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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 21.08.2023, RV/7104703/2019

Einstellung des Beschwerdeverfahrens im Zusammenhang mit Löschung im Firmenbuch

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela Fischer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens zur Umsatzsteuer der Jahre 2011 bis 2015 sowie Sachbescheide zur Umsatzsteuer der Jahre 2011 bis 2015, Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

I. Die Beschwerde vom wird als gegenstandslos erklärt; das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit den im Spruch angeführten Bescheiden vom hatte die Abgabenbehörde infolge der Feststellungen nach Durchführung einer Außenprüfung gegenüber der Beschwerdeführerin (Bf.), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, das Verfahren betreffend die Umsatzsteuer der Jahre 2011 bis 2015 wiederaufgenommen und die entsprechenden Abgaben festgesetzt.

Gegen die angeführten Bescheide erhob die Bf. rechtzeitig mit Schriftsatz vom , bei der Abgabenbehörde eingelangt am , Beschwerde. Es wurde die ersatzlose Aufhebung der beschwerdegegenständlichen Bescheide beantragt bzw. die Berichtigung der Umsatzsteuerbescheide gemäß den Ausführungen in der Beschwerde. Ebenso wurde die Aussetzung der Einhebung der Abgabenschuld samt Säumniszuschlägen iHv insgesamt Euro 485.243,58 beantragt.

Die Abgabenbehörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom als unbegründet ab. Die Zustellung der BVE erfolgte am .

Mit Schriftsatz vom wurde der Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG) bei der belangten Behörde eingebracht.

Die Beschwerde wurde dem BFG durch die belangte Behörde mit Vorlagebericht vom zur Entscheidung vorgelegt.

Mit dem Vorlagebericht wurden die entsprechenden Akten der Behörde sowie der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom über die Eröffnung des Konkurses bei der Bf. übermittelt.

Wie das BFG der Insolvenzdatei sowie dem Firmenbuch zur Bf. entnehmen konnte, wurde mit Beschluss des Gerichtes vom der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben. Wie dem Schlussbericht der Masseverwalterin vom zu entnehmen war, verfügte die Bf. über praktisch kein Vermögen. Die Beteiligungen der Bf. waren als wertlos bzw. unverwertbar beurteilt worden. Es bestand ein geringfügiges Kontoguthaben welches jedoch durch die Verfahrenskosten aufgebraucht war und für die Masseforderungen nicht ausreichend war.
Nach Durchführung eines Amtslöschungsverfahrens durch das Firmenbuchgericht erfolgte am die amtswegige Löschung der Bf. gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit. Dies war dem Firmenbuchauszug (historisch bzw. aktuell) zu entnehmen.

Aus dem Abgabenkonto der Bf. ging hervor, dass die in Streit stehenden Abgabenbeträge bisher nicht entrichtet worden bzw. diesbezüglich keine Zahlungen erfolgt waren. Deren mit der Beschwerde beantragte Aussetzung war nach wie vor aufrecht. Zudem bestand aktuell ein vollstreckbarer Rückstand von Euro 2.425,19.

Da die in Rede stehenden Abgabenbeträge bisher nicht entrichtet wurden, würde selbst eine Stattgabe der Beschwerde zu keinem Aktivvermögen der gelöschten Bf. führen. Die belangte Behörde hatte keinen Notgeschäftsführer bestellt. Die Vermögenslosigkeit war als gegeben zu beurteilen, eine Einbringungsmöglichkeit lag laut Aktenlage nicht vor.

Wie dem Firmenbuch weiters zu entnehmen war, waren sowohl die 100%-Gesellschafterin der Bf. (***1***) nach Konkurs infolge Vermögenslosigkeit am , als auch deren 100% Gesellschafterin (***2***) infolge Konkurs am gelöscht worden.

Rechtliche Beurteilung

Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat grundsätzlich deklaratorischen Charakter (vgl. ; ) und beendet die Rechtsfähigkeit prinzipiell nicht, solange noch Vermögen vorhanden ist und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt sind.

Die Rechts- und Parteifähigkeit einer GmbH bleibt daher auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch solange erhalten, als noch Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn die Abgabenfestsetzung etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Abzugssteuern oder Vorsteuern zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann.

An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide ergehen daher im Fall eines bestehenden Abwicklungsbedarfes grundsätzlich rechtswirksam ().

Bis zur Vollbeendigung braucht die aufgelöste Gesellschaft - so wie bisher - einen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter. In der Regel fungiert der ehemalige Geschäftsführer als "geborener Liquidator"; an die Gesellschaft adressierte behördliche Schriftstücke (Erledigungen) können somit bis zur Bestellung eines Liquidators durch das Gericht an diesen zugestellt werden. Der Auflösung folgt in der Regel die Liquidation oder Abwicklung (§ 89 GmbHG). In dieser Zeit wird die Gesellschaft durch die bestellten Liquidatoren bzw. Abwickler vertreten. Nach Beendigung der Liquidation und Entlastung der Liquidatoren erfolgt die Löschung im Firmenbuch (§ 157 UGB, § 93 GmbHG).

Im Fall der Bf. fand infolge des Konkurses keine Liquidation statt (vgl. Haberer/Zehetner in Straube, GmbHG, § 89 Rz 11).

Die Vertretungsregelung des § 80 Abs. 3 BAO umfasst nur jene Fälle, in denen eine Liquidation nach § 89 GmbHG stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird oder eine Gesellschaft gemäß § 39 Abs. 1 FBG bei Konkursabweisung mangels eines zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichenden Vermögens (§ 71b IO) als aufgelöst gilt und daher mangels Vermögens von Amts wegen zu löschen ist.

Die Löschung gemäß § 40 Abs. 1 FBG sowie die im Firmenbuch gemäß § 39 Abs. 2 FBG einzutragende Auflösung gelten zwar nur als deklarativ und führen grundsätzlich nicht zwingend zur Vollbeendigung der Gesellschaft (vgl. dazu auch ). Jedoch ist mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (vgl. ; ), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können.

Infolge der Löschung im Firmenbuch war die Bf. de facto rechtlich nicht mehr existent und auch ohne Rechtsnachfolger. Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre daher rechtlich unwirksam.

Bereits mit der Konkurseröffnung erlöschen ex lege bestehende Vertretungsvollmachten (§ 1024 ABGB). Die Vollmacht erlischt endgültig, sie lebt auch nicht mit Aufhebung der Insolvenz wieder auf. Da die Bf. nach Beendigung des Konkurses weder durch die frühere Masseverwalterin, noch den früheren steuerlichen Vertreter vertreten werden konnte, konnte eine Erledigung durch das Bundesfinanzgericht im gegenständlichen Verfahren der Bf. nicht mehr zugestellt werden.

Die Rechtspersönlichkeit der Bf. war durch die Auflösung und Löschung im Firmenbuch beendet worden und lag auch kein Abwicklungsbedarf vor, sodass über die Auflösung und Löschung hinausgehend kein Fortbestand der Rechtssubjektivität und damit der Parteifähigkeit gegeben war.

Wie der VwGH in seiner Rechtsprechung ausführt, ist nicht der Fortbestand der GmbH zu verneinen, weil man ihr nicht mehr zustellen kann, sondern es kann umgekehrt eine Zustellung allein schon im Hinblick auf das Erlöschen der Parteifähigkeit unterbleiben. Zur Bestellung eines Kurators gemäß § 82 Abs. 2 BAO besteht in einem solchen Fall kein Anlass (vgl. ).

Ist von der Vollbeendigung der Bf. auszugehen so ist die Beschwerde im Sinne der Bestimmungen der BAO, insbesondere § 278 Abs. 1 lit. b BAO, als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen. Dies entspricht, den Fällen des § 33 Abs. 1 VwGG und damit der Vorschrift, die nach der Rechtsprechung des VwGH sinngemäß anzuwenden ist, wenn es zum "Wegfall der Rechtspersönlichkeit" der Bf. kommt.

Das Verfahren war daher einzustellen.
Der Beschluss war nur der Abgabenbehörde als Amtspartei zuzustellen.

Zu Spruchpunkt II. - Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde im Sinne der Rechtsprechung des VwGH entschieden und stützt sich die Entscheidung u.a. auf das Erkenntnis des , sodass eine Revision nicht zulässig ist.

Es war somit wie im Spruch angeführt zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 278 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 33 Abs. 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7104703.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at