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VwGH vom 16.06.2020, Ro 2020/03/0002

VwGH vom 16.06.2020, Ro 2020/03/0002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-661/004-2018, betreffend Erweiterung einer Waffenbesitzkarte (mitbeteiligte Partei: J S in A, vertreten durch Mag. Gunter Österreicher, Rechtsanwalt in 2020 Hollabrunn, Hauptplatz 10), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1Zur Vorgeschichte wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/03/0136, verwiesen, mit dem das in dieser Rechtssache zuvor ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde.

2Mit dem nunmehr angefochtenen, im fortgesetzten Verfahren ergangenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht nach Einholung einer Stellungnahme des Mitbeteiligten über die bereits bestehende und beabsichtigte Verwendung der Waffen für den Schießsport, die Teilnahme an Wettbewerben, die Aufzeichnungen von Schießtrainings sowie die beabsichtigte Sammeltätigkeit von Ordonnanzwaffen der Beschwerde des Mitbeteiligten erneut unter Spruchpunkt 1. gemäß § 28 VwGVG Folge gegeben, den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft behoben und ausgesprochen, dass die in der Waffenbesitzkarte des Mitbeteiligten ausgewiesene Berechtigung zum Erwerb und Besitz von neun Schusswaffen der Kategorie B gemäß § 20 Abs. 1 iVm § 23 Abs. 1 und 2 Waffengesetz 1996 (WaffG) auf insgesamt 17 Schusswaffen der Kategorie B erweitert werde. Ferner erachtete das Verwaltungsgericht die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG als zulässig (Spruchpunkt 2.).

3Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und wörtlicher Wiedergabe der Stellungnahme des Mitbeteiligten samt Ergebnislisten von diversen Schießwettbewerben und Aufzeichnungen von durchgeführten Schießtrainings führte das Verwaltungsgericht aus, dass die wiedergegebenen Vorlagen des Mitbeteiligten der Entscheidung als unstrittige Feststellungen ebenso zugrunde zu legen seien wie das bereits von der revisionswerbenden Behörde eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen, welchem die Behörde in ihrer Entscheidung allerdings nicht gefolgt sei. Das Verwaltungsgericht führte im Wesentlichen aus, dass der von der Bezirkshauptmannschaft beauftragte Amtssachverständige unabhängig von den im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgelegten Unterlagen zu dem Ergebnis gelangt sei, dass etwa eine Erweiterung der Waffenbesitzkarte um drei Stück Schusswaffen der Kategorie B zwecks Ausübung des Schießsports ausreiche um beurteilen zu können, ob der Mitbeteiligte tatsächlich die weiteren Disziplinen bestreite. Dieses Gutachten sei insofern schlüssig und nachvollziehbar als sich aus den vorgelegten Unterlagen sowohl entnehmen lasse, an welchen Bewerben der Mitbeteiligte bisher teilgenommen habe als auch welche Schusswaffen er für die Teilnahme an diesen Bewerben tatsächlich benötigt und verwendet habe. Ebenso habe der Mitbeteiligte in seinem Antrag und in seinem weiteren im Verfahren getätigten Vorbringen auch dargelegt, welche zusätzlichen Bewerbe er mit jenen Waffen bestreiten wolle und welche er zu den bereits vorhandenen Waffen anzuschaffen gedenke. Hinsichtlich der beim Mitbeteiligten vorhandenen schießsportlichen Fähigkeiten gehe das Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit den vorgelegten Ergebnislisten betreffend die Teilnahme an laufenden Wettbewerben und der nunmehrigen, von der Dauer her nicht unbeträchtlichen Verfahrenslänge, davon aus, dass bereits tatsächlich weit über das Anfängerstadium hinausgehende schießsportliche Fähigkeiten vorhanden seien. Es erscheine hinsichtlich der Teilnahme an den Wettbewerben somit nicht mehr zumutbar, geliehene Waffen zu verwenden. Auch ein etwaiger Verkauf von bereits vorhandenen Waffen erscheine weder zweckmäßig noch sinnvoll, da der Mitbeteiligte in diesem Fall an den von ihm in Aussicht genommenen Bewerben nicht mehr teilnehmen könnte.

4Betreffend den vom Mitbeteiligten weiters geltend gemachten Rechtfertigungsgrund des Sammelns von Ordonnanz- bzw. Dienstwaffen legte das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung ebenso das Vorbringen des Mitbeteiligten zugrunde. Es führte aus, dass es sich bei den Schusswaffen zum Thema „Ordonnanzwaffen aus Europa und Nordamerika von 1990 (gemeint wohl: 1910) bis heute“, in der Folge eingeschränkt auf Behördenwaffen aus dem deutschsprachigen Raum, zwar sowohl um Waffen neuerer Fabrikate als auch um eine sehr umfangreiche Anzahl von (neueren) Waffen handeln werde. Dieser Umstand dürfe allerdings einem ernsthaften und nachhaltigen Sammlerinteresse nicht entgegenstehen, zumal auch diese Schusswaffen einem etwaigen waffentechnischen und wissenschaftlichen Interesse an ihrer Verwendung, Funktion und ihrem Einsatz nicht entgegenstünden. Auch ergebe sich selbst aus der diesbezüglichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass eine Sammlung ausschließlich nur aus kulturhistorisch wertvollen Waffen bestehen müsse. Aus dem Begriff des „Sammelns“ leite sich eine systematische Suche, Beschaffung und Aufbewahrung von Gegenständen ab, welche im Zusammenhang mit einem Spezialwissen der gesammelten Objekte dazu diene, diese durch den Erwerb weiterer entsprechender Objekte zu ergänzen und auszubauen.

5Selbst unter Beachtung des § 10 WaffG sei der Antrag des Mitbeteiligten zu genehmigen gewesen, zumal daraus abgeleitet werden könne, dass er Rechtfertigungsgründe im Sinn des § 23 Abs. 2 WaffG für die Erweiterung des Berechtigungsumfanges seiner Waffenbesitzkarte glaubhaft dargelegt habe. Die in der bisherigen Waffenbesitzkarte des Mitbeteiligten ausgewiesene Berechtigung zum Besitz und Erwerb von neun Schusswaffen der Kategorie B habe deshalb gemäß § 20 Abs. 1 iVm § 23 Abs. 1 und 2 WaffG auf 17 Schusswaffen der Kategorie B erweitert werden können.

6Aufgrund der Möglichkeit des Bestehens von mehreren Lösungsprämissen der anhängigen Rechtssache und weil selbst eine dogmatische Analyse mehrere Ergebnisse möglich erscheinen lasse, sei aufgrund der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Wertung die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

7Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die ordentliche Amtsrevision, die vom Verwaltungsgericht nach Durchführung des Vorverfahrens gemeinsam mit den Verfahrensakten vorgelegt wurde. Die revisionswerbende Bezirkshauptmannschaft beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis dahingehend abändern, dass der Antrag des Mitbeteiligten auf Erweiterung des Berechtigungsumfangs seiner Waffenbesitzkarte auf insgesamt 17 Schusswaffen der Kategorie B abgewiesen werde, in eventu das angefochtene Erkenntnis infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. , mwN).

9Vor dem Hintergrund der Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision, die eine konkrete Rechtsfrage nicht erkennen lässt und damit nicht ordnungsgemäß ausgeführt ist, kommt daher den in der Revision gesondert dargelegten Gründen, aus denen die Revision für zulässig erachtet wird, entscheidende Bedeutung zu. Die revisionswerbende Bezirkshauptmannschaft macht dazu im Wesentlichen geltend, dass die zur Begründung der Entscheidung eingefügten schriftlichen Darlegungen des Mitbeteiligten inklusive Beilagen sowie der Verweis, dass das eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen der Entscheidung zugrunde gelegt worden sei, keine konkreten, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Feststellungen darstellten. Es lägen entgegen näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Feststellungen vor, die eine ausreichende Grundlage für die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes böten. Das Verwaltungsgericht habe es insbesondere unterlassen, eigens und nachvollziehbar festzustellen, von welchem tatsächlichen Bedarf an Schusswaffen der Kategorie B es beim Bewilligungswerber ausgehe, um die bewilligte Erweiterung des Berechtigungsumfangs der Waffenbesitzkarte auf 17 Schusswaffen der Kategorie B zu rechtfertigen. So lasse sich aus der Entscheidung etwa nicht entnehmen, bei welchen der Bewerbe, an denen der Mitbeteiligte bisher teilgenommen habe, er welche der sich in seinem Besitz befindlichen Schusswaffen der Kategorie B tatsächlich benötigt habe bzw. wie viele verschiedene Schusswaffen überhaupt für die Teilnahme an diesen Disziplinen nötig seien. Das Verwaltungsgericht sei in seinen Erwägungen zu dem Ergebnis gekommen, dass es dem Mitbeteiligten nicht zumutbar sei, mit geliehenen Waffen tätig zu werden bzw. einen Verkauf einzelner Waffen vorzunehmen. Um derartige Feststellungen treffen zu können, wäre es aber erforderlich gewesen, nähere Angaben über Art und Umfang der Trainingstätigkeit zu verlangen, wobei aus diesen ersichtlich sein müsse, wie lange an welchen Tagen und mit welchen Waffen bezüglich welcher Disziplin das Training jeweils erfolgt sei. Auch seien keine Feststellungen getroffen worden, ob der Mitbeteiligte den Schießsport im Sinne des § 11b WaffG ausübe. Nach Rechtsansicht der revisionswerbenden Behörde müsse die Eigenschaft als Sportschütze im Sinne des § 11b WaffG für jede einzelne Waffe gegeben sein.

10Zum Rechtfertigungsgrund des Waffensammelns führt die Revision aus, dass keine Feststellungen über die Zugehörigkeit der durch den Mitbeteiligten begehrten Waffen zum Sammelthema getroffen worden seien und sich das Verwaltungsgericht auch nicht mit der vom Mitbeteiligten vorgelegten Liste und der Rechtsansicht der Bezirkshauptmannschaft zum Sammelthema auseinandergesetzt habe. Zusammenfassend ergäben sich die die Entscheidung tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt sowie zur rechtlichen Beurteilung in den wesentlichen Punkten nicht aus der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung selbst, weshalb eine nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof maßgeblich beeinträchtigt werde (Hinweis auf ). Darüber hinaus sei es für die „besondere Rechtfertigung“ aufgrund der durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes klar vorgegebenen restriktiven Linie erforderlich, ein konkret definierbares Sammelthema zu nennen, welches durch anzugebende fehlende Einzelstücke ergänzt werden solle. Dem aus der Rechtsprechung abzuleitenden Begriff des Sammelns stünden die Heranziehung eines offenen Sammelthemas und eine allgemeine Definition des Sammelns entgegen.

11Die Revision ist aus den von ihr ins Treffen geführten Gründen zulässig. Ihr kommt auch Berechtigung zu.

12Die maßgeblichen Bestimmungen des WaffG, BGBl. I Nr. 12/1997, in der im Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichtes geltenden Fassung BGBl. I Nr. 97/2018, lauten (auszugsweise):

Sportschützen

§ 11b. (1) Die Ausübung des Schießsports als Sportschütze im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn der Betroffene in einem entsprechenden Sportschützenverein ordentliches Mitglied ist und das zur Vertretung dieses Vereines nach außen berufene Organ bestätigt, dass er regelmäßig den Schießsport ausübt oder regelmäßig an Schießwettbewerben teilnimmt.

(2) Ein Verein nach dem Vereinsgesetz 2002 (VerG), BGBl. I Nr. 66/2002, gilt als Sportschützenverein im Sinne des Abs. 1, wenn der Verein

1.Mitglied im Landesschützenverband jenes Bundeslandes ist, wo er seinen Sitz hat, oder

2.über mindestens 35 ordentliche Mitglieder verfügt und Mitglieder dieses Vereins regelmäßig, zumindest einmal jährlich, an nationalen, mindestens fünf Bundesländer übergreifenden, oder internationalen Schießwettbewerben teilnehmen.

(3) Ein Sportschütze übt den Schießsport regelmäßig aus, wenn er als Mitglied eines Sportschützenvereins seit mindestens zwölf Monaten durchschnittlich mindestens einmal im Monat den Schießsport ausübt. Ein Sportschütze nimmt regelmäßig an Schießwettbewerben teil, wenn er in den letzten zwölf Monaten zumindest drei Mal an solchen teilgenommen hat.

(4) Von der Ausübung des Schießsports mit einer Waffe der Kategorie A ist überdies nur dann auszugehen, wenn ein in einem internationalen Sportschützenverband vertretener österreichischer Sportschützenverband bestätigt, dass eine solche Waffe zur Ausübung einer anerkannten Disziplin des Schießsports erforderlich ist.

[...]

Ausstellung von Waffenbesitzkarte und Waffenpaß

§ 21. (1) Die Behörde hat verlässlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und für den Besitz einer Schusswaffe der Kategorie B eine Rechtfertigung anführen können, auf Antrag eine Waffenbesitzkarte auszustellen. [...]

Rechtfertigung und Bedarf

§ 22. (1) Eine Rechtfertigung im Sinne des § 21 Abs. 1 ist jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, dass er

[...]

2.Schusswaffen der Kategorie B sammelt oder

3.die Schusswaffe der Kategorie B für die Ausübung der Jagd oder des Schießsports benötigt

[...]

Anzahl der erlaubten Waffen

§ 23. (1) Im Waffenpaß und in der Waffenbesitzkarte ist die Anzahl der Schusswaffen der Kategorie B, die der Berechtigte besitzen darf, festzusetzen.

(2) Die Anzahl der Schusswaffen der Kategorie B, die der Berechtigte besitzen darf, ist mit zwei festzusetzen. Auf Antrag ist die Anzahl der Schusswaffen der Kategorie B, die der Berechtigte besitzen darf, auf höchstens fünf zu erhöhen, sofern seit der erstmaligen Festsetzung der Anzahl mindestens fünf Jahre vergangen sind. Unabhängig davon darf eine größere Anzahl, auch wenn eine weitere Bewilligung ausgestellt wird, nur erlaubt werden, sofern auch hierfür eine Rechtfertigung glaubhaft gemacht wird. Als solche Rechtfertigung gelten insbesondere die Ausübung der Jagd oder des Schießsports im Sinne des § 11b sowie das Sammeln von Schusswaffen. Bei der Festsetzung der Anzahl der Schusswaffen der Kategorie B gemäß dem zweiten Satz ist die Anzahl der Schusswaffen gemäß § 17 Abs. 1 Z 7, 8 und 11 sowie § 18, die der Betroffene besitzen darf, einzurechnen.

[...]

(2b) Beantragt der Inhaber einer Waffenbesitzkarte, mehr Schusswaffen der Kategorie B besitzen zu dürfen, als ihm bislang erlaubt war und liegt kein Grund vor, bereits gemäß Abs. 2 eine größere Anzahl zu bewilligen, so ist dem Mitglied eines Vereins gemäß § 3 VerG, dessen Zweck die Ausübung des Schießsports umfasst, eine um höchstens zwei größere aber insgesamt zehn Schusswaffen nicht übersteigende Anzahl zu bewilligen, wenn

1.seit der vorangegangenen Festsetzung der Anzahl mindestens fünf Jahre vergangen sind,

2.keine Übertretungen des Waffengesetzes 1996 vorliegen,

3.glaubhaft gemacht werden kann, dass für die sichere Verwahrung der größeren Anzahl an Schusswaffen Vorsorge getroffen wurde.

Bei der Festsetzung dieser Anzahl ist die Anzahl der Schusswaffen gemäß § 17 Abs. 1 Z 7, 8 und 11 sowie § 18, die der Berechtigte besitzen darf, einzurechnen.

(2c) Das Sammeln von Schusswaffen der Kategorie B kommt insoweit als Rechtfertigung in Betracht, als sich der Antragsteller mit dem Gegenstand der Sammlung und dem Umgang mit solchen Waffen vertraut erweist und außerdem nachweist, dass er für die sichere Verwahrung der Schusswaffen vorgesorgt hat.

[...]“

13Bereits im Vorerkenntnis wurde darauf hingewiesen, dass die Begründung einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auf dem Boden des § 29 VwGVG mit Blick auf § 17 VwGVG den Anforderungen zu entsprechen hat, die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu den § 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Nach dieser Rechtsprechung bestehen die drei logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elemente einer ordnungsgemäß begründeten verwaltungsgerichtlichen Entscheidung 1. in einer im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, 2. in der Beweiswürdigung, 3. in der rechtlichen Beurteilung. Lässt eine Entscheidung die Trennung dieser Begründungselemente in einer Weise vermissen, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird, dann führt ein solcher Begründungsmangel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung schon aus diesem Grund. Bei der Anwendung der in Rede stehenden Rechtsvorschriften ist die besondere Stellung der Verwaltungsgerichte zu berücksichtigen (vgl. etwa , mwN). Angesichts ihrer sich aus Art. 130 B-VG ergebenden Zuständigkeit werden die Verwaltungsgerichte ihrer Begründungspflicht nach § 29 VwGVG dann nicht gerecht, wenn sich die ihre Entscheidung tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie die rechtliche Beurteilung in den wesentlichen Punkten nicht aus der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung selbst ergeben (vgl. , mwN).

14Diesen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung wird das angefochtene Erkenntnis erneut nicht gerecht, zumal diesem kein getrennter Aufbau im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung zu entnehmen ist. Vielmehr wird unter der Überschrift „Entscheidungsgründe“ zunächst auf rund drei Seiten der Verfahrensgang dargelegt, daran anschließend werden die im zweiten Rechtsgang eingeholte Stellungnahme des Mitbeteiligten samt der von diesem vorgelegten Ergebnis- und Trainingslisten wörtlich bzw. faksimiliert auf 61 Seiten wiedergegeben, woran unmittelbar rund drei Seiten rechtliche Ausführungen vermengt mit einzelnen beweiswürdigenden Erwägungen anschließen. Den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung wird auch nicht damit Rechnung getragen, dass das umfangreich wiedergegebene Verwaltungsgeschehen zu den Feststellungen erhoben wird. Der bloße Verweis auf ein von der Behörde eingeholtes Gutachten, welches das Verwaltungsgericht (anders als die Behörde, die dem Amtssachverständigengutachten mit näherer Begründung nicht gefolgt ist) seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, ohne dass dieses im Erkenntnis näher dargestellt wird, vermag weder eine Feststellung noch eine ordnungsgemäße Beweiswürdigung zu ersetzen (vgl. ). Das angefochtene Erkenntnis erweist sich schon aus diesen Gründen mit einem relevanten Verfahrensmangel belastet.

15Darüber hinaus lässt das angefochtene Erkenntnis notwendige Feststellungen zu dem ihm zugrunde zu legenden Sachverhalt vermissen:

16Dazu ist zunächst auszuführen, dass mit BGBl. I Nr. 97/2018 das WaffG umfassend novelliert wurde, wobei zur weiteren sinngemäßen Anwendung der zur Rechtfertigung nach § 23 Abs. 2 WaffG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 97/2018 ergangenen Judikatur gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die nähere Begründung im Erkenntnis vom heutigen Tag, Ro 2020/03/0001, verwiesen wird.

17Im Revisionsfall kommt als besondere Rechtfertigung im Sinne des § 23 Abs. 2 WaffG zunächst die Ausübung des Schießsports in Betracht. Auch zu den für diesen möglichen Rechtfertigungsgrund gegebenen Voraussetzungen sowie zum Verhältnis der Erweiterung der Waffenbesitzkarte nach § 23 Abs. 2b WaffG bzw. nach der Ermessensbestimmung des § 23 Abs. 2 dritter Satz WaffG ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die nähere Begründung im Erkenntnis vom heutigen Tag, Ro 2020/03/0001, zu verweisen.

18Das Verwaltungsgericht kam in seinen rechtlichen Erwägungen zu dem Ergebnis, dass der Mitbeteiligte Rechtfertigungsgründe nach § 23 Abs. 2 WaffG glaubhaft dargelegt habe, ohne diese Schlussfolgerungen dabei auf konkrete Feststellungen zu stützen. So sind dem Erkenntnis etwa keine näheren Feststellungen dahingehend zu entnehmen, ob der Mitbeteiligte die in § 11b WaffG näher dargestellten Kriterien für die Ausübung des Schießsports als Sportschütze erfüllt, oder dass die über den bereits genehmigten Umfang hinausgehenden Waffen jeweils auch für die effiziente Ausübung des Schießsport benötigt werden (vgl. zunächst neuerlich das Erkenntnis vom heutigen Tag, Ro 2020/03/0001, sowie , mwN) und inwiefern die beantragten weiteren Waffen zur Ausübung spezieller Disziplinen des Schießsports verwendet würden (vgl. etwa , mwN).

19Zur Glaubhaftmachung einer bereits länger andauernden Sportausübung sind vom Antragsteller (angesichts der ihn im Kontext des § 23 WaffG treffenden erhöhten Darlegungs- und Behauptungslast) nähere Angaben über seine Trainingstätigkeit bei der Ausübung des Schießsportes anhand näherer Aufzeichnungen über das konkrete Schießtraining (Art und Umfang) erforderlich (vgl. , mwN). Abgesehen davon, dass die vom Mitbeteiligten vorgelegten Anwesenheitslisten für Schießtrainings ausschließlich im Verfahrensgang wiedergegeben werden, wird dem Erfordernis näherer Aufzeichnungen nach Art und Umfang der Schießtrainings schon deshalb nicht Genüge getan, weil dort zwar die Tage der Anwesenheiten zum Schießtraining aufgelistet werden, aber insbesondere nicht weiter ersichtlich ist, wie lange an diesen Tagen und mit welcher Waffe bezüglich welcher Disziplin das Training jeweils erfolgte (vgl. wiederum , mwN).

20Damit fehlen im Revisionsfall konkrete Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts, aus denen abzuleiten gewesen wäre, ob der nach der Ermessensbestimmung des § 23 Abs. 2 dritter Satz WaffG geforderte Rechtfertigungsgrund der Ausübung des Schießsports als gegeben angesehen werden kann.

21Auch in Zusammenhang mit dem weiteren vom Mitbeteiligten geltend gemachten Rechtfertigungsgrund des Waffensammelns lässt das angefochtene Erkenntnis neben notwendigen Feststellungen auch eine ausreichende Auseinandersetzung mit der konkreten Sammeltätigkeit des Mitbeteiligten vermissen:

22Vorweg ist auszuführen, dass der nunmehr in § 23 Abs. 2c WaffG geregelte Rechtfertigungsgrund des Waffensammelns durch die Novelle BGBl. I Nr. 97/2018 keine inhaltliche Änderung erfuhr, weshalb die dazu ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weiterhin anzuwenden ist. Demnach verlangt die Glaubhaftmachung des Rechtfertigungsgrundes des Waffensammelns, dass ein ernsthaftes und nachhaltiges Sammlerinteresse ausreichend geltend gemacht wird. Das wird beispielsweise dann vorliegen, wenn der Sammler waffentechnische oder wissenschaftliche Studien betreibt oder bereits eine größere kulturhistorisch wertvolle Waffensammlung besitzt, die einer vernünftigen und sinnvollen Ergänzung durch konkret anzugebende Einzelstücke bedarf und die aufgrund des vorhandenen Berechtigungsumfanges nicht erworben werden könnten. Dabei obliegt es der antragstellenden Partei, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen spricht. Den Antragsteller trifft somit auf dem Boden des § 23 Abs. 2 WaffG eine umfangreiche Darlegungs- und Behauptungslast. Bei der Beurteilung der besonderen Rechtfertigung ist angesichts des mit dem Besitz von Waffen verbundenen Gefahrenpotentials ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. , mwN).

23Im verfahrenseinleitenden Antrag nannte der Mitbeteiligte als Thema seiner Sammlung zunächst „Ordonnanzwaffen aus Europa und Nordamerika von 1910 bis heute“, welches er aber nach Erstattung des Gutachtens durch den Amtssachverständigen im Verfahren vor der Behörde auf „Ordonnanzwaffen aus dem deutschsprachigen Raum“ einschränkte. Das Verwaltungsgericht stützte die Bewilligung der Erweiterung des Berechtigungsumfanges der Waffenbesitzkarte in Bezug auf den Rechtfertigungsgrund des Waffensammelns in der Folge auf das von der Behörde eingeholte Amtssachverständigengutachten (ohne die erforderlichen Feststellungen zu treffen). Dabei setzte es sich aber weder mit dem allgemein gefassten, umfangreich gestalteten Gegenstand der Sammlung von „Ordonnanzwaffen im deutschsprachigen Raum“ auseinander noch mit der Aussage des Amtssachverständigen, wonach der Mitbeteiligte „fast ausschließlich moderne Ordonnanzwaffen anstrebt und kaum bis gar nicht frühere Waffenmodelle vertreten sind“. Eine Begründung dafür, dass - fallbezogen - die Sammlung ausschließlich moderner Waffen kulturhistorischen Wert hat, findet sich im angefochtenen Erkenntnis nicht. Dass der Mitbeteiligte sein ernsthaftes und nachhaltiges Sammlerinteresse in einer anderen Form, etwa durch das Betreiben waffentechnischer oder wissenschaftlicher Studien glaubhaft gemacht hat, lässt sich dem Erkenntnis ebenfalls nicht entnehmen.

24Im Übrigen ist es für das Vorliegen des Rechtfertigungsgrundes des Waffensammelns erforderlich, genau zu dokumentieren, in welchem systematischen Zusammenhang die vom Mitbeteiligten bisher besessenen Waffen stehen, inwiefern sich dieser Bestand als Grundlage für den Aufbau einer wissenschaftlich fundierten Sammlung von Schusswaffen der Kategorie B eignet oder gegebenenfalls eine solche bereits darstellt und welche Rolle (im Sinne einer vernünftigen und sinnvollen Ergänzung der bestehenden Sammlung) die von ihm anzuschaffenden Waffen dabei spielen sollten (vgl. ). Eine solche Auseinandersetzung kann durch die (im Verfahrensgang) vorgenommene Auflistung erworbener waffentechnischer Literatur sowie von Waffen, die der Mitbeteiligte anzuschaffen gedenkt, nicht ersetzt werden. Die aus dem angefochtenen Erkenntnis ersichtlichen Ausführungen betreffend die Sammeltätigkeit vermögen ein ernsthaftes und nachhaltiges Sammlerinteresse des Mitbeteiligten somit nicht zu begründen.

25Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen vorrangig aufzugreifender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

26Von der Durchführung der vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020030002.J00
Schlagworte:
Beweismittel Sachverständigenbeweis Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung

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