zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.09.2023, RV/5100799/2020

Wirksamkeit eines Anbringens (hier: Rückzahlungsantrag) durch eine nicht (voll) handlungsfähige Person

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/5100799/2020-RS1
Prozesshandlungen eines nicht Prozessfähigen sind unwirksam. Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Form diese Handlung erfolgt ist (zB. mit FinanzOnline).
RV/5100799/2020-RS2
Das Finanzamt hätte erkennen müssen, dass FinanzOnline zur Stellung von Anbringen durch eine nicht handlungsfähige Person genutzt wird, zumal die mangelnde Handlungsfähigkeit durch die Mitteilung des damaligen Sachwalters bekannt war. Vom Sachwalter konnte nicht verlangt werden, zusätzlich zur Bekanntgabe seiner Sachwalterschaft auch noch die Sperrung eines FinanzOnline-Zuganges durch die besachwaltete Person zu veranlassen. Auch die Herausgabe der FinanzOnline-Zugangsdaten durch die besachwaltete Person an den Sachwalter ist weder gesetzlich vorgesehen noch realistisch durchsetzbar. Es wäre schon die Aufgabe der Finanzverwaltung gewesen zu verhindern, dass eine im Umgang mit Behörden nicht handlungsfähige Person den FinanzOnline-Zugang für Anbringen nutzt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Johann Fischerlehner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch EV, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend die "ABWEISUNG EINES RÜCKZAHLUNGSANTRAGES" zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Rückzahlung des Guthabens von Höhe von 1.272,00 Euro am auf das von der besachwalteten beschwerdeführenden Partei bekannt gegebene Konto IBAN AT11xxxx nicht mit schuldbefreiender Wirkung erfolgt ist.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Verein EV-Sachwalterschaft wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Wels vom , AZ ***3*** zum Sachwalter für die beschwerdeführende Partei bestellt. Im Beschluss des Gerichtes wurde festgelegt, dass der Sachwalter folgenden Kreis von

Angelegenheiten zu besorgen habe:

• Finanzielle Angelegenheiten;

• Vertretung gegen Ämtern, Behörden und Gerichten;

• Vertretung bei privaten Vertragspartner/Sozialversicherungsträgern.

Seitens des Vereines waren folgende Personen mit der Wahrnehmung der Sachwalterschaft (Erwachsenenvertretung) betraut:

• Mag. U P

• S T, BA und ab

• Mag. J. N..

Die mit Schreiben vom dem Finanzamt bekannt gegebene Sachwalterschaft (eingelangt am ) wurde mit von der belangten Behörde in den Grunddaten erfasst. Mit gleichem Datum wurde auch die angeführte Bankverbindung der beschwerdeführenden Partei (AT22xxxx) angelegt.

Bereits vor Beginn der Sachwalterschaft wurde von der beschwerdeführenden Partei im April 2016 ein Zugang für Finanz Online beantragt. Dieser Zugang blieb auch während der Sachwalterschaft (zunächst) aufrecht und ermöglichte dadurch der besachwalteten Partei selber Anträge zu stellen oder persönliche Daten (wie etwa Kontoverbindungen) zu ändern.

Seitens des Sachwalters wurde am eine per Post eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2016 für die beschwerdeführende Partei eingereicht und die Rückzahlung des Guthabens auf das oben angeführte Konto beantragt.

Seitens der besachwalteten beschwerdeführenden Partei wurde - ohne Genehmigung des Sachwalters - am per FinanzOnline die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2017 eingereicht und die Rückzahlung auf ein Konto bei der X-Bank. (IBAN AT11xxxx) beantragt. Durch diesen Rückzahlungsantrag wurde die beim Finanzamt gespeicherte Kontoverbindung der beschwerdeführenden Partei generell auf IBAN AT11xxxx umgestellt.

Am ergingen in der Folge die Einkommensteuerbescheide für 2016 und 2017, welche dem Sachwalter zugestellt wurden. Das auf Grund dieser Bescheide entstandene Guthaben in Höhe von 1.272,00 Euro wurde vom Finanzamt am auf das von der besachwalteten beschwerdeführenden Partei bekannt gegebene Konto IBAN AT11xxxx überwiesen. Nach Angaben der des Sachwalters wurde das Geld, das auf "Lebensbedarfskonto" der beschwerdeführenden Partei überwiesen wurde, verbraucht. Es sei nicht mehr vorhanden und es seien keine Anschaffungen zum Nutzen der beschwerdeführenden Partei erfolgt.

Mit Anbringen vom teilte der damalige Sachwalter der beschwerdeführenden Partei mit, dass Herrn ***Bf1*** € 1.272,00 auf das Klientenkonto überwiesen wurden. Am sei die belangte Behörde über einen Sachwalterwechsel informiert worden. In diesem Schreiben sei das Sachwalterkonto auf der Y-Bank angeführt worden. Die Arbeitnehmerveranlagung 2016 wurde von der Erwachsenenvertretung aufgrund eines fehlenden online-Zuganges in schriftlicher Form am erledigt - auch hier wurde das Konto der Y-Bank angeführt.

Über die anstehende Auszahlung sei der Sachwalter nicht informiert worden. Da das Klientenkonto nicht eingesehen werden könne und auch nicht kontrolliert werde, hätte Herr ***Bf1*** das Geld bereits ausgegeben. Aus den angeführten Gründen bestand der Erwachsenenvertreter auf die Auszahlung auf das bereits bekannte Sachwalterkonto, Y-Bank, AT22xxxx, BIC: xxx.

Dazu teilte die belangte Behörde der seit als Erwachsenenvertretung einschreitende Verein im Schreiben vom mit:

"… die von Ihnen mit Schreiben vom bekannt gegebene Sachwalterschaft (eingelangt am ) wurde mit in den Grunddaten erfasst.

Dadurch konnten und können Antragstellungen nur mehr durch den Sachwalter erfolgen und Bescheide wurden bzw. werden nur noch an diesen zugestellt. Aufgrund Ihrer Angaben wurde mit auch die von Ihnen angeführte Bankverbindung des Betroffenen angelegt: AT22xxxx.

Bereits vor Beginn der Sachwalterschaft wurden durch Herrn ***Bf1*** im April 2016 Codes für den FinanzOnline Zugang beantragt. Mit diesen Zugangscodes hat er den Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung 2017 elektronisch eingereicht und die Grunddaten (Bankverbindung) abgeändert. Eine automatische Sperre der Codes erfolgt durch Beginn einer Sachwalterschaft nicht- die Sperre ist ggf. durch den Sachwalter zu beantragen bzw. sind die Codes durch den Besachwalteten dem Sachwalter auszuhändigen.

Die über Finanz Online abgeänderte Bankverbindung hat für die Auszahlung des Guthabens Gültigkeit - eine Falschanweisung liegt nur dann vor, wenn Herr ***Bf1*** nicht Kontoinhaber ist. Inwieweit Herr ***Bf1*** berechtigt ist, Geidbehebungen selbständig ohne Zustimmung des Sachwalters am Konto durchzuführen, fällt in den Zuständigkeitsbereich des Bankinstitutes und nicht mehr in die der Finanzverwaltung.

Eine neuerliche Auszahlung des Guthabens, wie von Ihnen beantragt, kann nur dann erfolgen, wenn die Bank den Gutschriftsbetrag an uns zurück überweist.

Die Bankverbindung wurde aufgrund Ihrer Anfrage vom wieder von uns richtig gestellt und das Infocenter hat eine Sperre der Finanz Online Zugangscodes veranlasst, damit künftig keine Abänderungen mehr durch Hrn. ***Bf1*** selbst vorgenommen werden können."

Im Anbringen vom führte die Erwachsenenvertretung aus:

"…in Ihrer Antwort auf mein Schreiben vom führen Sie an, dass keine automatische Sperre eines Codes, der vor der Sachwalterschaft durch den Betroffenen beantragt wurde, nach Bekanntgabe einer Bestellung erfolgt. Vielmehr sei ein solche durch den Sachwalter zu beantragen.

Ich ersuche um Mitteilung, auf welcher Rechtsgrundlage diese Information beruht."

Dazu wurde der Erwachsenenvertretung seitens der belangten Behörde mit Schreiben vom mitgeteilt:

"Wie im Rahmen des Telefonats am bereits besprochen, basiert die schriftliche Auskunftserteilung bzw. die Information vom betreffend die Notwendigkeit der Beantragung der Sperrung des Finanzonlinezugangs des Besachwalteten und die Beantragung eines neuen Zugangscodes durch den bestellten Sachwalter mangels automatischer Sperre im Zuge der Bekanntgabe einer Sachwalterschaft auf der zu dem betreffenden Zeitpunkt herrschenden Verwaltungspraxis bzw. den (technischen) Gegebenheiten von Finanzonline. Des Weiteren wird auf das (Auskunfts-)Schreiben vom verwiesen."

Am erfolgte eine Urgenz seitens der Erwachsenenvertretung und es wurde um Auskunft ersucht, auf welche Rechtsgrundlage die zu beantragende Sperre des FinanzonlineZuganges (Code) durch den Sachwalter gestützt wird.

Zudem wurde festgehalten, dass trotz Kenntnisnahme der richtigen Bankverbindung die Steuergutschrift aus den Jahren 2016/2017, EUR 1.272,00 auf ein falsches Konto überwiesen haben. Ab Kenntnisnahme des Sachwalterkontos sei eine schuldbefreiende Auszahlung nur noch auf dieses möglich. Die belangte Behörde hätte selbst im Schreiben vom eingeräumt bereits seit Kenntnis von der richtigen Bankverbindung (Sachwalterkonto) zu haben. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb im März 2018 die Gutschrift auf das falsche Konto (X-Bank) überwiesen wurde.

Im Anbringen vom führte die Erwachsenenvertretung aus:

"Entgegen Ihrer Ansicht erfolgte bis dato keine schuldbefreiende Auszahlung des Guthabensbetrag in der Höhe von insgesamt € 1.272,00. Die Auszahlung auf das Konto des Klienten war eingedenk der Ihnen zuvor bekanntgegebenen Bankverbindung des Sachwalterkontos rechtlich unzulässig und keinesfalls schuldbefreiend. Darin ist auch ein Verschulden auf Seiten des Finanzamtes Wels zu erblicken.

Dieser Betrag fehlt nun zur Abdeckung der Verbindlichkeiten und Fixkosten des Klienten. Der Klient hat den Fehlbetrag bereits ausgegeben, sodass dadurch auch ein unwiederbringlicher Schaden entstanden ist.

Aus all diesen Gründen wird nun der Antrag auf Auszahlung des Guthabensbetrages auf das Sachwalterkonto gestellt."

Mit Vorhalt vom wurde die Erwachsenenvertretung ersucht darzulegen auf welcher Rechtsgrundlage die vorgebrachte fehlende schuldbefreiende Wirkung der betreffenden Guthabenauszahlung basiert bzw. diese zu begründen, zumal es im Rahmen einer Vertretung in finanziellen Angelegenheiten Aufgabe des Sachwalters bzw. im Zuständigkeitsbereich der Sachwalter gelegen ist, finanzielle Angelegenheiten bzw. Agenden und in diesem Zusammenhang bestehende Zugriffsmöglichkeiten und Zugangscodes zu verwalten und gegebenenfalls sicherzustellen, dass die der Sachwalterschaft unterliegende Person keine Dispositions-/Zugriffsmöglichkeit auf unter die Sachwalterschaft fallende finanzielle Angelegenheiten/Bereiche (mehr) hat.

Dazu wurde im Anbringen vom ausgeführt, zunächst sei richtigzustellen, dass es sich bei der Eingabe vom um kein "normales Schreiben" sondern um einen Antrag handelt, der grundsätzlich die behördliche Entscheidungspflicht auslöst.

Weiters wurde ausgeführt:

"Entgegen Ihrer Ansicht ist es nicht Aufgabe des Erwachsenenvertreters alle technischen Details der Gebarung des Finanzamtes zu kennen und zu verwalten. Eine derartige Bestimmung ist mir nicht bekannt. Jedenfalls wäre dies der Sphäre des Finanzamtes zu zurechnen.

Vielmehr ist es Aufgabe des Erwachsenenvertreters (früher Sachwalter), die Behörde über das Bestehen der Erwachsenenvertretung zu informieren. Gegenständlich wurde das Finanzamt Wels vor Durchführung der Überweisungen über das Bestehen der Erwachsenenvertretung sowie über das Sachwalterkonto informiert. Diesbezüglich verweise ich auf die Vorkorrespondenz. Dieser Umstand wird von Ihnen offensichtlich auch nicht bestritten.

Daher wäre es am zuständigen Finanzamt gelegen, die von der Erwachsenenvertretung erteilten Informationen entsprechend zu berücksichtigen bzw. umzusetzen. Weshalb diese vom Finanzamt Wels scheinbar missachtet wurden, ist nicht nachvollziehbar.

Jedenfalls erfolgte von Seiten des Finanzamtes keine schuldbefreiende Auszahlung der Guthabensbeträge.

Ausgehend von der Entscheidung des ist im Gegensatz zum dortigen Sachverhalt unbestritten, dass das Finanzamt Wels vor Auszahlung der Guthaben aus der Arbeitnehmerveranlagung rechtzeitig Kenntnis vom Sachwalterkonto erlangt hat und somit in Analogie zu § 1424 ABGB eine Auszahlung mit schuldbefreiender Wirkung nur an den Sachwalter möglich gewesen wäre.

Das vom Finanzamt Wels unrichtig auf das Konto des Betroffene ausbezahlte Geld ist nicht mehr vorhanden, weil dieser es bereits verbraucht hat.

Im Gegensatz zu Ihrem Vorbringen hinsichtlich der Verwaltung von Codes, Zugriffsmöglichkeiten udgl. gibt es für den Standpunkt des Betroffenen eine klare Rechtsgrundlage, auf die verwiesen wird (siehe oben).

Aus all diesen Gründen wird der Antrag vom weiterhin aufrechterhalten. Das Finanzamt möge über diesen Antrag mit Bescheid entscheiden."

Dazu erging seitens der belangten Behörde am folgende rechtsmittelfähige Erledigung:

"BESCHEID ÜBER DIE ABWEISUNG EINES RÜCKZAHLUNGSANTRAGES

Ihr am eingebrachter Antrag auf Rückzahlung eines Guthabens wird abgewiesen

BEGRÜNDUNG:

Auf dem Abgabenkonto besteht kein rückzahlbares Guthaben aus den Veranlagungen der Einkommensteuer 2016 und 2017.

Das gegenständliche Guthaben wurde bereits mit ausbezahlt.

Auf die bereits umfassende Korrespondenz der Abteilung Fachbereich des Finanzamtes Grieskirch Wels mit Ihnen wird verwiesen."

In der rechtzeitigen Bescheidbeschwerde vom vertritt die durch die Erwachsenenvertretung vertretene beschwerdeführende Partei weiterhin die Auffassung, dass die Behörde die Steuergutschrift nicht mit schuldbefreiender Wirkung ausbezahlt habe. In Analogie zu § 1424 ABGB sei die belangte Behörde verpflichtet gewesen, die Steuergutschrift nochmals auf das bekannt gegebene Sachwalterkonto zu überweisen.

In der Beschwerdevorentscheidung vom vertritt die belangte Behörde den Standpunkt, dass der Erwachsenenvertreter trotz des Auftrages der Besorgung der finanziellen Angelegenheiten keine Einsicht bzw. keine Verfügungsmöglichkeit über das Konto bei der X-Bank. hat. Zu erwähnen sei, dass der beschwerdeführenden Partei offensichtlich trotz bestehender Sachwalterschaft der Zugang zu FinanzOnline weiter ermöglicht wurde und damit gestattet wurde, Anträge zu stellen oder seine Grunddaten (wie die Kontoverbindung) zu ändern. Die Abgabe der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2017 durch die beschwerdeführende Partei selbst, die die Änderung der Kontoverbindung beinhaltet, sei vom Erwachsenenvertreter in den diversen Schreiben nicht beanstandet worden.

Der gegenständliche Sachverhalt unterscheide sich damit auch wesentlich von jenem in der zitierten Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/1160-W/11, da gegenständlich die Änderung der Kontoverbindung durch die beschwerdeführende Partei erfolgte. Ob dies mit dem Einverständnis des Sachwalters erfolgte war oder nicht, sei für die belangte Behörde nicht nachvollziehbar gewesen.

Im rechtzeitig angeführten Vorlageantrag vom wird ausgeführt,

"Unstrittig dürfte sein, dass zum gegenständlichen Zeitpunkt eine aufrechte Sachwalterschaft, welche die Vertretung vor Ämter, Behörden und Gerichte sowie finanzielle Angelegenheiten vorsah, bestand.

Die belangte Behörde verkennt in ihrer Begründung, welche rechtlichen Konsequenzen sich an die Bestellung einer Erwachsenenvertretung (vormals Sachwalterschaft) knüpfen. So gehört es zu den eigentlichen Aufgaben des Erwachsenenvertreters, dafür zu sorgen, dass die betroffene Person ihren Lebensbedarf erhält. Dazu besteht neben dem Konto, auf das nur der Erwachsenenvertreter Zugriff hat, ein weiteres sogenanntes Alltagskonto, aufwelches die betroffene Person zugreifen kann. Ebenso findet diese Vorgehensweise Deckung in der Bestimmung des § 258 Abs. 2 ABGB (vgl. dazu Zierl/Schweighofer/Wimberger, Erwachsenenschutzrecht, Praxiskommentar, Rz 294).

Diese Handhabung ist durchaus nicht ungewöhnlich, wie beispielsweise auch der Entscheidung LVwG-2016/41/0469-3 zu entnehmen ist.

Erklärungen, die der Beschwerdeführer ohne Kenntnis des Erwachsenenvertreters, gegenüber den Umwelten abgibt, sind vor dem Hintergrund des Bestellungsbeschlusses zu relativieren. Noch dazu, wenn eine Behörde Kenntnis von der Bestellung und von der richtigen Kontoverbindung hatte, so wie gegenständlich. Generell kann die Kontrolle einer betroffenen Person dahingehend, dass auf sämtliche Erklärungen, die diese einseitig abgibt, Einfluss genommen wird, vom Erwachsenenvertreter nicht verlangt werden. Dies würde voraussetzen, dass die betroffene Person rund um die Uhr überwacht wird. Eine derartige Überwachung ist gesetzlich nicht vorgesehen und wäre auch keinesfalls zumutbar. Somit geht der Vorwurf der belangten Behörde, der Sachwalter habe auf die Abgabe von Erklärungen von Seiten des Beschwerdeführers keinen Einfluss genommen, ins Leere.

Darauf kommt es rechtlich auch nicht an. Vielmehr hätte die belangte Behörde eingedenk der Entscheidung des UFS Wien zu GZ RV/1160-W/11 dafür Sorge tragen müssen, dass ab Bekanntgabe der Sachwalterschaft und der entsprechenden Kontoverbindung, Gutschriften ausschließlich auf das vom Sachwalter bekanntgegebene Konto überwiesen werden. Einseitige Erklärungen, die der Beschwerdeführer (Betroffene) gegenüber der belangten Behörde, abgegeben hat, waren jedenfalls ab Bestehung der Sachwalterschaft nicht rechtswirksam. Jedenfalls hätte die belangte Behörde darauf nicht eingehen dürfen. Vielmehr hätte sie sich in diesem Fall beim zuständigen Sachwalter erkundigen müssen, zumal ihr dieser im Vorfeld bekannt war. Insofern ist auch ein Verschulden auf Seiten der belangten Behörde zu erblicken.

Bereits aus der oben genannten Entscheidung des UFS Wien geht hervor, dass nach Kenntniserlangung der Erwachsenenvertretung und des entsprechenden Erwachsenenvertreterkontos (vormals Sachwalterkonto) eine Überweisung einer Steuergutschrift mit schuldbefreiender Wirkung nur auf dieses möglich ist. Auf etwaige Erklärungen von Seiten des Betroffenen (Beschwerdeführers) ist nach Bekanntgabe der Sachwalterschaft nicht mehr einzugehen. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass zum damaligen Zeitpunkt noch die Bestimmungen zum Sachwalterrecht Anwendung fanden. Auch bis zum bestand gern. § 1503 Abs 9 Z 12 ABGB noch der gesetzliche Genehmigungsvorbehalt, sodass jedenfalls rechtswirksame Erklärungen nur der Erwachsenenvertreter (vormals Sachwalter) abgeben konnte (vgl. dazu Barth/Garnier, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts, 3. Auflage, Seite 210). Da für den Beschwerdeführer bereits vor dem gegenständlichen Vorfall eine Sachwalterschaft für Ämter, Behörden und Gerichte sowie für finanzielle Angelegenheiten bestand, fehlte es beim Beschwerdeführer auch an der entsprechenden Prozessfähigkeit im Verwaltungsverfahren (vgl. dazu Barth/Ganner, Handbuch des Sachwalterrechtes, 1. Auflage, Seite 662).

Soweit die belangte Behörde in ihrer BeschWerdevorentscheidung ausführt, dass der Zugang zum Finanz - Online - Portal auch weiterhin ermöglicht wurde, übersieht sie, dass sie selbst die Zugangsdaten entsprechend der Bekanntgabe der Sachwalterschaft ändern hätte müssen. Insoweit ist auch der Verweis auf die Bestimmung des § 3 Abs. 1 FOnV verfehlt, weil der Sachwalter mit der Bekanntgabe der Sachwalterschaft samt den damit verbundenen Angelegenheiten, rechtlich unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass sich die Zuständigkeit zur Regelung der Angelegenheit geändert hat. Damit verbunden sind sämtliche, im Zusammenhang stehenden Verfügungen. Die belangte Behörde hat es schuldhaft unterlassen, die Daten vollständig entsprechend der bekanntgegebenen Sachwalterschaft zu ändern.

Da die belangte Behörde erst im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung ein substantiiertes Vorbringen erstattet hat, kann erstmalig im Rahmen des Vorlageantrages darauf repliziert werden.

Bestritten wird, dass die falsch angewiesene Steuergutschrift zum Nutzen des Beschwerdeführers verwendet worden ist.

Analog zur Entscheidung des LVwG Tirol, LVwG-2016/41/0469-3 wird das Konto bei der X-Bank als "Taschengeldkonto" verwendet. Dieses wird bzw. wurde vom Sachwalter auch gegenüber dem Pflegschaftsgericht nicht überwacht und auch nicht abgerechnet.

Da auf der einen Seite das Konto bei der X-Bank als "Taschengeldkonto" fungiert und auf der anderen Seite aufgrund der rechtzeitigen Bekanntgabe des "richtigen" Kontos die Sachwalterin nicht mit der Überweisung auf das "Taschengeldkonto" rechnen musste, fiel es zunächst nicht auf, dass die Steuergutschrift aufletzteres überwiesen wurde. Der Beschwerdeführer gab relativ rasch einen Großteil des Guthabensbetrages aus. Über Befragen konnte sich der Beschwerdeführer nicht mehr erinnern, was er genau mit dem Geld angeschafft hat. Dies deckt sich auch mit dem damaligen Gesundheitszustand, wonach der Beschwerdeführer an einer schizoaffektiven Störung litt. Der Sachverständige Dr. Röper stellte u.a. einen mangelnden Realitätsbezug beim Beschwerdeführer fest.

Somit steht fest, dass die Gutschrift zwar in die Sphäre des Beschwerdeführers gelangt ist, jedoch objektiv nicht zu dessen Nutzen verwendet wurde. Die Gutschrift wäre objektiv gesehen zur Abdeckung von Verbindlichkeiten des Beschwerdeführers herangezogen worden. Zum Nachweis des Bestehens von Verbindlichkeiten wird der Exekutionsregisterauszug vom sowie der Bedingte Zahlungsbefehl 13 C 540/19t des Bezirksgerichtes Wels vorgelegt. Der Ausgang dieses Verfahrens ist noch offen.

Jedenfalls kann unter diesen Umständen nicht von einer Verbesserung der Lebensumstände beim Beschwerdeführer gesprochen werden. Im Übrigen kann von einem Geschäftsunfähigen nicht verlangt werden, im Detail nachzuweisen, wie er einen ihm zugekommenen Geldbetrag verwendete. Dies wäre lebensfremd und widerspräche dem Schutzzweck des § 1424 Satz 2 ABGB (vgl. dazu OGH 7 Ob 228/o8t).

Zusammengefasst sind die von der belangten Behörde in ihrer Beschwerdevorentscheidung ins Treffen geführten Punkte rechtlich nicht relevant.

Ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Sachwalterschaft und des Sachwalterkontos war eine Auszahlung der Steuergutschrift mit schuldbefreiender Wirkung nur auf dieses möglich. Aufgrund des Umstandes, dass die belangte Behörde lange Zeit vor der gegenständlichen Überweisung Kenntnis vom Sachwalterkonto hatte, musste die Sachwalterin bzw. Erwachsenenvertreterin nicht damit rechnen, dass die Gutschrift auf ein anderes Konto überwiesen wird. Im Übrigen wird die rechtzeitige Bekanntgabe der Sachwalterschaft und des Sachwalterkontos von der belangten Behörde auch nicht bestritten.

Vor dem Hintergrund der Judikatur des Obersten Gerichtshofes RS0116399 kann gegenständlich auch nicht von einem Nutzen im Sinne des § 1424 ABGB gesprochen werden.

Zu den Urkunden wird angemerkt, dass aufgrund der Vielzahl an Unterlagen, die aus der Sicht des Beschwerdeführervertreters wichtigsten vorgelegt werden. Bei Bedarf bzw. weiterer Bestreitung können weitere Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. Die Vorlage weiterer Urkunden wird damit ausdrücklich Vorbehalten."

Im Vorlagebericht vom brachte die belangte Behörde ergänzend vor, dass die Erwachsenenvertretung zumindest ab Anfang April vom Geldeingang und vom Guthaben auf dem Konto bei der X-Bank. wusste und der Verwendung bzw. der Behebung der Geldmittel offensichtlich ausdrücklich zugestimmt hätte (siehe Kontoausdruck).

Die Bescheidbeschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und der Gerichtsabteilung ***1*** zugeteilt. Dieser Gerichtsabteilung wurde die Beschwerdeangelegenheit mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom gemäß § 9 Abs. 9 BFGG abgenommen und der Gerichtsabteilung ***2*** zugeteilt.

Mit Anbringen vom wurde auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und eine neue Kontoverbindung der beschwerdeführenden Partei (Y-Bank AT11 XXXX) durch die Erwachsenenvertretung bekannt gegeben.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Aus der Aktenlage ergibt sich folgender unstrittige Sachverhalt:

  1. Herr ***Bf1*** beantragte im April 2016 ein Zugang für FinanzOnline.

  2. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Wels vom , Az ***3*** wurde der für ***Bf1*** zum Sachwalter gemäß § 268 ABGB der Verein EV-Sachwalterschaft bestellt.

  3. Der Sachwalter hatte folgenden Kreis von Angelegenheiten zu besorgen (§ 268 Abs 3 Z 2 ABGB):

    • Finanzielle Angelegenheiten;

    • Vertretung gegenüber Ämtern, Behörden und Gerichten;

    • Vertretung bei privaten Vertragspartnern/Sozialversicherungsträgern.

  4. Mit Schreiben vom wurde dem Finanzamt die Sachwalterschaft (eingelangt am ) bekannt gegeben und mit von der belangten Behörde in den Grunddaten erfasst. Mit gleichem Datum wurde auch die vom Sachwalter angeführte Bankverbindung (AT22xxxx) angelegt.

  5. Der Zugang des ***Bf1*** für FinanzOnline blieb trotz Bekanntgabe der Sachwalterschaft aufrecht und ermöglichte dadurch der besachwalteten beschwerdeführenden Partei selber Anträge zu stellen oder persönliche Daten (wie etwa Kontoverbindungen) zu ändern.

  6. Seitens des Sachwalters wurde am per Post eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2016 eingereicht und die Rückzahlung des Guthabens auf das oben angeführte Konto beantragt.

  7. Seitens der besachwalteten beschwerdeführenden Partei wurde - ohne Genehmigung des Sachwalters - am per FinanzOnline die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2017 eingereicht und die Rückzahlung auf ein Konto bei der X-Bank. (IBAN AT11xxxx) beantragt.

  8. Durch diesen Rückzahlungsantrag hat das Finanzamt die gespeicherte Kontoverbindung der besachwalteten beschwerdeführenden Partei generell auf IBAN AT11xxxx umgestellt.

  9. Am ergingen in der Folge die Einkommensteuerbescheide für 2016 und 2017, welche dem Sachwalter zugestellt wurden. Das auf Grund dieser Bescheide entstandene Guthaben in Höhe von 1.272,00 Euro wurde vom Finanzamt am auf das von der besachwalteten beschwerdeführenden Partei bekannt gegebene Konto IBAN AT11xxxx überwiesen. Nach Angaben des damaligen Sachwalters wurde das Geld, das auf "Lebensbedarfskonto" der beschwerdeführenden Partei überwiesen wurde, verbraucht. Es sei nicht mehr vorhanden und es seien keine Anschaffungen zum Nutzen der beschwerdeführenden Partei erfolgt.

  10. Mit Anbringen vom teilte der damalige Sachwalter der beschwerdeführenden Partei mit, dass Herrn ***Bf1*** € 1.272,00 auf das Klientenkonto überwiesen wurden. Am sei die belangte Behörde über einen Sachwalterwechsel informiert worden. In diesem Schreiben sei das Sachwalterkonto auf der Y-Bank angeführt worden. Die Arbeitnehmerveranlagung 2016 wurde von der Erwachsenenvertretung aufgrund eines fehlenden online-Zuganges in schriftlicher Form am erledigt - auch hier wurde das Konto der Y-Bank angeführt.

  11. Über die anstehende Auszahlung ist der Sachwalter nicht informiert worden. Aus den angeführten Gründen bestand der Sachwalter auf die Auszahlung auf das bereits bekannte Sachwalterkonto, Y-Bank, AT22xxxx, BIC: xxx.

  12. Seit vertritt der Verein EV-Erwachsenenvertretung Herrn ***Bf1*** als Erwachsenenvertretung in folgenden Angelegenheiten:

    • Finanzielle Angelegenheiten;

    • Vertretung gegenüber Ämtern, Behörden und Gerichten;

    • Vertretung bei privaten Vertragspartnern/Sozialversicherungsträgern.

  13. Erst nach mehrmaliger Urgenz durch die Erwachsenenvertretung wurde mit dem angefochtenen Bescheid in Form einer Abweisung eines Antrages auf Rückzahlung eines Guthabens über das Begehren der beschwerdeführenden Partei dahingehend abgesprochen, dass der Rückzahlungsantrag abgewiesen wurde.

  14. In der zur rechtzeitig eingebrachten Bescheidbeschwerde ergangenen Beschwerdevortentscheidung setzte sich die belangte Behörde mit der Rechtmäßigkeit der Rückzahlung auf das von der besachwalteten Partei bekanntgegebene Bankkonto auseinander.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

In den Fällen einer zusammengefassten Verbuchung der Gebarung sind Zahlungen und sonstige Gutschriften, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, gemäß § 214 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen; an die Stelle des Fälligkeitstages hat der davon abweichende zuletzt maßgebliche gesetzlich zustehende oder durch Bescheid zuerkannte Zahlungstermin zu treten. Haben mehrere Abgabenschuldigkeiten denselben Fälligkeitstag oder denselben davon abweichenden Zahlungstermin und reicht ein zu verrechnender Betrag zur Tilgung aller gleichzeitig zu entrichtenden Abgabenschuldigkeiten nicht aus, so hat die Verrechnung bei demselben Zahlungstermin auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten und bei demselben Fälligkeitstag auf die früher verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu erfolgen. Abgabenschuldigkeiten, für welche ein Pfandrecht besteht, gelten als dem Fälligkeitstag nach jüngste verbuchte Abgabenschuldigkeiten, es sei denn, das Pfandrecht wurde vertraglich eingeräumt. Die Verbuchung von Abgabenschuldigkeiten ist ohne unnötigen Aufschub und in einer von sachlichen Gesichtspunkten bestimmten Reihenfolge vorzunehmen.

Nach § 215 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde ein Guthaben eines Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat.

Gemäß § 215 Abs. 2 BAO ist das nach einer gemäß Abs. 1 erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten verbleibende Guthaben zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde hat.

Gemäß § 215 Abs. 4 BAO sind Guthaben, soweit sie nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 BAO zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zu Gunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.

Auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen kann gemäß § 239 Abs. 1 BAO die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4 BAO) erfolgen. Bei Rückzahlung an einen Nichtberechtigten, tritt bei einem Fehler der Abgabenbehörde keine schuldbefreiende Wirkung für die Abgabenbehörde bzw den Rechtsträger ein. Eine neuerliche Auszahlung hat an den Berechtigten zu erfolgen. Eine Bereicherungsklage des Rechtsträgers gegen den Nichtberechtigten wäre möglich. Die Frage, wo der Fehler verursacht ist, ist im Verfahren nach § 216 BAO zu klären (vg. Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO3, § 239 Rz 6). Mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) ist gemäß § 216 BAO über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213 BAO) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.

Ein Guthaben im Sinne des § 215 BAO stellt sich als Ergebnis der Gebarung auf dem Abgabenkonto dar, wobei in den Fällen der zusammengefassten Verbuchung der Gebarung nach § 214 Abs. 1 BAO Zahlungen und sonstige Gutschriften zunächst grundsätzlich auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen sind.

Da infolge der Rückzahlung des sich aus den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2016 und 2017 ergebenden Abgabenguthabens auf das Konto AT11xxxx im Zeitpunkt der Antragstellung des damaligen Sachwalters kein rückzahlbares Guthaben im Sinne des § 215 BAO ausgewiesen wurde, wäre dem Rückzahlungsantrag schon deswegen der Erfolg zu versagen. In Wahrheit besteht jedoch ein Streit über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto der beschwerdeführenden Partei. Ein derartiger Streit ist aber nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht in einem Verfahren nach § 239 Abs. 1 BAO, sondern in einem solchen nach § 216 BAO auszutragen ().

Da sich aus dem gesamten Vorbringen der Erwachsenenvertretung der beschwerdeführenden Partei ergibt, dass strittig ist, ob dieses Abgabenguthaben schuldbefreiend zurückgezahlt wurde, andernfalls ein Rückzahlungsanspruch an das von der Erwachsenenvertretung bekannt gegebene Konto zu Recht bestünde, ist der angefochtene Bescheid nach seinem materiellen Gehalt einer Deutung als Abrechnungsbescheid im Sinne des § 216 BAO zugänglich (vgl. ).

Ein Mangel der Partei- und Prozessfähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. ). Für die Rechts- und Handlungsfähigkeit gelten nach § 79 BAO die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts, wobei bei Sachverhalten mit Auslandsbezug auch die Kollisionsnormen des Internationalen Privatrechts heranzuziehen sind (). Handlungsfähigkeit ist die Fähigkeit, durch eigenes Verhalten Rechte und Pflichten zu begründen. Die sich idR nach der Handlungsfähigkeit richtende Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, durch eigenes oder durch das Verhalten eines gewillkürten Vertreters prozessuale Rechte und Pflichten zu begründen. Rechts- und Handlungsfähigkeit richten sich nach dem bürgerlichen Rechts (). Prozesshandlungen eines nicht Prozessfähigen sind unwirksam. Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Form diese Handlung erfolgt ist (zB. mit FinnzOnline).

Beim Im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung per FinanzOnline eingebrachten Rückzahlungsantrag (§ 239 BAO) handelt es sich um ein Anbringen einer im Verkehr mit Behörden nicht handlungsfähigen Person. Deren Anbringen sind daher unwirksam. Die Angabe eines Bankkontos (AT11xxxx) zur Rückzahlung von Abgabenguthaben durch eine Person, die nicht handlungsfähig ist, ist somit ebenso unwirksam. In Anbetracht der bereits vorstehend geschilderten Sachlage ist evident, dass das Finanzamt das aus den Arbeitnehmerveranlagungen 2016 und 2017 entstandene Guthaben offenbar auf ein falsches Bankkonto (AT11xxxx) überwiesen hat, zumal das Finanzamt schon zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von der Sachwalterschaft über die beschwerdeführende Partei hatte und daher die danach erfolgte Änderung der Bankverbindung durch die besachwaltete beschwerdeführende Partei nicht wirksam sein konnte.

Die Rückzahlung auf dieses von der besachwalteten Person bekanntgegebene Bankkonto konnte daher nicht mit schuldbefreiender Wirkung erfolgen.

Das Finanzamt hätte erkennen müssen, dass FinanzOnline zur Stellung von Anbringen durch eine nicht handlungsfähige Person genutzt wird, zumal die mangelnde Handlungsfähigkeit durch die Mitteilung des damaligen Sachwalters bekannt war. Vom Sachwalter konnte nicht verlangt werden, zusätzlich zur Bekanntgabe seiner Sachwalterschaft auch noch die Sperrung eines FinanzOnline-Zuganges durch die besachwaltete Person zu veranlassen. Auch die Herausgabe der FinanzOnline-Zugangsdaten durch die besachwaltete Person an den Sachwalter ist weder gesetzlich vorgsehen noch realistisch durchsetzbar. Es wäre schon die Aufgabe der Finanzverwaltung gewesen zu verhindern, dass eine im Umgang mit Behörden nicht handlungsfähige Person den FinanzOnline-Zugang für Anbringen nutzt.

Zur Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall orientiert sich die die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes an der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, war daher nicht zu lösen und die Revision ist nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 239 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 79 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 215 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100799.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at