Schätzung der Einkünfte unter Bindung an die Tatsachenfeststellungen des Strafurteiles
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Dieter Fröhlich in der Beschwerdesache G1 und G2 als zuletzt beteiligte Gesellschafter der ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** X1, vertreten gemäß § 81 BAO durch G1, ***Bf1-Adr*** betreffend die Bescheidbeschwerde vom gegen die Bescheide über die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2014, 2015 und 2016 vom , des Finanzamtes Wien, 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf (nunmehr FA Österreich), Steuernummer ***BF1StNr1***
zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
I. Sachverhalt und Verfahrensgang
In der ***Bf1*** (in der Folge Bf. genannt) wurden in den Jahren 2014 bis 2016 durchgängig 8 Taxis eingesetzt. Im Zuge einer Außerprüfung wurden massive formelle und materielle Mängel der Buchführung festgestellt, weshalb eine Totalschätzung der Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer und für die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO vorgenommen werden musste. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände wurden Durchschnittswerte ermittelt und darauf basierend in den Kalenderjahren 2014 bis 2016 ein Gewinn von € 66.652 gemäß § 184 BAO geschätzt. Auf den BP-Bericht vom wird verwiesen.
Das Finanzamt folgte den Ergebnissen der Außenprüfung und erließ die Bescheide über die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2014 bis 2016 vom . Die festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb dieser Personengesellschaft von jeweils € 66.652 wurden entsprechend dem Gewinnanteil den beiden Gesellschaftern, G1 mit € 65.986 und G2 mit € 666 zugerechnet.
In der Folge wurden in den Einkommensteuerbescheiden der genannten Gesellschafter diese Gewinnanteile aus der ***Bf1*** berücksichtigt und sind diese Abgabenbescheide in formelle Rechtskraft erwachsen.
Gegen die Einkünftefeststellungsbescheide 2014 bis 2016 betreffend die ***Bf1*** wurde mit Schreiben vom rechtzeitig und formgerecht Bescheidbeschwerde mit der Begründung erhoben, dass die Schätzung deutlich über den tatsächlich erzielten Gewinnen gelegen sei. Bei einem Fahrereinsatz von 55 Stunden pro Woche und Wagen ergebe sich für die 8 Taxis des Betriebes ein durchschnittlicher Jahresumsatz von nur € 294.000 (lt. BP € 387.483) und somit ein entsprechend geringerer Gewinn. Durch die starke Konkurrenz der Firma UBER seien die Umsätze und Erträge in den letzten Jahren rapid gesunken. Es werde daher eine entsprechende Korrektur der Schätzung beantragt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom und gesonderter Bescheidbegründung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die sachliche Richtigkeit der Schätzung näher dargelegt.
Gegen die BVE betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2014. 2015 und 2016 wurde mit Anbringen vom fristgerecht ein Vorlageantrag gestellt.
Nach Vorlage der Beschwerde mitsamt dem bezugshabenden Verwaltungsakt an das Bundesfinanzgericht (Vorlagebericht vom ) erging vom Landesgericht für Strafsachen Wien, Zahl 122/Hv2/23t folgendes Strafurteil wegen Hinterziehung der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer gemäß § 33 FinStrG vom :
Der gesetzliche Vertreter der Bf., G1, hat unter anderem durch vorsätzliche Abgabe unrichtiger Abgabenerklärungen Einkommensteuer für das Jahr 2014 von € 2.022,61, für das Jahr 2015 von € 40.326,00 und für das Jahr 2016 von € 47.717 hinterzogen. Der gesetzliche Vertreter der Bf. hat im gerichtlichen Finanzstrafverfahren vor Gericht ein reumütiges Geständnis abgelegt. Dieses Strafurteil ist in formelle Rechtskraft erwachsen.
Aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wien gegen G1 vom und dem Bericht des Amtes für Betrugsbekämpfung vom , Pkt. 3 ergibt sich, dass in dem Strafurteil die von der Abgabenbehörde geschätzten Einkünfte der ***Bf1*** von jährlich € 66.652 (Anteil G1 € 65.986) als richtig bestätigt worden sind.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung
Der vorstehende Sachverhalt ist aktenkundig. Die durch Schätzung ermittelten Schwarzerlöse aus dem Taxibetrieb sind durch das in Rechtskraft erwachsene Strafurteil eindeutig bewiesen.
Die in den angefochtenen Abgabenbescheiden festgestellten Einkünfte der ***Bf1*** finden in dem zitierten Strafurteil vollständige Deckung. Vom Strafgericht wurde rechtskräftig festgestellt, dass die ***Bf1*** in den Jahren 2014 bis 2016 jeweils Einkünfte aus Gewerbebetrieb von € 66.652 erzielt hat, wodurch der Geschäftsführer G1 Einkommensteuer im Jahr 2014 von € 2.022,61, 2015 von € 40.326 und 2016 von € 47.717 hinterzogen hat. Von G1 wurde nach Rücksprache mit seinem Strafverteidiger ein ausdrücklicher Rechtsmittelverzicht zu dem Strafurteil erklärt.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu auch jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt (; ; mwN sowie BFG, , RV/4100179/2021).
In den angefochtenen Einkünftefeststellungsbescheiden wurden die Einkünfte der ***Bf1*** in der gleichen Höhe geschätzt, wie sie in der Folge im nachfolgenden Strafurteil festgestellt worden sind. Auf Grund der Bindungswirkung des Strafurteiles hinsichtlich der Tatsachenfeststellung über die Höhe der vom FA ermittelten Einkünfte der Bf., war die Rechtsrichtigkeit dieser Abgabenbescheide vom BFG zu bestätigen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der wegen Schwarzgeschäften vorgenommenen Schätzung der Einkünfte war auf Grund der Bindung an die diesbezüglichen Tatsachenfeststellungen im Strafurteil entbehrlich. Mit dem Strafurteil wurde die Richtigkeit der Erlösschätzung in den Bescheiden über die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO bereits bestätigt.
Die beschwerdeführende Kommanditgesellschaft wurde im September 2019 wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht. Ist eine Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit in dem Zeitpunkt, in dem der Feststellungsbescheid ergehen soll bereits beendet, so hat gemäß § 191 Abs. 2 BAO der Bescheid an diejenigen Gesellschafter zu ergehen, denen gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind.
Diese Bestimmung findet auch für die Erlassung von Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes über angefochtene Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO Anwendung. Da die beschwerdeführende Personengesellschaft nach der Vorlage der Bescheidbeschwerde an das BFG erloschen ist, hat das Erkenntnis gemäß § 191 Abs. 2 BAO an die zuletzt beteiligten Gesellschafter der Bf. zu ergehen.
Dieses Erkenntnis wirkt gegen alle Beteiligten, denen Einkünfte in den angefochtenen Feststellungsbescheiden zugerechnet worden sind. Mit der Zustellung dieses Erkenntnisses an die nach § 81 vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 und 3 BAO).
2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das BFG folgt hinsichtlich der Bindung im Abgabenverfahren an die Tatsachenfeststellung des rechtskräftigen Strafurteiles der ständigen Rechtsprechung des VwGH. Es war somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln und deshalb die Revision für nicht zulässig zu erklären.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101234.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at