Die BAO im Zentrum der Finanzverwaltung
1. Aufl. 2015
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S. 85§ 115 Abs 3 BAO in der Beraterpraxis
Der Jubilar, dem dieser kleine Beitrag gewidmet ist, hat sich literarisch allumfassend dem österreichischen Verfahrensrecht gewidmet und mit seinem Standardwerk zur BAO einen Eckpfeiler für die österreichische Beratungspraxis gesetzt. Der Autor erlaubt sich, seine Ausführungen um einige Gedanken zur Bestimmung des § 115 Abs 3 BAO zu ergänzen, die im Hinblick auf ihre praktische Bedeutung in der Literatur wenig Beachtung findet.
§ 115 Abs 3 BAO lautet:
„Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen.“
Um zum Kern der Aussage dieser Bestimmung zu kommen, bedarf es zunächst einer semantischen Analyse der Formulierung. „Prüfen“ bedeutet laut Duden ua „einen Sachverhalt auf die Richtigkeit kontrollieren“. „Würdigen“ hat laut Duden ua die Bedeutung „den Wert einer Sache erkennen“. Beide Wörter haben weder eine positive (in Richtung „nachbessern“) noch eine negative Bedeutung (in Richtung „nachfordern“). Die Formulierungen „prüfen“ und „würdigen“ verlangen – bezogen auf das Abgabenrecht – somit eine völlig neutrale Kontrolle und Untersuchung der Angaben und Umstände. Dies führt zur wertfreien Feststellung ...