Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.10.2023, RV/7103563/2023

Schätzung gemäß §184 BAO wegen Nichtabgabe der Abgabenerklärungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Vertreter, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom , betreffend Körperschaftsteuer- und Umsatzsteuer für das Jahr 2020 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die beschwerdeführende Gesellschaft (Bf.) ist auf dem Sektor des Immobilienhandels tätig und erzielt im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Unter Hinweis darauf, dass die Frist zur Einreichung der Körperschaftsteuer- und Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2020 bereits abgelaufen ist, ersuchte die belangte Behörde die Bf. mit Bescheid vom , die Abgabe der Jahreserklärungen bis nachzuholen, andernfalls die belangte Behörde berechtigt ist, die Bemessungsgrundlagen gemäß § 184 BAO zu schätzen.

Mangels Einreichung der Steuererklärungen 2020 wurden die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzungsweg ermittelt und die Körperschaftssteuer 2020 (in der Höhe von 50.000 Euro) sowie die Umsatzsteuer 2020 (in der Höhe von 60.000 Euro) mit Bescheiden vom festgesetzt.

Gegen diese Bescheide erhob die Bf. fristgerecht Beschwerde und bestätigte, dass die Steuererklärungen für das Jahr 2020 noch nicht eingebracht worden seien. Der Grund liege darin, dass für die Jahre 2001 bis 2019 noch Rechtsmittel anhängig seien und das Jahresergebnis 2020 auf den Vorjahren aufbaue. Die geschätzten Beträge seien jedoch vollkommen aus der Luft gegriffen und würden keine Grundlage, sondern vielmehr einen Strafcharakter darstellen. Die Bf. kündigte an, die aufgrund der tatsächlichen und richtigen Beträge errechneten Steuererklärungen für das Jahr 2020 gesondert zu übermitteln.

Mit Ergänzungsersuchen vom wies die belangte Behörde die Bf. darauf hin, dass trotz Aufforderung durch die Abgabenbehörde und Ankündigung seitens der Bf. bis dato keine Abgabenerklärungen für das Jahr 2020 eingereicht wurden. Gleichzeitig wurde die Bf. letztmalig aufgefordert, die Jahreserklärungen 2020 bis nachzureichen sowie die Angaben in den Steuererklärungen durch Vorlage eines detaillierten Jahresabschlusses mit G+V, Anlagespiegel sowie einer Mehr- Weniger Rechnung zu belegen, andernfalls die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werde.

Mit Eingabe vom ersuchte die Bf. um Fristerstreckung zur Einreichung der Abgabenerklärungen für das Jahr 2020 bis .

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde mit der Begründung ab, dass trotz mehrmaliger Aufforderungen und Ergänzungsersuchen vom weder die Abgabenerklärungen 2020 noch ein Jahresabschluss vorgelegt wurde.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die Bf. erzielt im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Trotz wiederholter Aufforderung wurden die Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen für das Jahr 2020 nicht eingereicht.

Die Besteuerungsgrundlagen wurden daher gemäß § 184 BAO im Schätzungsweg ermittelt und die Umsatz- und Körperschaftsteuer mit Bescheiden vom festgesetzt.

Im Beschwerdeverfahren wurden ebenfalls keine Abgabenerklärungen vorgelegt, sondern vielmehr die Vorlage der aufgrund der richtigen Beträge errechneten Abgabenerklärungen für das Jahr 2020 angekündigt.

Trotz neuerlichem Ergänzungsersuchen der belangten Behörden wurden jedoch weder die angekündigten und seitens der belangten Behörde abverlangten Umsatz- und Körperschaftsteuererlärung 2020 noch der angeforderte Jahresabschluss für das Jahr 2020 eingereicht.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 119 Abs. 1 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.

Gemäß § 138 Abs. 1 BAO haben die Abgabepflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörden und die diesen im § 140 gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Gemäß § 184 Abs. 2 BAO ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

Gemäß § 184 Abs. 3 BAO ist ferner zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Die Befugnis (Verpflichtung) zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen (vgl. Ritz, BAO Kommentar, 5. Auflage, § 184 Rz 6 und die dort zitierte Judikatur und Literatur).

Die Abgabenbehörde trägt zwar grundsätzlich die Feststellungslast für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend zu machen, doch befreit dies die Partei nicht von der Verpflichtung ihrerseits zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen und die für den Bestand und Umfang einer Abgabenpflicht bedeutsamen Umstände vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen (vgl. das Erkenntnis des ). Im Schätzungsverfahren besteht die Mitwirkungspflicht der Partei (vgl. das Erkenntnis des ).

Offenlegen bedeutet umfassendes Aufklären, rückhaltloses Offenbaren der abgabenrechtlich bedeutsamen Tatsachen, deren Kenntnis für eine der Wahrheit entsprechenden Abgabenerhebung bedeutsam und erforderlich ist. Die tatsächlichen Gegebenheiten und Verhältnisse sind wahrheitsgemäß so darzulegen, dass der Behörde die Berücksichtigung der wahren Tatsachen möglich ist.

Indem die Bf. trotz wiederholter Aufforderung seitens der Abgabenbehörde und entgegen ihrer eigenen Ankündigung in der Beschwerde vom weder Abgabenerklärungen noch einen Jahresabschluss für das Streitjahr 2020 vorgelegt hat, hat sie weder ihrer Offenlegungs- noch ihrer Mitwirkungsverpflichtung entsprochen.

Da es der belangten Behörde somit nicht möglich war, die die Bf. betreffenden Besteuerungsgrundlagen im gegenständlichen Zeitraum zu ermitteln, steht die Schätzungsbefugnis bzw. die Verpflichtung der belangten Behörde zur Schätzung außer Frage. Die belangte Behörde hat daher zu Recht im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungsweg ermittelt.

Die Schätzung ist ein Akt der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen. Sie ist ihrem Wesen nach ein Beweisverfahren, mit Hilfe dessen der Sachverhalt unter Zuhilfenahme mittelbarer Beweise ermittelt wird und stellt somit keine Ermessensübung dar. Der Schätzungsvorgang ist eine Art der Feststellung tatsächlicher Gegebenheiten und Verhältnisse (vgl. ). Ist eine Schätzung zulässig, so steht die Wahl der anzuwendenden Schätzungsmethode der Abgabenbehörde im Allgemeinen frei.

Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent. Wer jedoch zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen (Ritz, BAO6, § 184 Tz 3 mit Judikaturnachweisen). Wenn sich die Bf. gegen die Höhe der geschätzten Bemessungsgrundlagen wendet, ohne die für die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen erforderlichen Unterlagen (Jahresabschluss) bzw. die selbst erstellten Abgabenerklärungen vorzulegen, so kann dieses Vorbringen der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

In Ansehung der vorstehenden Ausführungen kann das Bundesfinanzgericht in der schätzungsweisen Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für die Umsatz- und Körperschaftsteuer 2020 keine Rechtswidrigkeit erblicken.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine derartige Rechtsfrage liegt im gegenständlichen Fall nicht vor, da das Bundesfinanzgericht mit dem vorliegenden Erkenntnis in der Frage der Schätzungsberechtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, weshalb die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103563.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at