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VwGH vom 04.05.2020, Ro 2019/16/0004

VwGH vom 04.05.2020, Ro 2019/16/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der C Privatstiftung in H, vertreten durch die Sutterlüty Klagian Brändle Gisinger Rechtsanwälte GmbH in 6850 Dornbirn, Marktstraße 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/1100510/2016, betreffend Schenkungssteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von 1.346,40 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1Mit dem angefochtenen Erkenntnis setzte das Bundesfinanzgericht im Instanzenzug gegenüber der revisionswerbenden Privatstiftung (Revisionswerberin) Schenkungssteuern in näher angeführter Höhe fest und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

2Mit Notariatsakt vom hätten vier Personen die Revisionswerberin errichtet und ihr jeweils näher angeführtes Barvermögen gewidmet. Zwei der Stifter hätten der Revisionswerberin darüber hinaus Geschäftsanteile an verschiedenen Gesellschaften gewidmet. Die Stiftungsurkunde sei am dem Finanzamt angezeigt worden.

3Mit Ergänzungsersuchen vom habe das Finanzamt zur Feststellung des Wertes des zugewendeten Vermögens „die Bilanzen und gemeinen Werte der in die Stiftung eingebrachten Geschäftsanteile“ mit Frist bis abverlangt.

4Auf Grund telefonischer Anfragen durch „die Steuerberatungskanzlei“ sei es zu mehrmaligen Fristverlängerungen durch das Finanzamt gekommen.

5Mit Schriftsatz vom habe die steuerliche Vertreterin der Revisionswerberin dem Finanzamt Bilanzen übermittelt.

6Am habe das Finanzamt der Revisionswerberin einen Vorhalt übermittelt. Am habe die Betriebsprüfung „des beschwerdegegenständlichen Vorgangs“ begonnen.

7Das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel habe mit vier Bescheiden vom Schenkungssteuer für die Erwerbe von den vier Stiftern festgesetzt.

8Die im Beschwerdeverfahren eingewendete Verjährung sei nicht eingetreten, denn der Vorhalt vom sei innerhalb der Verjährungsfrist ergangen und das Finanzamt habe im Jahr 2008 mehrfach auf telefonisches Ersuchen der Revisionswerberin die Frist für die Beantwortung des Vorhalts erstreckt. Damit sei die Verjährungsfrist bis zum verlängert worden.

9Die Verjährungsfrist sei durch den Vorhalt der Betriebsprüferin am wiederum um ein Jahr verlängert und durch die Betriebsprüfung im Jahr 2014 abermals um ein Jahr verlängert worden, weshalb die Schenkungssteuerbescheide vom innerhalb der Verjährungsfrist ergangen seien.

10Die Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob Amtshandlungen im Zeitraum zwischen Entstehung des Abgabenanspruchs und dem Beginn des darauffolgenden Jahres verjährungsverlängernde Wirkung zukomme, keine Rechtsprechung bestehe.

11Die dagegen erhobene Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens und einer mit Schriftsatz vom eingereichten, die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragenden Revisionsbeantwortung des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel dem Verwaltungsgerichtshof vor.

12Die Revisionswerberin erachtet sich im Recht verletzt, dass ihr Schenkungssteuer nach eingetretener Verjährung nicht vorgeschrieben werde.

13Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

14Gemäß dem mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 23/07 ua, VfSlg 18.147, mit Ablauf des aufgehobenen § 1 Abs. 1 Z 2 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 (ErbStG) unterlagen Schenkungen unter Lebenden der Schenkungssteuer.

15Als Schenkung gilt gemäß § 3 Abs. 1 Z 7 ErbStG der Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäftes unter Lebenden.

16Die Steuerschuld entsteht bei Schenkungen unter Lebenden gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 ErbStG mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung.

17Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach § 207 Abs. 1 BAO der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 207 Abs. 2 leg. cit. bei der Schenkungssteuer fünf Jahre. Bei der Schenkungssteuer beginnt - mit hier nicht interessierenden Ausnahmen - die Verjährung gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

18§ 209 Abs. 1 BAO lautet:

„Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.“

19Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen offensichtlich davon aus, dass die Zuwendung des in Rede stehenden, als Schenkung unter Lebenden geltenden Vermögensüberganges auf die Revisionswerberin im Jahr 2007 erfolgte.

20Zunächst ist strittig, ob die demnach mit Ablauf des Jahres 2007 beginnende und sonst bis Ablauf des Jahres 2012 laufende Verjährungsfrist durch im Jahr 2008 gesetzten Telefongespräche über Verlängerungen der im Schreiben vom gesetzten Frist um ein Jahr verlängert wurde.

21Der Verwaltungsgerichtshof hat - worauf auch das Finanzamt in der Revisionsbeantwortung hinweist - ausgesprochen, ein Telefongespräch könne nur hinsichtlich des Gesprächsteiles beurteilt werden, welcher die von der Abgabenbehörde unternommene Amtshandlung, somit die behördliche Fragestellung, bildet. Ebensowenig wie eine schriftliche Vorhaltbeantwortung eines Abgabepflichtigen eine von der Abgabenbehörde unternommene Amtshandlung sei, könne eine Aussage des Abgabepflichtigen im Rahmen eines Telefongespräches eine als Unterbrechungshandlung zu beurteilende Amtshandlung sein. Die bloße Tatsache eines Telefongespräches als solches und ein Schriftsatz des Abgabepflichtigen, der sich auf das Telefongespräch bezieht, stellten somit keine Unterbrechungshandlung dar ().

22Der Verwaltungsgerichtshof hegte auch Bedenken, ob ein Telefongespräch eine die Verlängerung der Verjährung bewirkende Amtshandlung gewesen wäre, weil schon die eigenen Feststellungen der damals belangten Behörde einen Bezug des Telefongesprächs zu dem damals in Rede stehenden, für die Börsenumsatzsteuer relevanten Abtretungsgeschäft vermissten ().

23Das Bundesfinanzgericht stützt sich auf eine fernmündlich im Jahr 2008 erfolgte Verlängerung der vom Finanzamt mit Aufforderung vom gesetzten Frist. Auch eine unwirksame (weil lediglich fernmündliche) Fristverlängerung könnte als Unterbrechungshandlung angesehen werden (vgl. ). Das Bundesfinanzgericht lässt allerdings Feststellungen über den Inhalt jener Aufforderung vermissen. Auf welche der mehreren Zuwendungen von insgesamt vier Stiftern sich das Aufforderungsschreiben bezog, bleibt offen. Damit ist auch nicht ersichtlich, zur Geltendmachung welches Abgabenanspruchs (Schenkungssteuer für welche Zuwendung) sich dieses Schreiben, die damit gesetzte Frist und die vom Bundesfinanzgericht herangezogene Fristverlängerung beziehen.

24Zwar kann nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Telefongespräch eine Unterbrechungshandlung darstellen, wenn der Inhalt des Telefongesprächs (auch) in einer Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs besteht, doch ist dies dem angefochtenen Erkenntnis - wie die Revisionswerberein zu Recht moniert - nicht zu entnehmen.

25Auf die in Rede stehenden Telefongespräche durfte sich das Bundesfinanzgericht zur Verlängerung der Verjährungsfrist daher nicht stützen.

26Ist der Steueranspruch nach der Annahme des Bundesfinanzgerichtes im Jahr 2007 entstanden, so hat die Verjährungsfrist gemäß § 208 Abs. 1 BAO mit Ablauf des Jahres 2007 begonnen.

27Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 209 Abs. 1 BAO verlängern innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207 BAO) unternommene Amtshandlungen die Verjährungsfrist. Innerhalb der Verjährungsfrist liegen Zeiträume zwischen Beginn und Ablauf der in § 207 BAO in Jahren ausgedrückten Verjährungsfrist. Vor Beginn der Verjährungsfrist unternommene Amtshandlungen liegen nicht innerhalb der Verjährungsfrist und führen daher nicht zu deren Verlängerung.

28Insoweit hat sich mit den Änderungen des § 209 Abs. 1 BAO durch das Steuerreformgesetz 2005 (StReformG 2005), BGBl. I Nr. 57/2004, und das Abgabenänderungsgesetz 2004 (AbgÄG 2004) BGBl. I Nr. 180/2004, nichts geändert. Denn nach § 209 Abs. 1 BAO idF vor diesen Änderungen führten zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs gesetzte Amtshandlungen zur Unterbrechung der Verjährung. Eine Unterbrechung einer Frist erfordert aber begrifflich bereits den erfolgten Beginn des Fristenlaufs.

29Somit durfte sich das Bundesfinanzgericht auch nicht auf das vor Beginn der Verjährungsfrist und damit nicht innerhalb der Verjährungsfrist ergangene Schreiben des Finanzamtes vom stützen, wobei zu bemerken bleibt, dass mangels Feststellungen über den näheren Inhalt des Schreibens auch nicht beurteilbar ist, zur Geltendmachung welches Abgabenanspruchs das Schreiben ergangen ist.

30Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

31Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47ff VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2019160004.J00

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