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VwGH 02.06.2020, Ro 2020/11/0002

VwGH 02.06.2020, Ro 2020/11/0002

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
EURallg
TNRSG 1995 §1 Z1d
32014L0040 Tabakprodukte-RL Art2 Z15
RS 1
Für die Qualifikation als pflanzliches Raucherzeugnis iSd § 1 Z 1d TNRSG 1995 kommt es nicht bloß auf die abstrakte Eignung an, ob eine pflanzliche Substanz "faktisch geraucht werden kann", weil weder dem Richtliniengeber noch dem österreichischen Gesetzgeber bei der Umsetzung des Unionsrechts unterstellt werden kann, sie hätten jegliches brennbare pflanzliche Erzeugnis, das keinen Tabak enthält, als pflanzliches Raucherzeugnis einstufen und auf diese Weise der Richtlinie 2014/40/EU bzw. dem TNRSG 1995 unterstellen wollen. Vielmehr ist der Begriff "pflanzliches Raucherzeugnis" unter Berücksichtigung des Zwecks der genannten Rechtsvorschriften (insbesondere des dort genannten hohen Stellenwertes des Gesundheitsschutzes) sowie im systematischen Zusammenhang mit den Tabakerzeugnissen und anderen "verwandten Erzeugnissen" auszulegen.
Normen
EURallg
TNRSG 1995 §1 Z1d
32014L0040 Tabakprodukte-RL Art2 Z10
32014L0040 Tabakprodukte-RL Art2 Z15
RS 2
Ebenso wie eine "Zigarette" (gemäß Art. 2 Z 10 der Richtlinie 2014/40/EU eine Tabakrolle, "die mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert werden kann") nach der allgemeinen Lebenserfahrung - typischer Weise - dazu verwendet wird, geraucht zu werden, ist daher auch unter einem "pflanzlichen Raucherzeugnis", das definitionsgemäß von derselben Tatbestandsvoraussetzung abhängt, ein (u.a.) auf Pflanzenbasis hergestelltes, tabakloses Erzeugnis zu verstehen, das - nach der allgemeinen Lebenserfahrung typischer Weise (aber nicht zwingend) - zum Rauchen verwendet wird.
Norm
TNRSG 1995 §1 Z1d
RS 3
Dem Ergebnis des VwG, bei dem vom Revisionswerber in Verkehr gebrachten getrockneten Hanfblüten handle es sich um ein pflanzliches Raucherzeugnis iSd § 1 Z 1d TNRSG 1995, ist schon deshalb nicht entgegen zu treten, weil getrocknete Hanfblüten nach der allgemeinen Lebenserfahrung typischerweise wenn auch nicht ausschließlich zum Rauchen verwendet werden. Daran ändert ein bestimmter THC-Gehalt der Hanfblüten bzw. gegebenenfalls die Rechtmäßigkeit des Rauchens bestimmter Sorten von Hanfblüten nichts, weil das TNRSG 1995 darauf nicht abstellt (anders das auf die psychotrope Wirkung abzielende SMG 1997).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl, die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des P G in G, vertreten durch die Likar Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Pestalozzistraße 1/II/13, gegen das Erkenntnis des Landesveraltungsgerichtes Steiermark vom , Zl. LVwG 30.11-1812/2019-7, betreffend Übertretungen des Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Graz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde, in teilweiser Bestätigung und teilweiser Abänderung des Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom , der Revisionswerbers als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen befugtes Organ der G. GmbH schuldig erkannt, dass diese am an näher bezeichneter Örtlichkeit in Graz - durch Anbieten zum Verkauf in einem Automaten - das Produkt „OG Kush“, das ein „pflanzliches Raucherzeugnis“ sei, in Verkehr gebracht und dabei gegen drei Bestimmungen des Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetzes (TNRSG) verstoßen habe (1. am Produkt habe der gemäß § 10f Abs. 1 TNRSG erforderliche Warnhinweis „Das Rauchen dieses Produkts schädigt Ihre Gesundheit.“ gefehlt; 2. durch die Angaben „CBD 5,69 %“ und „100 % Biological“ auf der Verpackung seien entgegen § 10f Abs. 4 iVm § 5d Abs. 1 Z 2 TNRSG ein gesundheitlicher Nutzen bzw. eine ökologische Eigenschaft suggeriert worden; 3. die an das Bundesministerium für Gesundheit gemäß § 8 Abs. 1 und 3 TNRSG zu erstattende Meldung u.a. der Inhaltsstoffe sei vor dem Inverkehrbringen unterblieben).

2 Über den Revisionswerber wurden gemäß § 14 Abs. 1 Z 3 und 5 TNRSG drei Geldstrafen zu jeweils € 250,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt, und es wurde ihm ein entsprechender Kostenbeitrag zum Strafverfahren vorgeschrieben. Gleichzeitig wurde gemäß § 9 Abs. 7 VStG die Haftung der G. GmbH für die genannten Geldstrafen und den Kostenbeitrag verfügt und gemäß § 14 Abs. 2 TNRSG die Ware für verfallen erklärt.

Schließlich wurde ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

3 In der Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, der Revisionswerber habe in seiner Beschwerde ausgeführt, dass es sich bei dem unter dem Namen „OG Kush“ vertriebenen Produkt um getrocknete, indoor hergestellte CBD-reiche Hanfblüten handle, deren THC-Gehalt bei ca. 0,2% liege, und die er ausschließlich als „Aromaprodukt“ zur Verbesserung des Raumklimas verkaufe. Die vermeintlich inkriminierte Ware falle daher nach Ansicht des Revisionswerbers per se nicht unter den Begriff des pflanzlichen Raucherzeugnisses iSd § 1 Z 1d TNRSG, sodass ihr Verkauf nicht den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliege und die gegenständlichen Übertretungen daher nicht vorlägen. Nach der letztgenannten Bestimmung sei zwar Tatbestandsvoraussetzung des pflanzlichen Raucherzeugnisses, dass dieses „mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert werden kann“. Wären darunter auch die gegenständlichen Hanfblüten subsumierbar, so würde dies den Verkauf von Waren des täglichen Lebens ad absurdum führen, weil man auch Kräuter, Gräser und Teesorten, ja sogar „Pilze, Plastik, Fleisch, Glas, Schnittlauch etc rauchen“ könne.

4 Im Beschwerdeverfahren sei daher strittig, ob die getrockneten Hanfblüten als „pflanzliches Raucherzeugnis“ gemäß § 1 Z 1d TNRSG zu qualifizieren seien, sodass bei ihrem Verkauf die Bestimmungen dieses Gesetzes einzuhalten seien.

5 Nach Durchführung einer Verhandlung stellte das Verwaltungsgericht als maßgebenden Sachverhalt fest, dass die vom Revisionswerber als handelsrechtlichem Geschäftsführer vertretene G. GmbH in G fünf umgebaute Zigarettenautomaten mit Hanfprodukten betreibe (die - nach der Abbildung im angefochtenen Erkenntnis - auf ihrer Vorderseite mit einem Cannabisblatt, darüber die Worte „D“ und darunter „The legal cannabis“ beschriftet sind). Für den Kauf eines Hanfproduktes sei die Identifizierung mittels Bankomatkarte zur Verifizierung des vollendeten 16. Lebensjahres des Erwerbers notwendig.

6 Am hätten Mitarbeiter der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit im Auftrag des zuständigen Bundesministeriums aus dem genannten Automaten das Produkt „OG Kush“ erworben. Dieses bestehe aus einer bedruckten Schiebeschachtel als Überverpackung, in welcher sich ein durchsichtiger Kunststoffbeutel mit getrockneten Hanfblüten befunden habe. Auf der Außenverpackung fehle der gesundheitliche Warnhinweis, angeführt seien der Gehalt an CBD und THC sowie die Bezeichnung „100% Biological“.

7 Gemäß § 1 Z 1d TNRSG gelte als „pflanzliches Raucherzeugnis“ ein Erzeugnis auf der Grundlage von Pflanzen, Kräutern oder Früchten, das keinen Tabak enthält und mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert werden kann. Gegenständlich sei unstrittig, dass die getrockneten Hanfblüten ein Erzeugnis auf der Grundlage von Pflanzen seien, das keinen Tabak beinhalte.

8 Gegen die Ansicht, dass die in Rede stehenden Hanfblüten „mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert werden“ können, habe der Revisionswerber eingewendet, dass die gegenständliche Ware ausschließlich als Aromaprodukt gekennzeichnet und angeboten werde und dass er eine allfällige „Zweckentfremdung“ des Produktes durch Rauchen nicht verhindern könne und sich dies nicht zu seinem Nachteil auswirken dürfe.

9 Dem sei entgegen zu halten, dass weder auf dem Automaten noch auf der Ware selbst ein Hinweis angebracht gewesen sei, dass die Ware auf eine andere Art als durch Rauchen - etwa als reines Aromaprodukt - verwendet werden solle. Vielmehr würden mehrere Umstände darauf hindeuten, dass das Produkt sehr wohl zum Rauchen gedacht sei.

10 In diesem Zusammenhang hielt das Verwaltungsgericht fest, dass es derzeit eine Fülle an Hanfprodukten auf dem Markt gebe (Tees, Gewürze, Aromaprodukte etc.) und dass bei vielen dieser Produkte eine „Mehrfachnutzung“ möglich sei. Dies führe zu einer Abgrenzungsproblematik, wobei auch zu berücksichtigen sei, dass Produkte, die geraucht werden können oder sogar geraucht werden sollen, bewusst irreführend deklariert würden, um die Bestimmungen des TNRSG zu umgehen. Daher sei hinsichtlich der strittigen Voraussetzung des § 1 Z 1d TNRSG eine Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, wobei die konkreten Umstände wie Präsentation, Art und Ort des Verkaufs, Struktur, Erscheinungsbild und Außenauftritt des Unternehmens, Gesamtsortiment des Händlers sowie die Zielgruppe etc. berücksichtigt werden müssten.

11 Gegenständlich sei zunächst die Assoziation zu einem Zigarettenautomaten zu beachten, weil die getrockneten Hanfblüten in einem umgebauten Zigarettenautomaten verkauft würden, wobei vor dem Kauf mittels Bankomatkarte verifiziert werden müsse, dass der Erwerber das 16. Lebensjahr vollendet habe. Weiters werde durch den auf dem Automaten befindlichen Aufdruck „The legal cannabis“ der Anschein eines Raucherzeugnisses erweckt, weil Cannabis hauptsächlich durch Rauchen konsumiert werde. So befinde sich auch auf der Schmalseite des Automaten das Abbild einer rauchenden Frau.

12 Bei einer Gesamtbetrachtung komme man daher zum Ergebnis, dass es sich bei den getrockneten Hanfblüten um ein pflanzliches Erzeugnis handle, welches mittels eines Verbrennungsprozesses geraucht werden könne und somit als „pflanzliches Raucherzeugnis“ iSd § 1 Z 1d TNRSG zu qualifizieren sei. Beim Verkauf der getrockneten Hanfblüten hätte der Revisionswerber daher die für pflanzliche Raucherzeugnisse einschlägigen Bestimmungen des § 10f und § 8c TNRSG einhalten müssen, was nicht erfolgt sei.

13 Die ordentliche Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob pflanzliche Hanfprodukte als pflanzliche Raucherzeugnisse iSd § 1 Z 1d TNRSG anzusehen seien, fehle.

14 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, zu welcher der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz eine Revisionsbeantwortung erstattet hat.

15 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

16 Die Revision ist, wie vom Verwaltungsgericht ausgeführt, zulässig, sie ist jedoch aufgrund folgender Erwägungen nicht begründet.

17 Die Bestimmungen des Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetzes (TNRSG), BGBl. Nr. 431/1995 idF BGBl. I Nr. 13/2018, lauten auszugsweise:

„Begriffsbestimmungen

§ 1. Im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt als

1. ‚Tabakerzeugnis‘ jedes Erzeugnis, das zum Rauchen, Schnupfen, Lutschen oder Kauen bestimmt ist, sofern es ganz oder teilweise aus Tabak, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Tabak in gentechnisch veränderter oder unveränderter Form handelt, besteht,

...

1d. ‚pflanzliches Raucherzeugnis‘ ein Erzeugnis auf der Grundlage von Pflanzen, Kräutern oder Früchten, das keinen Tabak enthält und mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert werden kann,

1e. ‚verwandtes Erzeugnis‘ jedes neuartige Tabakerzeugnis, pflanzliche Raucherzeugnis, die elektronische Zigarette und deren Liquids,

...

1j.‚Rauchtabakerzeugnis‘ jedes Tabakerzeugnis mit Ausnahme rauchloser Tabakerzeugnisse,...

...

Verbot des Inverkehrbringens

§ 2.

(1) Das Inverkehrbringen von

1.Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen, die den §§ 4 bis 10e oder nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen nicht entsprechen oder

...

ist verboten.

Erscheinungsbild

§ 5d. (1) Die Kennzeichnung der Packung und der Außenverpackung sowie das Tabakerzeugnis selbst dürfen weder Elemente noch Merkmale aufweisen, die

...

2. suggerieren, dass ein bestimmtes Tabakerzeugnis weniger schädlich als ein anderes sei oder auf eine Reduzierung einiger schädlicher Bestandteile des Rauchs abziele oder belebende, energetisierende, heilende, verjüngende, natürliche oder ökologische Eigenschaften oder einen sonstigen Nutzen für die Gesundheit oder Lebensführung habe,

...

Erhebung von verwendeten Inhaltsstoffen und Kondensat-(Teer-), Nikotin- und Kohlenmonoxidgehalt

§ 8. (1) Wer als Herstellerin bzw. Hersteller oder Importeurin bzw. Importeur Tabakerzeugnisse oder verwandte Erzeugnisse im Bundesgebiet in Verkehr bringt, hat längstens bis zum 15. März jeden Kalenderjahres dem Bundesministerium für Gesundheit nach Markennamen und Art des Tabakerzeugnisses in einer Liste aufgeschlüsselt zu übermitteln:

1. eine Liste aller bei der Herstellung der Tabakerzeugnisse und verwandten Erzeugnisse verwendeten Inhaltsstoffe und ihrer Mengen, in absteigender Reihenfolge in Bezug auf das Gewicht jedes Inhaltsstoffs der Tabakerzeugnisse bzw. verwandten Erzeugnisse,

...

(2) Werden Tabakerzeugnisse bzw. verwandte Erzeugnisse im Bundesgebiet unter Lizenz oder über Auftrag ohne Verantwortung der Herstellerin bzw. des Herstellers für die Spezifikation bezüglich der verwendeten Inhaltsstoffe hergestellt, kann die Übermittlung der Liste nach Abs. 1 durch die Lizenz- oder Auftraggeberin bzw. den Lizenz- oder Auftraggeber erfolgen. ...

(3) Abs. 2 gilt auch für Importeure, die nicht in den Herstellungsprozess eingebunden waren, oder die in den Herstellungsprozess im Ausland unter Lizenz oder über Auftrag ohne Verantwortung des Herstellers für die Spezifikation der verwendeten Inhaltsstoffe eingebunden waren.

...

Meldung von Inhaltsstoffen pflanzlicher Raucherzeugnisse

§ 8c. (1) Die Herstellerinnen bzw. Hersteller oder Importeurinnen bzw. Importeure pflanzlicher Raucherzeugnisse haben dem Bundesministerium für Gesundheit eine nach Markennamen und Art der Erzeugnisse gegliederte Liste aller Inhaltsstoffe unter Angabe der Mengen, die bei der Herstellung verwendet werden, zu übermitteln.

...

Pflanzliche Raucherzeugnisse

§ 10f. (1) Jede Packung und jede Außenverpackung von pflanzlichen Raucherzeugnissen haben den folgenden gesundheitsbezogenen Warnhinweis zu tragen:

‚Das Rauchen dieses Produkts schädigt Ihre Gesundheit.‘

(2) Der gesundheitsbezogene Warnhinweis ist auf die vordere und hintere äußere Fläche der Packung und auf jede Außenverpackung zu drucken.

(3) Der gesundheitsbezogene Warnhinweis muss den Anforderungen des § 5 Abs. 7 entsprechen. Er hat 30 % der entsprechenden Fläche der Packung und der Außenverpackung einzunehmen.

(4) Packungen und Außenverpackungen von pflanzlichen Raucherzeugnissen dürfen keines der Elemente oder Merkmale gemäß § 5d Abs. 1 Z 1, 2 und 4 aufweisen, und es darf nicht angegeben sein, dass das Erzeugnis frei von Zusatz- oder Aromastoffen ist.

...

Strafbestimmungen

§ 14. (1) Wer

1. ...

3. gegen die Meldepflichten gemäß §§ ... 8c ... verstößt,

...

5. gegen die Bestimmungen hinsichtlich des Erscheinungsbildes gemäß §§ 5 bis 6, 10c und 10f verstößt,

...

begeht, sofern die Tat nicht nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 7 500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 15 000 Euro zu bestrafen.

(2) Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse, die den Gegenstand einer nach Abs. 1 strafbaren Handlung bilden, sind einzuziehen und zu vernichten. Die Regelungen der §§ 10d und 10e sind anzuwenden.

(3) ...

§ 20. Durch dieses Bundesgesetz werden die Richtlinie 2014/40/EU zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG, ABl. Nr. L 127 vom S. 1, zuletzt geändert durch die Delegierte Richtlinie 2014/109/EU, ABl. Nr. L 360 vom S. 22, und die darauf bezugnehmenden Rechtsakte der Europäischen Union umgesetzt.“

18 Die maßgeblichen Bestimmungen der Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG lauten (auszugsweise):

„... in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) ...

...

(4) In anderen Bereichen unterscheiden sich die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen nach wie vor erheblich, was ein Hindernis für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts darstellt. Angesichts der Entwicklungen in der Wissenschaft, auf den Märkten und auf internationaler Ebene dürften sich diese Unterschiede weiter vergrößern. Dies trifft auch auf elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter für elektronische Zigaretten (im Folgenden ‚Nachfüllcontainer‘), pflanzliche Raucherzeugnisse, Inhaltsstoffe und Emissionen von Tabakerzeugnissen, bestimmte Aspekte der Kennzeichnung und Verpackung sowie den grenzüberschreitenden Verkauf von Tabakerzeugnissen im Fernabsatz zu.

(5) Diese Hindernisse sollten beseitigt werden; hierzu sollten die Vorschriften über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen einander weiter angeglichen werden.

...

(49) Pflanzliche Raucherzeugnisse sind in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich geregelt und gelten trotz des von ihrer Verbrennung ausgehenden Gesundheitsrisikos oft als unschädlich oder weniger schädlich. Häufig wissen die Verbraucher nicht, welche Stoffe diese Erzeugnisse enthalten. Damit der Binnenmarkt reibungslos funktioniert und die Verbraucher besser informiert sind, sollten für diese Produkte einheitliche Kennzeichnungsbestimmungen und Meldungen von Inhaltsstoffen auf EU-Ebene eingeführt werden.

...

Artikel 1

Gegenstand

Ziel dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für

...

b) bestimmte Aspekte der Kennzeichnung und Verpackung von Tabakerzeugnissen, ...

...

f) das Inverkehrbringen und die Kennzeichnung bestimmter Erzeugnisse, die mit Tabakerzeugnissen verwandt sind, nämlich elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter sowie pflanzliche Raucherzeugnisse,

damit - ausgehend von einem hohen Schutz der menschlichen Gesundheit, besonders für junge Menschen - das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse erleichtert wird und die Verpflichtungen der Union im Rahmen des WHO-Rahmenübereinkommens zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (Framework Convention on Tobacco Control, im Folgenden ‚FCTC‘) eingehalten werden.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1. ‚Tabak‘ Blätter und andere natürliche verarbeitete oder unverarbeitete Teile der Tabakpflanze, einschließlich expandierten und rekonstituierten Tabaks;

...

10. ‚Zigarette‘ eine Tabakrolle, die mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert werden kann und ...

...

15.‚pflanzliches Raucherzeugnis‘ ein Erzeugnis auf der Grundlage von Pflanzen, Kräutern oder Früchten, das keinen Tabak enthält und mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert werden kann;

16. ...

TITEL III

ELEKTRONISCHE ZIGARETTEN UND PFLANZLICHE RAUCHERZEUGNISSE

...

Artikel 21

Pflanzliche Raucherzeugnisse

(1) Jede Packung und jede Außenverpackung von pflanzlichen Raucherzeugnissen trägt den folgenden gesundheitsbezogenen Warnhinweis:

‚Das Rauchen dieses Produkts schädigt Ihre Gesundheit.‘

(2) Der gesundheitsbezogene Warnhinweis ist auf die vordere und hintere äußere Fläche der Packung und jeder Außenverpackung zu drucken.

...“

19 In den Revisionsgründen wird zusammengefasst vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe die getrockneten Hanfblüten zu Unrecht unter den Begriff des pflanzlichen Raucherzeugnisses iSd § 1 Z 1d TNRSG subsumiert, weil dieses Gesetz keine Legaldefinition betreffend CBD (Cannabidiol) bzw. CBD-haltige Produkte enthalte, weshalb solche (bzw. getrocknete Hanfblüten) auch nicht vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes erfasst sein könnten. Nach der Gesetzesauslegung des Verwaltungsgerichts würden sämtliche getrockneten Kräuter, Gräser, Teesorten, Salbeiblätter oder Kamillenblüten, etc. in den Anwendungsbereich des § 1 Z 1d TNRSG fallen, weil „fast alles faktisch geraucht werden kann“. Es könne also nicht darauf ankommen, ob ein Produkt abstrakt geeignet sei, geraucht zu werden. Gegenständlich erfolge der Verkauf „ausschließlich als Aromaprodukt“ (die Revision verweist in diesem Zusammenhang auf den THC-Gehalt der gegenständlichen Hanfblüten von ca. 0,2%).

20 Eine exzessive Auslegung des Begriffes „pflanzliches Raucherzeugnis“, von der das Verwaltungsgericht ausgehe, liege nicht im Sinn des Gesetzes und werde auch nicht durch die Materialien zur Novelle, mit der die Bestimmung des § 1 Z 1d TNRSG eingefügt worden sei, gedeckt. Aus diesen ergebe sich, dass lediglich elektronische Zigaretten und Wasserpfeifen im Fokus des TNRSG stehen würden.

21 Auch der Umstand, dass getrocknete Hanfblüten mangels Tabakbestandteilen nicht in den Anwendungsbereich des Tabaksteuergesetzes 1995 oder des Tabakmonopolgesetzes 1996 fielen, zeige, dass eine Subsumierung unter das TNRSG vom Gesetzgeber nicht intendiert sei.

22 Das Revisionsvorbringen ist nicht zielführend:

23 Im vorliegenden Revisionsfall geht es ausschließlich um die strittige Frage, ob getrocknete Hanfblüten, wie sie von der vom Revisionswerber vertretenen Gesellschaft unbestritten in Verkehr gebracht wurden, unter den Begriff „pflanzliches Raucherzeugnis“ iSd § 1 Z 1d TNRSG zu subsumieren sind. An diesen Begriff knüpfen nämlich jene spezifischen Gebote und Verbote des TNRSG an, die der Revisionswerber nach der Tatanlastung übertreten hat.

24 Zunächst ist aus dem Hinweis der Revision, die Veräußerung von getrockneten Hanfblüten unterliege nicht dem Tabaksteuergesetz 1995 und dem Tabakmonopolgesetz 1996, für die Revision nichts zu gewinnen, weil dies nicht ausschließt, dass der Gesetzgeber ein pflanzliches Raucherzeugnis (noch dazu, wenn es definitionsgemäß gar keinen Tabak enthält) spezifischen Vorschriften abseits des Monopolvertriebs und des Steuerrechts unterworfen hat.

25 Richtig ist freilich, dass es für die Qualifikation als pflanzliches Raucherzeugnis iSd § 1 Z 1d TNRSG nicht bloß auf die abstrakte Eignung, ob eine pflanzliche Substanz „faktisch geraucht werden kann“, ankommt, weil weder dem Richtliniengeber noch dem österreichischen Gesetzgeber bei der Umsetzung des Unionsrechts unterstellt werden kann, sie hätten jegliches brennbare pflanzliche Erzeugnis, das keinen Tabak enthält, als pflanzliches Raucherzeugnis einstufen und auf diese Weise der Richtlinie 2014/40/EU bzw. dem TNRSG unterstellen wollen.

26 Vielmehr ist der Begriff „pflanzliches Raucherzeugnis“ unter Berücksichtigung des Zwecks der genannten Rechtsvorschriften (insbesondere des dort genannten hohen Stellenwertes des Gesundheitsschutzes) sowie im systematischen Zusammenhang mit den Tabakerzeugnissen und anderen „verwandten Erzeugnissen“ (vgl. auch den Titel der Richtlinie 2014/40/EU) auszulegen, deren Vorschriften - so der 5. Erwägungsgrund der Richtlinie ausdrücklich - einander weiter angeglichen werden sollen.

27 Ebenso wie eine „Zigarette“ (gemäß Art. 2 Z 10 der Richtlinie 2014/40/EU eine Tabakrolle, „die mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert werden kann“) nach der allgemeinen Lebenserfahrung - typischer Weise - dazu verwendet wird, geraucht zu werden, ist daher auch unter einem „pflanzlichen Raucherzeugnis“, das definitionsgemäß von derselben Tatbestandsvoraussetzung abhängt, ein (u.a.) auf Pflanzenbasis hergestelltes, tabakloses Erzeugnis zu verstehen, das - nach der allgemeinen Lebenserfahrung typischer Weise (aber nicht zwingend) - zum Rauchen verwendet wird.

28 Anderes ist auch den Gesetzesmaterialien der Novelle BGBl. I Nr. 101/2015, mit welcher der Begriff des pflanzlichen Raucherzeugnisses in das TNRSG aufgenommen und in § 1 Z 1d leg. cit. definiert wurde, nicht zu entnehmen. Die Materialien (vgl. RV 672 BlgNR 25. GP, 5) halten in diesem Zusammenhang vielmehr fest, dass die Ergänzung der Begriffsbestimmungen dem Erfordernis der Implementierung der Richtlinie 2014/40/EU dienen und bestätigen somit den erwähnten systematischen Zusammenhang.

29 Dem Ergebnis des Verwaltungsgerichts, bei dem vom Revisionswerber in Verkehr gebrachten Hanfblüten handle es sich um ein pflanzliches Raucherzeugnis iSd § 1 Z 1d TNRSG, ist daher schon deshalb nicht entgegen zu treten, weil getrocknete Hanfblüten nach der allgemeinen Lebenserfahrung typischerweise wenn auch nicht ausschließlich zum Rauchen verwendet werden. Daran ändert ein bestimmter THC-Gehalt der Hanfblüten (die Revision verweist fallbezogen auf einen solchen von ca. 0,2%) bzw. gegebenenfalls die Rechtmäßigkeit des Rauchens bestimmter Sorten von Hanfblüten nichts, weil das TNRSG darauf nicht abstellt (anders das auf die psychotrope Wirkung abzielende SMG).

30 Vor diesem Hintergrund geht das Revisionsvorbringen, das Verwaltungsgericht hätte den Revisionswerber (der an der durchgeführten Verhandlung durch seinen Rechtsvertreter teilgenommen hat) zur Größe der Hanfblüten, ihrer Konsistenz und ihrer Verwendbarkeit als „Aromaprodukt“ vernehmen müssen, ins Leere, weil es nach dem Gesagten darauf nicht ankommt.

31 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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Normen
EURallg
TNRSG 1995 §1 Z1d
32014L0040 Tabakprodukte-RL Art2 Z10
32014L0040 Tabakprodukte-RL Art2 Z15
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020110002.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAE-94858