VwGH vom 15.02.2021, Ro 2020/17/0006

VwGH vom 15.02.2021, Ro 2020/17/0006

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Dr. Terlitza als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revisionen 1. des Bundesministers für Finanzen sowie 2. der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , LVwG-413607/8/Gf/RoK, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (mitbeteiligte Partei: M F in F, vertreten durch Dr. Fabian A. Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top11), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom wurde über den Mitbeteiligten wegen einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz - GSpG im Zeitraum vom bis , 08:25 Uhr, an einem näher konkretisierten Tatort eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000 (samt Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Das durch den Mitbeteiligten vertretene Unternehmen habe sich als Unternehmer an einer verbotenen Ausspielung beteiligt, indem es gegen Entgelt die Lieferung, Aufstellung und Inbetriebnahme eines näher bezeichneten, betriebsbereiten und funktionsfähigen Glücksspielgerätes und die Unterweisung des Lokalbetreibers übernommen und weiters Wartungs-, Reinigungs-, Service- und Reparaturarbeiten dem Glücksspielveranstalter zur Verfügung gestellt habe.

2Der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) mit Erkenntnis vom statt. Es hob das angefochtene Straferkenntnis auf, stellte das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein (Spruchpunkt I.), traf einen Ausspruch in Bezug auf die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens und des Beschwerdeverfahrens (Spruchpunkt II.) und erklärte eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig (Spruchpunkt III.).

3Begründend führte das Verwaltungsgericht u.a. Folgendes aus: Eine Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG trete nur dann ein, wenn im Zuge einer bewilligungslosen Ausspielung die in § 5 Abs. 5 lit. a Z 1 und 2 sowie lit. b Z 1 und 2 GSpG normierten Wertgrenzen überschritten würden, weil es sich dann nicht um eine in den Regelungsbereich der Länder fallende Ausspielung handle. Im konkreten Fall sei seitens der einschreitenden Organe in Bezug auf das beschlagnahmte Gerät ein maximal möglicher Einsatz von EUR 10 festgestellt worden. Seien demnach die Wertgrenzen des § 5 Abs. 5 GSpG nicht überschritten worden, so liege auch keine verbotene Ausspielung iSd GSpG vor, „sodass der Tatbestand des § 52 Abs. 1 GSpG nicht erfüllt ist“. Aus diesem Grund sei das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

4Gegen dieses Erkenntnis richten sich die beiden vorliegenden Amtsrevisionen. Der Mitbeteiligte erstattete je Revisionsbeantwortung und er regte an, „einen Antrag an den EuGH mit nachstehenden Fragen [...]“ (zur Unionsrechtskonformität des GSpG) zu stellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die aufgrund ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Amtsrevisionen erwogen:

5Die vorliegenden Amtsrevisionen erweisen sich als zulässig und berechtigt.

6Der Revisionsfall gleicht in den entscheidungswesentlichen Punkten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht jenem, welcher vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ro 2020/17/0008, 0014, entschieden wurde, weshalb gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses, insbesondere auf die Auslegung des § 5 GSpG, verwiesen wird.

7Daraus ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht verpflichtet gewesen wäre, nach Durchführung eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens konkrete Feststellungen zur Verwirklichung des objektiven Tatbildes nach § 52 Abs. 1 GSpG zu treffen. Solche Feststellungen sind aber in Verkennung der Rechtslage unterblieben.

8Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2021:RO2020170006.J00

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