheid für 2017 vom , ist in der Begründung ausgeführt, dass der Bf. regelmäßig bei Fahrten nach *** Drittstaat *** Personen befördert und dadurch wiederkehrend Einnahmen erzielt hat. Aus dieser Begründung ergibt sich, dass das Nichtansetzen von Einkünften aus Gewerbetrieb aus der Transporttätigkeit im aufgehobenen Bescheid zur Unrichtigkeit von dessen Inhalt geführt hat.

Die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2017 vom gemäß § 299 BAO ist daher zu Recht erfolgt und war die dagegen gerichtete Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.1.3 Zur Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 bis 2017:

Soweit sich die Beschwerde gegen die diesen Einkommensteuerbescheiden zugrunde liegenden Sachverhaltsfeststellungen richtet, ist auf die unter Punkt 2. dargestellten Erwägungen zu verweisen.

Inhaltlich richtet sich die Beschwerde gegen die vorgenommene Schätzung der vom Bf. in den Jahren 2013 bis 2017 erzielten Einkünfte aus der Transporttätigkeit.

§ 184 BAO bestimmt folgendes:

Absatz 1: Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
Absatz 2: Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.
Absatz 3: Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Im beschwerdegegenständlichen Fall ist unstrittig, dass der Bf. keinerlei Aufzeichnungen über die von ihm in den Jahren 2013 bis 2017 durchgeführten entgeltlichen Transporte von *** Drittstaat *** und zurück vorgelegt hat und besteht daher unzweifelhaft eine Schätzungsberechtigung und
-verpflichtung der Abgabenbehörde.

Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde grundsätzlich frei (vgl. Ritz/Koran, aaO, Tz 12 zu § 184 mwN). Im beschwerdegegenständlichen Fall wurden trotz Aufforderung durch das Finanzamt vom keinerlei Unterlagen vom Bf. vorgelegt aus denen sich die Höhe der durch die Transporttätigkeit erzielten Einkünfte ergibt.

Soweit in der Beschwerde bemängelt wird, dass die Erstbehörde zu begründen gehabt hätte von wie vielen Fahrten á wie vielen Personen á Fahrpreis sie ausgeht bzw. auch Feststellungen zu den Treibstoffkosten pro Kilometer und den sonstigen pro Kilometer anfallenden Kosten (Wertminderung, Reparaturen, Pickerl, Versicherung und KFZ-Steuer, Vignette) hätte treffen müssen, ist festzuhalten, dass solche Feststellungen mangels der Vorlage jeglicher Unterlagen durch den Bf. gar nicht möglich sind.

Vielmehr muss im gegenständlichen Fall eine griffweise Gobalschätzung der Einkünfte vorgenommen werden (vgl. zB ; ), weil sowohl betreffend die Einnahmenseite als auch die Ausgabenseite jegliche Unterlagen fehlen. Als Grundlage für diese griffweise Schätzung der vom Bf. erzielten Einkünfte aus den Transportfahrten von Personen und Gütern nach *** Drittstaat *** und zurück sind die Angaben des Bf. in seiner Einvernahme vom heranzuziehen aus denen sich ergibt, dass der Bf. alleine aus dem Transport von Personen pro Monat € 800 bis € 1.000 bzw. im Jahr 2013 € 400 bis € 500 an Gewinn erzielt hat.

So wurden vom Bf. beispielsweise keinerlei Unterlagen betreffend etwaige Reparaturen der Fahrzeuge, der er für die Fahrten benützt hat, vorgelegt. Die von der belangten Behörde vorgenommene griffweise Globalschätzung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb kann mangels jeglicher Unterlagen daher nur eine grobe Schätzung sein und sind als Basis dafür die Angaben des Bf. in seiner Einvernahme vom heranzuziehen, aus denen sich ergibt, dass der Bf. pro Monat € 800 bis € 1.000 für die Transporttätigkeit von *** Drittstaat *** und zurück (bzw. 2013
€ 400 bis € 500 pro Monat) als Gewinn erzielt hat.

Dies würde einen Gewinn von € 9.600 bis € 12.000 pro Jahr (bzw. für 2014: € 4.800 bis € 6.000; vgl. Seite 4 unten der Niederschrift zur Einvernahme vom ) ergeben.

Da die Aussage des Bf. betreffend den Gewinn von € 800 bis € 1.000 pro Monat so verstanden werden kann, dass er von den erzielten Einnahmen nur die ihn tatsächlich in diesem Jahr monetär abgeflossenen Ausgaben abgezogen und daher die Absetzung für Abnutzung der von ihm benutzten Fahrzeuge nicht berücksichtigt hat bzw. auch nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen wie Reparaturen, vermeint das Bundesfinanzgericht, dass die Reduktion des vom Bf. angegebenen Gewinnes durch die belangte Behörde in den Jahren 2013 bis 2017 um fast die Hälfte den tatsächlichen Verhältnissen am Nähesten kommt.

Auch die von der belangten Behörde intern - wie im Folgenden dargestellt - durchgeführte Plausibilisierung des Schätzungsergebnisses erscheint dem Bundesfinanzgericht durchaus schlüssig auch wenn darin nicht die Absetzung für Abnutzung der verwendeten Fahrzeuge und etwaige Reparaturen angesetzt wurden, weil zum einen große Unsicherheiten auf der Einnahmenseite bestehen (insbesondere die Zahl der beförderten Personen sowie auch betreffend das erhaltene Entgelt, weil der Bf. auch Türen und Fenster transportiert hat) als auch nicht sicher ist ob die notwendigen Reparaturen überhaupt durchgeführt wurden, da im Mail der Polizeiinspektion ***4*** vom angeführt ist, das der Bf. sowie der Zulassungsbesitzer des Kombis wegen zahlreicher Übertretungen nach dem KFG angezeigt wurden und davon auszugehen ist, dass diese Anzeigen auch technische Mängel am Fahrzeug betreffen. Aus dieser Anzeige und auch der Aussage am ergibt sich außerdem, dass der Bf. auch Fahrzeuge verwendet hat, der nicht auf ihn zugelassen waren, sodass ihm diesbezüglich gar keine Absetzung für Abnutzung bzw. Betriebsausgaben für Instandsetzungen/Reparaturen zustehen.
Schließlich ist auch darauf zu verweisen, dass für den Diesel die Preise für Österreich angesetzt wurden. Wie sich aus einer Internetrecherche des Bundesfinanzgerichts (Informationen zu den Kraftstoffpreisen in *** Drittstaat *** - ***29***) zu den Dieselpreisen in *** Drittstaat *** in den Jahren 2013 bis 2017 ergibt, waren diese durchwegs niedriger als in Österreich (Mitte 2013: ***33***; Mitte 2014: ***34***; Ende 2014: RSD ***35***; Mitte 2015: ***36***; Ende 2015: ***37***; Mitte 2016: ***38***; Ende 2016: ***39***; Mitte 2017: ***40***; Ende 2017: ***41***).

Annahme: Durchschnittlicher Transport von 7 Personen
weitere Annahme: € 60 pro Person für Hin- und Rückfahrt und für 2x im Monat: € 10.080,00
(dabei sind die Einnahmen für den Transport für Türen und Fenster nicht berücksichtigt)
Treibstoffkosten 1,40 €/Liter
Verbrauch: 10 Liter/100 km
einfache Strecke: 705 km
ergibt: € 4.704,00
Vignette ***42***: € 220,00
Vignette Österreich: € 87,30
Maut: € 172,90
Summe angesetzte Ausgaben: € 5.184,20

Wenn eine Schätzungsberechtigung besteht, hat die Behörde auf alle substantiiert für die Schätzung relevanten Behauptungen einzugehen und sich damit auseinanderzusetzen. Im beschwerdegegenständlichen Fall werden in der Beschwerde der Abgabenbehörde lediglich die dargestellten Mängel in der Begründung der Schätzung vorgeworfen ohne durch die Vorlage irgendwelcher Unterlagen/Aufzeichnungen an der Ermittlung der materiellen Wahrheit mitzuwirken. Da der Bf. keinerlei Unterlagen vorgelegt hat, die das Schätzungsergebnis der Abgabenbehörde substantiiert in Frage stellen, trägt der Bf. das Risiko unvermeidlicher Schätzungsungenauigkeit (vgl. zB ).

Auch das Vorbringen in der Beschwerde, dass dann, wenn man von Kosten von 0,20 € pro Kilometer ausgehen würde, kein Gewinn anfallen würde, ist nicht geeignet das Schätzungsergebnis der belangten Behörde in Frage zu stellen, weil die Fixkosten von Fahrzeugen sich bei einer hohen Kilometerleistung degressiv verhalten und der Abgabenbehörde auch keinerlei Aufzeichnungen vorgelegt wurden wie viel Kilometer, dh. auch unter Berücksichtigung nicht betrieblich veranlasster Fahrten, mit den Fahrzeugen, die der Bf. für die Transportfahrten verwendet hat, pro Jahr insgesamt zurückgelegt wurden. Es wird in der Beschwerde auch nicht dargelegt aufgrund welcher Umstände gerade von drei Fahrten in jedem Monat auszugehen ist bzw. warum jede Fahrt gerade 1.000 Kilometer betragen haben soll.

Dem in der Beschwerde gestellten Beweisantrag auf Einholung eines Kfz-Sachverständigen-Gutachtens über die Kosten pro Kilometer des PKWs des Bf. war nicht zu entsprechen, weil dies einen unzulässigen Erkundungsbeweis darstellt, da erst durch das Gutachten die zu beweisende Tatsache ermittelt werden soll. Überdies kann eine Befundaufnahme - es kommt in rechtlicher Hinsicht ja auf die tatsächlich angefallenen Kosten für die vom Bf. verwendeten Fahrzeuge an - , die Grundlage jedes Gutachtens ist, gar nicht durchgeführt werden, weil der Bf. trotz Aufforderung durch die Abgabenbehörde keinerlei Unterlagen wie Fahrtenbuch, Serviceheft, Tankrechnungen, Servicerechnungen etc. vorgelegt hat.

3.1.4 Zur Beschwerde gegen die Anspruchszinsenbescheide 2013 bis 2015:

Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabeergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des mit dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruches folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieses Bescheides zu verzinsen(Anspruchszinsen). Dies gilt sinngemäß für Differenzbeträge aus
a) Aufhebungen von Abgabenbescheiden,
b) Bescheiden, die aussprechen, dass eine Veranlagung unterbleibt,
c) auf Grund völkerrechtlicher Verträge oder gemäß § 240 Abs. 3 erlassenen Rückzahlungsbescheiden.

Die Anspruchszinsen betragen gemäß § 205 Abs. 2 BAO pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Anspruchszinsen sind für einen Zeitraum von höchstens 48 Monaten festzusetzen.

In der Beschwerde wurde diesbezüglich nur vorgebracht, dass die Festsetzung von Anspruchszinsen aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung erfolgt wäre und wurde das gesamte Beschwerdevorbringen zum Inhalt dieses Beschwerdepunktes erhoben. Daraus ergibt sich, dass die Anspruchszinsenbescheide nur mit dem Argument, dass die diesen zugrunde liegenden Einkommensteuerbescheide rechtlich unrichtig wären, bekämpft werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist der Anspruchszinsenbescheid an die im Spruch des zur Nachforderung oder Gutschrift führenden Bescheides ausgewiesene Nachforderung bzw. Gutschrift gebunden (zB ). Erweist sich der genannte Stammabgabenbescheid demnach nachträglich als rechtswidrig und wird er entsprechend abgeändert (oder aufgehoben), so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen neuen Zinsenbescheid Rechnung getragen und es erfolgt daher keine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides (vgl. , 2006/15/0332). Daher kann der Anspruchszinsenbescheid nicht mit Erfolg mit der Begründung angefochten werden, der maßgebende Körperschaftsteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig (vgl. zB u.a.m.), weswegen die Beschwerde gegen die Anspruchszinsenbescheide 2013 bis 2015 als unbegründet abzuweisen ist.

3.2 Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist nicht zulässig, da es sich ausschließlich um die Beantwortung von Tatfragen handelt und die zugrunde liegenden Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des VwGH und das Gesetz ausreichend beantwortet sind.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100578.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at