VwGH vom 14.05.2020, Ro 2020/13/0001

VwGH vom 14.05.2020, Ro 2020/13/0001

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des Finanzamts Bruck Eisenstadt Oberwart in 7001 Eisenstadt, Neusiedlerstraße 46, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7106125/2015, betreffend Umsatzsteuer 2013 (mitbeteiligte Partei: O in P, vertreten durch die Münzenrieder Karner & Weinhandl Steuerberatung GmbH in 7100 Neusiedl am See, Bergäckersiedlung 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom wurde u.a. ausgeführt, am sei zwischen der (österreichischen) C GmbH und dem Mitbeteiligten ein Vermittlungsvertrag abgeschlossen worden. Am sei diese Vereinbarung aufgelöst worden. Als Ablöse für sämtliche Provisionsansprüche aus dem Vertrag sei ein Betrag von 658.824 € (zuzüglich eventuelle Umsatzsteuer) vereinbart worden. Am habe der Mitbeteiligte eine Ausgangsrechnung in Höhe von 658.824 € ausgestellt. Am habe die C GmbH 400.000 € und am 258.824 € an den Mitbeteiligten überwiesen. Umsatzsteuer sei nicht in Rechnung gestellt worden. Die Abschlagszahlung für den Verzicht auf einen rechtsgültigen Vertrag sei am Empfängerort umsatzsteuerpflichtig.

2Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für das Jahr 2013 fest. Es verwies dazu auf den Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom .

3Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Er machte geltend, das Rechtsgeschäft sei zwar umsatzsteuerbar, aber nach § 6 Abs. 1 Z 5 UStG 1994 steuerbefreit.

4Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

5Der Mitbeteiligte beantragte, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

6Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge und änderte den Umsatzsteuerbescheid ab. Es sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

7Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, der Mitbeteiligte habe am mit der C GmbH einen Vermittlungsvertrag abgeschlossen. Der Mitbeteiligte sei darin mit der Alleinvertretung sämtlicher derzeit und auch in Zukunft hergestellter Produkte für das Gebiet Russland und die GUS-Staaten betraut worden. Es sei eine Provision von 2% zuzüglich der jeweils gültigen Umsatzsteuer für alle direkten und indirekten Geschäfte vereinbart worden. In Punkt 7 sei zu „Provisionen nach Vertragsbeendigung“ festgehalten worden, dass der Mitbeteiligte für den Fall, dass sich die Vertragsparteien bei Vertragsbeendigung nicht auf einen Abfindungsbetrag einigten, den Provisionsanspruch für Geschäfte, die innerhalb von drei Jahren nach Vertragsbeendigung zwischen der C GmbH und Kunden aus dem Vertragsgebiet zustande kämen, behalte.

8Es sei in der Folge zu keinen Geschäftsabschlüssen auf Grundlage dieses Vertrages gekommen.

9Am hätten die Vertragsparteien eine „Vereinbarung über die Auflösung eines Vermittlungsvertrages“ geschlossen, in der diese vereinbarten, den Vermittlungsvertrag mit sofortiger Wirkung aufzulösen. Als Ablöse für die aus diesem Vertrag resultierenden Provisionsansprüche sei die Zahlung eines Betrages von 658.824 € zuzüglich eventuell anfallender Umsatzsteuer festgesetzt worden. Damit seien sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem Vermittlungsvertrag bereinigt und verglichen.

10Der Mitbeteiligte habe am dazu Rechnung gelegt, wobei keine Umsatzsteuer ausgewiesen worden sei. Die C GmbH habe den Betrag am 26. März und am gezahlt.

11Empfänger der Vermittlungsleistungen sei die (österreichische) C GmbH; es handle sich daher um im Inland erbrachte Leistungen. Unbestritten sei jedoch, dass sich die vertraglich vereinbarte Vermittlung auf im Drittlandsgebiet zu erbringende Leistungen beziehe, sodass die Vermittlungsleistungen gemäß § 6 Abs. 1 Z 5 lit. b UStG 1994 steuerfrei seien. In der Vereinbarung über die Auflösung des Vermittlungsvertrages habe der Mitbeteiligte gegen Entgelt auf die weitere Ausübung der ihm aus diesem Vertrag zustehenden Rechte und somit auf die Ausführung von steuerbefreiten Leistungen iSd § 6 Abs. 1 Z 5 lit. b UStG 1994 verzichtet. Das diesbezügliche Entgelt könne nur im Zusammenhang mit einem Unterlassen gesehen werden, nämlich dem Verzicht auf ein Recht, das sich ausschließlich im Drittland ausgewirkt hätte. Daher sei das für den Verzicht gegebene Entgelt nach § 6 Abs. 1 Z 5 lit. b UStG 1994 steuerfrei zu behandeln.

12Zur Frage, ob der entgeltliche Verzicht auf das Recht, Umsätze zu vermitteln, die im Ausland bewirkt worden wären und deren Vermittlung gemäß § 6 Abs. 1 Z 5 lit. b UStG 1994 steuerfrei sei, ebenfalls eine gemäß dieser Gesetzesstelle steuerbefreite sonstige Leistung sei, liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die Revision sei daher zulässig.

13Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision des Finanzamts.

14Der Mitbeteiligte hat sich am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht beteiligt.

15Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

16§ 6 Abs. 1 UStG 1994 (in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2012) lautet auszugsweise:

„(1) Von den unter § 1 Abs. 1 Z 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

1.Die Ausfuhrlieferungen (§ 7) und die Lohnveredlungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 8); [...]

5.die Vermittlung

a)der unter Z 1 bis 4 und Z 6 fallenden Umsätze,

b)der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden,

c)der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 9 als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.

Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer buchmäßig nachgewiesen sein; [...]“

17Im vorliegenden Fall war zwischen dem Mitbeteiligten und der (österreichischen) C GmbH die Erbringung von Vermittlungsleistungen vereinbart.

18Vermittlungsleistungen an einen Unternehmer werden nach § 3a Abs. 6 UStG 1994 an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Empfänger der zu erbringenden Leistungen sollte die österreichische C GmbH sein. Dass diese ihr Unternehmen von einem anderen Ort (als in Österreich) betreiben würde, wurde im Verfahren nicht geltend gemacht. Diese Umsätze wären daher in Österreich steuerbar.

19Nach dem Vermittlungsvertrag wurde der Mitbeteiligte mit der Alleinvertretung sämtlicher derzeit und auch in Zukunft hergestellter Produkte für das Gebiet Russland und die GUS-Staaten betraut. Für alle direkten und indirekten Geschäfte stand dem Mitbeteiligten eine Provision zu.

20Nach dem Wortlaut dieser Vereinbarung sollten demnach Lieferungen von Gegenständen („hergestellte Produkte“) in das Gebiet Russlands und der GUS-Staaten (also in ein Drittlandsgebiet) vermittelt werden (dies ist auch der Standpunkt des Finanzamts in der Revision).

21Die Revision macht hiezu - ohne nähere Konkretisierung - Verfahrensmängel geltend (mangelhafte Begründung sowie mangelhafte Ermittlungen insbesondere zum Leistungsinhalt). Eine mangelhafte Begründung ist aber im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Entgegen dem Revisionsvorbringen sind die Feststellungen des Bundesfinanzgerichts insbesondere nicht widersprüchlich. Das Bundesfinanzgericht führt ausdrücklich aus, dass es zu keinen Geschäftsabschlüssen auf Grundlage des Vertrages gekommen sei. Demnach steht aber auch fest, dass es zu keinen erfolgreichen und damit - da die Provision erfolgsabhängig vereinbart wurde - zu keinen entgeltlichen Vermittlungsleistungen gekommen ist. Dass aber Vermittlungsleistungen nur dann provisionsbegründend gewesen wären, wenn sie zu Vereinbarungen über Lieferungen in ein näher bezeichnetes Drittlandsgebiet geführt hätten, ist aus dem Vermittlungsvertrag klar ersichtlich. Wie das Bundesfinanzgericht zutreffend darlegt, handelt es sich hiebei im Hinblick auf die unbestrittene Vertragslage - entgegen dem Finanzamt - um keine bloße Mutmaßung. Dass die Vereinbarungen etwa bloß zum Schein (oder als Umgehungsgeschäft) geschlossen worden wären, behauptet auch das Finanzamt nicht.

22Damit ist zunächst abzuleiten, dass im Rahmen des Vermittlungsvertrags vom Mitbeteiligten erfolgreich (und damit entgeltlich) erbrachte Vermittlungsleistungen zwar in Österreich steuerbar gewesen wären, aber als Vermittlung einer Ausfuhrlieferung nach § 6 Abs. 1 Z 5 lit. a UStG 1994 steuerfrei gewesen wären.

23Im Ergebnis Gleiches würde auch dann gelten, wäre nicht die Vermittlung von Ausfuhrlieferungen zu erbringen gewesen, sondern - worauf der Akteninhalt auch hindeuten könnte - die Vermittlung von Montagelieferungen (iS von Art. 36 der Richtlinie 2006/112/EG). Insoweit würde es sich sodann um die Vermittlung von Umsätzen, die im Drittlandsgebiet bewirkt werden (§ 6 Abs. 1 Z 5 lit. b UStG 1994), handeln (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, Art. 1 BMR Tz 8 und 40; Pernegger in Melhardt/Tumpel, UStG², § 3 Tz 191). Auch derartige Vermittlungen wären daher steuerfrei gewesen.

24Fraglich ist somit nur noch, ob diese Steuerfreiheit auch für den hier vorliegenden Fall einer Abfindungsleistung bei Auflösung eines Vermittlungsvertrags gilt.

25Im Urteil vom , Lubbock Fine & Co, C-63/92, Rn. 9, hat der EuGH ausgeführt:

„Fällt ein bestimmterUmsatz - wie die Vermietung eines Grundstücks, die auf der Grundlage des gezahlten Mietzinses besteuertwürde - unter eine in der Sechsten Richtlinie vorgesehene Steuerbefreiung, so ist eine Änderung dieses Mietvertrags - wie dessen vertragliche Auflösung gegen Abfindung - ebenfalls als unter diese Befreiung fallend anzusehen.“

26Eine einvernehmliche Auflösung einer Vereinbarung gegen Abfindung ist daher umsatzsteuerlich betreffend die Frage der Steuerbefreiung so zu beurteilen, wie die Erbringung der vereinbarten Leistung selbst (vgl. auch Cantor Fitzgerald International, C-108/99, Rn. 31).

27Im vorliegenden Fall wäre die Erbringung der vereinbarten Leistung (Vermittlung von Ausfuhrlieferungen oder von Montagelieferungen im Drittlandsgebiet) steuerfrei. Die vertragliche Auflösung gegen Abfindung ist in gleicher Weise als steuerfrei zu beurteilen.

28Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020130001.J00

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