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VwGH vom 22.07.2020, Ro 2020/01/0009

VwGH vom 22.07.2020, Ro 2020/01/0009

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser, Dr. Fasching, Mag. Brandl und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kienesberger, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom , Zl. KLVwG-1476/5/2019, betreffend Kostenersatzpflicht nach § 92a SPG (mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch die Bundesministerin für Justiz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Vorgeschichte

1Mit Bescheid vom ordnete die Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau (Amtsrevisionswerberin) auf Antrag der Landespolizeidirektion Kärnten gemäß § 92a Abs. 2 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) iVm § 4 Abs. 2 Sicherheitsgebühren-Verordnung (SGV) den Ersatz der Aufwendungen des Bundes für die aus dem Einsatz am beim Bezirksgericht Spittal an der Drau wegen einer technischen Alarmeinrichtung zur Sicherung von Eigentum oder Vermögen („Fehlalarm“) erwachsenen Kosten für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in näher bezeichneter Höhe an.

Zum Ersatz der Kosten wurde „derjenige“ verpflichtet, „welcher die technische Alarmeinrichtung zum Schutze eingerichtet hat, sprich das Bezirksgericht Spittal an der Drau“.

2Gegen diesen Bescheid erhob die „Republik Österreich“ (gemeint: der Bund), vertreten (damals) durch den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Kärnten (Verwaltungsgericht).

3Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde des Bundes gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG dahin Folge gegeben, dass der Bescheidadressat „Republik Österreich, Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz“ lautete und der Bundesminister zum Ersatz der durch die technische Alarmeinrichtung erwachsenen Kosten verpflichtet wurde.

4Gegen diese Entscheidung wurde fristgerecht ein Vorlageantrag gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG eingebracht.

Angefochtenes Erkenntnis

5Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Beschwerde Folge gegeben, der Bescheid sowie die Beschwerdevorentscheidung der Amtsrevisionswerberin aufgehoben (I.) und eine ordentliche Revision für zulässig erklärt (II.)

6Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, das Bezirksgericht sei mit einer technischen Alarmeinrichtung ausgestattet. Vorliegend sei eine Alarmmeldung innerhalb der Amtsstunden ausgelöst worden und habe aufgrund dieser Auslösung der Alarmanlage ein Polizeieinsatz stattgefunden.

7Wenn man davon ausgehe, dass eine Alarmauslösung stattgefunden habe, ohne dass eine tatsächliche Gefahr für die in § 92a SPG genannten Rechtsgüter bestanden habe, wäre die Republik Österreich (Bund) zum Kostenersatz verpflichtet.

8Aus § 92a Abs. 3 SPG könne jedoch eine Kostenvorschreibung einer nachgeordneten Dienststelle des Bundes an eine andere nachgeordnete Dienststelle des Bundes „keinesfalls“ abgeleitet werden, zumal allfällige Aufwendungen des Bundes nicht dadurch ersetzt werden könnten, dass eine nachgeordnete Dienststelle des Bundes einer anderen einen Kostenersatz vorschreibe. Aus den Erläuterungen zu § 92a Abs. 1 SPG sei „klar“ abzuleiten, dass „wohl“ nur eine Kostenersatzpflicht für Privatpersonen bzw. privatrechtliche juristische Personen bestehe.

9Die ordentliche Revision sei zulässig, da hinsichtlich der Frage, ob innerhalb von Einrichtungen des Bundes ein Kostenersatzbeitrag vorgeschrieben werden könne, noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.

10Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 6 VwGG mit der Revisionsbeantwortung des Bundes, vertreten durch die Bundesministerin für Justiz, unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zulässigkeit

11Die Amtsrevisionswerberin schließt sich der Begründung des Verwaltungsgerichts über die Zulässigkeit der Revision an.

12Die Amtsrevision ist zu der (in der Begründung des Verwaltungsgerichts aufgezeigten) Frage, ob als Ersatz für Aufwendungen einer Dienststelle des Bundes einer anderen Dienststelle des Bundes ein Kostenersatz nach§ 92a SPG vorgeschrieben werden könne, zulässig, weil zu dieser Frage noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht.

Kostenersatzpflicht nach § 92a SPG

13Wird durch eine technische Alarmeinrichtung das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes verursacht, ohne dass zum Zeitpunkt der Alarmauslösung eine Gefahr für Leben, Gesundheit, Freiheit von Menschen, Eigentum oder Vermögen bestanden hat, so gebührt gemäß § 92a Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. Nr. 566/1991 idF BGBl. I Nr. 29/2018 (SPG), als Ersatz der Aufwendungen des Bundes ein Pauschalbetrag, der nach Maßgabe der durchschnittlichen Aufwendungen mit Verordnung des Bundesministers für Inneres festgesetzt wird. Die Verpflichtung zu seiner Entrichtung trifft denjenigen, zu dessen Schutz die technische Alarmeinrichtung eingerichtet ist.

14Gemäß § 92a Abs. 2 SPG sind die Gebühren, soferne sie nicht ohne weiteres entrichtet werden, von den Bezirksverwaltungsbehörden, im Wirkungsbereich einer Landespolizeidirektion als Sicherheitsbehörde erster Instanz (§ 8) von dieser vorzuschreiben.

15Das gehäufte Auftreten derartiger „Fehlalarme“ hat den Gesetzgeber nach den Erläuterungen dazu bewogen, die Bestimmung des § 92a in das SPG einzufügen, um bei den Verfügungsberechtigten (von mit Alarmanlagen geschützten Objekten) eine entsprechende Sorgfalt zu bewirken (vgl. ) und um unbegründete Mehraufwendungen der Sicherheitsbehörden zu verhindern (vgl. , mwN).

16Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung handelt es sich um eine Kostenersatzpflicht (vgl. idS bereits VwGH Ra 2017/01/0040 und VwGH Ra 2016/01/0266).

Kein Kostenersatz bei Identität des Rechtsträgers

17Zum Kostenersatz nach § 47 VwGG judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass ein Zuspruch von Kostenersatz aufgrund der Identität des Rechtsträgers (etwa: der Bund), dem der Kostenersatz aufzuerlegen wäre, mit jenem Rechtsträger, dem er zuzusprechen wäre, nicht in Betracht kommt (vgl. etwa , , 0042, und , jeweils mwN).

18Diese Rechtsprechung ist von folgender Überlegung getragen:

„Es erscheint gedanklich ausgeschlossen, dass ein und derselbe Rechtsträger sich selbst Kosten ersetzen kann. § 47 VwGG setzt zwei verschiedene Rechtsträger der obsiegenden und der unterlegenen Partei voraus, da nur unter dieser Voraussetzung einem solchen Rechtsträger Aufwandersatz ‚zufließen‘ kann (§ 47 Abs. 5 letzter Satz VwGG). Ein Kostenersatz, der auf eine bloße Umschichtung innerhalb des Rechenwerks desselben Rechtsträgers (wenn auch zwischen verschiedenen Budgetansätzen) hinausläuft, kann diesem Rechtsträger (hier: dem Bund) nicht ‚zufließen‘. Im Falle der Identität des Rechtsträgers, dem der Kostenersatz aufzuerlegen wäre, mit jenem Rechtsträger, dem er zuzusprechen wäre, kommt der Zuspruch von Kostenersatz daher nicht in Betracht“ (vgl. , mwN).

19Der Verwaltungsgerichtshof hat die Rechtsprechung zu § 47 VwGG auf die Kostenersatzregelung des § 76 AVG übertragen:

„… Ersatzpflichtiger Beteiligter iS des § 76 Abs. 2 AVG kann daher nur ein von diesem Rechtsträger verschiedener Rechtsträger sein, da es ansonsten - wie in der obzitierten hg. Rechtsprechung angeführt - nur zu einer bloßen Umschichtung innerhalb des Rechenwerkes desselben Rechtsträgers (wenn auch zwischen verschiedenen Budgetansätzen) kommt. Im Übrigen ist es schon - wie in der Beschwerde zu Recht ausgeführt wird - im Hinblick auf die Vollstreckung eines solchen Bescheides (§ 3 VVG) und das als Zweiparteienverfahren ausgestaltete Exekutionsverfahren (vgl. etwa den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom , Zl. 3Ob 110/88, mwN) widersinnig, den Rechtsträger der Behörde zu Kostenersatz sich selbst gegenüber zu verpflichten.

Daher kommt gemäß § 76 Abs. 2 AVG im Falle der Identität des Rechtsträgers, dem der Kostenersatz aufzuerlegen wäre, mit jenem Rechtsträger, der subsidiär (gemäß § 76 Abs. 5 AVG) die Kosten zu tragen hätte, der Zuspruch von Kostenersatz nicht in Betracht.“ (vgl. , mwN).

20Aus denselben Überlegungen ist die Rechtsprechung zu § 47 VwGG auch auf die Kostenersatzregelung des § 92a SPG zu übertragen.

21Ein Kostenersatz, der auf eine bloße Umschichtung innerhalb des Rechenwerks desselben Rechtsträgers (wenn auch zwischen verschiedenen Budgetansätzen) hinausläuft, kann diesem Rechtsträger (hier: dem Bund) nicht „zufließen“ (vgl. nochmals VwGH Ro 2017/07/0007, mwN). Im Übrigen ist es schon im Hinblick auf die Vollstreckung eines solchen Bescheides widersinnig, den Rechtsträger (hier: den Bund) zu Kostenersatz sich selbst gegenüber zu verpflichten (vgl. nochmals VwGH 2005/04/0048, mwN).

22Somit kommt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat - im Falle der Identität des Rechtsträgers, dem der Kostenersatz aufzuerlegen wäre (hier: der Bund, vertreten durch die Bundesministerin für Justiz), mit jenem Rechtsträger, der die Kosten zu tragen hätte (hier: der Bund, vertreten durch die Landespolizeidirektion Kärnten), die Verpflichtung zu Kostenersatz gemäß § 92a SPG nicht in Betracht.

Ergebnis

23Die Revision war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020010009.J00

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