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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.10.2023, RV/5100487/2021

Arbeitsstätte eines Predigers - Fahrtkosten und Pendlerpauschale.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike Stephan in der Beschwerdesache ***Bf1***, DEUTSCHLAND, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im Einkommensteuerbescheid 2019 wurden Werbungskosten des Beschwerdeführers ohne nachvollziehbare Begründung der belangten Behörde auf € 1.897,99 gekürzt.

In der Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 brachte der Beschwerdeführer wie folgt vor:

"[…] ich habe vergeblich versucht auf ihren korrigierten Betrag für die Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte in Höhe von 1.897,99 EUR für das Jahr 2019 zu kommen.

Nach meiner Berechnung für alle im Jahr 2019 getätigten Ausgaben im Veranlagungsjahr komme ich auf einen Betrag von 2.746,88 EUR für die Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte.

Anbei werde ich ihnen drei Anhänge zusenden, aus denen alle meine Ausgaben und Vergütungen meines Arbeitgebers ersichtlich sind.

a) Alle meine Gehaltsabrechnungen in 2019 als PDF-Datei
b) Ein Summierung aller Spesen und Berufskosten, die hier relevant sind als Excel-Datei
c) Eine maschinelle Auswertung der Software meines Arbeitgebers in der alle meine Kosten für 2019 erfasst sind (inkl. alle einzelnen Dienstfahrten) als PDF-Datei.

Sollten sie noch weitere Daten benötigen, wenden sie sich gerne an mich."

In der Beschwerdevorentscheidung vom weist die belangte Behörde das Begehren des Beschwerdeführers ab und kürzt die Werbungskosten auf € 1.106,13. Aus der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung geht wie folgt hervor:

"Für Fahrten zwischen zwei oder mehreren Mittelpunkten der Tätigkeit stehen Fahrtkosten (zB in Höhe des Kilometergeldes) zu (vgl. ). Die Fahrten von der Wohnung zu jener Arbeitsstätte, an der der Arbeitnehmer langfristig (in der Regel im Kalenderjahr) im Durchschnitt am häufigsten tätig wird (Hauptarbeitsstätte) und die Fahrten von der Hauptarbeitsstätte zurück zur Wohnung sind mit dem Verkehrsabsetzbetrag und einem allfälligen Pendlerpauschale sowie dem Pendlereuro abgegolten. Lt. den vorgelegten Reiseaufzeichnungen waren Sie zB im Jänner, Februar und März jeweils an 19 Tagen unterwegs. Im Durchschnitt ist in einem Monat von 20 Arbeitstagen auszugehen, somit befindet sich Ihre "Hauptarbeitsstätte" in ***Ort 2***.

Für Fahrten von der Hauptarbeitsstätte zu einer weiteren Arbeitsstätte und zurück zur Hauptarbeitsstätte stehen grundsätzlich Fahrtkosten zu. Werden an einem Tag zwei oder mehrere Arbeitsstätten angefahren, so stehen Fahrtkosten nur für jene Strecke zu, die die Strecke WohnungHauptarbeitsstätte-Wohnung übersteigt.

Es wurde Ihnen das Pendlerpauschale und der Pendlereuro für die Strecke ***Ort 1*** - ***Ort 2*** berücksichtigt."

Mit als Ablehnung - Beschwerdevorentscheidung bezeichnetem Schreiben vom wurde ergänzend vorgebracht:

"Der Bescheid ist hinsichtlich der ausgewiesenen Sonderausgaben unrichtig, weil fälschlicherweise aufgrund meiner Reistätigkeiten eine falsche Hauptarbeitsstätte ihrerseits geschlussfolgert wurde.

Meine Hauptarbeitsstätte im Jahr 2019 war mein Büro an meinem Wohnsitz in ***Ort 1*** ***1***, ***Str.*** und nicht ***Ort 2***, wo ich die meisten Reiseaktivitäten hatte. Statt der von ihnen ermittelten Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte in Höhe von 1.106,13 EUR sind korrekterweise 3.080.99 EUR zugrunde zulegen. Ich stelle daher den Antrag, diesen Betrag bei der Berechnung des Einkommens zu berücksichtigen.

Folgende Anlagen füge ich bei: - Bestätigung meiner Hauptarbeitsstätte durch meine Arbeitgeber - Aktuelle Berechnung der Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte für 2019 - Übersicht nach Arbeitsorten (Tagesangaben von 2019), aus der eindeutig hervorgeht, dass auch meine Hauptarbeitszeit bei mir im Büro stattgefunden hat (Rubrik: Keine Ortsangabe entspricht meinen Bürostandort). Bei allen anderen Arbeitsorten, war ich zumindest zeitweise an anderen Orten unterwegs, aber auch nicht immer ganztägig, sodass die Restarbeitszeit an diesen Tagen auch zum Teil noch an meinem Bürostandort stattfand."

Mit Vorlagebericht vom wurde der Akte dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde führte darin aus:

"Der Pflichtige beantragt Reisekosten - siehe Aufstellung. Diese wurden im Zuge der Beschwerdevorentscheidung mit folgender Begründung korrigiert - siehe auch Beilage:

Für Fahrten zwischen zwei oder mehreren Mittelpunkten der Tätigkeit stehen Fahrtkosten (zB in Höhe des Kilometergeldes) zu (vgl. ). Die Fahrten von der Wohnung zu jener Arbeitsstätte, an der der Arbeitnehmer langfristig (in der Regel im Kalenderjahr) im Durchschnitt am häufigsten tätig wird (Hauptarbeitsstätte) und die Fahrten von der Hauptarbeitsstätte zurück zur Wohnung sind mit dem Verkehrsabsetzbetrag und einem allfälligen Pendlerpauschale sowie dem Pendlereuro abgegolten. Lt. den vorgelegten Reiseaufzeichnungen waren Sie zB im Jänner, Februar und März jeweils an 19 Tagen unterwegs. Im Durchschnitt ist in einem Monat von 20 Arbeitstagen auszugehen, somit befindet sich Ihre "Hauptarbeitsstätte" in ***Ort 2***.Für Fahrten von der Hauptarbeitsstätte zu einer weiteren Arbeitsstätte und zurück zur Hauptarbeitsstätte stehen grundsätzlich Fahrtkosten zu. Werden an einem Tag zwei oder mehrere Arbeitsstätten angefahren, so stehen Fahrtkosten nur für jene Strecke zu, die die Strecke Wohnung-Hauptarbeitsstätte-Wohnung übersteigt."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der im Streitjahr 2019 in ***Adr*** wohnhafte Beschwerdeführer ist/war bei der ***Kirche*** in Österreich als Prediger beschäftigt.

Laut Prediger-Vereinbarung vom umfasst sein Aufgabenbereich unter anderem: Predigt- und Seelsorgedienst, evangelistische Tätigkeit (Seminare und Vorträge), Religionsunterricht, Gemeindeführung und -verwaltung.

Seine Hauptarbeitsstätte befindet sich in ***Ort 2***, die einfache Wegstrecke von seiner Wohnadresse nach ***Ort 2*** 1, ***X*** beträgt laut Pendlerrechner rund 11 km.

Die Arbeitsstätte in ***Ort 2*** (inkl. ***30***) wurde im Jänner 10 mal (4 x Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel), im Februar 11 mal (2 x Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel), im März 8 mal (5 x Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel), im April 7 mal (1 x Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel), im Mai 10 mal (6 x Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel), im Juni 11 mal (4 x Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel), im August 11 mal (7 x Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel), im September 5 mal (1 x Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel), im Oktober 3 mal, im November 13 mal (3 x Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) und im Dezember 11 mal (davon 4 x Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) aufgesucht. Die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel war somit im März, Mai und September überwiegend (an mehr als der Hälfte der Arbeitstage) nicht zumutbar.

Der Beschwerdeführer hat mit seinem eigenen PKW Fahrten von seinem Wohnhaus zu beruflich veranlassten Reisen nach ***1***, ***2***, ***3***, ***4***, ***5***, ***6***, ***7***, ***8***, ***Ort 1***, ***9***, ***10***, ***11***, ***12***, ***13***, ***14***, ***15***, ***16***, ***17***, ***18***, ***Ort 3***, ***19***, ***Ort 4***, ***20***, ***21***, ***22***, ***23***, ***24***, ***25***, ***26***, ***27***, ***28***, ***29*** zum Zweck von Besprechungen, Tagungen und Seminaren, Gottesdiensten, Jugendarbeit, Organisation und Supervision unternommen. Insgesamt wurden im Jahr 2019 29.812 Kilometer (darin enthalten auch Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte im Ausmaß von 100 Fahrten zu 20 km) mit dem eigenen PKW, 2.993 km als Mitfahrer und 20 Kilometer mit dem Rad zurückgelegt. Der Dienstgeber hat Fahrtkosten iHv € 9.801,30 vergütet. Insgesamt machte der Bf. Reisekosten iHv € 2.876,99 geltend.

In der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung wurde zwar angeführt, dass das Pendlerpauschale berücksichtigt worden sei, tatsächlich wurde weder Pendlerpauschale noch Pendlereuro in Abzug gebracht.

2. Beweiswürdigung

Soweit im Folgenden nicht gesondert erörtert sind die obigen Sachverhaltsfeststellungen aktenkundig bzw. ergeben sich diese aus den nicht der Aktenlage widersprechenden und auch von der belangten Behörde nicht widerlegten Ausführungen des Beschwerdeführers.

Strittig ist im gegenständlichen Beschwerdeverfahren, wo sich die Arbeitsstätte/Hauptarbeitsstätte des Beschwerdeführers (Predigers) befindet. Der Beschwerdeführer vermeint seine Arbeitsstätte sei in seinem Wohnhaus in ***Ort 1*** ***1***, demgegenüber geht die belangte Behörde von der Arbeitsstätte in ***Ort 2*** aus.

In der Prediger-Vereinbarung vom wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer der ***Kirche*** als Prediger und Seelsorger zur Verfügung steht. Der Aufgabenbereich umfass laut § 1 der Vereinbarung: "Predigt- und Seelsorgedienst, evangelistische Tätigkeit (Seminare und Vorträge), Religionsunterricht, Gemeindeführung und -verwaltung. Der Prediger hat seine Tätigkeit in dem ihm jeweils zugewiesenen Bereich bzw. Gebiet zu erbringen, ist aber im Übrigen bei der Erbringung seiner Tätigkeit an keinen bestimmten Arbeitsplatz und keine bestimmte Arbeitszeit gebunden. Er ist jedoch bei Ausübung seiner Tätigkeit den Weisungen der Kirche unterstellt."

In der Antwort auf das Ergänzungsersuchen vom teilt der Beschwerdeführer mit seine Aufgabe im Jahr 2019 sei die umfassende Betreuung aller Pastoren seiner ***Kirche*** in Österreich, sowie ferner die Betreuung von Studenten in ***Ort 2***. Sein Hauptarbeitsplatz sei in seinem Büro in seinem Wohnhaus in ***Ort 1*** ***1***.

Zu den weiteren beweiswürdigenden Ausführungen siehe unter "Rechtliche Erwägungen".

Die Feststellungen zu den beruflich veranlassten Fahrten ergeben sich aus den vorgelegten glaubwürdigen Fahrtenübersichten.

Die Ergebnisse des Pendlerrechners beruhen auf den Abfrageergebnissen vom . Ein Berechnungsergebnis für einen Tag, der im zu beurteilenden Kalenderjahr 2019 liegt, liegt nicht vor.

Vor diesem Hintergrund können die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gem. § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gem. § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 in der im Streitjahr geltenden Fassung sind Werbungskosten auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten. […]

c) Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale:

Bei mindestens 20 km bis 40 km - 696 Euro jährlich,
bei mehr als 40 km bis 60 km - 1 356 Euro jährlich,
bei mehr als 60 km - 2 016 Euro jährlich.

d) Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c:

Bei mindestens 2 km bis 20 km - 372 Euro jährlich,
bei mehr als 20 km bis 40 km - 1 476 Euro jährlich,
bei mehr als 40 km bis 60 km - 2 568 Euro jährlich,
bei mehr als 60 km - 3 672 Euro jährlich.

e) Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales gemäß lit. c oder d ist, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt. Ist dies nicht der Fall gilt Folgendes:

- Fährt der Arbeitnehmer an mindestens acht Tagen, aber an nicht mehr als zehn Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu zwei Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.

- Fährt der Arbeitnehmer an mindestens vier Tagen, aber an nicht mehr als sieben Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu einem Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.

Einem Steuerpflichtigen steht im Kalendermonat höchstens ein Pendlerpauschale in vollem Ausmaß zu.

§ 3 der Pendlerverordnung (BGBl. II Nr. 276/2013 idF BGBl. II Nr. 324/2019) lautet:

Pendlerrechner

§ 3.(1) Für die Ermittlung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. zwischen Arbeitsstätte und Wohnung (§ 1) und für die Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar oder unzumutbar ist (§ 2), ist für Verhältnisse innerhalb Österreichs der vom Bundesministerium für Finanzen im Internet zur Verfügung gestellte Pendlerrechner zu verwenden.

(2)Dem Pendlerrechner sind die Verhältnisse zu Grunde zu legen, die für den abgefragten Tag bestehen.

(3)Entsprechen die zeitlichen und örtlichen Umstände der Erbringung der Arbeitsleistung während des gesamten Kalendermonats im Wesentlichen jenen, die für den abgefragten Tag im Pendlerrechner bestehen, kann angenommen werden, dass das unter Verwendung des Pendlerrechners für den abgefragten Tag ermittelte Ergebnis mit dem übereinstimmt, das sich für alle maßgebenden Tage des Kalendermonats ergibt.

(4)Liegen für verschiedene abgefragte Tage unter Verwendung des Pendlerrechners unterschiedliche Ergebnisse vor, ist jenes maßgebend, dass für einen abgefragten Tag (Abs. 3) ermittelt wurde, der jenem Kalenderjahr zuzurechnen ist, für das die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und die Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar ist, zu beurteilen ist. In allen anderen Fällen ist die zeitnähere Abfrage nach Abs. 3 maßgebend.

(5)Das Ergebnis des Pendlerrechners ist nicht heranzuziehen, wenn nachgewiesen wird, dass

1.bei der Berechnung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. der Entfernung zwischen Arbeitsstätte und Wohnung (§ 1) oder

2.bei der Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels unzumutbar ist (§ 2)

unrichtige Verhältnisse berücksichtigt werden. Dieser Nachweis kann vom Steuerpflichtigen nur im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung erbracht werden. Die Nachweismöglichkeit erstreckt sich jedoch nicht auf jene Verhältnisse, die dem Pendlerrechner auf Grund einer abstrakten Betrachtung des Individualverkehrs hinterlegt sind und auf einer typisierenden Betrachtung beruhen (beispielsweise die hinterlegte Durchschnittsgeschwindigkeit).

(6)Das Ergebnis des Pendlerrechners gilt als amtliches Formular im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. g EStG 1988, das der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ausgedruckt und unterschrieben oder elektronisch signiert übermitteln kann. Erfolgt keine Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuro durch den Arbeitgeber bei Anwendung des Lohnsteuertarifs, hat der Arbeitnehmer das Ergebnis des Pendlerrechners für Zwecke der Berücksichtigung bei der Einkommensteuerveranlagung heranzuziehen und aufzubewahren.

(7)Ist die Verwendung des Pendlerrechners nicht möglich (insbesondere, weil die Wohnung oder Arbeitsstätte im Ausland liegt) oder liefert der Pendlerrechner dauerhaft kein Ergebnis (insbesondere bei Fehlermeldung wegen Zeitüberschreitung), hat der Arbeitnehmer für die Inanspruchnahme des Pendlerpauschales und des Pendlereuro das für derartige Fälle vorgesehene amtliche Formular zu verwenden. Wenn der Pendlerrechner dauerhaft kein Ergebnis liefert, ist dies durch einen entsprechenden Ausdruck oder durch ein PDF-Dokument des Pendlerrechners nachzuweisen.

Gemäß § 33 Abs 5 Z 4 EStG 1988 stehen bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis u.a. folgende Absetzbeträge zu: Ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit b und lit e bis j entsprechend.

Rechtliche Würdigung:

Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind - unabhängig vom Vorliegen einer Reise - stets in ihrer tatsächlichen Höhe gem. § 16 Abs. 1 EStG 1988 als Werbungskosten anzusetzen, wobei eine Schätzung mit dem amtlichen Kilometergeld in vielen Fällen zu einem zutreffenden Ergebnis führt (vgl. ).

Eine Ausnahme vom Grundsatz, dass Fahrtkosten in ihrer tatsächlichen Höhe zu berücksichtigen sind, enthält § 16 Abs. 1 Z 6 leg. cit. für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Kennzeichnend für diese Fahrten ist, dass sie mit dem Ziel unternommen werden, die Arbeitsstätte aufzusuchen bzw. von dieser in die Wohnung zurückzukehren (vgl. zB ).

Der Begriff "Arbeitsstätte" ist im Einkommensteuergesetz nicht definiert. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist Arbeitsstätte jener Ort, an dem der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber regelmäßig tätig wird (vgl. zB ). Eine "Wohnung" im Sinne dieser Gesetzesstelle ist jener Ort, von dem aus sich der Arbeitnehmer regelmäßig zu seiner Arbeitsstätte begibt (vgl. ).

Die Fahrten von der Wohnung zu jener Arbeitsstätte, an der der Arbeitnehmer langfristig (in der Regel im Kalenderjahr) im Durchschnitt am häufigsten tätig wird (Hauptarbeitsstätte) und die Fahrten von der Hauptarbeitsstätte zurück zur Wohnung sind mit dem Verkehrsabsetzbetrag und einem allfälligen Pendlerpauschale sowie dem Pendlereuro abgegolten. Ist die Hauptarbeitsstätte nicht eindeutig zu ermitteln, da der Arbeitnehmer gleich oft an mehreren Arbeitsstätten tätig wird, gilt subsidiär jene Arbeitsstätte, die im Dienstvertrag als Hauptarbeitsstätte definiert ist.

Für Fahrten von der Hauptarbeitsstätte zu einer weiteren Arbeitsstätte und zurück zur Hauptarbeitsstätte stehen grundsätzlich Fahrtkosten zu. Werden an einem Tag zwei oder mehrere Arbeitsstätten angefahren, so stehen Fahrtkosten nur für jene Strecke zu, die die Strecke Wohnung-Hauptarbeitsstätte-Wohnung übersteigt.

Im gegenständlichen Fall ist daher hinsichtlich der geltend gemachten Fahrtkosten zu prüfen, ob die Fahrten des Beschwerdeführers als solche zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusehen sind.

Der Beschwerdeführer war im Beschwerdejahr 2019 als Prediger für die ***Kirche*** tätig. Laut seiner Prediger-Vereinbarung umfasste sein Aufgabengebiet den Predigt- und Seelsorgedienst, evangelistische Tätigkeiten (Seminare und Vorträge), den Religionsunterricht sowie die Gemeindeführung und -verwaltung.

Der Beschwerdeführer ist als Prediger und Seelsorger regelmäßig in der Kirche, den kirchlichen Nebenräumen, vor Ort bei den Kirchengemeindemitgliedern bzw bei öffentlichen Veranstaltungen für seinen Arbeitgeber tätig. Die Arbeitsstätte des Beschwerdeführers befindet sich in den zu betreuenden Kirchen, Gemeinden und vor Ort bei den Kirchenmitgliedern und nicht im Büro seines Wohnhauses.

Nach Auswertung der vorgelegten Aufstellungen des Beschwerdeführers war im Jahr 2019 die Hauptarbeitsstätte (also jener Arbeitsstätte, an der der Arbeitnehmer langfristig - in der Regel im Kalenderjahr - im Durchschnitt am häufigsten tätig wird) in ***Ort 2***.

Die Fahrten zwischen Wohnsitz und ***Ort 2*** im Ausmaß von (100x20km) können daher nicht als Fahrtkosten anerkannt werden und sind aus der Gesamtzahl an gefahrenen Kilometern auszuscheiden.

bis

PKW 27.812 km x 0,42 11.681,04 €
Mitfahrer (PKW) 2.933 km x 0,05 149,65 €
Fahrrad 20 km x 0,38 7,60 €
Summe 11.838,29 €
abzüglich Kilometergeld vergütet vom DG - 9.616,60 €
abzüglich Jahresvigniette vergütet vom DG - 89,20 €
abzüglich Park- und Mautgebühren vergütet vom DG - 95,50 €
Vom Dienstgeber nicht berücksichtigte Werbungskosten (Kz 721) 2.036,99 €

Pendlerpauschale und Pendlereuro

Alle Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. a EStG 1988 durch den Verkehrsabsetzbetrag sowie ein allenfalls zustehendes Pendlerpauschale und Pendlereuro abgegolten. Der Verkehrsabsetzbetrag wurde von der belangten Behörde berücksichtigt.

Ist dem Arbeitnehmer an mehr als der Hälfte seiner Arbeitstage im jeweiligen Kalendermonat die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels unzumutbar, so besteht Anspruch auf das "große Pendlerpauschale". Urlaub oder Krankenstand sind für die Frage des Überwiegens auszuklammern.

Das Pendlerpauschale steht für die Monate März und Mai zu zwei Drittel (€ 20,67 x 2) und für den Monat August zur Gänze (€ 31,00) zu, da laut Pendlerrechner des BMF in diesen Monaten die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln überwiegend nicht zumutbar war. Der zu berücksichtigende Pendlereuro beträgt für die Monate März und Mai € 2,44 (€ 1,22 x 2) und für den Monat August € 1,83.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dass die Fahrtkosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem Verkehrsabsetzbetrag und dem Pendlerpauschale abgegolten sind, ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988. Bei der Beurteilung der Hauptarbeitsstätte/
Arbeitsstätte folgt das BFG der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur, weshalb eine (ordentliche) Revision nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100487.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at