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VwGH vom 06.10.2020, Ro 2020/09/0003

VwGH vom 06.10.2020, Ro 2020/09/0003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die Revision der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Grieskirchen in 4710 Grieskirchen, Manglburg 23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zlen. 1. L517 2227696-1/4E und 2. L517 2227797-1/4E, betreffend Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Ausländerbeschäftigungsgesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. A e.U. in B, und 2. C D in E, beide vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in 4910 Ried im Innkreis, Promenade 3) zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1Mit Bescheid vom wies die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde (die revisionswerbende Partei) den Antrag der erstmitbeteiligten Partei vom auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den Zweitmitbeteiligten, einen afghanischen Staatsangehörigen, für die berufliche Tätigkeit als Koch/Köchin (Lehrling/Auszubildende/r) gemäß § 4 Abs. 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ab.

2Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde statt und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 1, 2 und 3 AuslBG vorliegen.

3Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht; die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

4Wenn die mitbeteiligten Parteien in ihrer Revisionsbeantwortung eine mangelnde Revisionslegitimation einwenden und dazu ausführen, dass in der Revision als revisionswerbende Partei das „Arbeitsmarktservice [X]“ angeführt, jedoch in der verfahrensleitenden Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice X als revisionswerbende Partei genannt wird, so ist auf § 1 Abs. 5 Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG) hinzuweisen, wonach die regionalen Organisationen die Bezeichnung „Arbeitsmarktservice“ unter Hinzufügung des Namens der Gemeinde (erforderlichenfalls mit einem der Unterscheidbarkeit dienendem Zusatz), in der sie eingerichtet sind, führen und somit hier der ins Treffen geführten unterschiedlichen Bezeichnung keine Bedeutung zukommt. Soweit - allerdings ohne Belege - auch vorgebracht wird, dass die Revision vom Leiter der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice X hätte erhoben werden müssen, diese aber von einem bei der Landesorganisation in Y beschäftigten Juristen unterfertigt worden sei, ist dem bereits entgegen zu halten, dass dem Leiter der regionalen Geschäftsstelle gemäß § 23 Abs. 3 AMSG eine Delegationsbefugnis „hinsichtlich bestimmter Angelegenheiten auf Träger von bestimmten Funktionen oder namentlich bezeichnete Mitarbeiter des Arbeitsmarktservice zur selbstständigen Erledigung“ zukommt (vgl. dazu auch die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. I Nr. 71/2013, 2193 BlgNR 24. GP, 13, mit dem die Delegationsbefugnis erweitert wurde) und der genannte Jurist die gegenständliche Revision mit dem Briefkopf des Arbeitsmarktservice X ausgeführt und „Für den Leiter“ unterfertigt hat.

5Der vorliegende Fall gleicht im Übrigen in den entscheidungswesentlichen Punkten sowohl in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht jenem, der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2019/09/0011, zugrunde lag. Es wird daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

6Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Auslegung des Art. 15 der Richtlinie 2013/33/EU darin unter anderem ausgeführt, dass ein Asylwerber innerhalb der ersten Monate seines Aufenthalts in Österreich nach Zulassung zum Asylverfahren (nach einer Wartefrist von drei Monaten) dem Arbeitsmarkt während des laufenden (behördlichen) Asylverfahrens zugeführt werden kann. Eine weitergehende Anwendung auf Fälle der Antragstellung nach Vorliegen einer ablehnenden behördlichen (erstinstanzlichen) Asylentscheidung findet darin keine Deckung. Der vom Bundesverwaltungsgericht vertretenen Ansicht eines allein aus Art. 15 der Richtlinie ableitbaren Anspruches auf einen solchen Arbeitsmarktzugang auch zu einem späteren Zeitpunkt - also wie hier im Rechtsbehelfsverfahren - kann daher nicht gefolgt werden.

7Auch im vorliegenden Fall steht - wie die Amtsrevision zutreffend aufzeigt - der unmittelbaren Anwendung von Art. 15 der Richtlinie schon entgegen, dass der gegenständliche Antrag am und somit erst nach der ablehnenden Entscheidung im erstinstanzlichen Asylverfahren vom (der Zweitmitbeteiligte erhob dagegen am Beschwerde) gestellt wurde.

8Dem Einwand der mitbeteiligten Parteien in ihrer Revisionsbeantwortung, der Zweitmitbeteiligte habe bereits durch die Absolvierung einer Pflichtschulabschlussprüfung und einer Tätigkeit als Kick- und Thaiboxer selbst ohne entsprechende Beschäftigungsbewilligung vor der negativen Entscheidung im erstinstanzlichen Asylverfahren Zugang zum Arbeitsmarkt gehabt, ist entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in der zuvor zitierten Entscheidung ebenfalls bereits festgehalten hat, dass ein Schutz vor Entzug des Rechts auf Arbeitsmarktzugang im Rechtsmittelverfahren über den Antrag auf internationalen Schutz nach Abs. 3 der Richtlinie voraussetzt, dass die Gewährung des Rechts, also des Arbeitsmarktzuganges durch Erteilung einer (entsprechenden) Beschäftigungsbewilligung vor Erlassung der (ablehnenden) erstinstanzlichen Entscheidung im Asylverfahren erfolgte. Demnach ist nur der bereits erlangte legale Zugang zum Arbeitsmarkt geschützt. In der vorliegenden Rechtssache ist aber unstrittig, dass der Zweitmitbeteiligte vor der negativen Entscheidung in seinem erstinstanzlichen Asylverfahren über keine Beschäftigungsbewilligung verfügte.

9Da das Bundesverwaltungsgericht nach dem Gesagten zu Unrecht die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Beschäftigungsbewilligung als gegeben sah, hat es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb dieses gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020090003.J00

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