Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 17.10.2023, RV/7100991/2021

DBA USA - Beurteilung der Ansässigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt sofern Mittelpunkt der Lebensinteressen nicht eindeutig bestimmt werden kann - bei nachweislich geplantem Auslandsaufenthalt von 3 Jahren.

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/13/0186.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende MMag. Elisabeth Brunner, die Richterin Mag. Maria Daniel sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Petra-Maria Ibounig und den fachkundige Laienrichter Mag. Heinrich Witetschka über die Beschwerde des ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Galaxy Steuerberatungs GmbH, Mariahilfer Straße 7, 1070 Wien, und PwC PricewaterhouseCoopers Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH, Erdbergstraße 200, 1030 Wien, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer der Jahre 2017 und 2018 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schreiben vom ersuchte die belangte Behörde den Beschwerdeführer um Vorlage der US-Steuerbescheide der Jahre 2017 und 2018. Das Finanzamt ging aufgrund der befristeten Entsendung des Beschwerdeführers durch dessen österreichischen Arbeitgeber in die USA von Februar 2017 bis Dezember 2018 sowie aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer sowohl vor als auch nach seinem Aufenthalt in den USA an derselben Liegenschaft in Österreich mit Hauptwohnsitz gemeldet war und auch durchgehend der österreichischen Sozialversicherung unterlag, von einer Ansässigkeit in Österreich aus.

Mit Antwortschreiben vom gab der Beschwerdeführer bekannt, dass sich der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen ab Jänner 2017 in die USA verlagert habe. Er sei mit seiner gesamten Familie im Jänner 2017 in die USA gezogen. Für die Dauer der Entsendung sei das Eigentumshaus in Österreich ausschließlich als Nebenwohnsitz gemeldet gewesen. Er habe Urlaube als auch Wochenenden in den USA verbracht und das Eigenheim in Österreich nicht genutzt. Der österreichische Wohnsitz sei während dieser Dauer leer gestanden. Bereits vor dem Umzug habe Herr ***Bf*** eine Wohnung in den USA angemietet, in welcher er und seine Familie während der gesamten Entsendedauer gewohnt hätten. Die Kinder von Herrn ***Bf*** hätten eine lokale Schule in den USA besucht.

Gleichzeitig mit diesem Schreiben wurden folgende Unterlagen und Beweismittel übermittelt:

• Auszug aus dem Zentralen Melderegister (Nebenwohnsitz in ***Adresse*** ab für ***Bf***, ***Sohn1***, ***Ehefrau***, ***Sohn2***)

• Nicht unterfertigter Mietvertrag (Residential Lease) für eine Mietwohnung in den USA für die Dauer von 32 Monaten (von bis )

• "Final Progress Report Spring 2017" (Middle School) für ***Sohn2***

• Diverse Kontoauszüge der Bank of America lautend auf "***Bf*** und ***Ehefrau***" (Anfangssaldo per )

• Ansässigkeitsbescheinigung für Zwecke der Besteuerung in den USA für das Jahr 2017

Mit Ergänzungsersuchen vom wurde dem Beschwerdeführer durch die belangte Behörde mitgeteilt, dass eine zeitlich begrenzte Auslandstätigkeit den Mittelpunkt der Lebensinteressen auch dann weiter im Inland bestehen lasse, wenn die Familie an den Arbeitsort im Ausland mitziehe, die Wohnung im Inland aber beibehalten werde. Bei kurzfristigen Auslandsaufenthalten im Ausmaß von weniger als 2 Jahren sei in der Regel davon auszugehen, dass keine Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen ins Ausland erfolge.

Laut den beigebrachten Unterlagen sei der Mietvertrag bezüglich der in den USA angemieteten Unterkunft schon bei Vertragsabschluss auf 32 Monate, nämlich auf den Zeitraum von bis befristet gewesen. Der Beschwerdeführer sei vor seinem Auslandsaufenthalt als auch danach an derselben ununterbrochen in seinem Eigentum stehenden Liegenschaft mit Hauptwohnsitz (und in der Zeit der Entsendung mit Nebenwohnsitz) gemeldet gewesen. Da das Einfamilienhaus in Österreich nicht vermietet worden wäre, habe es dem Beschwerdeführer durchgehend zur Verfügung gestanden.

Die österreichische Familienbeihilfe sei bis und danach wieder ab ausbezahlt worden. Daher sei von einem Aufenthalt der Familie in den USA von insgesamt 22 Monaten auszugehen. Der Beschwerdeführer sei ferner durchgehend zur österreichischen Sozialversicherung gemeldet gewesen. Daher sei aufgrund der engen persönlichen und wirtschaftlichen Verbindung von einem Verbleib des Mittelpunkts der Lebensinteressen in Österreich auszugehen.

Die belangte Behörde ersuchte in diesem Schreiben um Vorlage weiterer Dokumente bzw Beweismittel (US-Steuerbescheide für die Jahre 2017 und 2018, Zahlungsnachweise betreffend der in den USA vorgeschriebenen Steuern, Aufenthaltsbewilligung für die USA, Entsendungsvertrag, Aufklärung der regelmäßigen Überweisungen ausgehend vom US-Konto auf ein österreichisches Konto mit der Kennung ***1***).

In der Vorhaltsbeantwortung vom führt die (damalige) steuerliche Vertretung aus, dass der Beschwerdeführer gem Absatz I des Artikel 4 des DBA USA sowohl in Österreich als auch in den USA ansässig sei, weshalb Absatz 2 des genannten Artikels zur Anwendung komme.

Herr ***Bf*** sei für seinen österreichischen Arbeitsgeber vom bis in den USA tätig gewesen. Ursprünglich sei seine Entsendung für die Dauer von 3 Jahren geplant gewesen und erst im Mai 2018 aufgrund familiärer Gründe auf zwei Jahre verkürzt worden.

Herr ***Bf*** habe in den USA ein Haus gemietet und auf eigene Kosten vollständig eingerichtet.

Es seien Visa für alle Familienmitglieder jeweils vom bis ausgestellt worden. Die Einreise der Familie mit zwei Haustieren sei am erfolgt. Der private PKW sei vorab verkauft, die Kinder von der Musikschule in Österreich abgemeldet, die private Zusatzkrankenversicherung stillgelegt und die Müllabfuhr abbestellt worden. Die Familienbeihilfe sei im Jänner 2017 abgemeldet worden.

Während des Zeitraums vom bis sei weder Herr ***Bf*** noch ein anderes Familienmitglied in Österreich gewesen. Die gesamte Familie habe in diesem Zeitraum ihre Freizeit und Urlaube in den USA verbracht. Die Kinder des Beschwerdeführers hätten eine Schule in den USA besucht und seien in der Freizeit im Tennis- und Fußballverein sportlich tätig gewesen. Die Ehefrau des Beschwerdeführers habe in den USA eine Yoga-Ausbildung abgeschlossen und unentgeltlich Yoga-Unterricht in Princeton angeboten. Darüber hinaus habe die Ehefrau das Goethe Institut in New York City besucht und auch Prüfungen abgelegt. Erst nach der Rückkehr nach Österreich habe Herr ***Bf*** wieder den Wohnsitz in Österreich als Hauptwohnsitz gemeldet und Familienbeihilfe beantragt.

Der Beschwerdeführer habe ab bis einschließlich sein Gehalt von ***X*** Inc. in den USA erhalten. Die engeren wirtschaftlichen Beziehungen des Beschwerdeführers seien daher in diesem Zeitraum in den USA gelegen.

Nach Ansicht der steuerlichen Vertretung befinde sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen von Herrn ***Bf*** vom bis in den USA. Gemäß DBA USA sei Herr ***Bf*** deshalb in diesem Zeitraum als ansässig in den USA zu behandeln. Dem Finanzamt sei bereits eine US-Ansässigkeitsbescheinigung für das Jahr 2017 übermittelt worden. Aufgrund der aktuellen Corona Krise in den USA, sei es derzeit nicht möglich eine Ansässigkeitsbescheinigung für das Jahr 2018 zu erhalten. Diese sei jedoch bereits bei den US-Behörden angefragt worden.

Mit diesem Schreiben wurden zusätzliche Dokumente bzw Beweismittel übermittelt (Visadokumente für den Zeitraum bis für sämtliche Familienmitglieder, Income Tax Return 2017 und 2018 mit diversen Zusatzformularen und Beilagen)

In einem weiteren Ergänzungsschreiben vom ersuchte die belangte Behörde um Vorlage einer mit dem Arbeitgeber abgeschlossenen Entsendungsvereinbarung sowie um Bekanntgabe der familiären Gründe für die vorzeitige Beendigung der Entsendung.

Mit Schreiben vom teilt die (damalige) steuerliche Vertretung mit, dass weder ein lokaler Vertrag zwischen Herrn ***Bf*** und ***X*** Inc US noch ein Entsendevertrag zwischen Herrn ***Bf*** und ***Y*** KG existiere. Der Arbeitgeber von Herr ***Bf*** habe die Tätigkeit im Ausland in Form eines Aktenvermerks festgehalten. Darüber hinaus würden keine weiteren vertraglichen Dokumente vorliegen.

Bereits vor Beginn der Tätigkeit in den USA habe die Familie mit dem Schulministerium Kontakt aufgenommen, um zu klären, ob die Kinder später wieder ohne Probleme in das österreichische Schulsystem integriert werden könnten. Da das Schulministerium keine Auskunft geben konnte, hätte Herr ***Bf*** seine Tätigkeit in den USA ursprünglich für mindestens 3 Jahre geplant.

Später habe sich die ehemalige Schule bei Herrn ***Bf*** gemeldet und ihn darüber informiert, dass die Kinder mit hoher Wahrscheinlichkeit keine "ordentlichen Schüler" in Österreich mehr sein würden, wenn sie mehr als ein Jahr eine Schule im Ausland besuchten. Zwecks Vermeidung eines schulischen Nachteils für seine Kinder habe Herr ***Bf*** beschlossen, seine Tätigkeit in den USA vorzeitig zu beenden und sei deshalb im Dezember 2018 mit seiner Familie nach Österreich zurückgekehrt.

Sollte die Abgabenbehörde die Ansässigkeit von Herrn ***Bf*** in Österreich sehen, werde um Berücksichtigung der im Anhang angeführten Steuererklärungen 2017 und 2018 ersucht. Die enthaltenen Werbungskosten seien bisher in den Steuererklärungen der beiden Steuerjahre nicht angeführt worden, da von einer steuerlichen Ansässigkeit in den USA ausgegangen worden sei.

Mit diesem Schreiben wurden weitere Dokumente bzw Beweismittel übermittelt: Aktenvermerk der ***Y*** KG vom betreffend Rahmenbedingungen für die Entsendung von Herrn ***Bf*** in die USA, Beilage zur Arbeitnehmerveranlagung 2017 (Enclosure to Austrian income tax return 2017) mit Angabe von Sonderausgaben (1.204,50), Werbungskosten (20.995,71) und der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages, Beilage zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 (Enclosure to Austrian income tax return 2018) mit Angabe von Werbungskosten iHv 19.920,78 und Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages, Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 mit Beilagen.

Die Einkommensteuer betreffend der Jahre 2017 und 2018 wurde mit Bescheiden vom durch die belangte Behörde veranlagt. Die nachträglich beantragten Werbungskosten und Sonderausgaben wurden dabei berücksichtigt.

Begründend führt das Finanzamt in beiden Bescheiden aus, dass neu hervorgekommen sei, dass Herr ***Bf*** (auch) in den Jahren 2017 und 2018 durchgehend in Österreich ansässig gewesen sei. "(Liegenschaft in Österreich, die vor und nach der Entsendung Hauptwohnsitz war/ist; befristeter Entsendevertrag; befristeter Mietvertrag in den USA; befristete Aufenthaltsgenehmigung in den USA; durchgehende Sozialversicherung in Österreich; Spendenzahlungen der Gattin in Österreich, …)"

Gem Art 15 DBA USA falle daher Österreich das Besteuerungsrecht unter Anrechnung der bereits im Ausland bezahlten Steuer gem Art 22 DBA USA zu. Die für die Tätigkeit in den USA bezogenen Einkünfte wurden aus den US-Steuererklärungen inklusive der Sachbezüge übernommen.

In der rechtzeitig erhobenen Beschwerde vom gegen die Einkommensteuerbescheide 2017 und 2018 wird die steuerliche Ansässigkeit von Herrn ***Bf*** in Österreich bestritten.

Dabei wiederholt die (damalige) steuerliche Vertretung im Wesentlichen die bereits vorgebrachten Argumente der Antwortschreiben der 3 Ergänzungsersuchen und kommt zum Schluss, dass die engeren persönlicheren Beziehungen von Herrn ***Bf*** und seiner Familie vom bis eindeutig in den USA zu sehen seien.

Ebenso wären die engeren wirtschaftlichen Beziehungen des Beschwerdeführers in diesem Zeitraum in den USA zu sehen, da Herr ***Bf*** während seiner Tätigkeit in den USA im Interesse der US-Gesellschaft gearbeitet und sein Gehalt vom bis einschließlich von ***X*** Inc US erhalten habe.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidungen jeweils vom sowohl für das Jahr 2017 als auch für das Jahr 2018 als unbegründet abgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde aus, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine zeitlich begrenzte Auslandstätigkeit den Mittelpunkt der Lebensinteressen auch dann im Inland weiterbestehen lasse, wenn die Familie an den Arbeitsort im Ausland mitziehe, die Wohnung im Inland aber beibehalten werde. Bei kurzfristigen Auslandsaufenthalten (im Ausmaß von weniger als 2 Jahren) sei in der Regel davon auszugehen, dass keine Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen in das Ausland erfolge.

Eine Gesamtabwägung der persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen des Beschwerdeführers zu beiden Vertragsstaaten habe ergeben, dass die Anknüpfungspunkte an Österreich überwiegen und somit der Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich zu beurteilen sei.

Die belangte Behörde führt dabei folgende Anknüpfungspunkte, die für eine Ansässigkeit in Österreich sprechen würden, an: befristete Auslandstätigkeit im Ausmaß von 23 Monaten, Eigenheim in Österreich als Nebenwohnsitz, durchgehende österreichische Sozialversicherung, Spendenzahlungen der Ehegattin in Österreich, schon zu Beginn der Entsendung sei geplant gewesen, die Kinder wieder in das österreichische Schulsystem zu integrieren, Überweisungen auf ein österreichisches Bank- und Sparkonto.

Als einzigen Anknüpfungspunkt an die USA nennt die Behörde die knapp 2-jährige Berufstätigkeit des Beschwerdeführers.

Aufgrund der durchgehenden Ansässigkeit in Österreich sei daher die gem Art 15 Abs 1 DBA USA iVm Art 22 Abs 3 DBA USA vorgenommene Besteuerung der ausländischen Einkünfte unter Anrechnung der bereits im Ausland bezahlten Steuer zu Recht erfolgt.

Im Vorlageantrag vom wird die Aufnahme weiterer Beweismittel betreffend das Vorliegen einer Ansässigkeit des Antragstellers in den USA beantragt.

• Foto über den Abschluss der Middle School von ***Sohn2***

• Fotocollage der Einführung von ***Sohn2*** im September 2018 in die High School

• Korrespondenzen zum Tennistraining der Kinder in den USA und diesbezügliche Kontozahlungen

• Bestätigung der Mitgliedschaft der Ehefrau bei der Integral Yoga Teachers Association in den USA (E-Mail vom Dezemer 2017)

• E-Mailverkehr zu den Yoga-Teachings in den USA der Ehefrau

• Stromabrechnung für die Jahre 2017 und 2018 bezüglich der Liegenschaft in Österreich mit stark gesunkenem Energieverbrauch

• Anzeige über den Verkauf des privaten PKW

• E-Mailverkehr betreffend Verkauf des PKW

• E-Mailverkehr zur Abmeldung des PKW

• E-Mailverkehr mit der zuständigen Versicherungsberaterin bezüglich Stilllegung der Zusatz- und Rechtschutzversicherung mit Hinweis auf Entsendedauer von 3 Jahren

• E-Mailverkehr der Ehefrau betreffend Abbruch der Yoga-Ausbildung in Österreich mit folgendem Hinweis: "ich werde mit meiner Familie (samt Hund & Katze) für die nächsten 3 Jahre in den USA leben…"

• Dokument von ***X*** Inc USA mit dem Verweis auf die Entsendedauer von Herrn ***Bf***

• E-Mailverkehr mit der österreichischen Schule mit Hinweis auf den Auslandsaufenthalt von 3 Jahren

• E-Mailverkehr von Herrn ***Bf*** bezüglich der Heizungswartung in seiner Abwesenheit

• E-Mailverkehr von Herrn ***Bf*** an Stromanbieter und Abfallentsorger mit Hinweis auf Abwesenheitsdauer von 3 Jahren

• E-Mailverkehr betreffend Bewerbungen der Ehefrau bei unterschiedlichen Unternehmen in den USA

• E-Mail von "IYTA" am an die Ehefrau mit dem Betreff "Your membership at Integral Yoga Teachers Association has been approved"

• Foto der Söhne bei einer Geburtstagsfeier mit Schulfreunden

• Fotos der Familie bei verschiedenen Freizeitveranstaltungen in den USA (Minigolf, Philadelphia Zoo, Autoshow Philadelphia 2018, Gettysburg National Military Park, Smithsonian National Air und Space Museum, Weißes Haus in Washington)

• E-Mailverkehr mit dem österreichischen Konsulat in New York bezüglich der Frage der späteren Wiedereingliederung der Kinder in eine österreichische Schule

• E-Mailverkehr von ***X*** Inc US im April und Mai 2018 bezüglich Verlängerung der Arbeitsformulare für Herrn ***Bf*** bis

• E-Mailverkehr von ***X*** Inc US und der ***Y*** KG im Juni 2018 bezüglich der Verkürzung der Entsendung

Für die Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen in die USA sei es nicht erforderlich sämtliche persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen und jegliche Verbindung zu Österreich vollständig abzubrechen. Die Bestimmungen des DBA würden lediglich auf das Überwiegen abstellen.

Schwache Anknüpfungspunkte an Österreich wie beispielsweise die Beibehaltung eines Bankkontos oder einer Spendentätigkeit würden nicht dazu führen, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich beibehalten werde.

Die gewichtigen persönlichen Beziehungen hätten sich vollständig in die USA verlagert. Die Verbindung zu Österreich hätte sich im fraglichen Zeitraum im Wesentlichen auf die Beibehaltung des Wohnsitzes beschränkt.

Des Weiteren schließe eine lediglich befristete Entsendung die Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen nicht aus. Die Bestimmungen des DBA würden keinen endgültigen Ansässigkeitswechsel verlangen. Die bloße subjektive Absicht nach einigen Jahren nach Österreich zurückzukehren führe nicht dazu, dass die Ansässigkeitsverlagerung in die USA für die Dauer der Entsendung zu verneinen sei.

Es sei außerdem zu berücksichtigen, dass die Entsendung zunächst für einen Zeitraum von zumindest 3 Jahren mit einer Verlängerungsmöglichkeit um 2 Jahre geplant war. Die Familie sei von einem langfristigen Aufenthalt in den USA ausgegangen. Die Beantragung der Visa für den Zeitraum bis lasse den Schluss zu, dass Herr ***Bf*** die Option zur Verlängerung um weitere 2 Jahre ursprünglich in Anspruch nehmen wollte.

Bereits vor Start der Tätigkeit in den USA habe die Familie mit dem Schulministerium erfolglos zu klären versucht, ob die Kinder später ohne Probleme in das österreichische Schulsystem wieder integriert werden könnten. Auch das österreichische Konsulat in New York habe keine genauen Auskünfte bezüglich der Wiedereingliederung der Kinder in eine österreichische Schule geben können. Daher habe Herr ***Bf*** seine Tätigkeit in den USA ursprünglich für 3 Jahre geplant.

Im Frühjahr 2018 habe sich die ehemalige österreichische Schule der beiden Kinder bei Herrn ***Bf*** gemeldet und ihn darüber informiert, dass die Kinder mit hoher Wahrscheinlichkeit keine "ordentlichen Schüler" in Österreich sein werden, wenn sie länger als ein Jahr eine ausländische Schule besuchen würden. Aus diesem Grund habe Herr ***Bf*** beschlossen, seine Tätigkeit in den USA vorzeitig zu beenden. Die Entscheidung über die frühzeitige Beendigung sei im Juni 2018 an die zuständigen Personen innerhalb von ***X*** Inc US und der ***Y*** KG kommuniziert worden.

Diese im Jahr 2018 unvorhergesehenen Ereignisse ließen keinen Rückschluss auf die Verlagerung der Ansässigkeit in die USA ab zu.

Liegen in beiden Staaten ständige Wohnstätten vor, werde lt DBA der Mittelpunkt der Lebensinteressen herangezogen. Könne der Mittelpunkt der Lebensinteressen aus dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht bestimmt werden, so werde der gewöhnliche Aufenthalt als nächstes Beurteilungskriterium herangezogen.

Der gewöhnliche Aufenthalt von Herrn ***Bf*** sei in den Jahren Jahr 2017 und 2018 eindeutig in den USA gelegen, da er in beiden Jahren mehr als 183 Tage physisch anwesend gewesen sei. Herr ***Bf*** habe keine Urlaubs- oder Arbeitstage im Entsendezeitraum in Österreich verbracht.

Der Beschwerdeführer sei daher ab in den USA ansässig gewesen. Österreich habe kein Besteuerungsrecht an seiner ausschließlich in den USA ausgeübten Tätigkeit.

Am verfasste die belangte Behörde ein neuerliches Ergänzungsersuchen in welchem der Beschwerdeführer aufgefordert wurde bekanntzugeben, wo Eltern, Geschwister, Schwiegereltern und SchwägerInnen lebten, welche persönlichen Beziehungen in den USA aufgebaut wurden (mit Vorlage entsprechender Unterlagen). Darüber hinaus wurde ersucht bekanntzugeben, bei welchen Vereinen der Beschwerdeführer im Jahr 2016 Mitglied war und welche dieser Mitgliedschaften anlässlich des Wegzuges in die USA beendet wurden. Als letzten Ergänzungspunkt ersuchte das Finanzamt um Vorlage des Schriftverkehrs mit der österreichischen Schule.

In der Vorhaltsbeantwortung vom gibt der Beschwerdeführer bekannt, dass seine Verwandtschaft in Österreich lebe. Lediglich seine engere Familie (Frau und Kinder) sei mit ihm in die USA gezogen.

Durch die Eingliederung der Söhne in die Schule in den USA hätten sich Bekanntschaften im Rahmen von diversen Schulveranstaltungen entwickelt, welche auch in der Freizeit von Herrn ***Bf*** gepflegt worden wären. Auch im Rahmen der Tätigkeit bei ***X*** Inc US habe Herr ***Bf*** mit seinen Kollegen nicht nur eine berufliche, sondern auch eine private Beziehung aufgebaut. Aufgrund der Wahrung der Privatsphäre der Bekanntschaften werde jedoch von einer detaillierten Nennung im Rahmen des Ergänzungsersuchens Abstand genommen, könne aber, sofern diese Information als unerlässlich bewertet werde, im Nachgang erbracht werden.

Herr ***Bf*** sei persönlich in keinem Verein vor der Tätigkeit in den USA Mitglied gewesen. Seine Ehefrau habe die in der Freizeit absolvierte Yoga-Ausbildung abgebrochen. Die Söhne seien bis zum Wegzug in Österreich bei einer Musikschule angemeldet gewesen und wären im Zuge des Umzuges von der Musikschule abgemeldet worden.

Die Auskünfte der österreichischen Schule seien per Telefon an die Familie erteilt worden. Die schriftliche Bestätigung über die tatsächlich zu absolvierenden Prüfungen hätte die Familie im September 2018 erhalten.

Als Beweis wird eine am datierte E-Mail des Schuldirektors des BRG ***Z***, wonach die beiden Söhne von Herrn ***Bf*** innerhalb von 3 Monaten zumindest in den Schularbeitsfächern Einstufungsprüfungen zu absolvieren hätten, der belangten Behörde übermittelt.

Im Vorlagebericht vom nimmt die belangte Behörde zum Vorlageantrag unter Verweis aus diverse Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erneut wie folgt Stellung:

Für die Begründung einer ständigen Wohnstätte sei es nicht entscheidend, in welchem zeitlichen Ausmaß eine Wohnung tatsächlich genutzt werde. Bleibe eine Wohnung während eines Auslandsaufenthaltes vollständig eingerichtet, wird sie unbewohnt zurückgelassen und auch nicht vermietet, sei davon auszugehen, dass die inländische ständige Wohnstätte beibehalten worden ist.

Der Beschwerdeführer hätte bis dato verschwiegen, welcher Art die gewichtigen persönlichen Beziehungen in den USA waren. Übliche Kontakte zu Arbeitskollegen und Mitbewohnern würden jedenfalls nicht als persönliche Beziehungen ins Gewicht fallen. Es sei vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden, dass er in den USA Betätigungen gesellschaftlicher, religiöser und kultureller Art oder andere Betätigungen zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen nachgegangen sei. Ebenso wenig seien vom Beschwerdeführer Mitgliedschaften in Vereinen und andere soziale Engagements in den USA behauptet worden.

Für die Frage des Mittelpunkts der Lebensinteressen habe der Umstand, dass beide Söhne in den USA die Schule besuchten, sich dort in Vereinen sportlich betätigten, bzw dass die Ehefrau Yoga-Unterricht angeboten habe, keine Relevanz.

Ebenso wenig spreche der Umstand allein, dass der Beschwerdeführer und seine Familie ihre Urlaube in den Jahren 2017 und 2018 in den USA verbracht und die USA in diesem Zeitraum nicht verlassen hätten, nicht dafür, dass die persönlichen Beziehungen des Beschwerdeführers zu den USA die Näheren gewesen wären.

Im Übrigen hätte der Beschwerdeführer entgegen der Behauptung im Vorlageantrag anlässlich seiner Entsendung in die USA in Österreich keine Vereinsmitgliedschaft beendet.

Unter Verweis auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung werde daher beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Am fand am Bundesfinanzgericht eine Erörterung statt. Der Beschwerdeführer legte seinen Reisepass und diverse Fotos als zusätzlichen Beweis für seine Einreise in die USA vor.

Der Beschwerdeführer gab an, dass er während seines Aufenthaltes in den USA Kontakte mit Arbeitskollegen und Eltern der Schulkollegen der Kinder hatte. Darüber hinaus habe er keine engeren Kontakte in den USA gepflegt.

Der Beschwerdeführer gab ferner zu Protokoll, dass er in Österreich (wie auch in den USA) in keinen Vereinen Mitglied gewesen sei.

Im Zuge der Erörterung wurden von der Richterin weitere noch vorzulegende Unterlagen angefordert (Kopien der Reisepässe der übrigen Familienmitglieder, Nachweis des fortgesetzten Fernstudiums der Ehefrau, evtl noch vorhandene Kurspläne der abgehaltenen Yoga-Unterrichtseinheiten, unterfertigter Mietvertrag in den USA, Ansässigkeitsbescheinigung für das Jahr 2018).

Mit schriftlicher Eingabe vom (eingelangt beim BFG am ) hat der Beschwerdeführer die ursprünglich beantragte mündliche Verhandlung zurückgezogen.

Die im Erörterungstermin abverlangten Unterlagen wurden mit Ausnahme der Ansässigkeitsbescheinigung für das Jahr 2018 vorgelegt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Es besteht Streit darüber, ob Österreich das Besteuerungsrecht an dem im Zeitraum 2017 bis 2018 in den USA bezogenem Gehalt des Beschwerdeführers zusteht, bzw in welchem Staat der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hatte.

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war vom bis für das US-amerikanische Unternehmen ***X*** Inc US tätig und übersiedelte zu diesem Zweck mit seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern samt 2 Haustieren in die USA.

Für die Dauer des Aufenthalts in den USA schloss der Beschwerdeführer einen auf 32 Monate befristeten Mietvertrag über eine Unterkunft in den USA ab. Die Visa aller Familienmitglieder wurden jeweils vom bis ausgestellt.

Der Beschwerdeführer hat sein Gehalt für den Zeitraum Februar 2017 bis Jänner 2019 von ***X*** Inc US auf ein Bankkonto in den USA bezogen.

Während des Auslandsaufenthaltes unterlag der Beschwerdeführer durchgehend der österreichischen Sozialversicherung.

Während des streitgegenständlichen Zeitraums besuchten die Söhne des Beschwerdeführers eine Schule in den USA und waren in Sportvereinen aktiv tätig.

Die Ehefrau des Beschwerdeführers hat sich bei verschiedenen Unternehmen in den USA erfolglos beworben. Sie hat in den USA eine (zuvor in Österreich abgebrochene) Yoga-Ausbildung abgeschlossen und unentgeltlich Yoga-Unterricht in Princeton angeboten.

Das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Einfamilienhaus in Österreich wurde während des Aufenthalts in den USA nicht vermietet. Die Adresse wurde in diesem Zeitraum im Zentralen Melderegister als Nebenwohnsitz angeführt.

Im Aktenvermerk der ***Y*** KG vom bezüglich der Rahmenbedingungen für die Entsendung des Beschwerdeführers in die USA wurden folgende Punkte festgehalten:

• "Die Entsendung in die USA startet mit jedoch frühestens ab Erteilung eines Arbeitsvisa USA und erfolgt voraussichtlich für drei Jahre, mit einer Option auf Verlängerung um weitere zwei Jahre.

Der österreichische Dienstvertrag mit der ***Y*** KG bleibt aufrecht.

Herr ***Bf*** unterliegt weiterhin der österreichischen Sozialversicherung und wird in das betriebliche US Kranken- und Pensionsversicherungssystem integriert und kann die entsprechenden Leistungen in Anspruch nehmen.

Die Einkommensteuerpflicht hängt mit der Ansässigkeit zusammen. Um eine zusätzliche Steuerpflicht in Österreich auszuschließen, darf in Österreich kein Wohnsitz beibehalten werden.

Während der Entsendung erhält Herr ***Bf*** ein Gehalt in Höhe von US 288.474 (EUR 265.574) brutto ausbezahlt durch ***X*** Inc in USD auf ein US Bankkonto. In diesem Gehalt ist bereits eine Mobilitätsprämie in Höhe von EUR 33.135 brutto (das sind 15% seines aktuellen Bruttogehalts) enthalten. Diese Beträge sind vorbehaltlich der möglichen Anpassungen per 2017 (zB Gehaltserhöhung, Wechselkurs, sozialversicherungs- und einkommensteuerrechtliche Änderungen, etc.)

Aufgrund der Berücksichtigung der Differenz der Mietkosten zwischen Österreich und den USA ist die Anmietung einer Wohnung/Haus und die Zahlung der Mietkosten direkt von Herrn ***Bf*** zu tätigen.

Bis Herr ***Bf*** eine Wohnung gefunden hat, werden die Kosten des Aufenthalts in einem möblierten "serviced" Apartment für bis zu 6 Wochen aber jedenfalls bis zum Einlagen der Umzugssendung ersetzt.

Für den Hin- und Rückumzug erhält Herr ***Bf*** eine Umzugspauschale in Höhe von jeweils 1/12 des Bruttojahresgehalts sowie die Erstattung der nachgewiesenen Kosten im Zusammenhang mit dem Umzug (inklusive Maklergebühren). Die Auszahlung erfolgt bei Hinzug durch die amerikanische Gesellschaft, bei Rückkehr wird der Betrag durch die ***Y*** KG beglichen.

Allfällige Kosten für ein Sprachtraining für Herrn ***Bf*** und/oder seine Familie vor und während der Entsendung werden von ***X*** Inc bezahlt.

Der Urlaubsanspruch ergibt sich nach den Bestimmungen des Heimatlandes (6 Wochen).

Das Dienstfahrzeug wird von ***X*** Inc zur Verfügung gestellt.

Pro Entsendejahr werden maximal 2 Heimflüge (ein Heimflug beinhaltet den Hin- und Retourflug in der Business Class) für Herrn ***Bf*** sowie seine Ehepartnerin und Kinder bezahlt. Erstflüge reduzieren nicht das Kontingent an Heimflügen.

Zur Vorbereitung des internationalen Einsatzes wird die Möglichkeit eines "Look & See-Trips" zusammen mit der Familie im Rahmen einer Dienstreise in die USA geboten.

Die amerikanische Gesellschaft stellt Herrn ***Bf*** während dem Auslandseinsatz in jedem Steuerjahr einen Steuerberater zur Erstellung der Einkommensteuererklärung zur Verfügung. Im Jahr der Entsendung und im Jahr der Rückkehr erstattet die zuständige entsendende Zweigniederlassung etwaige Steuerberatungskosten für das Heimatland.

Herr ***Bf*** behält das österreichische Handy und erhält zusätzlich ein US Handy.

Um die Mobilität bei zwischenzeitigen Aufenthalten in Österreich zu gewährleisten, wird von der zuständigen entsendenden Zweigniederlassung ein Poolfahrzeug zur Verfügung gestellt.

Zur Unterstützung der Ausbildung der Kinder können Schulgebühren laut Expat Policy (siehe Handbuch IFA 120201, 4.1.4 Schulgebühren) und gegen Nachweis erstattet werden.

Herr ***Bf*** erhält rechtzeitig vor der Entsendung ein umfangreiches Starterpaket mit allen wesentlichen Informationen.

Herr ***Bf*** wird vom Relocation Service ICUnet betreut (für Details zu den Leistungen von ICEnet siehe Anhang 12 zum Protokoll der Geschäftsführer-Besprechung vom ). Die Beschaffung des Visums erfolgt in Zusammenarbeit zwischen ***X*** Inc und der ***Y*** KG.

Sofern die Entsendung von Herrn ***Bf*** bei Erreichen seines 20-jährigen Dienstjubiläums noch besteht (Dezember 2021), erfolgt die Auszahlung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen und ***X***-internen Vereinbarungen des Heimatlandes. Für die Berechnung des Jubiläumsgeldes wird das Gehalt (ohne Mobility Premium) zugrunde gelegt."

Die auf 3 Jahre befristete Entsendung (mit Option auf Verlängerung um 2 Jahre) wurde im Hinblick auf die Schulausbildung der Kinder des Beschwerdeführers vorzeitig auf verkürzt. Die Rückübersiedlung nach Österreich erfolgte im Dezember 2018.

Der Beschwerdeführer hielt sich in der Zeit vom bis mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Söhnen ausschließlich in den USA auf und hat in den USA während dieses Zeitraums seine gesamte Freizeit und Urlaube verbracht.

Der Beschwerdeführer ist ursprünglich von einer Entsendedauer von mindestens 3 Jahren ausgegangen.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen sind unstrittig und gründen sich auf die im Verfahrenslauf dargestellte Aktenlage (insb auf die vorgelegten Beweismittel des Beschwerdeführers). Der Beschwerdeführer konnte glaubhaft darlegen, dass trotz mehrmaliger Aufforderung die US-Behörde nicht auf das Ersuchen um Übermittlung der Ansässigkeitsbescheinigung für das Jahr 2018 reagiert hat.

Rechtlich ergibt sich daraus

Gem § 1 Abs 1 EStG 1988 sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Gem § 26 Abs 1 BAO hat jemand eine Wohnung iSd Abgabenvorschriften dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter dem "Innehaben" einer Wohnung die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit über diese Wohnung zu verfügen, insb sie für den Wohnbedarf jederzeit nützen zu können, zu verstehen ().

Für die Wohnsitzbegründung ist kein ständiger Aufenthalt im Inland erforderlich, solange die Verfügungsmacht über Räumlichkeiten besteht, die zum Wohnen geeignet sind. Bleibt eine Wohnung während des Auslandsaufenthaltes vollständig eingerichtet, wird sie unbewohnt zurückgelassen und auch nicht vermietet, ist davon auszugehen, dass der inländische Wohnsitz beibehalten worden ist (vgl ).

Laut Sachverhalt steht fest, dass der Beschwerdeführer sowohl in Österreich als auch in den USA eine Wohnung innegehabt hat, die er für seinen Wohnbedarf jederzeit nutzen konnte.

Artikel 4 DBA USA bestimmt auszugsweise:

"(1) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck ,,eine in einem Vertragsstaat ansässigePerson" eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, ihrer Staatsbürgerschaft, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Ortes ihrer Gründung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist; (...)

a) (…)

(…)

(2) Ist nach Absatz 1 eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt folgendes:

a) Die Person gilt als in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt; verfügt die Person in beiden Staaten oder in keinem der Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen);

b) kann nicht bestimmt werden, in welchem Staat die Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat, so gilt sie als in dem Staat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat;

c) hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Staaten oder in keinem der Staaten, so gilt sie als in dem Staat ansässig, dessen Staatsangehöriger sie ist;

d) ist die Person Staatsangehöriger beider Staaten oder keines der Staaten, so werden sich die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten bemühen, die Frage in gegenseitigem Einvernehmenzu regeln."

Der Beschwerdeführer hat im Streitzeitraum sowohl in Österreich als auch in den USA über Wohnräume verfügt, die als "ständige Wohnstätte" iSd DBA USA zu beurteilen sind.

Für die Beurteilung der Frage, in welchem Staat der Beschwerdeführer den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat, ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Interessen abzustellen, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt (vgl ).

"Wirtschaftlichen Beziehungen kommt dabei in der Regel eine geringere Bedeutung zu als persönlichen Beziehungen. Unter letzteren sind all jene zu verstehen, die einen Menschen aus in seiner Person liegenden Gründen mit jenem Ort verbinden, an dem er einen Wohnsitz innehat. Von Bedeutung sind dabei familiäre Bindungen sowie Betätigungen gesellschaftlicher, religiöser und kultureller Art und andere Betätigungen zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen; (…) Begründet eine Person in einem Staat eine Wohnstätte, ohne ihre im anderen Staat schon bestehende Wohnstätte aufzugeben, so kann die Tatsache, dass sie die erste Wohnstätte beibehält, wo sie bisher gelebt und gearbeitet hat und wo sie ihre Familie und ihren Besitz hat, zusammen mit anderen Gesichtspunkten dafür sprechen, dass sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im ersten Staat beibehalten hat. (…) Bei der Ermittlung des Mittelpunktes der Lebensinteressen ist regelmäßig nicht nur auf die Verhältnisse eines Jahres, sondern auf einen längeren Beobachtungszeitraum abzustellen" ( mwV)

"Bei einem Aufenthalt von mehr als fünf Jahren im Ausl geht die FV grds von einer Verlegung der Ansässigkeit ins Ausl aus (wenn auch Ehegatte und Kinder mitziehen; vgl RV/7101484/2012 zur mehrfachen Verlängerung der Entsendung); bei kurzfristigen Aufenthalten im Ausl (weniger als zwei Jahre) wird idR keine Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen angenommen." (Marscher in Jakom EStG, 16. Aufl. (2023), § 1, II. Einschränkungen durch internationales Recht, Rz 20 mwN).

Im Erkenntnis vom vertrat das Bundesfinanzgericht die Ansicht, dass auch eine 3-jährige Tätigkeit in den USA, die ursprünglich auf längere Zeit geplant war, keine Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen in die USA bewirke, wenn die Gattin den Beschwerdeführer begleitet (). Diesem Erkenntnis lag jedoch ein in wesentlichen Punkten abweichender Sachverhalt zugrunde, da Dienstgeber und lohnauszahlende Stelle weiterhin das österreichische Unternehmen blieb und der Beschwerdeführer auch Heimaturlaub in Österreich verbrachte. Darüber hinaus ergab sich aus den vorgelegten Steuererklärungen, dass der Beschwerdeführer von der amerikanischen Steuerbehörde im streitgegenständlichen Zeitraum 2015 als "non-resident alien" behandelt wurde.

Im vorliegenden Sachverhalt ging der Beschwerdeführer von einem (mindestens) 3-jährigen Aufenthalt in den USA aus. Die durch äußere Umstände herbeigeführte frühzeitige Rückkehr nach Österreich nach knapp 2 Jahren ändert nichts an der ursprünglich subjektiven Absicht eines längeren Aufenthalts. Es ist daher im vorliegenden Fall nicht auf die tatsächliche, sondern auf die nachweislich geplante Dauer des Aufenthaltes von 3 Jahren abzustellen.

Die belangte Behörde nennt als einzigen Anknüpfungspunkt an die USA die knapp 2-jährige Berufstätigkeit des Beschwerdeführers.

Für die Frage der Bestimmung des Mittelpunkts der Lebensinteressen ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes stets eine Gesamtabwägung der in beiden Staaten festgestellten Umstände erforderlich.

Für die Beurteilung des Mittelpunkts der Lebensinteressen sind nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts darüber hinaus noch folgende Punkte zu berücksichtigen.

  1. Der Beschwerdeführer hat für den Zeitraum Februar 2017 bis Jänner 2019 sein Gehalt von ***X*** Inc US auf ein Bankkonto in den USA bezogen.

  2. Die Ehefrau und zwei Söhne sind mit dem Beschwerdeführer samt Haustieren in die USA gezogen und haben dort gemeinsam mit dem Beschwerdeführer ihre gesamte Freizeit inklusive Urlaube verbracht.

  3. Die Söhne des Beschwerdeführers besuchten eine Schule in den USA und waren in verschiedenen Vereinen aktiv.

  4. Die Ehefrau des Beschwerdeführers hat sich bei amerikanischen Unternehmen beworben, eine Yoga-Ausbildung absolviert und unentgeltlich Yoga-Unterricht angeboten.

Demgegenüber stehen als Anknüpfungspunkte an Österreich das als Nebenwohnsitz gemeldete Eigenheim des Beschwerdeführers, die während dieses Zeitraums durchgehende österreichische Sozialversicherung, Spendenzahlungen der Ehefrau in Österreich, Überweisungen auf ein österreichisches Bank- und Sparkonto sowie der bereits bei Wegzug bestehende Plan, die Kinder bei der Rückkehr wieder in das österreichische Schulsystem zu integrieren.

Da den persönlichen Verhältnissen idR eine gewichtige Rolle zukommt, kann hinsichtlich des Gesamtbildes der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im vorliegende Fall jedenfalls kein eindeutiges Überwiegen der Beziehungen zu Österreich erkannt werden.

Wenn nicht bestimmt werden kann, in welchem Staat die Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat, so gilt nach Artikel 4 Abs 3 lit b DBA USA diese Person in dem Staat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Gem § 26 Abs 2 BAO hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt iSd Abgabenvorschriften dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt.

Da der Beschwerdeführer im Zeitraum 2017 bis 2018 fast ausschließlich in den USA körperlich (und nicht nur vorrübergehend) anwesend war, ist von einem gewöhnlichen Aufenthalt iSd § 26 Abs 2 BAO auszugehen.

Unter Berücksichtigung der nachweislich geplanten Mindestaufenthaltsdauer von 3 Jahren war der Beschwerdeführer folglich im Zeitraum 2017 bis 2018 in den USA steuerlich ansässig.

Das Besteuerungsrecht fällt gem Art 15 DBA USA den Vereinigten Staaten zu.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da die zu lösenden Rechtsfragen bereits durch die bisherige im Erkenntnis zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurde. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 4 DBA USA (E), Doppelbesteuerungsabkommen Vereinigte Staaten von Amerika (Einkommensteuer - Steuerumgehung), BGBl. III Nr. 6/1998
Art. 4 Abs. 3 lit. b DBA USA (E), Doppelbesteuerungsabkommen Vereinigte Staaten von Amerika (Einkommensteuer - Steuerumgehung), BGBl. III Nr. 6/1998
Art. 15 DBA USA (E), Doppelbesteuerungsabkommen Vereinigte Staaten von Amerika (Einkommensteuer - Steuerumgehung), BGBl. III Nr. 6/1998
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100991.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at