VwGH vom 10.09.2020, Ro 2020/17/0011
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner, den Hofrat Mag. Berger, die Hofrätin Dr. Koprivnikar sowie den Hofrat Dr. Terlitza als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7105342/2017, betreffend Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 2 Glücksspielgesetz für die Monate November 2012 bis Februar 2015 und Oktober 2015 (mitbeteiligte Partei: R Ltd., vertreten durch Dr. Michael Sedlaczek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16), zu Recht erkannt:
Spruch
Spruchpunkt 1. des angefochtenen Erkenntnisses wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1Die mitbeteiligte Partei, eine Gesellschaft mit Sitz auf der Isle of Man, bot Spielern die Möglichkeit, vom Inland aus an diversen Online-Glücksspielen teilzunehmen. Sie besaß jedoch keine inländische Konzession nach § 14 Glücksspielgesetz - GSpG.
2Das revisionswerbende Finanzamt schrieb der mitbeteiligten Partei mit Bescheiden vom die Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 2 GSpG für die Monate November 2012 bis Februar 2015 und Oktober 2015 vor.
3Das Bundesfinanzgericht (BFG) gab mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Erkenntnisses den dagegen erhobenen Beschwerden teilweise Folge und setzte die Glücksspielabgabe für die genannten Monate neu fest, wobei das angefochtene Erkenntnis für Oktober 2015 als Abgabe „-3,20 Euro (= Gutschrift)“ auswies. Das BFG sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
4Die vorliegende Amtsrevision richtet sich ausschließlich gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Erkenntnisses. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5Die Revision erweist sich als zulässig und berechtigt.
6Der vorliegende Revisionsfall gleicht in Bezug auf die Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe nach § 57 Abs. 2 GSpG in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem Fall, der vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ro 2018/17/0003, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es bei der Ermittlung der Jahresbruttospieleinnahmen im Zusammenhang mit der Besteuerung von elektronischen Lotterien nach § 57 Abs. 2 GSpG nicht zulässig ist, Boni und andere Vielspielerbegünstigungen, die nicht aufgrund eines überwiegend vom Zufall abhängigen Spielergebnisses gewährt werden, als Gewinne von der Bemessungsgrundlage abzuziehen. Stellen diese Begünstigungen einen von einer allfälligen weiteren Spielteilnahme unabhängigen Vermögenswert dar (z.B. bei Gewährung von Bargeldablösen), erhöhen diese im Falle ihrer späteren Verwendung als Einsätze die Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe. Andernfalls mindern sie die Höhe der jeweiligen Einsätze im Ausmaß der in Anspruch genommenen Rabatte.
7Auch im vorliegenden Revisionsfall hat das BFG in dieser Hinsicht die Rechtslage verkannt und daher das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
8Das BFG hat überdies für den Monat Oktober 2015 als Glücksspielabgabe eine „Gutschrift“ von € 3,20 festgesetzt, weil nach der „Überleitung des Spielangebotes“ (von der mitbeteiligten Partei) an eine Gesellschaft mit Sitz in Malta ab März 2015 bei der mitbeteiligten Partei keine Spieltätigkeit mehr verzeichnet worden sei. Diese habe nur im Oktober 2015 noch eine Gewinnauszahlung von € 8,-- vorgenommen, was zu einer negativen Monatsabrechnung geführt habe, die bei der bescheidmäßigen Festsetzung (durch das Finanzamt) nicht berücksichtigt worden sei. Eine Regelung, wonach negative Monatsergebnisse durch einen „Vortrag“ in einen nachfolgenden Monat zu berücksichtigen seien, sei dem GSpG fremd. Auch die Abgabenfestsetzungen für die vorausgehenden Monate Jänner und Februar 2015 könnten keine Änderungen erfahren. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes seien als Bemessungsgrundlage die „Jahresbruttospieleinnahmen“ heranzuziehen, die eine auf das Kalenderjahr abgestellte saldierte Größe darstellten. Eine Nichtberücksichtigung einer „negativen Bemessungsgrundlage“ in einem Monat, in dem die ausbezahlten Gewinne die Einsätze überstiegen, würde dem klaren Wortlaut des Gesetzes entgegenstehen und sei sachlich nicht zu rechtfertigen.
9Auch in dieser Hinsicht verkennt das BFG die Rechtslage. Mangels gesetzlicher Grundlage ist es nämlich nicht zulässig, bei Bemessung der Glücksspielabgabe nach § 57 Abs. 2 GSpG in jenen Fällen, in denen die ausgezahlten Gewinne die Einsätze übersteigen, auf dem Abgabenkonto des Abgabenschuldners einen Betrag, der sich aus der Anwendung des in § 57 Abs. 2 GSpG angeführten Abgabensatzes auf diesen Differenzbetrag ergibt, gutzuschreiben. Daraus folgt für den vorliegenden Revisionsfall, dass das angefochtene Erkenntnis sich auch in dieser Hinsicht als rechtswidrig erweist.
10Das angefochtene Erkenntnis war daher aus den genannten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
11Von der Durchführung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, zumal die mitbeteiligte Partei ihren vor dem BFG, einem Tribunal im Sinn der EMRK, gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom zurückgezogen hatte (vgl. , VwSlg 18.830 A/2014, mwN).
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020170011.J00 |
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