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VwGH vom 29.11.2021, Ro 2021/03/0023

VwGH vom 29.11.2021, Ro 2021/03/0023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom , Zl. 405-8/773/1/2-2021, betreffend Ansprüche nach dem Epidemiegesetz 1950 (mitbeteiligte Partei: R KG in W, vertreten durch die Dr. Schartner Rechtsanwalt GmbH in 5541 Altenmarkt, Obere Marktstraße 58), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1Die mitbeteiligte Partei betreibt in W einen Beherbergungsbetrieb.

2Im Zuge der COVID-19-Pandemie verfügte die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau (BH) mit Verordnung vom gemäß § 20 Abs. 1 und 4 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) die Schließung aller Beherbergungsbetriebe im Bezirk, wovon auch der Betrieb der mitbeteiligten Partei betroffen war. Die Verordnung trat mit in Kraft.

3Mit Verordnung vom , LGBl. Nr. 25/2020, verfügte der Landeshauptmann von Salzburg (LH), gestützt auf § 2 Z 2 COVID-19-Maßnahmengesetz (COVID-19-MG), unter anderem ein Betretungsverbot von Beherbergungsbetrieben als Touristin bzw. als Tourist für das gesamte Bundesland Salzburg.

4Mit Bescheid vom sprach die BH über den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung einer Vergütung gemäß § 32 EpiG für den Zeitraum bis ab; sie erkannte einen näher genannten Betrag für den Zeitraum von bis zu (Spruchpunkt I.); den geltend gemachten Mehrbetrag wies sie jedoch ab (Spruchpunkt II.).

5Aufgrund der Beschwerde der mitbeteiligten Partei änderte das Landesverwaltungsgericht Salzburg die Entscheidung der BH dahingehend ab, dass der mitbeteiligten Partei auch für den Zeitraum vom bis eine Vergütung für erlittene Vermögensnachteile (berechnet nach der EpG 1950-Berechnungsverordnung) in näher umschriebener Höhe zustehe.

Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig, weil noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage bestehe, ob ein vom Landeshauptmann gemäß § 2 Z 2 COVID-19-MG erlassenes Betretungsverbot für Betriebsstätten einen Entschädigungsanspruch nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG schmälern oder ausschließen könne.

6Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende Revision der BH, zu der die mitbeteiligte Partei eine Revisionsbeantwortung erstattet hat.

7Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

8Die Revision ist zulässig und begründet.

9Der gegenständliche Fall gleicht in sachverhaltsmäßiger und rechtlicher Hinsicht jenem, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ro 2021/03/0018, entschieden hat. Deshalb kann zur Begründung auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen werden (§ 43 Abs. 2 VwGG).

10Zusammengefasst gelangte der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Entscheidung zu dem Ergebnis, dass die Verordnungen der BH und des LH nebeneinander bestehen konnten und keine Derogation der Verordnung der BH durch jene des LH stattgefunden hat. Für die nach dem EpiG verfügte Betriebsschließung durch die BH gebührt eine Vergütung für Verdienstentgang gemäß § 32 Abs. 1 Z 5 iVm § 20 EpiG jedoch nur soweit, als die Verordnung der BH für den Verdienstentgang kausal war. Soweit der Verdienstentgang auch und unabhängig von der Betriebsschließung gemäß § 20 EpiG durch andere Ursachen (hier: die Verordnung des LH) entstanden war, fehlte es im Umfang der alternativen Verursachung an der notwendigen Kausalität.

11Diese Überlegungen gelten in gleicher Weise für den vorliegenden Revisionsfall.

Im fortgesetzten Verfahren ist daher zu ermitteln, ob und in welcher Höhe das von der Schließung betroffene Beherbergungsunternehmen der mitbeteiligten Partei in der Vorjahresperiode Einkommen aus der Beherbergung von Personen ausgenommen Touristen und Touristinnen erwirtschaftet hat, weil nur insofern ein durch die Betriebsschließung der BH (allein) verursachter Verdienstentgang vorläge.

12Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2021:RO2021030023.J00

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Fundstelle(n):
FAAAE-94903