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VwGH vom 09.06.2021, Ro 2021/03/0004

VwGH vom 09.06.2021, Ro 2021/03/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der M GmbH in S, vertreten durch Dr. Andreas Köb, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Brucknerstraße 2/5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 41.5-2670/2020-8, betreffend Ansprüche nach dem EpiG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von Euro 1.346,40 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1Die belangte Behörde hatte mit Bescheid vom den Antrag der Revisionswerberin auf Zuerkennung einer Vergütung für Verdienstentgang nach § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) in Höhe von Euro 3.752.956,-- für den Zeitraum vom bis hinsichtlich des am Standort G betriebenen Unternehmens, eines Einkaufszentrums, abgewiesen.

2Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der dagegen von der Revisionswerberin erhobenen Beschwerde insofern Folge, als der angefochtene Bescheid wegen örtlicher Unzuständigkeit ersatzlos behoben wurde; die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt.

3Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass der Tätigkeitsbereich der Revisionswerberin die Vermietung und Verwaltung des „Shopping Center M“ umfasse. In dem Einkaufszentrum mit Standort in G befänden sich zahlreiche Betriebsstätten des Handels, von Dienstleistungsunternehmen und der Gastronomie als Pächter. Der Sitz der Revisionswerberin liege in S. Eine den Betrieb der Revisionswerberin betreffende Verordnung nach dem EpiG sei zu keinem Zeitpunkt erlassen worden; auch eine bescheidmäßige Schließung oder Beschränkung des Betriebs nach dem EpiG sei nicht erfolgt.

4Zu prüfen sei zunächst die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde: Bei der Revisionswerberin handle es sich um eine Gesellschaft mit Sitz in S. Soweit eine Betriebsbeschränkung oder -schließung nach § 20 EpiG angeordnet wurde, richte sich die Zuständigkeit für einen entsprechenden Antrag iSd § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG nach § 33 EpiG. Gegenständlich handle es sich jedoch um einen Vergütungsanspruch, der wegen Maßnahmen geltend gemacht worden sei, die nicht auf dem EpiG, sondern auf Verordnungen nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz beruhten; diesbezüglich sehe § 33 EpiG keine Regelung vor. Die Zuständigkeit richte sich daher nach der allgemeinen Zuständigkeitsregelung des § 3 Z 2 AVG. Danach bestimme sich die örtliche Zuständigkeit in Sachen, die sich auf den Betrieb eines Unternehmens oder einer sonstigen dauernden Tätigkeit beziehen, nach dem Ort, an dem das Unternehmen betrieben oder die Tätigkeit ausgeübt werde. Damit werde auf den Unternehmenssitz abgestellt. Für den Standort G sei keine rechtliche Selbständigkeit gegeben, maßgeblich für die örtliche Zuständigkeit sei daher der Sitz der Revisionswerberin, der in S liege. Es sei daher die für S zuständige Bezirksverwaltungsbehörde, also der Magistrat der Stadt S, zur Entscheidung über den Antrag örtlich und sachlich zuständig. Da die belangte Behörde somit als örtlich unzuständige Behörde entschieden habe, sei der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben gewesen.

5Die ordentliche Revision sei zulässig, weil es hinsichtlich der hier zu beantwortenden Frage der örtlichen Zuständigkeit bisher an einschlägiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs fehle.

6Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, zusammen mit den Verfahrensakten vorgelegte - ordentliche - Revision. Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

7Die Revision ist zulässig und begründet.

8Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Beschluss vom , Ra 2021/09/0005, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, mit der örtlichen Zuständigkeit für nach § 32 EpiG geltend gemachte Ansprüche auseinandergesetzt:

Ausgehend von der Subsidiarität des § 3 AVG ist diese Bestimmung angesichts der ausdrücklichen Regelung des § 33 EpiG hinsichtlich der Zuständigkeit für Ansprüche nach § 32 EpiG nicht anwendbar. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der nach § 32 EpiG geltend gemachte Anspruch zu Recht besteht, sondern lediglich darauf, ob ein Anspruch nach dieser Bestimmung behauptet wird.

Gemäß § 33 EpiG ist zur Entscheidung über auf § 32 EpiG gestützte Ansprüche jene Bezirksverwaltungsbehörde zuständig, in deren Bereich „diese Maßnahmen getroffen wurden“, in deren örtlichen Wirkungsbereich die betreffende Maßnahme also faktisch umgesetzt wird, während es nicht darauf ankommt, wo der Sitz eines Unternehmens liegt oder die Behörde, welche die betreffende Maßnahme erlassen hat, ihren Sitz hat.

9Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde daher gegeben.

10Das angefochtene Erkenntnis war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

11Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2021:RO2021030004.J00

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