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VwGH vom 16.06.2020, Ro 2019/12/0006

VwGH vom 16.06.2020, Ro 2019/12/0006

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der Bildungsdirektion für Tirol in 6020 Innsbruck, Heiliggeiststraße 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , Zl. LVwG-2018/37/2762-15, betreffend Versetzung in den Ruhestand gemäß § 12 LDG 1984 (mitbeteiligte Partei: D H in P), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1Die Mitbeteiligte steht als Sonderschullehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol.

2Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung (als damals zuständige Dienstbehörde) vom wurde die Mitbeteiligte gemäß § 12 Abs. 1 Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (LDG 1984) mit Ablauf jenes Monats, in dem dieser Bescheid rechtskräftig werde, in den Ruhestand versetzt. Die dauernde Dienstunfähigkeit der Mitbeteiligten wurde auf mehrere medizinische Sachverständigengutachten gestützt.

3Über Beschwerde der Mitbeteiligten hob das Landesverwaltungsgericht Tirol mit dem angefochtenen Erkenntnis diesen Bescheid auf und sprach aus, dass die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

4Das Landesverwaltungsgericht ging dabei von folgendem Sachverhalt aus (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

„1. Allgemeines:

Die Beschwerdeführerin steht als Landeslehrerin (Sonderschullehrerin) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol. Sie ist derzeit der Sonderschule in Z - Allgemeine Sonderschule Z - zugeteilt.

Die Beschwerdeführerin hat seit 1998 als Sonderschullehrerin an der Allgemeinen Sonderschule Z gearbeitet. Sie war bis zu ihrem Krankenstand (zuletzt ab ) immer in Klassen für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf tätig. Die Höchstzahl einer solchen Klasse beträgt acht Schüler/Schülerinnen.

Die Beschwerdeführerin hat bis zu ihrem Krankenstand ab den Unterricht ordnungsgemäß gestaltet und auch vorbereitet. Erst nach Antritt ihres Krankenstandes hat sie Schulleiter X berichtet, dass ihr zuletzt die Unterrichtsvorbereitung Probleme bereitet hätte, insbesondere die im Rahmen einer solchen Unterrichtsvorbereitung zu treffenden Entscheidungen. Beschwerden von Eltern über die Unterrichtstätigkeit der Beschwerdeführerin lagen nicht vor.

Am hat die Beschwerdeführerin ihren Dienst wieder angetreten, allerdings war ihre Unterrichtsverpflichtung auf 11 Wochenstunden reduziert. Die fehlenden Unterrichtsstunden hat jene Lehrerin übernommen, die bereits in der der Beschwerdeführerin zugeteilten Klasse tätig war.

Die Beschwerdeführerin hat mit Dienstantritt am die Klasse Kinder/Jugendliche mit erhöhtem Förderbedarf nicht als Klassenlehrerin übernommen und war auch von allen administrativen Aufgaben befreit. Die Beschwerdeführerin hatte vorwiegend den Unterricht in den ,kreativen Fächern‘ zu unternehmen. Während ihrer Unterrichtstätigkeit war immer eine Schulassistentin anwesend.

Die Beschwerdeführerin war aber den mit ihrer Unterrichtstätigkeit verbundenen Belastungen nicht gewachsen. Insbesondere litt sie nach wie vor an einer massiven inneren Unruhe. Ab dem war die Beschwerdeführerin daher wiederum krankheitsbedingt vom Dienst abwesend.

2. Zum Anforderungsprofil eines/einer Sonderschullehrers/in:

Sonderschullehrer/innen haben zahlreiche Entscheidungen zu treffen und für einen geordneten Ablauf des Unterrichts zu sorgen. Der geordneten Struktur kommt in einer Sonderschule eine höhere Bedeutung zu, da eine Orientierung an Schulfächern, wie sie in Regelschulen üblich ist, nicht möglich ist. Es ist daher im Voraus eine geordnete Tages-, aber auch Wochenstruktur festzulegen.

Aufgrund der Behinderungen der Schülerinnen und Schüler ist eine höhere Konsequenz durch die Lehrerschaft notwendig, um derartige Kinder auf eine solche Tages- und Wochenstruktur einzustellen. Zu berücksichtigen ist, dass einzelne Kinder nicht die Möglichkeit besitzen, sich verbal auszudrücken. Aufgabe der Sonderschullehrer/innen ist es, mit solchen Kindern eine andere Form der Kommunikation aufzubauen. Zudem treten immer wieder medizinische Notfälle auf, wie etwa epileptische Anfälle während des Unterrichts. Sonderschullehrer und /innen verfügen daher über eine spezifische Ausbildung.

3. Zur Erkrankung der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin leidet seit 2013 an einer depressiven Symptomatik, die sich wie folgt darstellt:

-kombinierte Persönlichkeitsstörung mit depressiver Anpassungsstörung und psychovegetativem Erschöpfungszustand.

-arterielle Hypertonie

-Hypothyreose, Zustand nach Radiojodtherapie bei Mb. Basedow.

Nach mehreren schweren exogenen Belastungssituationen hat sich die depressive Störung massiv verschlechtert und sich zu einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Inhalten entwickelt, die zum Krankenstand ab führten. In weiterer Folge kam es zu mehreren erfolglosen Langzeit-Stationsaufenthalten.

Im Frühjahr 2018 verbesserte sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin hat am ihren Dienst mit einer reduzierten Unterrichtsverpflichtung angetreten. Aufgrund der mit der dienstlichen Tätigkeit verbundenen Belastungen kam es allerdings zu einer massiven Verschlechterung des Krankheitsverlaufes, der sich zeitweise auch mit psychotischen Inhalten zeigte. Im Sommer 2018 litt die Beschwerdeführerin an einer ausgeprägten depressiven Episode, einer medikamentös nicht beherrschbaren motorischen Unruhe, massiven Konzentrationsstörungen, einem ‚Gedankenkreisen‘ und sozialen Rückzugstendenzen.

Am wurde die Beschwerdeführerin nach bereits vorher erfolgtem 12-wöchigen stationärem Aufenthalt im psychiatrischen Krankenhaus H erneut stationär in der Psychiatrie des Krankenhauses Z aufgenommen und einer Elektrokonvulsionstherapie an die Universitätsklinik I zugewiesen. Im Rahmen des stationären Aufenthaltes vom bis in der Universitätsklinik für Psychiatrie I wurde diese Elektrokonvulsionstherapie durchgeführt.

Aufgrund dieser therapeutischen Maßnahme und zusätzlichen medikamentösen Umstellungen verbesserte sich das psychopathologische Zustandsbild der Beschwerdeführerin. Die vormals festgestellte innere Unruhe ist nicht mehr wahrnehmbar. Ebenso stellt sich die Konzentrationsfähigkeit deutlich günstiger dar als bei den Untersuchungen bis Sommer 2018.

Derzeit hat die Beschwerdeführerin alle vier Wochen einen Termin bei ihrem behandelnden Psychiater Primararzt Univ.Doz. Dr. K. Wöchentlich ist sie in einer psychotherapeutischen Behandlung. Darüber hinaus nimmt sie von Montag bis Donnerstag in der Zeit von 09:30 Uhr bis 15:50 Uhr an einer sozialtherapeutischen Betreuung teil. Ziel dieser sozialtherapeutischen Betreuung ist es, die eigenen Ressourcen wieder zu ‚entdecken‘, Alltagsfertigkeiten wieder zu erlangen und insbesondere wieder einen Tagesrhythmus/eine Tagesstruktur zu ‚erlernen‘.

Die Beschwerdeführerin ist derzeit den mit der Tätigkeit eines Sonderschullehrers/einer Sonderschullehrerin verbundenen Belastungen bei einer vollen Dienstverpflichtung nicht gewachsen. Die Beschwerdeführerin ist aber in der Lage, die Tätigkeit der Sonderschullehrerin in einem reduzierten Umfang zu bewältigen.“

5In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 14 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) und auch zu vergleichbaren Rechtsnormen sei unter der dauernden Dienstunfähigkeit eines Beamten, seine dienstlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen, alles zu verstehen, was die Eignung des Beamten, diese Aufgaben zu versehen, aufhebe. Dazu könnten nicht nur Gesundheitsstörungen, sondern auch habituelle Charaktereigenschaften und leichtere geistige Störungen gehören, welche eine ordnungsgemäße Führung der ihm übertragenen Geschäfte ausschlössen. Diesen Mängeln sei gemeinsam, dass ihr Auftreten bzw. ihre Beseitigung nicht vom Willen des Beamten abhänge, sie also nicht beherrschbar seien. Eine Dienstunfähigkeit eines Landeslehrers sei sohin dann als dauernd zu werten, wenn keine Heilungsmöglichkeiten bestünden, das heiße, wenn die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit zumindest unwahrscheinlich sei. Die bloße Möglichkeit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit genüge nicht. Eine Dienstunfähigkeit sei folglich dann dauernd, wenn sie für einen nicht absehbaren Zeitraum vorliege. Daraus folge, dass die Dauerhaftigkeit der Dienstunfähigkeit nur dann zu verneinen sei, wenn in den Prognosen der medizinischen Gutachter auch jener absehbare Zeitraum umschrieben werde, innerhalb dessen mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit am aktuellen Arbeitsplatz erwartet werden könne (Hinweis z.B. auf , mwN).

6Die Frage, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliege oder nicht, sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Rechtsfrage, die nicht der ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu beantworten habe. Aufgabe der ärztlichen Sachverständigen sei es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, indem sie in Anwendung ihrer Sachkenntnisse Feststellungen über den Gesundheitszustand des Landeslehrers träfen und die Auswirkungen bestimmten, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung dienstlicher Aufgaben ergäben, und eine Prognose über die Zahl, das Ausmaß und die Entwicklungen der Krankenstände des Beamten abzugeben. Aufgrund dieser sachlichen Darlegungen sei im Rahmen der rechtlichen Beurteilung nachvollziehbar darzulegen, ob der Beamte aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes in der Lage sei, seine dienstlichen Aufgaben als Landesschullehrer zu erfüllen. Eine Dienstunfähigkeit, welche bei Fortführung einer entsprechenden Therapie mit sehr großer Wahrscheinlichkeit, wenn auch nicht vor Ablauf einer Frist von 18 Monaten wegfallen werde, begründe keine dauernde Dienstunfähigkeit. Die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit müsse aber innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren wahrscheinlich sein (Hinweis z.B. auf , sowie , 2010/12/0035).

7Die Mitbeteiligte leide seit ca. fünf Jahren an einer depressiven Störung, die sich seit Herbst 2016 bis Sommer 2018 verschlechtert habe. In diesem Zeitraum habe sich die Krankheit insbesondere in einer nicht beherrschbaren motorischen Unruhe, ausgeprägter psychomotorischer Verlangsamung und einer schwerwiegenden Einschränkung der psychischen Belastbarkeit geäußert.

8Das Krankheitsbild der Mitbeteiligten habe sich allerdings aufgrund einer im Herbst 2018 durchgeführten Elektrokonvulsionstherapie deutlich verbessert. Aufgrund des verbesserten Gesundheitszustandes sei die Aufnahme der Unterrichtstätigkeit als Sonderschullehrerin zumindest in eingeschränktem Ausmaß möglich.

9Das Landesverwaltungsgericht Tirol verkenne nicht, dass derzeit bei der Mitbeteiligten von einer vollen Dienstfähigkeit nicht auszugehen sei und sich auch die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit nicht prognostizieren lasse. Allerdings räume § 45 LDG 1984 die Möglichkeit der Herabsetzung der Jahresnorm bzw. Lehrverpflichtung eines Landeslehrers bis auf die Hälfte ein. Die Mitbeteiligte sei in der Lage, ihre dienstlichen Aufgaben als Sonderschullehrerin in dem in § 45 LDG 1984 umschriebenen Umfang zu erfüllen.

10Aufgrund des nunmehr deutlich verbesserten Gesundheitszustandes der Mitbeteiligten sei bei ihr von einer Dienstfähigkeit im Rahmen einer Teilzeitarbeit auszugehen. Unter Berücksichtigung der in § 45 Abs. 1 LDG 1984 eingeräumten gesetzlichen Möglichkeit werde der Beschwerde daher Folge gegeben und die angeordnete Versetzung in den Ruhestand aufgehoben.

11Zur Zulässigkeit der Revision führte das Landesverwaltungsgericht aus, aufgrund des durchgeführten ergänzenden Ermittlungsverfahrens habe sich gezeigt, dass sich der Gesundheitszustand der Mitbeteiligten gegenüber der Entscheidung der belangten Behörde aufgrund einer im Herbst 2018 durchgeführten Behandlung mittels einer Elektrokonvulsionstherapie deutlich anders darstelle. Bei der rechtlichen Beurteilung habe das Landesverwaltungsgericht auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 12 Abs. 1 und 3 LDG 1984 zurückgegriffen, allerdings unter Berücksichtigung des § 45 LDG 1984 die Erlangung der Dienstfähigkeit für eine Teilzeitarbeit als ausreichend qualifiziert, um die von der Behörde angeordnete Versetzung in den Ruhestand aufzuheben. Der Rechtsfrage, ob unter den Begriff der „Dienstfähigkeit“ des § 12 die „volle“ Dienstfähigkeit oder auch eine eingeschränkte Dienstfähigkeit zu subsumieren sei, komme eine über den konkreten Fall hinausgehende Bedeutung zu. Es liege somit eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung vor.

12Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die ordentliche Revision der (infolge Änderung des § 2 Abs. 1 des Tiroler Lehrer-Diensthoheitsgesetzes 2014, LGBl. Nr. 75 durch die Novelle LGBl. Nr. 96/2018 mit als Dienstbehörde zuständig gewordenen und als belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht eingetretenen; vgl. ) Bildungsdirektion für Tirol mit dem Antrag, gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst zu entscheiden und das angefochtene Erkenntnis dahin abzuändern, dass der Beschwerde der Mitbeteiligten nicht Folge gegebenund die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werde; hilfsweise wird beantragt, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

13Die Mitbeteiligte erstattete keine Revisionsbeantwortung.

14§ 12 Abs. 1 und 3 Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (LDG 1984), BGBl. Nr. 302/1984, idF. BGBl. I Nr. 60/2018 lauten:

„Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit und bei Außerdienststellung

§ 12.

(1) Der Landeslehrer ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.

...

(3) Der Landeslehrer ist dienstunfähig, wenn er infolge seiner gesundheitlichen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

...“

15§ 44 Abs. 1 und 2 LDG 1984, BGBl. Nr. 302/1984, idF. BGBl. I Nr. 119/2002, und § 45 Abs. 1 und 2 idF. BGBl. I Nr. 71/2003, lauten:

„Herabsetzung der Jahresnorm bzw. Lehrpflichtermäßigung

§ 44.

(1) Die Jahresnorm bzw. Lehrverpflichtung kann auf Ansuchen des Landeslehrers herabgesetzt werden (Herabsetzung bzw. Lehrpflichtermäßigung). Eine Herabsetzung bzw. Lehrpflichtermäßigung ist nur zulässig:

1.aus gesundheitlichen Gründen, die in der Person des Landeslehrers liegen, oder

2.im öffentlichen Interesse zur Ausübung von Tätigkeiten auf dem Unterrichtsgebiet des Landeslehrers, die pädagogische Praxis voraussetzen und mit der Gewinnung von Erfahrungen verbunden sind, die eine positive Rückwirkung auf die konkrete Unterrichtsarbeit des Landeslehrers erwarten lassen, oder

3.zur Ausübung anderer der Aufgabe der österreichischen Schule gemäßer Tätigkeiten auf kulturellem, sozialem, religiösem, sportlichem oder wissenschaftlichem Gebiet, wenn von der Einrichtung, für die der Landeslehrer tätig wird, Ersatz nach Abs. 6 geleistet wird.

(2) Eine Herabsetzung bzw. Lehrpflichtermäßigung nach Abs. 1 Z 2 oder 3 darf nur dann eingeräumt werden, wenn

1.dies unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse des Unterrichtes möglich ist und

2.die Ausübung der Tätigkeit, für die die Herabsetzung bzw. Lehrpflichtermäßigung beantragt ist, nicht neben den lehramtlichen Pflichten ausgeübt werden kann.

...

Herabsetzung der Jahresnorm bzw. Lehrverpflichtung aus beliebigem Anlaß

§ 45.

(1) Die Jahresnorm bzw. Lehrverpflichtung des Landeslehrers kann auf seinen Antrag bis auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgeschriebenen Ausmaßes herabgesetzt werden, wenn der Verwendung im verlangten Ausmaß keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen.

(2) Das Ausmaß der Herabsetzung ist so festzulegen, daß die verbleibende Unterrichtstätigkeit ganze Unterrichtsstunden umfaßt. Die verbleibende Jahresnorm bzw. Lehrverpflichtung

1.darf nicht unter der Hälfte der für eine Vollbeschäftigung erforderlichen Jahresnorm bzw. Lehrverpflichtung und

2.muß unter der für eine Vollbeschäftigung erforderlichen Jahresnorm bzw. Lehrverpflichtung

liegen.

...“

16In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird auf die Zulassungsbegründung des Landesverwaltungsgerichtes Tirol verwiesen. Die vorliegende Revision erweist sich aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen als zulässig. Sie ist auch berechtigt.

17Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die dauernde Dienstunfähigkeit des Beamten in Bezug auf den konkret innegehabten, wirksam zugewiesenen Arbeitsplatz zu prüfen (vgl. z.B. , und , 2013/12/0052, zu inhaltsgleichen Rechtslagen). Eine Herabsetzung der Jahresnorm bzw. Lehrverpflichtung aus beliebigem Anlass gemäß § 45 LDG 1984 kann nur über Antrag der Beamtin/des Beamten erfolgen. Gleiches gilt für eine solche nach § 44 LDG 1984. Einen derartigen Antrag hat die Mitbeteiligte jedoch - soweit ersichtlich - für den Zeitraum, in dem die Entscheidungen der Dienstbehörde bzw. des Verwaltungsgerichts über ihre Ruhestandsversetzung erfolgten, nicht gestellt. Bei der im Rahmen der Primärprüfung durchzuführenden Prüfung der dauernden Dienstunfähigkeit ist daher im Revisionsfall von einem Arbeitsplatz mit voller Lehrverpflichtung auszugehen (vgl. , betreffend die insofern gleiche Rechtslage nach dem Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz).

18Das Ausmaß der die Mitbeteiligte im Rahmen der Jahresnorm treffenden Unterrichtsverpflichtung ergibt sich aus dem Gesetz in Verbindung mit der Diensteinteilung bzw. aus der Rechtsgestaltungswirkung entsprechender Herabsetzungsbescheide. An die diesbezügliche Bescheidlage ist die Dienstbehörde bzw. das Landesverwaltungsgericht gebunden. Es besteht auch keine Verpflichtung, Anträge der Beamtin/des Beamten auf Herabsetzung der Jahresnorm bzw. Lehrverpflichtung zu initiieren (vgl. , betreffend die Anwendung des § 45 LDG 1984 im Versetzungsverfahren, dasselbe gilt für das Ruhestandsversetzungsverfahren). Zu einer Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit gemäß § 50a Abs. 1 BDG 1979 zur Vermeidung einer amtswegigen Ruhestandsversetzung ist die Dienstbehörde nicht verpflichtet (vgl. ). Nichts anderes gilt betreffend die Herabsetzung der Jahresnorm bzw. Lehrverpflichtung aus beliebigem Anlass gemäß § 45 LDG 1984. Diese Rechtsprechung schließt naturgemäß nicht aus, dass eine Dienstbehörde in einer derartigen Situation über Antrag die Jahresnorm bzw. Lehrverpflichtung gemäß § 44 oder 45 LDG 1984 herabsetzt. Dass dies - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses - erfolgt wäre, ergibt sich aus den getroffenen Feststellungen nicht.

19Entgegen der Rechtsansicht des Landesverwaltungsgerichts Tirol wäre daher bei Prüfung der dauernden Dienstunfähigkeit der Mitbeteiligten der ihr wirksam zugewiesene Arbeitsplatz mit voller Lehrverpflichtung zugrunde zu legen gewesen.

20Festzuhalten ist allerdings, dass das Landesverwaltungsgericht Tirol im Rahmen der rechtlichen Beurteilung davon ausgegangen ist, dass sich die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit der Mitbeteiligten nicht prognostizieren lasse, was für eine dauernde Dienstunfähigkeit der Mitbeteiligten spräche. Sachverhaltsfeststellungen wurden in diesem Zusammenhang vom Landesverwaltungsgericht nicht getroffen. In dem zuletzt eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom wurde ausgeführt, es werde der Wiedereinstieg ins Berufsleben als Lehrerin für das Sommersemester 2019 mit einer halben Lehrverpflichtung empfohlen. Bei einem weiteren positiven Verlauf der Genesung wäre dann aus derzeitiger Sicht die volle Dienstfähigkeit als Lehrerin mit dem Beginn des Schuljahres 2019/2020 wieder zu erwarten.

21Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Dienstunfähigkeit auf Dauer, also für einen nicht absehbaren Zeitraum, vorliegen, um eine Versetzung in den Ruhestand zu rechtfertigen. Daraus folgt - umgekehrt -, dass die Dauerhaftigkeit der Dienstunfähigkeit nur dann verneint werden darf, wenn in den Prognosen der medizinischen Gutachter auch jener absehbare Zeitraum umschrieben wird, innerhalb dessen mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit am aktuellen Arbeitsplatz erwartet werden kann (vgl. , mwN, sowie , Ra 2017/12/0121, und , Ra 2019/12/0007, sowie die Ausführungen des Landesverwaltungsgerichts zur vorzunehmenden Prognose im angefochtenen Erkenntnis). Die Prognose ist - wie der Begriff schon beinhaltet - für die Zukunft zu erstellen, es kommt daher - entgegen den Ausführungen der Revisionswerberin - in diesem Zusammenhang nicht darauf an, wie lange sich die Mitbeteiligte im Zeitpunkt der Entscheidung über deren Ruhestandsversetzung (mittels Rechtsgestaltungsbescheides) bereits im Krankenstand befand. Es wären daher auf Grundlage des medizinischen Sachverständigengutachtens Feststellungen betreffend eine derartige Prognose zu treffen gewesen, um beurteilen zu können, ob die Mitbeteiligte im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung dauernd dienstunfähig war. Im Revisionsfall wäre der medizinische Sachverständige zu befragen gewesen, wie wahrscheinlich der weitere positive Verlauf der Genesung der Mitbeteiligten ist.

22Durch die unrichtige rechtliche Beurteilung des Umstands der Dienstfähigkeit der Mitbeteiligten im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung als eine Ruhestandsversetzung wegen dauernder Dienstunfähigkeit ausschließend und die unterlassenen Feststellungen zu einer Prognose ausgehend von einer Vollzeitbeschäftigung der Mitbeteiligten und Zugrundelegung derselben bei Beurteilung der Frage der dauernden Dienstunfähigkeit belastete das Landesverwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhalts.

23Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2019120006.J00
Schlagworte:
Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen

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