Nichtentrichtung der Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG, Kostentragung
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 3913/2023 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***RI*** in der Beschwerdesache ***BF***, ***BF-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Gebühren 2022, Steuernummer ***BF-StNr***, Erfassungsnummer ***ErfNr***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag, dem Bund die Kosten aufzuerlegen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Parteienvorbringen, Verfahrensgang
Am ist beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) eine Beschwerde des ***BF***, nunmehriger Beschwerdeführer, =Bf., gegen einen Beschluss des Obersten Gerichtshofes betreffend eine Ordnungsstrafe eingelangt. "Beschwerde gegen den Beschluss des Obersten Gerichtshof ***/22 vom gemäß Art. 144 B-VGan den VfGH". Diese selbst verfasste Beschwerde hat der dg. Zahl ***VfGH***, wegen seiner Nichtzuständigkeit als unzulässig zurückgewiesen.
Wegen offenbarer Aussichtslosigkeit der Beschwerde hat der VfGH unter einem auch den Verfahrenshilfeantrag des Bf. abgewiesen.
Der Bf. hat die mit Überreichung der Beschwerde fällig gewordene Eingabengebühr gemäß § 17a Verfassungsgerichtshofgesetz (VfGG) nicht entrichtet.
Am ist beim Finanzamt Österreich (FA) diesbezüglich ein amtlicher Befund über die Verkürzung von Stempel und Rechtsgebühren eingelangt; der VfGH hat die Beschwerde des Bf., seinen Zurückweisungsbeschluss sowie ein Informations- und Gebührenaufforderungsschreiben vom als Beilagen angefügt.
Mit Bescheid vom , zugestellt am , hat daraufhin das FA betreffend die VfGH-Beschwerde, eingebracht unter der dg. Zahl ***VfGH***, die nicht vorschriftsmäßig entrichtete Gebühr für eine Eingabe gemäß § 17a VfGG in Höhe von 240 € samt Gebührenerhöhung festgesetzt.
Der Bf ist gegen diesen Gebührenbescheid mit Beschwerde vom vorgegangen, weil "… für die vorsätzliche Untätigkeit des VfGH der Mittellose, vorsätzlich gezielt geschädigte Bf. keine Gebühr entrichten könne" .
Der Bf. stellt daher die Anträge,
I., II. und IV. der Beschwerde stattzugeben, den Gebührenbescheid aufzuheben, das gesamte Verfahren einzustellen,
III. dem Bund die gesamten Kosten aufzuerlegen,
V., VI. gemäß § 212a BAO der Herabsetzung der Abgabenschuld auf "0" stattzugeben und dem Antrag wegen offenkundiger Aussichtslosigkeit zur Hereinbringung stattzugeben. Die Zahlung der Gebühren wegen amtsbekannter finanzieller Beengtheit und völliger Mittellosigkeit aufzuheben und für uneinbringlich zu erklären gemäß § 391 Abs. 2 erster Satz StPO.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , hat das FA die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, weil gemäß § 17a VfGG für beim VfGH eingebrachte Beschwerden im Zeitpunkt der Überreichung eine Gebühr in Höhe von 240 € entstehe. Mit dem Einlangen der Beschwerde beim VfGH sei der gebührenpflichtige Tatbestand iSd. § 17a VfGG erfüllt. Die Gebührenschuld entstehe unabhängig davon, ob und wie der Gerichtshof die Eingabe behandle.
In seinem Vorlageantrag vom hält der Bf. seine Eingaben und Anträge aufrecht und führt aus:
"Die Gebühren wurden gezielt mit massivem Vorsatz herbeigeführt. Die beantragte Verfahrenshilfe zur Entrichtung der Gerichtsgebühren wurde mut- und böswillig, gezielt mit massivem Vorsatz abgewiesen, um den Bf. erneut zu schädigen. Auch mit dieser bevorzugten Methode will man den Bf. mundtot machen. Der Rechtsweg muss gewahrt werden. Somit hat der Bund die mutwillig verursachten Gebühren zur Gänze selber zu tragen, hinzu kommt noch die vorsätzliche völlige Untätigkeit und die behauptete Unzuständigkeit des VfGH. Wenn der VfGH die Fähigkeit zur Erledigung einer Beschwerde nicht besitzt, dann hat er die Pflicht diese an eine befugte und kompetente Stelle zu überbringen."
Am hat das FA die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Rechtsgrundlagen
Gemäß § 17a VfGG ist für Anträge gemäß § 15 Abs. 1 einschließlich der Beilagen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eine Eingabengebühr zu entrichten:
1. Die Gebühr beträgt 240 Euro …
3. Die Gebührenschuld entsteht im Zeitpunkt der Überreichung der Eingabe; die Gebühr wird mit diesem Zeitpunkt fällig …
4. Die Gebühr ist unter Angabe des Verwendungszwecks durch Überweisung auf ein entsprechendes Konto des Finanzamtes Österreich zu entrichten. Die Entrichtung der Gebühr ist durch einen von einer Post-Geschäftsstelle oder einem Kreditinstitut bestätigten Zahlungsbeleg in Urschrift nachzuweisen. Dieser Beleg ist der Eingabe anzuschließen …
6. Für die Erhebung der Gebühr (Z 4 und 5) ist das Finanzamt Österreich zuständig.
7. Im Übrigen sind auf die Gebühr die Bestimmungen des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267/1957, über Eingaben mit Ausnahme der §§ 11 Z 1 und 14 anzuwenden.
Gemäß § 34 Abs. 1 GebG haben die Organe der Gebietskörperschaften den Gebührenschuldner über die Rechtsgrundlage und die Höhe der zu entrichtenden Gebühren zu informieren sowie die bei ihnen anfallenden Schriften und Amtshandlungen auf die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu überprüfen. Stellen sie hiebei eine Verletzung der Gebührenvorschriften fest, so haben sie hierüber einen Befund aufzunehmen und diesen dem Finanzamt Österreich zu übersenden.
Gemäß § 203 BAO ist bei Abgaben, die nach den Abgabenvorschriften in Wertzeichen (Stempelmarken) zu entrichten sind, ein Abgabenbescheid nur zu erlassen, wenn die Abgabe in Wertzeichen nicht vorschriftsmäßig entrichtet worden ist.
Gemäß § 312 BAO sind, sofern sich aus diesem Bundesgesetz oder aus sonstigen gesetzlichen Vorschriften nicht anderes ergibt, die Kosten für die Tätigkeit der Abgabenbehörden und der Verwaltungsgerichte von Amts wegen zu tragen.
Gemäß § 313 BAO haben die Parteien die ihnen im Abgabenverfahren und im Beschwerdeverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.
2. Beweiswürdigung
Die obigen Feststellungen ergeben sich aus dem elektronisch vorgelegten Verwaltungsakt des FA, insbesondere aus den Schriften des Bf. und dem amtlichen Befund des VfGH.
3. Rechtliche Beurteilung
Ad I. - Beschwerde gegen die Gebührenfestsetzung
Mit dem streitgegenständlichen Gebührenbescheid wurde die Gebühr gemäß § 17a VfGG für die vom Bf. selbst verfasste, beim VfGH eingebrachte Beschwerde gegen einen Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom und damit gegen einen Akt der ordentlichen Gerichtsbarkeit vorgeschrieben.
Nach der Bestimmung des § 17a VfGG ist für beim VfGH eingebrachte Beschwerden spätestens im Zeitpunkt der Überreichung eine Gebühr in der Höhe von 240 € zu entrichten. Die Gebührenschuld entsteht mit der Überreichung der Beschwerde. Unter Überreichung ist das Einlangen derselben beim Gerichtshof zu verstehen (vgl. ; ; ).
Die gebührenpflichtige Beschwerde ist unstrittig am beim VfGH eingelangt und ist die Gebührenschuld deshalb mit diesem Tag entstanden.
Wie der VfGH letztendlich mit der Beschwerde verfährt, ist auf das Entstehen der Gebührenschuld ohne Einfluss.
Somit vermag der Umstand, dass der Gerichtshof im vorliegenden Fall die Beschwerde (wegen fehlender Zuständigkeit zur Überprüfung eines Aktes der ordentlichen Gerichtsbarkeit) zurückgewiesen hat, an der Entstehung der Gebührenschuld zum Zeitpunkt des Einlangens der Beschwerde beim VfGH nichts zu ändern (vgl. zB , , , , mit Zitierung Fellner, Kommentar zum Gebührengesetz, zu § 14 TP 6 GebG, Tz 160).
Der VfGH hat im Übrigen den Bf. in der Begründung darauf hingewiesen, dass sich seine Kompetenz gemäß Art. 144 B-VG (Parteibeschwerden) nur auf Erkenntnisse und Beschlüsse der Verwaltungsgerichte bezieht und ihm auch sonst keine Rechtsvorschrift die Befugnis einräumt, Akte der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu überprüfen. Die Beschwerde des Bf. richtet sich gegen einen Beschluss des Obersten Gerichtshof, welcher als Höchstgericht letztgültig in Zivil- und Strafrechtssachen entscheidet. Der Rechtsweg ist somit entgegen der Ansicht des Bf. gewahrt worden; deshalb konnte der VfGH die Beschwerde auch nicht an ein anderes (dem Obersten Gerichtshof übergeordnetes und zuständiges) Gericht weiterleiten.
Die Gebühr gemäß § 17a VfGG ist vom Bf. unbestritten trotz Aufforderung nicht beglichen worden.
Nach § 34 Abs. 1 GebG sind die Organe der Gebietskörperschaften verpflichtet, die bei ihnen anfallenden Schriften und Amtshandlungen auf die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu überprüfen. Stellen sie hierbei eine Verletzung der Gebührenvorschriften fest, so haben sie hierüber einen Befund aufzunehmen und diesen dem FA zu übersenden.
Wird eine Abgabe nicht vorschriftsmäßig entrichtet, ist in sinngemäßer Anwendung des § 203 BAO ein Abgabenbescheid zu erlassen. Aufgrund der Nichtentrichtung der Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG ist daher die vom FA durchgeführte, bescheidmäßige Festsetzung der Gebühr sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht erfolgt.
Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Gebühr gemäß § 17a VfGG war daher als unbegründet abzuweisen.
Ad II. - Antrag betreffend Kostentragung
Dem (undeutlichen) Antrag des Bf., "dem Bund die Kosten aufzuerlegen", ist entgegenzuhalten, dass einerseits die (eigenen) Kosten für die Tätigkeit der Abgabenbehörden und der Verwaltungsgerichte gemäß § 312 BAO von Amts wegen zu tragen sind und andererseits auch die Parteien die ihnen im Abgabenverfahren und im Beschwerdeverfahren erwachsenden Kosten gemäß § 313 BAO selbst zu bestreiten haben. Ein Kostenersatz ist somit gesetzlich in keiner Weise vorgesehen.
Der Antrag auf einen Kostenausspruch war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Zu den Übrigen Anträgen des Bf. ist anzumerken:
Der Aussetzungsantrag gemäß § 212a BAO ist beim FA in Bearbeitung. Betreffend die Einhebung der rechtmäßig festgesetzten Gebühr hat sich der Bf. mit dem FA in Verbindung zu setzen. Nicht zuletzt kommt in Abgabenangelegenheiten ausschließlich die Bundesabgabenordnung zur Anwendung; eine Bestimmung der Strafprozessordnung ist hier nicht relevant.
4. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegenständlich handelt es sich um keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, vielmehr ergeben sich die Spruchpunkte I und II unmittelbar aus dem Gesetz.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 312 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 313 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 203 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 34 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100687.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at