VwGH vom 19.09.2019, Ro 2019/21/0011
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , G310 2218516-1/7E, betreffend ersatzlose Behebung eines Aufenthaltsverbotes (mitbeteiligte Partei: N B in B, vertreten durch Mag. Wilfried Embacher, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Mitbeteiligte ist ein in B wohnhafter Staatsangehöriger der Schweiz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) erließ gegen ihn mit Bescheid vom gemäß § 67 Abs. 1 und 3 FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot. Es erteilte ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG keinen Durchsetzungsaufschub und erkannte einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab.
2 Das BFA ging erkennbar im Sinne der Z 3 des § 67 Abs. 3 FPG davon aus, aufgrund bestimmter, auf einen Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung vom gegründeter Tatsachen sei die Annahme gerechtfertigt, der Mitbeteiligte gefährde durch das ihm als Präsident des Islamischen Zentralrats Schweiz (IZRS) zurechenbare näher beschriebene Verhalten von Mitgliedern des IZRS in Österreich die nationale Sicherheit. Das BFA stellte (unter anderem) noch fest, der Mitbeteiligte habe sich "noch nie dauerhaft oder längerfristig" bzw. (so an anderer Stelle des Bescheides) "nicht nachweisbar" in Österreich aufgehalten. Dazu führte das BFA dann in der rechtlichen Beurteilung aus, die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG sei auch gegen Fremde, die sich niemals im Bundesgebiet aufgehalten hätten, ohne zeitliche Einschränkung zulässig, weil die genannte Bestimmung nicht an einen "zumindest ehemaligen Aufenthalt im Bundesgebiet", sondern nur an eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit anknüpfe.
3 Der gegen diesen Bescheid vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom Folge und es behob den Bescheid des BFA vom ersatzlos. Dazu stellte das BVwG fest, es gebe keine Hinweise, dass sich der Mitbeteiligte jemals im Bundesgebiet aufgehalten habe. Davon ausgehend vertrat es dann zusammengefasst die Rechtsauffassung, Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG sei, dass sich der Fremde unter Inanspruchnahme seines Freizügigkeitsrechtes im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten habe. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG aus, dass die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei. Es fehle nämlich Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob gegen einen noch nie in Österreich aufhältig gewesenen Schweizer Bürger ein Aufenthaltsverbot erlassen werden könne.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (ordentliche) Revision des BFA, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung des Vorverfahrens - der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung - und Vorlage der Akten durch das BVwG (§ 30a Abs. 4 bis 6 VwGG) erwogen hat:
5 Die Revision ist aus dem vom BVwG genannten Grund, auf den sich auch das BFA in der Zulässigkeitsbegründung bezieht, unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.
6 Unter der Überschrift "Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige" werden im
4. Abschnitt des 8. Hauptstücks des FPG in § 66 die Ausweisung und in § 67 das Aufenthaltsverbot geregelt. Diese Bestimmungen lauten (auszugsweise) wie folgt:
"Ausweisung
§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt."
"Aufenthaltsverbot
§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
(...)
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
(...)
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise."
7 Die Bestimmung des § 67 FPG erfasst gemäß ihrem Abs. 1 zunächst "unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger". Unter "unionsrechtlichem Aufenthaltsrecht" ist nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 4 Z 15 FPG im gegebenen Zusammenhang das auf Grund der Freizügigkeits-RL (= Richtlinie 2004/38/EG; auch: Unionsbürger-RL) gewährte Recht eines EWR-Bürgers, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, zu verstehen. In der ab geltenden Stammfassung der inhaltlich entsprechenden Vorgängerregelung des § 67 FPG, nämlich § 86 FPG, war zwar noch der Begriff "freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger" verwendet worden. Zu dieser missverständlichen Formulierung hatte aber schon der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis , VfSlg. 18.269, in Punkt III.1.2. der Entscheidungsgründe festgehalten, es werde darauf abgestellt, ob der EWR-Bürger einen grenzüberschreitenden Freizügigkeitssachverhalt im Sinne der Art. 18 und 39 ff EG in Österreich verwirklicht habe. Vor diesem Hintergrund wurde dann § 86 Abs. 1 FPG in der ab geltenden Fassung des FrÄG 2009 dahin geändert, dass nach dieser Bestimmung ein Aufenthaltsverbot (unter anderem) gegen "gemeinschaftsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger" erlassen werden kann. Dem entspricht der seit die Voraussetzungen für ein Aufenthaltsverbot (unter anderem) gegen "unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger" umschreibende § 67 FPG. 8 Die im 4. Hauptstück des NAG enthaltenen Bestimmungen der § 51 bis 56 NAG regeln (unter anderem) das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern von mehr als drei Monaten und deren Daueraufenthaltsrecht. Diese Normen finden gemäß § 57 NAG auch auf Schweizer Bürger Anwendung, die das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG - Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben. Die demzufolge im NAG im Wege des § 57 vorgenommene Gleichbehandlung von in Österreich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern mit in Österreich auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG - Schweiz aufenthaltsberechtigten Schweizer Bürgern findet vice versa auch bei den im FPG für diesen Personenkreis vorgesehenen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ihren Niederschlag. Daher ist - analog zum "unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger" - unter dem Begriff "Schweizer Bürger" in § 67 Abs. 1 und 3 Z 3 FPG ein "in Österreich auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG - Schweiz aufenthaltsberechtigter Schweizer Bürger" zu verstehen (vgl. in diesem Sinne auch die ErläutRV zum FrÄG 2009, 330 BlgNR 24. GP 27 f, betreffend die Begriffsbestimmungen des § 2 Z 15 sowie Z 18 und Z 19 FPG, aus denen sich ergibt, dass die Freizügigkeits-RL und das Freizügigkeitsabkommen EG - Schweiz die maßgeblichen Rechtsgrundlagen für das "gemeinschaftsrechtliche" - nunmehr:
"unionsrechtliche" - Aufenthaltsrecht der EWR-Bürger bzw. der Schweizer Bürger darstellen).
9 Allerdings ist die Anknüpfung an ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in der Überschrift zum 4. Abschnitt des 8. Hauptstücks des FPG schon deshalb zu eng, weil die in § 66 FPG geregelte Ausweisung gerade zur Voraussetzung hat, dass das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt. Aber auch ein Aufenthaltsverbot nach § 67 FPG kann gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige erlassen werden, wenn ihnen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht (mehr) zukommt (vgl. etwa nur , Rn 15). Insoweit ist auch der Wortlaut des § 67 FPG zu eng. Maßgeblich ist vielmehr, dass sich der EWR-Bürger oder Schweizer Bürger unter potentieller Inanspruchnahme seines unionsrechtliches Freizügigkeitsrechtes in Österreich aufhält oder aufgehalten hat (vgl. in diesem Sinn schon die in Rn. 7 erwähnte Deutung des ursprünglich verwendeten Begriffs des "freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgers" durch den Verfassungsgerichtshof).
10 Das hat das BVwG zutreffend erkannt und zu Recht gefolgert, aus § 67 FPG ergebe sich insgesamt, dass gegen Schweizer Bürger, die sich noch nie in Österreich aufgehalten haben, ein Aufenthaltsverbot nach der genannten Bestimmung nicht erlassen werden könne. Das wird vom BFA in der Amtsrevision außer Acht gelassen, wenn dort - wie im Bescheid vom - die Meinung vertreten wird, der Wortlaut des § 67 FPG stehe der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen solche Schweizer Bürger nicht entgegen, weil dieser nicht an einen aktuellen oder bereits beendeten Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet anknüpfe. 11 Das erzielte Ergebnis bestätigt sich auch bei einem Blick auf die Freizügigkeits-RL. Deren Art. 27 und 28 wurden nämlich mit den § 66 und 67 FPG in nationales Recht umgesetzt (vgl. etwa ), weshalb die genannten Bestimmungen vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Vorgaben der Freizügigkeits-RL zu verstehen sind (siehe aus der ständigen Rechtsprechung beispielsweise ). Nach Art. 3 Abs. 1 der Freizügigkeits-RL gilt diese Richtlinie für jeden Unionsbürger, der sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt oder sich dort aufhält. Ein Fall, in dem sich der Unionsbürger nicht im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Freizügigkeits-RL in einen anderen Mitgliedstaat begeben oder sich dort aufgehalten hat, unterliegt somit nicht dieser Richtlinie (vgl. ). Darauf hat schon das BVwG unter Bezugnahme auch auf , Mc Carthy, zutreffend hingewiesen. In diesem Urteil hielt der EuGH in Rz. 39 nämlich zusammenfassend fest, auf einen Unionsbürger, der noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht habe und sich stets in dem Mitgliedstaat aufgehalten habe, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, sei die Freizügigkeits-RL nicht anwendbar. Entgegen der insoweit nicht näher begründeten Meinung in der Revision bestehen keine Anhaltspunkte, dass der nationale Gesetzgeber darüber hinausgehen wollte. Demnach unterfallen auch dem § 67 FPG nur EWR-Bürger, die auf Basis der Freizügigkeits-RL ihr Freizügigkeitsrecht potentiell ausüben oder ausgeübt haben und sich dem entsprechend im österreichischen Bundesgebiet aufhalten oder aufgehalten haben. Das gilt sinngemäß für Schweizer Bürger in Bezug auf das Freizügigkeitsabkommen EG - Schweiz.
12 Die Ansicht, der Gesetzgeber habe bei der Normierung der Voraussetzungen für ein Aufenthaltsverbot nur Fälle vor Augen gehabt, in denen sich Unionsbürger bzw. Schweizer Bürger auf Basis der jeweiligen unionsrechtlichen Grundlage in Österreich aufhalten oder aufgehalten haben, wird auch durch § 67 Abs. 4 zweiter Satz FPG untermauert, wonach die Frist des Aufenthaltsverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise beginnt. Auch damit hat das BVwG zutreffend argumentiert. In die gleiche Richtung, nämlich einen Aufenthalt in Österreich bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes unterstellend, deutet auch § 70 Abs. 1 und 3 FPG. Demnach haben Unionsbürger bzw. Schweizer Bürger unmittelbar nach Eintritt der Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes auszureisen, wobei ihnen jedoch von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen ist, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich. Bezeichnender Weise ist auch das BFA in seinem Bescheid vom - entgegen seinen Feststellungen - von einem Inlandsaufenthalt des Mitbeteiligten ausgegangen, indem es die Notwendigkeit seiner sofortigen Ausreise aus Österreich unterstellend keinen Durchsetzungsaufschub erteilte und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannte. 13 Im Übrigen hat der Gerichtshof in seinem bereits erwähnten , in Rn. 15, festgehalten, bei Vorliegen einer Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinne des Art. 27 der Freizügigkeits-RL könne ein EWR-Bürger bzw. Schweizer Bürger gemäß § 41a Abs. 1 Z 5 FPG zurückgewiesen oder, wenn er sich schon im Bundesgebiet befindet, mit einer Ausweisung nach § 66 FPG oder einem Aufenthaltsverbot nach § 67 FPG belegt werden. Implizit wurde damit schon zum Ausdruck gebracht, erst nach der Einreise des Fremden nach Österreich komme die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in Betracht. Bei einer Ausweisung nach § 66 FPG war das Vorliegen eines Inlandsaufenthalts als Voraussetzung für deren Erlassung ohnehin nie strittig (vgl. , Rn. 12, mwN). Vor diesem Hintergrund ist im gegebenen Zusammenhang überdies bedeutsam, dass ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG auch eine Ausweisungsentscheidung im Sinne der Freizügigkeits-RL beinhaltet (vgl. etwa , mwN; siehe auch , Rn. 8), was ebenfalls für das hier erzielte Ergebnis spricht.
14 Auf das Erkenntnis Ra 2017/21/0237 verweist zwar auch noch die Amtsrevision. Daraus ist aber für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen; im Gegenteil: Der Verwaltungsgerichtshof führte dort (in Rn. 15) nämlich aus, Aufenthaltsverbote nach § 67 FPG knüpfen "tatbestandsmäßig nicht an einen (aktuellen) Inlandsaufenthalt an und sind somit auch dann möglich, wenn sich der betreffende Fremde (schon) im Ausland befindet." Mit dieser Formulierung sollte aber - entgegen der Meinung des BFA - keinesfalls und noch dazu im Widerspruch zu , zum Ausdruck gebracht werden, Aufenthaltsverbote nach § 67 FPG könnten auch dann erlassen werden, wenn sich der Fremde überhaupt noch nie in Österreich aufgehalten hatte.
15 Schließlich hat das BVwG noch zutreffend darauf verwiesen, dass andernfalls ein Wertungswiderspruch im Verhältnis zu sonstigen Drittstaatsangehörigen gegeben wäre, weil die Erlassung eines Einreiseverbotes in Verbindung mit einer Rückkehrentscheidung gegen diesen Personenkreis nach § 52 FPG einen (zumindest früheren) Inlandsaufenthalt voraussetzt. 16 Zusammenfassend ergibt sich somit, dass das BVwG das gegen den Mitbeteiligten erlassene Aufenthaltsverbot (samt Nebenaussprüchen) zu Recht ersatzlos behoben hat, weshalb die Amtsrevision des BFA gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
17 Der Kostenzuspruch an den Mitbeteiligten gründet sich auf die § 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2019:RO2019210011.J00 |
Schlagworte: | Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Allgemein authentische Interpretation VwRallg3/1 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3 Gemeinschaftsrecht Richtlinie Umsetzungspflicht EURallg4/2 |
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