Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.10.2023, RV/7105891/2016

Halten von Beteiligungen nicht unternehmerisch

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den seit zuständigen Richter Dr. Hans Blasina in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. (FH) Daniel Cesky, Grinzinger Straße 87, 1190 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg (nunmehr Finanzamt Österreich, § 323b BAO) vom betreffend Umsatzsteuer 2008 und Wiederaufnahme des Verfahrens zur Umsatzsteuer 2008, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde die Bf antragsgemäß zur Umsatzsteuer veranlagt, nachdem zuvor die dem Vorsteuerabzug zugrunde gelegten Rechnungen übermittelt worden waren und ausgeführt worden war, neben dem Halten von Beteiligungen sei Gesellschaftszweck das Erbringen von Dienstleistungen im Rahmen von Managementverträgen. Mit Bescheiden vom wurde das Verfahren wiederaufgenommen und ein neuer Umsatzsteuerbescheid erlassen, in dem die erklärten Vorsteuerbeträge nicht anerkannt wurden. Dem vorangegangen ist ein Vorhalt vom , in dem die Bf aufgefordert worden war, ihre wirtschaftliche Tätigkeit nachzuweisen.

Mit der Beschwerde vorgelegt wurden ein Muster eines Managementvertrages, in dem sowohl die genaue Bezeichnung der beratenden Gesellschaft [die Modellinitiatoren gründeten beginnend mit der Bf jedes Jahr zwei Publikums-KGs] als auch die beratene Gesellschaft nicht näher bezeichnet waren. Weiters wurden Rechnungen vorgelegt, die weder von der Bf stammten noch an die Bf gerichtet waren.

Die Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes vom Juli 2021, die Managementverträge und die Rechnungen über darauf basierenden Leistungen im Original vorzulegen, wurde mit monatlichen Fristverlängerungsansuchen erwidert. Erst nach neuerlicher Aufforderung im Rahmen der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde eingeräumt, es gebe keine solchen Dokumente.

In der mündlichen Verhandlung wurde vorgebracht, die Bf habe die Managementleistungen unentgeltlich erbracht, weil es sich um die erste Gesellschaft des Beteiligungsmodells gehandelt habe. Später errichtete Gesellschaften hätten sehr wohl Managementverträge abgeschlossen und gegen Entgelt beraten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf ist eine Kommanditgesellschaft, die zivilrechtlich aus einem Komplementär und einem Kommanditisten besteht. Der im Firmenbuch eingetragene Kommanditist fungiert neben seinem eigenen Anteil als Treuhänder für eine Vielzahl von Personen, die sich über diesen Treuhänder ebenfalls als Kommanditisten an der KG beteiligen (Treugeberkommanditisten). Mit dem so aufgebrachten Kapital beteiligt sich die Bf an vier Unternehmen jeweils als atypisch stille Gesellschafterin.

Neben dem Halten dieser Beteiligungen hat die Bf keine weitere Tätigkeit entfaltet.

2. Beweiswürdigung

Die Tätigkeit der Bf ergibt sich aus dem Gesellschafts- und Treuhandvertrag, dem Kapitalmarktprospekt und den Zeichnungsscheinen.

Dass keine weitere Tätigkeit entfaltet wird, ergibt sich daraus, dass die Bf weder im Jahr 2008 noch in den Folgejahren (2009-2012) umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige Leistungen erklärt hat, die behaupteten Vertragsverhältnisse (Managementverträge) nie abgeschlossen worden sind und keine Rechnungen für erbrachte Leistungen gelegt worden sind.

Dass unentgeltlich Leistungen von der Bf erbracht werden, wurde erstmals in der mündlichen Verhandlung geäußert. Noch die Beschwerde spricht von nachhaltig wiederkehrenden Leistungen an die Beteiligungsunternehmen, die "quartalsweise an die Unternehmen in Rechnung gestellt werden." Da die urspünglich behauptete Entgeltlichkeit nicht vorgelegen ist und nicht einmal über die Leistungen als solche Belege erbracht worden sind, erscheint auch die Behauptung, Beratungsleistungen (auch unentgeltlich) überhaupt erbracht zu haben, nicht glaubwürdig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Dass die Bf entgegen ihrer ursprünglichen Behauptung im Rahmen der Vorhalte zur erstmaligen Veranlagung zur Umsatzsteuer 2008 gar keine unternehmerische, zum Vorsteuerabzug berechtigende Tätigkeit entfaltet hat, ist erst im Rahmen des Vorhalteverfahrens 2014 für die belangte Behörde neu hervorgekommen. Da diese Tatsachen auch zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid führen mussten, war der Tatbestand des § 303 Abs 1 lit b BAO erfüllt. Die Wiederaufnahme erfolgte zurecht, zumal die Abänderungen nicht nur geringfügig waren.

Zum Vorsteuerabzug berechtigen Rechnungen, die an einen Unternehmer ausgestellt worden sind, wobei die Leistungen an sein Unternehmen ausgeführt worden sind (§ 12 Abs 1 UStG). Der Vorsteuerabzug ist u.a. ausgeschlossen, soweit eine Lieferung zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet bzw eine sonstige Leistung zur Ausführung steuerfreier Umsätze in Anspruch genommen wird (§ 12 Abs 3 Z 1, 2 UStG).

Der Umsatzsteuer unterliegen u.a. Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs 1 Z 1 UStG). Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (§ 2 Abs 1 UStG).

Die Gründung einer Gesellschaft und der Beitritt zu einer Gesellschaft gegen Bareinlage stellt weder seitens der Gesellschaft, die Anteile ausgibt, noch seitens des Gesellschafters, der einen Anteil übernimmt, einen steuerbaren Vorgang dar (Windsteig in Melhardt/Tumpel (Hrsg), UStG³, § 1 Rz 172 f; Mayr/Ungericht, UStG4, § 1 Anm 11; , KapHag Renditefonds). Der Bloße Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmen ist keine unternehmerische Tätigkeit (, Harnas&Helm CV; , C-142/99, Floridienne und Berginvest SA).

Der Gesellschafter einer Personenvereinigung ist als solcher nicht Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 1 UStG. Ein solcher Gesellschafter kann aber durch die Erbringung von Leistungen an die Gesellschaft Unternehmerstellung erlangen, wenn diese im Rahmen eines Leistungsaustausches gegen Entgelt erfolgt (vgl. ; , 2013/15/0308, und , 2000/13/0097, sowie , Heerma, Rz 17 ff).

Eine unternehmerische Tätigkeit wird dann entfaltet, wenn eine Holding in die Verwaltung von Unternehmen eingreift, indem sie administrative, kaufmännische und technische Dienstleistungen erbringt (, Polysar Investments Netherlands BV; , C-16/00, CiboParticipations SA).

Kein Leistungsaustausch, sondern eine nicht steuerbare Leistungsvereinigung liegt hingegen vor, wenn der Gesellschafter seine Leistung als Gesellschafterbeitrag erbringt und hierfür eine Abgeltung bloß durch Beteiligung am laufenden Gesellschaftserfolg erhält (vgl. ; Ruppe/Achatz, UStG5, § 1 Tz 106).

Dem Gesellschafter kann auch nicht die Unternehmereigenschaft der Gesellschaft zugerechnet werden (vgl. ; Malburg, C- 204/13, Rn 47, und Ruppe/Achatz, UStG5, § 12 Tz 85; Kollmann/Schuchter in Melhardt/Tumpel, UStG2, § 12 Rz 137; Mayr in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, 41. Lfg, § 12 Tz 200 f).

Zusammengefasst kommt der Bf aufgrund ihres bloßen Haltens von Anteilen keine Unternehmereigenschaft zu. Aus dem Vorliegen gewerblicher Einkünfte lässt sich diesbezüglich nichts gewinnen, weil sich diese rein aus dem Durchgriffsprinzip bei ertragsteuerlichen Mitunternehmerschaften ergeben, die sie als atypisch stille Gesellschafterin eingegangen ist. Das umsatzsteuerliche Trennungsprinzip verhindert aber ein Abfärben der Unternehmereigenschaft des Geschäftsherrn der atypisch Stillen auf den stillen Gesellschafter. Selbst dann, wenn man eine unentgeltliche Leistungserbringung der Bf bejahte, änderte sich nichts am Ergebnis, denn es liegt sodann Leistungsvereinigung vor.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Aufgrund der zitierten VwGH-Rechtsprechung war die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7105891.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at