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VwGH vom 29.01.2020, Ro 2019/05/0001

VwGH vom 29.01.2020, Ro 2019/05/0001

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision des H A in S, vertreten durch die Thum Weinreich Schwarz Chyba Rechtsanwälte OG in 3100 St. Pölten, Josefstraße 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , LVwG-AV-190/001-2017, betreffend baupolizeiliche Aufträge (mitbeteiligte Partei: J F in S; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde P, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung),

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Revision wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 1.b. letzter Satz des angefochtenen Erkenntnisses richtet (Reduktion der Anzahl der Hühner), als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren insoweit eingestellt.

und

2. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Spruchpunktes 1.a. vorletzter und letzter Satz (Untersagung der Nutzung der Mastställe 5 und 6 und Fristsetzung für die Umsetzung des Nutzungsverbotes) sowie im Umfang seines Spruchpunktes 4. (Kostenersatzverpflichtung) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Marktgemeinde P hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1 Der Revisionswerber ist grundbücherlicher Eigentümer (u.a.) der Liegenschaft EZ 5, Grundbuch B., die (u.a.) die Grundstücke Nr. 14 und Nr. 17 umfasst, auf der sich das landwirtschaftliche Gehöft B... 9 befindet.

2 Die mitbeteiligte Partei (im Folgenden: Mitbeteiligter) ist Eigentümer der an diese Liegenschaft in östlicher Richtung unmittelbar angrenzenden Liegenschaft EZ 67, zu der (u.a.) die Grundstücke Nr. 19 und Nr. 22 sowie das vom Grundstück Nr. 19 umschlossene Grundstück Nr. 20 gehören und auf der sich das Wohnobjekt B... 27 befindet.

Zur Vorgeschichte:

3 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde P. (im Folgenden: Bürgermeister) vom , AZ. B-23/70, wurde dem Rechtsvorgänger des Revisionswerbers die baubehördliche Bewilligung zum Neubau eines Hühnerstalles samt einer Futterkammer und einem angeschlossenen Heizraum erteilt, welcher Stall mit einer Außenabmessung von 28,30 m x 10,60 m in nordwestlicher Richtung an das auf dem Grundstück bestehende landwirtschaftliche Gehöft angebaut werden sollte.

4 Mit Bescheid des Bürgermeisters vom , AZ. B- 24/76, wurde den Rechtsvorgängern des Revisionswerbers die baubehördliche Bewilligung zum Neubau eines Schweinestalles mit Silo, Düngerstätte und Jauchegrube erteilt. Der neu zu errichtende Schweinestall sollte (ebenso) in nordwestlicher Richtung an das landwirtschaftliche Gehöft, parallel zu dem mit Bescheid vom bewilligten Hühnerstall, angebaut werden. 5 Beide Bescheide enthielten keine Vorgaben zur Anzahl der Tiere, die in den Ställen gehalten werden dürften, und zu den zu erwartenden bzw. zulässigen Emissionen.

6 Mit Bescheid des Bürgermeisters vom , AZ. B- 81/1994, wurde den Rechtsvorgängern des Revisionswerbers die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung bzw. den Einbau eines Schweinemaststalles für 206 Mastschweine und 108 Ferkel auf dem Grundstück Nr. 17 erteilt.

7 Am führte der Bürgermeister eine mündliche Verhandlung zur Endbeschau betreffend die Vorhaben

"Errichtung einer Güllegrube mit 190 m3 Fassungsvermögen

Geräteschuppenneubau

Einbau Schweinemaststall

Schweinestallungen, Silo, Düngerstätte und Jauchegrube" auf den Grundstücken Nr. 14 und Nr. 17 durch. In der darüber

aufgenommenen baubehördlichen Niederschrift vom , die auf die baubehördlichen Verfahren mit den Zahlen "AZ.: B- 74/1993, 43/84, 81/94 u.24/74" Bezug nimmt, heißt es (auszugsweise):

" ...

Baubewilligung B-81/1994 vom : (Einbau Schweinemaststall)

Befunde:

... Der Lokalaugenschein hat ergeben, daß das Bauvorhaben

bewilligungsgem. ausgeführt wurde, ausgenommen:

1 Der geplante Silo wurde noch nicht hergestellt, die Errichtung ist, laut Bauwerber, für Frühjahr 1997 beabsichtigt.

2. Im Stalltrakt wurde zwischen hofseitiger Außenwand und Kammer 3 ein Gang hergestellt und wurde dadurch die Kammer 3 flächenmäßig reduziert. Mit diesem Gang ist auch eine direkte Verbindung in den anschließenden Stalltrakt (Bestandstrakt) gegeben. Ebenso wurde der Flur verlängert um eine Zugänglichkeit zum best. nordostseitig gelegenen Keller zu schaffen, dadurch reduziert sich die Fläche der Kammer 5. Die Kammer 2 wurde um ca 4,2 m verlängert und ergibt sich dadurch eine in gleicher Front verlaufende Außenmauer von Kammer 2 und Kammer 5.

Baubewilligung B-24/1976 vom : (Schweinestall, Silo, Düngerstätte und Jauchegrube)

...

Der Lokalaugenschein hat ergeben, daß das Bauvorhaben bewilligungsgem. ausgeführt wurde, jedoch ist der Schweinestall in einer Größe von 20 auf 8 m anstelle Ziegelmassivbauweise mit Stahlrahmen (Stützen und Dachtragwerk) mit Systemwänden Fabr. Wolf hergestellt.

Die Antragsteller nehmen vorstehendes Verhandlungsergebnis

zustimmend zur Kenntnis.

..."

8 Mit Bescheid vom , AZ. B-81/1994, erteilte der Bürgermeister den Rechtsvorgängern des Revisionswerbers unter Bezugnahme (u.a.) auf die einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides bildende Verhandlungsschrift vom die Benützungsbewilligung für die "Baulichkeit Einbau

Schweinemaststall 206 Mastschweine und 108 Ferkel" auf dem Grundstück Nr. 17. Im Spruch des Bescheides heißt es weiters:

"Die, in der Niederschrift angeführten, Abweichungen werden nachträglich genehmigt."

9 In der baubehördlichen Niederschrift über die zur Überprüfung des Bauzustandes der Bauwerke, insbesondere des Schweinestalles, auf den Grundstücken Nr. 13, Nr. 14 und Nr. 17 durchgeführten Verhandlung vom wurde vom Bürgermeister als Verhandlungsleiter (u.a.) festgehalten:

" ...

Gegenstand der Verhandlung ist Folgender:

Im Zuge der Vorprüfung des Antrages der (Rechtsvorgänger des Revisionswerbers) vom , Zl. ..., auf Erteilung der Baubewilligung betreffend der Errichtung eines Zuchtsauenstalles sowie Umbaumaßnahmen auf den Grundstücken Nr. 13, 14 und 17, KG ..., welchen der Bürgermeister ... mit Bescheid vom , Zl. ..., zurückgewiesen hat, wurde vom bautechnischen Amtssachverständigen festgestellt, dass gemäß den im Juni 2003 vorgelegten Plänen und Anträgen Umbauarbeiten im bestehenden Schweinestall geplant wurden, wobei die im Juni 2003 vorgelegten Pläne den bestehenden Schweinestall allerdings um 8,605 m länger und 0,785 m schmäler auswiesen, als mit dem

Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters ... vom , B-

24/1976, bewilligt, ohne, dass in den Plänen bzw. dem Antrag diesbezüglich eine Baubewilligung beantragt wurde. Betreffend dieses vorhin erwähnten Schweinestalles liegt bislang ein Antrag der (Rechtsvorgänger des Revisionswerbers) als Grundeigentümer auf Erteilung einer Baubewilligung nicht vor, weshalb der Bürgermeister ... gemäß den § 33ff NÖ Bauordnung 1996 zwecks Überprüfung des Bauzustandes dieses Schweinestalles sowie der Frage, ob und inwieweit eine Baubewilligung für den Schweinestall im vorhandenen Zustand vorliegt oder nicht bzw. seitens der Grundeigentümer ein Antrag auf nachträgliche Baubewilligung gestellt wird, zu der gegenständlichen Verhandlung eingeladen hat.

..."

10 Dieser Verhandlungsniederschrift zufolge gestanden die Rechtsvorgänger des Revisionswerbers zu, dass der Schweinestall nicht gemäß den mit Bescheid des Bürgermeisters vom bewilligten Plänen errichtet, sondern um 8,605 m länger, jedoch dafür um 0,785 m schmäler ausgeführt worden sei, was bedeute, dass der Schweinestall nur eine etwas größere Nutzfläche gegenüber der Baubewilligung aufweise. Sie gaben diesbezüglich an, dass sie im Rahmen der Endbeschauverhandlung am für alle Bauvorhaben, hinsichtlich derer die Endbeschau und die Benützungsbewilligung beantragt worden seien, damit auch hinsichtlich dieses Schweinestalles, in Ansehung geringfügiger Änderungen die nachträgliche Baubewilligung mit der Benützungsbewilligung beantragt hätten. Es sei ihnen nach Vorhalt der Niederschrift vom unverständlich, warum dort als Ergebnis des Lokalaugenscheines in Bezug auf den Schweinestall festgehalten worden sei, dass das Bauvorhaben bewilligungsgemäß ausgeführt, der Schweinestall jedoch in einer Größe vom 20 m auf 8 m anstelle Ziegelmassivbauweise mit Stahlrahmen (Stützen und Dachtragwerk) mit Systemwänden (Fabr. Wolf) hergestellt worden sei. Wieso in dieser Niederschrift nicht festgehalten worden sei, dass der Schweinestall länger und dafür schmäler als eingereicht errichtet worden sei, entziehe sich ihrer Kenntnis. Im Zusammenhang mit dem Benützungsbewilligungsbescheid des Bürgermeisters vom seien sie auf jeden Fall davon ausgegangen, dass sämtliche geringfügigen Abweichungen von den jeweiligen Baubewilligungen nachträglich genehmigt worden seien, darunter auch der Schweinestall im tatsächlich errichteten Zustand.

11 In diesem Zusammenhang führte der bautechnische Amtssachverständige in der Verhandlung vom (u.a.) aus, dass der Schweinestall aufgrund der geänderten Ausmaße eine um 49,60 m2 größere Nutzfläche (gegenüber der mit Bescheid vom erteilten Baubewilligung) aufweise. In diesem Bescheid seien, wie damals üblich, keine genauen Angaben über die Schweineplätze enthalten. Wenngleich eine genaue Anzahl der Schweineplätze baubehördlich nicht festgelegt worden sei und auch im Bauansuchen keine näheren Angaben dazu gemacht worden seien, könnten zweifelsfrei in dem größer errichteten Schweinestall mehr Schweine untergebracht werden. Der nunmehr länger ausgeführte Schweinestall reiche zwar bis zu 5,10 m an die Grundgrenze des Nachbargrundstückes Nr. 10 des D. heran, die nachbarrechtlichen Abstände (seitlicher Bauwich) seien jedoch - auch unter Berücksichtigung des Bebauungsplanes im Jahr 1996 - eingehalten. 12 Mit Schreiben an den Bürgermeister vom führte der Mitbeteiligte (und ein weiterer Anrainer) Beschwerde über Geruchsbelästigungen, worin (u.a.) vorgebracht wurde, dass diese Belästigungen vom wahrscheinlich illegal errichteten Schweinestall und der Schweinehaltung auf dem Anwesen des Revisionswerbers ausgingen.

13 In der Folge wurden vom Bürgermeister am und am (u.a.) auf den Grundstücken Nr. 14 und Nr. 17 baubehördliche Überprüfungen durchgeführt. In der Niederschrift über diese Überprüfung vom heißt es (auszugsweise):

" ...

Am Beginn wurde erklärt, dass aufgrund der Stellungnahme des (Mitbeteiligten) die Innenabmessungen der einzelnen Stallabteile bzw. Gänge, Futterküche, usw. aufgenommen werden. Die Innenabmessungen der einzelnen Räume werden in einem Entwurfsplan des Betriebes (des Revisionswerbers) im Maßstab von 1:250 mit Datum eingetragen, welcher auch die Grundlage zur Bekanntgabe der Tierzahlen durch den Betreuungstierarzt Dr. ... M. ... darstellt.

1. Rinderstall im nordwestlichen Trakt anschließend an das Wohnhaus:

Im Zuge der Befundaufnahme wurde festgestellt, dass der Rinderstall nicht mehr besteht und anstelle dessen wie im o. a. Entwurfsplan vom dargestellt, der Ferkelstall 3 (L x B = 9,16 m x 2,93 m), der Abferkelstall (L x B = 7,88 m x 5,20 m + 9,58 m x 4,01 m), ein Umkleideraum und Gänge eingebaut wurden. ... Für diesen Gebäudeteil liegt im Bauakt ... keine baubehördliche Bewilligung auf und es ist daher in diesem Bereich um nachträgliche baubehördliche Bewilligung ... anzusuchen.

2. Aktenzahl Nr. B-24/1976 vom (Neubau von Schweinestallungen samt Jauchegrube, eines Silos sowie Errichtung einer Düngerstätte:

Für diesen Bereich des bestehenden Schweinestall wurde eine Endbeschau am vorgenommen bzw. eine Niederschrift vom aufgenommen.

Im Zuge der heutigen Befundaufnahme wurde festgestellt, dass in dem Plan vom April 1976 im Futtervorbereitungsraum (Futterküche) ein Technikraum eingebaut wurde. Die Planmaße sind mit L x B = 8,80 m x 5,0 m angegeben. In der Natur wurde die Abmessung von 8,59 m x 4,94 m festgestellt. Im neben dem Futtervorbereitungsraum dargestellten Schweinestall wurden ein Gang bzw. der Ferkelstall 1 und der Ferkelstall 2 eingebaut. Die Planmaße des Schweinestalles sind mit 8,80 m x 5,55 m angegeben. In der Natur wurde das Ferkelabteil 1 mit Abmessungen von L x B = 4,30 m x 4,48 m bzw. das Ferkelabteil 2 L x B = 4,28 m x 4,50 m festgestellt.

Im Bereich der im Einreichplan dargestellten Durchfahrt wurde wie bereits oben unter Punkt 1 erwähnt der Ferkstall 3 eingebaut. Dieser weist die Innenabmessungen von L x B = 9,16 m x 2,93 m auf.

Im Plan ist für den im Nordwesten angebauten Schweinestall eine Innenabmessung von 20,0 m x 7, 40 m angegeben. In diesem Bereich wurde an der südwestlichen Außenwand ein Gang mit den Innenabmessungen von 28,79 m x 1,03 m bzw. der Maststall 5 mit L x B = 10,06 m x 5,70 m, der Maststall 6 mit den Innenabmessungen von L x B = 9,99 m x 5,69 m sowie der Maststall 7 mit L x B = 8,76 m x 5,7 m eingebaut. Die Außenabmessungen des gesamten Stallgebäudes betragen 28,90 m x 7,20 m. Im Einreichplan von 1976 sind Außenabmessungen von 20,30 m x 8,0 m angegeben.

Für dieses Bauvorhaben (B-24/1976) liegt im Bauakt ein Bescheid zur Benützungsbewilligung vom auf. In diesem Bescheid werden die in der Niederschrift der Endbeschau vom angeführten Abweichungen ausdrücklich nachträglich bewilligt.

..."

14 Wie in dieser Niederschrift vom festgehalten, wurden die Ergebnisse der baubehördlichen Überprüfung in dem genannten, mit datierten Bestandsplan ("Entwurfsplan") vermerkt. Auf diesen Plan bezieht sich laut dem darauf gesetzten Vermerk des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom das angefochtene Erkenntnis.

15 Mit Schreiben vom stellte der Mitbeteiligte an den Bürgermeister im Hinblick darauf, dass die Baubehörde die konsenslose Errichtung von Bauwerken zur Schweinezucht und -mast durch den Eigentümer (Revisionswerber) festgestellt habe, den Antrag, die Nutzung der nachgewiesen konsenslosen Bauwerke nach § 35 NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) bis zur Herstellung eines gesetzeskonformen Zustandes dieser Bauwerke zu verbieten und darüber bescheidmäßig abzusprechen.

16 Mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid des Bürgermeisters vom wurde dem Revisionswerber "von Amtswegen bzw. über Antrag" des Mitbeteiligten als Sicherungsmaßnahme ein baupolizeilicher Auftrag erteilt, dessen Spruch (auszugsweise) wie folgt lautet:

" ...

2. In nachstehend angeführten Räumlichkeiten des landwirtschaftlichen Gehöftes B... 9, ..., (Grundstücke 14 und 17, ...) wird jede Nutzung für Zwecke der Tierhaltung, insbesondere Schweinezucht, bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Baubewilligungsbescheides zum Zwecke der Tierhaltung (insbesondere Schweinezucht) für diese Räumlichkeiten und Vorliegen einer Fertigstellungsanzeige mit den erforderlichen Bestätigungen untersagt:

...

- Die gegenüber dem Einreichplan zum Bauvorhaben B-24/1976, baubehördliche Bewilligung vom , vergrößert ausgeführten Schweinestallungen. Konkret entspricht dies dem Maststall 7 lt. Tierbestandsliste vom , unterfertigt durch den Betreuungstierarzt Dr. ... M. ..., ... .

...

..."

17 Dazu führte der Bürgermeister (u.a.) aus, dass mit Schreiben vom Beschwerden diverser Anrainer (im weiteren Sinn) der Gehöfte des Revisionswerbers über Baugebrechen bzw. die Errichtung und die Benützung von Räumlichkeiten für die Schweinezucht ohne baubehördliche Bewilligung eingelangt seien, darunter auch vom Mitbeteiligten, einem Nachbarn im Sinne des § 6 NÖ BO 2014. Dieser habe mit dem am bei der Baubehörde eingegangenen Schreiben beantragt, dem Revisionswerbers gemäß § 35 NÖ BO 2014 bis zur Herstellung eines gesetzeskonformen Zustandes dieses Bauwerkes die Nutzung des Bauwerkes zu verbieten und darüber bescheidmäßig abzusprechen. Weiters heißt es in der Begründung des Bescheides (auszugsweise):

" ...

Für das landwirtschaftliche Gehöft B... 9 bestehen folgende

rechtskräftige baubehördliche Bewilligungen:

...

Zahl B-24/1976:

Errichtung eines Schweinestalles mit Silo, Düngerstätte und Jauchegrube. Baubehördliche Bewilligung vom . Betreffend der Rechtskraft dieser Baubewilligung ist folgendes festzuhalten:

Dieser Schweinestall wurde gegenüber dem Einreichplan um 8,605 m länger und 0,785 m schmäler ausgeführt und weist somit eine um 49,6 m2 größere Nutzfläche auf. Diese abgeänderte Ausführung wurde in der Kollaudierungsniederschrift vom festgehalten und im Benützungsbewilligungsbescheid vom ausdrücklich nachträglich bewilligt.

Aufgrund der nunmehr vorliegenden Rechtsprechung (vgl. VwGH, GZ 2010/05/0182 u. a.) kann bei der vorgenommenen abgeänderten Ausführung dieses Schweinestalles nicht mehr von einer geringfügigen Änderung gegenüber dem bewilligten Einreichplan ausgegangen werden, welche im Zuge einer Fertigstellungsanzeige (Benützungsbewilligung) genehmigt werden kann. Das Ausmaß des Maststalles 7 entspricht mit 49,9 m2 in etwa dieser gegenüber der baubehördlichen Bewilligung vergrößerten Fläche und war somit für diesen Stallbereich das Nutzungsverbot auszusprechen.

..."

18 Diesen Bescheid begründete der Bürgermeister ferner (u.a.) damit, dass nach der Regelung des § 35 Abs. 3 NÖ BO 2014 die Baubehörde die Nutzung eines Bauwerkes zu einem anderen als dem bewilligten Verwendungszweck zu verbieten habe. Im Falle der konsenslosen Errichtung bzw. nicht konsensgemäßen Nutzung von Gebäuden (zu einem anderen Zweck als bewilligt) sehe die NÖ BO 2014 in § 35 Abs. 1 weiters vor, dass die Baubehörde alle Sicherungsmaßnahmen, die zum Schutz von Personen und Sachen erforderlich seien, insbesondere die Untersagung der Nutzung sowie die Räumung von Gebäuden oder Teilen davon, anzuordnen habe. Im gegenständlichen Fall sei der Schutz von Personen vordringlich, und zwar insofern, als die Ehegattin des Mitbeteiligten unter einer schweren Erkrankung, welche zu einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber Infekten jeder Art führe, leide.

19 Mit Schriftsatz vom legte der Revisionswerber an die Baubehörde (u.a.) einen Einreichplan samt Projektbeschreibung und anderen Unterlagen jeweils betreffend sein Anwesen B... 9 vor und regte an, hinsichtlich des gesamten Bauprojektes bei der zuständigen Behörde eine Überprüfung zu veranlassen, inwieweit die landwirtschaftlichen Betriebe UVPpflichtig seien, d.h., der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterlägen.

20 Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom wurde gemäß § 3 Abs. 7 iVm § 3a Abs. 3 und Anhang 1 Z 43 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 - UVP-G 2000 festgestellt, dass das vom Revisionswerber verfolgte Vorhaben "Errichtung eines Schweinestalles" kein die Verpflichtung zur UVP begründendes Vorhaben darstelle und insoweit keiner UVP unterzogen werden müsse. Die von dem Mitbeteiligten und anderen Personen dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom abgewiesen.

Gegenständliches Verfahren

21 Mit Eingabe vom stellte der Mitbeteiligte an den Bürgermeister den Antrag, ein Verbot der Nutzung der Mastställe 5 und 6 und des Wartestalles 1 zu erlassen sowie den Abbruch bzw. die Beseitigung der konsenslos errichteten Einbauten und Vorrichtungen inklusive der von außen sichtbaren Abluftkamine für den Wartestall 1 und 2 sowie für die Mastställe 5, 6 und 7 auf der Liegenschaft B... 9 nach § 35 Abs. 1 NÖ BO 2014 anzuordnen. Dies begründete er (u.a.) mit dem konsenslosen Einbau von Zwangsentlüftungsanlagen in den genannten Ställen, wodurch er in seinem Recht auf Immissionsschutz fortlaufend beeinträchtigt werde.

22 Mit Schreiben vom stellte der Mitbeteiligte an den Bürgermeister den Antrag auf Erlassung eines Nutzungsverbotes auch hinsichtlich der Ferkelställe 1 und 2 sowie der Mastställe 1, 2, 3 und 4, weil die in der Baubeschreibung (Stallabteile zur Zahl B1/1994) angegebenen 108 Ferkelplätze und 206 Mastplätze wesentlich überschritten würden.

23 Mit Schreiben vom stellte der Mitbeteiligte an den Bürgermeister den weiteren Antrag, ein Verbot der Nutzung des konsenslos betriebenen Hühnerstalles auf der Liegenschaft (Zahl B-23/1970) zu erlassen sowie den Abbruch bzw. die Beseitigung jener konsenslos errichteten Einbauten und Installationen inklusive der von außen sichtbaren Abluftkamine für die Nutzung einer Zwangsentlüftungsanlage in diesem Hühnerstall anzuordnen.

24 Mit Schriftsatz vom nahm der Revisionswerber zu den Anträgen des Mitbeteiligten Stellung und brachte vor, dass er nur mehr die Stallungen betreibe, bezüglich derer eine entsprechende Baubewilligung und Benützungsbewilligung vorliege. Sämtliche konsenslos betriebenen Räumlichkeiten (Stallungen) seien mittlerweile geräumt worden. Weiters verwies er (u.a.) darauf, dass er am hinsichtlich der nicht genehmigten Stallungen ein entsprechendes Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung gestellt habe.

25 Am fand auf dem Grundstück Nr. 17 eine weitere baubehördliche Überprüfung statt, in deren Rahmen der beigezogene maschinenbautechnische Amtssachverständige (u.a.) einen Befund erstattete. In der diesbezüglichen baubehördlichen Niederschrift vom heißt es (auszugsweise):

" ...

B) Befund aus maschinenbautechnischer Sicht:

...

Legehennenstall:

Der Legehennenstall wird in Bodenhaltung betrieben. Im Hühnerstall wurden erhöhte Legenester mit zwei darunter liegenden Austragebändern für die gelegten Eier eingebaut. Der Legehennenstall wird über zwei Abluftventilatoren mechanisch entlüftet.

An den Abluftöffnungen wurden Abdeckungen aufgesetzt, sodass die Fortluft nicht vertikal ausgeblasen wird. Für die Belüftung des Stalles wurden an jeder Längsseite des Stalles vier Zuluftklappen eingebaut.

Aus den Einreichunterlagen ist ersichtlich, dass der Legehennenstall mit einem Ventilator (in der nordöstlichen Ecke) genehmigt wurde.

Der anfallende 'Festmist' wird am Ende jeder Legeperiode aus

dem Stall entfernt.

Maststall 5 ,6, 7:

Diese Mastställe wurden nicht entsprechend dem baubehördlichen Genehmigungsbescheid ausgeführt. Der Maststall 7 wird derzeit nicht betrieben. Die Mastställe 5, 6 und 7 wurden mit einer gemeinsamen Abluftanlage ausgerüstet und wird die Fortluft vertikal über Dach ausgeblasen. Die Zuluft strömt über die Porendecken frei nach. Alle 3 Ställe sind wie im ursprünglichen Genehmigungsbescheid vorgesehen mit einem Spaltboden und Gülleweiterleitung in die nebenliegende Güllegrube ausgestattet.

..."

26 Mit Schreiben vom brachte der Mitbeteiligte im Wesentlichen (u.a.) vor, dass die Gesamtimmissionsbelastung durch Geruch trotz der mit Bescheid vom ausgesprochenen Nutzungsverbote auf seiner Liegenschaft 48,1 % der Jahresgeruchsstunden nach der Geruchsimmissionsrichtlinie 2008 (GIRL 2008) betrage. Nach dieser Richtlinie seien in Dorfgebieten höchstens 15 % zulässig. Laut der O.ö. Umweltanwaltschaft liege eine Gesundheitsgefährdung ab 25 % der Jahresstunden vor. Die Zusatzbelastung durch lungengängigen Feinstaub PM10 betrage bis zu 2,6 µg/m3. In bereits belasteten Gebieten seien höchstens 0,4 µg/m3 zulässig. Der Mitbeteiligte ersuche daher dringend, analog zu den bereits verfügten Nutzungsverboten ergänzende Nutzungsverbote für den Hühnerstall, den Wartestall 1 und die Mastställe 5 und 6 zu verfügen.

27 Der vom Bürgermeister bestellte Amtssachverständige für Agrartechnik DI S. vertrat in seinem schriftlichen Gutachten vom in Bezug auf die Frage, inwieweit die Abänderung der Ablufteinrichtungen beim Hühnerstall die Immissionssituation auf der Liegenschaft des Mitbeteiligten beeinflusse bzw. ob die derzeit im Hühnerstall verwendete Ablufteinrichtung eine Verschlechterung der Immissionssituation gegenüber der mit Bescheid vom genehmigten Abluftanlage darstelle, die Auffassung, dass der Stall eine verhältnismäßig geringfügige Emissionsquelle darstelle. Aus den zur Veranschaulichung in seinem Gutachten enthaltenen bildlichen Darstellungen sei ersichtlich, dass die tatsächlich hergestellte Lüftungsanlage im Bereich der Liegenschaft des Mitbeteiligten zu geringeren Immissionen führe als die genehmigte Anlage.

28 In seiner mit Schriftsatz vom zu diesem Gutachten erstatteten Stellungnahme brachte der Revisionswerber vor, dass aufgrund dieser Ausführungen des Sachverständigen keine Veranlassung bestehe, ein über die bereits verfügten Nutzungsverbote hinausgehendes Nutzungsverbot zu verhängen. 29 Der Mitbeteiligte vertrat in seiner mit Schreiben vom zu diesem Gutachten erstatteten Stellungnahme (u.a.) die Auffassung, dass sowohl die Fragestellung der Baubehörde als auch das Gutachten des Amtssachverständigen DI S. gesetzwidrig seien, weil weder die Immissionsvorbelastung durch die bei der Beurteilung von Nutztierhaltungsbetrieben relevanten Immissionsarten "Geruch, Feinstaub PM10 und Ammoniak" noch die Immissionsgesamtbelastung durch diese Immissionsarten ermittelt worden sei.

30 Mit Bescheid vom ordnete der Bürgermeister "von Amtswegen bzw. über Antrag" des Mitbeteiligten Folgendes an:

"SPRUCH

I.

a) Für die in den Warteställen 1 und 2 des landwirtschaftlichen Gehöftes B... 9, ..., (Grundstücke 14 und 17, Katastralgemeinde ...) eingebaute Zwangsentlüftungsanlage wird der Abbruch/Entfernung angeordnet, welche bis unter Beachtung abfallwirtschaftlicher Vorschriften durchzuführen ist. Der Abbruchsauftrag/Entfernungsauftrag wird ausgesetzt, soferne bis um eine nachträgliche Baubewilligung der Entlüftungsanlagen mit Anpassung an den Stand der Technik bei der Baubehörde eingekommen wird.

b) Für die in den Mastställen 5, 6 und 7 des landwirtschaftlichen Gehöftes B... 9, ..., (Grundstücke 14 und 17, Katastralgemeinde ...) eingebaute Zwangsentlüftungsanlage wird der Abbruch/Entfernung angeordnet, wobei dieser unter Beachtung abfallwirtschaftlicher Vorschriften durchzuführen ist. Dieser Abbruchauftrag/Entfernungsauftrag ist vorerst bis zur rechtskräftigen Beendigung des Bauverfahrens betreffend der bereits beantragten, nachträglichen Baubewilligung (Antrag von ) in Ansehung der Mastställe 5, 6 und 7 ausgesetzt.

c) Bei den in dem Hühnerstall (Legehennenstall) des landwirtschaftlichen Gehöftes B... 9, ..., (Grundstücke 14 und 17, Katastralgemeinde ...) eingebauten Zwangsentlüftungsanlagen sind die vorhandenen Baugebrechen (örtliche Situierung, Ausgestaltung der Abluftöffnungen) entsprechend der baubehördlichen Bewilligung zu beheben und in Ansehung dieser Belüftungsanlage der Zustand gemäß Baubewilligungsbescheid vom , B-23/1970, herzustellen, dies jeweils bis . Dieser Instandsetzungsauftrag wird ausgesetzt, soferne bis um eine nachträgliche Baubewilligung der Entlüftungsanlagen im Hühnerstall (Legehennenstall) mit Anpassung an den Stand der Technik bei der Baubehörde eingekommen wird.

d) In den Räumlichkeiten des Hühnerstall (Legehennenstall) des landwirtschaftlichen Gehöftes B... 9, ..., (Grundstücke 14 und 17, Katastralgemeinde ...) wird die Öffnung der Außenfenster und Außentüren jeweils zu Belüftungszwecken untersagt.

Diese Sicherungsmaßnahme gilt bis zu einer allfälligen baubehördlich bewilligten Änderung der Entlüftungsanlage im Hühnerstall (Legehennenstall) und der Erstattung der diesbezüglichen Fertigstellungsanzeige.

e) In den Räumlichkeiten des Wartestalles 1 des landwirtschaftlichen Gehöftes B... 9, ..., (Grundstücke 14 und 17, Katastralgemeinde ...) wird jede Nutzung für Zwecke der Tierhaltung, insbesondere Schweinezucht, bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Baubewilligungsbescheides zum Zwecke der Tierhaltung (insbesondere Schweinezucht) für diese Räumlichkeiten und Vorliegen einer Fertigstellungsanzeige mit den erforderlichen Bestätigungen untersagt.

f) Die weiteren bzw. weitergehenden Anträge des Nachbarn (Mitbeteiligten) vom , und werden abgewiesen.

II.

Einer Berufung gegen diesen Bescheid in Ansehung des Spruches Punkt I. (d) und (e) wird gemäß § 64 Abs 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

III.

Die Vorschreibung der Kosten, Abgaben und Gebühren gemäß den § 75 ff AVG bleibt einem eigenen Bescheid vorbehalten.

..."

31 Dazu führte der Bürgermeister (u.a.) aus, dass an seinen rechtskräftigen Bescheid vom angeknüpft werde. Schon mit Schreiben vom und seien vom Mitbeteiligten als Nachbarn des Revisionswerbers im Sinne der NÖ BO 2014 Anträge auf Erlassung eines Nutzungsverbotes in Bezug auf den Hühnerstall (Wartestall 1) und die Mastställe 5, 6 und 7 gestellt worden. Nach Hinweis auf die durchgeführten baupolizeilichen Überprüfungen und eingeholten Sachverständigengutachten ging der Bürgermeister im Wesentlichen davon aus, dass für die Zwangsentlüftungsanlagen in den Warteställen 1 und 2 sowie in den Mastställen 5, 6 und 7 eine baubehördliche Bewilligung fehle, sodass nach § 35 NÖ BO 2014 der Abbruch dieser Anlagen anzuordnen sei (zu Spruchpunkt I.a und I.b). Ferner wurde begründend ausgeführt, dass ein Abbruchauftrag nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erst nach rechtskräftiger Abweisung oder Zurückweisung eines nachträglich gestellten Antrages auf Baubewilligung vollstreckt werden dürfe, weshalb von der Vollstreckung hinsichtlich der eingebauten (gemeinsamen) Zwangsentlüftungsanlage in den Mastställen 5, 6 und 7 bis zur Entscheidung über den Antrag auf nachträgliche Baubewilligung Abstand genommen werde. 32 Für eine Lüftungsanlage im Hühnerstall liege zwar eine Baubewilligung vor, jedoch sei die Zwangsentlüftungsanlage des Hühnerstalles anders, als im seinerzeitigen Bewilligungsbescheid angeordnet, ausgeführt worden, sodass ein Baugebrechen im Sinne des § 34 NÖ BO 2014 vorliege, dessen Behebung aufzutragen sei. Es sei demnach der Auftrag zu erteilen, die Entlüftungsanlage bis so herzustellen, wie es in dem seinerzeitigen Baubewilligungsbescheid festgelegt worden sei. Der Mitbeteiligte bestehe trotz Übermittlung des Amtssachverständigengutachtens und dem Hinweis, dass die tatsächlich errichtete Entlüftungsanlage im Hühnerstall eine Verbesserung der Immissionssituation darstelle, auf seine Anträge zur Anordnung von baupolizeilichen Maßnahmen. Sofern der Revisionswerber bis zum um nachträgliche Baubewilligung für die derzeit anders situierte Zwangsentlüftungsanlage im Hühnerstall - unter gleichzeitiger Anpassung der Entlüftungsanlage an den Stand der Technik - einkomme, werde dieser Instandsetzungsauftrag bis zur rechtskräftigen Beendigung des nachträglichen Baubewilligungsverfahrens ausgesetzt (zu Spruchpunkt I.c). In Bezug auf die Spruchpunkte I.d) und I.e) verwies der Bürgermeister auf § 35 Abs. 1 und 3 NÖ BO 2014.

33 Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl der Revisionswerber als auch der Mitbeteiligte - dieser mit der Erklärung, den Bescheid im Umfang der Spruchpunkte I.b) und I.e) anzufechten - jeweils Berufung.

34 Mit Bescheid vom (Spruchpunkt I.) gab der Gemeindevorstand der Marktgemeinde P. (im Folgenden: Gemeindevorstand) diesen Berufungen keine Folge, dies mit der Maßgabe, dass aus Anlass der Berufungsentscheidung die in den Spruchpunkten I.a) und I.b) des erstinstanzlichen Bescheides gesetzte Frist für die Durchführung der baupolizeilichen Aufträge und die Frist für ein Ansuchen um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung von Amts wegen neu festgelegt wurden. 35 Der Mitbeteiligte erhob gegen den Berufungsbescheid vom Beschwerde.

36 Im weiteren Beschwerdeverfahren legte der Mitbeteiligte dem Verwaltungsgericht (E-Mail vom ) das im Auftrag der Baubehörde erstattete humanmedizinische Gutachten des Dr. M. "zu Um- und Zubauten von Stallungen, Einbau von Abluftanlagen" auf den Liegenschaften des Revisionswerbers vom vor und wies auf die in diesem Gutachten gezogene Schlussfolgerung hin, wonach Um- oder Zubauten, welche zu einer Zunahme der Emissionen führten, aus medizinischer Sicht in dieser Situation nicht vertretbar seien. Vielmehr sei es wünschenswert, dass durch diverse Maßnahmen, wie die Verlegung der Tierhaltung nach außerhalb des Wohngebietes oder den Einbau von Filteranlagen, die bestehenden Emissionen reduziert würden.

37 Mit Beschluss vom bestellte das Verwaltungsgericht Dr. M. zum nichtamtlichen Sachverständigen für Humanmedizin.

38 Am führte das Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der dazu beigezogene Sachverständige für Humanmedizin Dr. M. vertrat in Bezug auf die Feinstaubbelastung durch den Hühnerstall die Auffassung, dass Grundlage der vorliegenden Berechnung Staubpartikel (PM10) seien, die bis tief in die Atemwege eingeatmet werden könnten. Je nach der konkreten chemischen Zusammensetzung des Staubes gebe es verschiedene schädliche Auswirkungen. Im Hinblick auf den Hühnerstall liege hauptsächlich ein Bioaerosol, vor allem entzündungsauslösende Inhaltsstoffe, vor. Im Fall von Hühnern sei der gefährlichste Bestandteil Endotoxin, das sei ein Sammelbegriff für mikrobielle Bestandteile. Es gebe sowohl Studien zu akuten Effekten (z.B. Auswirkungen des Tagesmittelwertes auf die Todesrate, Erkrankungsrate) als auch Langzeitstudien (d.h. Auswirkungen des Jahresmittelwertes auf das Herzinfarktrisiko, Lungenkrebs, chronische Lungenerkrankungen, Schlaganfallrisiko usw.). Alle diese Studien zeigten, dass auch bei niedrigen Belastungen bereits eine Gefährdung vorliege und hier das Risiko besonders stark zunehme. Nachdem die medizinische Wissenschaft keinen Schwellenwert angeben könne, ab dem keine Gefahr bestehe, gebe es in verschiedenen Bereichen Festlegungen des Gesetzgebers bzw. von Verwaltungsbehörden sowie Richtlinien für Sachverständige. Demnach sei eine Zusatzbelastung von weniger als 1 bis 3 % des Grenzwertes irrelevant. Das Immissionsschutzgesetz - Luft (IG-L) sehe einen Jahresgrenzwert von 40 µg/m3 (Durchschnitt) vor. Es gebe einen Tagesgrenzwert von 50 µg/m3, der allerdings an bis zu 25 Tagen pro Jahr überschritten werden dürfe. Damit stelle der vom agrartechnischen Amtssachverständigen DI S. berechnete Wert von 1 µg/m3 (d.h. etwas über 2,5 %) Zusatzbelastung einen Wert dar, der nicht mehr als gesundheitlich irrelevant angesehen werden könne. Eine Gesundheitsbeeinträchtigung könne jedenfalls nicht ausgeschlossen werden.

39 Der zu dieser Verhandlung beigezogenen Amtssachverständige für Agrartechnik DI S. führte unter anderem aus, dass die Belüftungsanlage bzw. Abluftanlage auf die Gesamtfeinstaubbelastung im Ortsteil B... keine Auswirkungen habe und nur für die Verteilung des Feinstaubes eine Rolle spiele. 40 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde (Spruchpunkt 1.) der Beschwerde des Mitbeteiligten gegen den Berufungsbescheid vom mit folgendem weiteren Ausspruch teilweise Folge gegeben:

" ...

a. Spruchpunkt I.b. des Bescheides des Bürgermeisters ... vom (wird) dahingehend abgeändert, dass die in den Mastställen 5, 6 und 7 eingebauten Zwangsentlüftungsanlagen innerhalb von sechs Wochen ab Rechtskraft dieses Erkenntnisses abzubrechen sind. Die zusätzlich im Bescheid des Bürgermeisters ausgesprochene Aussetzung dieser Anordnung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Bauverfahrens betreffend die beantragte nachträgliche Baubewilligung für die Mastställe 5, 6 und 7 wird ersatzlos behoben. Darüber hinaus wird dem (Revisionswerber) jede Nutzung der Mastställe 5 und 6 untersagt. Für die Umsetzung dieses Nutzungsverbotes wird eine Frist von einem Monat ab Rechtskraft dieses Erkenntnisses eingeräumt.

b. Spruchpunkt I.c. des Bescheides des Bürgermeisters ... vom (wird) dahingehend abgeändert, dass der Abbruch der bestehenden Zwangsentlüftungsanlage sowie die Herstellung der mit Bescheid vom im Hühnerstall bewilligten Zwangsentlüftungsanlage innerhalb von zwei Monaten ab Rechtkraft dieses Erkenntnisses angeordnet wird. Die zusätzlich im Bescheid des Bürgermeisters ausgesprochene Aussetzung dieser Anordnung, sofern bis um eine nachträgliche Baubewilligung für die Entlüftungsanlage angesucht wird, wird ersatzlos behoben. Weiters ist die Anzahl der im Hühnerstall gehaltenen Hühner innerhalb von drei Wochen ab Rechtskraft dieses Erkenntnisses auf 1360 zu reduzieren."

Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt 2.) und eine Revision für zulässig erklärt (Spruchpunkt 3.). Ferner wurde der Revisionswerber zum Ersatz der Kosten des nichtamtlichen Sachverständigen Dr. M. von EUR 528,-- an das Land Niederösterreich verpflichtet (Spruchpunkt 4.) und eine Revision auch gegen diesen Kostenbeschluss für zulässig erklärt (Spruchpunkt 5.).

41 Dazu führte das Verwaltungsgericht (u.a.) aus, dass der Gemeindevorstand die Abweisung der Berufung zum Teil auch mit der Rechtskraft des Bescheides des Bürgermeisters vom und der deshalb vorliegenden res iudicata begründet habe. Dieser Argumentation sei entgegenzuhalten, dass mit diesem Bescheid keine Anträge des Mitbeteiligten abgewiesen worden seien. Daher begründe der Bescheid vom für den Mitbeteiligten nur insofern eine entschiedene Sache, als die damit dem Revisionswerber erteilten baupolizeilichen Aufträge zulässigerweise nicht noch einmal beantragt werden könnten. Sofern aber über die erteilten Aufträge hinaus vor Erlassung des Bescheides vom Mitbeteiligten Anträge gestellt worden seien, seien diese nach Erlassung dieses Bescheides weiterhin offen gewesen. Der Bescheid vom stehe daher einer Entscheidung über solche darüber hinausgehenden Anträge des Mitbeteiligten nicht entgegen.

42 Weiters führte das Verwaltungsgericht zu Spruchpunkt 1.a. des angefochtenen Erkenntnisses aus, dass mit Bescheid des Bürgermeisters vom den Rechtsvorgängern des Revisionswerbers eine Baubewilligung für einen Schweinestall erteilt worden sei, der in etwa im Bereich der Mastställe 5 und 6 liegen sollte. Diese Bewilligung sei für einen Stall mit Außenabmessungen von etwa 20,00 m x 8,00 m erteilt worden. Errichtet worden sei jedoch ein um 8,605 m längerer und um 0,785 m schmälerer Stall, der sich auch im Inneren (insbesondere durch den entlang der südlichen Längsseite anstatt in der Mitte verlaufenden Bedienungsgang sowie durch die Abteilung in mehrere Stallteile) maßgeblich vom bewilligten Stall unterscheide. Eine von der Baubewilligung abweichende Errichtung eines Bauwerkes, die über eine Verschiebung um einige Zentimeter hinausgehe, stelle nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gegenüber der Baubewilligung ein rechtliches "aliud" dar, welches durch diese - zur Gänze - nicht mehr gedeckt sei (Hinweis auf ).

43 Die im Bescheid des Bürgermeisters vom mit der Benützungsbewilligung ausgesprochene nachträgliche Genehmigung von Abweichungen umfasse die Mastställe 5 und 6 schon deshalb nicht, weil sich dieser Bescheid nur auf die mit Bescheid des Bürgermeisters vom bewilligten Stallgebäude bezogen habe, die in östlicher Richtung an die Mastställe 5 und 6 anschlössen. Selbst wenn man aber in dem Bescheid auch darüber hinausgehende nachträgliche Bewilligungen sehen wollte, so würden sich diese nur auf die in der Niederschrift vom angeführten Abweichungen, die die beschriebenen Abweichungen von der Baubewilligung vom hinsichtlich der Außenabmessungen nicht umfassten, beziehen.

44 Ein Teilkonsens unter Zugrundelegung des Bescheides vom für die Mastställe 5 und 6 sei schon deshalb zu verneinen, weil das geplante Stallgebäude eine Trennung in mehrere Ställe nicht vorgesehen habe (sondern nur Boxen innerhalb eines einheitlichen Stalles und einen diesen etwa halbierenden Spaltenboden) und auch sonst in mehrfacher Hinsicht (etwa hinsichtlich der in der Niederschrift vom erwähnten abweichenden Bauweise und Dachkonstruktion) vom tatsächlich errichteten Stallgebäude abweiche. Die Baubewilligung vom sei daher durch die Errichtung des abweichenden Stallgebäudes nicht in Anspruch genommen worden und gemäß § 103 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1976 spätestens fünf Jahre nach ihrer Erteilung (demnach am ) erloschen. Somit liege für das gesamte tatsächlich errichtete Schweinestallgebäude, das neben den Mastställen 5 und 6 auch den Maststall 7 umfasse, keine Baubewilligung vor.

45 § 35 Abs. 2 Z 2 NÖ BO 2014 sehe vor, dass die Behörde den Abbruch eines Gebäudes anzuordnen habe, für das keine Baubewilligung vorliege. Das Verwaltungsgericht gehe davon aus, dass daneben nach § 35 Abs. 3 NÖ BO 2014 auch der Ausspruch eines Nutzungsverbotes für nicht bewilligte Bauwerke möglich sei und der Nachbar daher einen solchen Antrag zulässigerweise stellen könne. Der Wortlaut des § 35 Abs. 3 NÖ BO 2014 in der Fassung vor der Novelle LGBl. 50/2017 erwecke zwar den Eindruck, die Anwendung der Bestimmung setze das Vorliegen einer Baubewilligung (Bauanzeige) voraus und greife nur im Falle einer Nutzung zu einem anderen als dem bewilligten Zweck, während im Falle der gänzlichen Konsenslosigkeit des Bauwerks nur ein Abbruchauftrag nach § 35 Abs. 2 Z 2 leg. cit. in Betracht käme. Mit der Novelle LGBl. 50/2017 sei jedoch eine "Klarstellung" (so der Motivenbericht zur Regierungsvorlage Ltg.-1378/B-23/3-2017) durch den Gesetzgeber im Sinne der hier vorgenommenen Auslegung erfolgt, sodass dem Antrag des Mitbeteiligten auf Erlassung eines Nutzungsverbotes (ergänzend zum bereits mit Bescheid des Bürgermeisters vom ausgesprochenen Nutzungsverbot für den Maststall 7, sodass nunmehr die Nutzung des gesamten entgegen der Baubewilligung vom errichteten Stallgebäudes untersagt sei) für die beiden Mastställe 5 und 6 zu entsprechen und Spruchpunkt I.b) des Bescheides des Bürgermeisters (vom ) entsprechend abzuändern sei. 46 In Bezug auf Spruchpunkt 1.b. des angefochtenen Erkenntnisses führte das Verwaltungsgericht aus, dass für den Hühnerstall unbestritten eine Baubewilligung vorliege, weshalb weder ein Abbruchauftrag nach § 35 Abs. 2 Z 2 NÖ BO 2014 noch ein Nutzungsverbot nach § 35 Abs. 3 leg. cit. in Betracht komme. Unabhängig vom Vorliegen einer Baubewilligung sei jedoch die Anordnung eines Nutzungsverbotes als Sicherungsmaßnahme nach § 35 Abs. 1 NÖ BO 2014 zum Schutz von Personen oder Sachen möglich. 47 Im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen zu der vom Hühnerstall ausgehenden Immissionsbelastung sei das Verwaltungsgericht der Auffassung, dass zwar nicht die vom Hühnerstall auf die Nachbargrundstücke wirkende Geruchsbelastung, wohl aber die Feinstaubbelastung Sicherungsmaßnahmen rechtfertige. Diesen Feststellungen zufolge liege eine Gesundheitsgefährdung durch Feinstaub ab einer Zusatzbelastung von 1 bis 3 % des durch das IG-L gegebenen Grenzwertes vor, wobei bei bereits bestehenden hohen Belastungen das Risiko einer Gesundheitsgefährdung bei weiterer Zunahme der Belastung nicht mehr so stark zunehme. Im Hinblick darauf, dass die gesamte Gemeinde P. in einem Feinstaub-Sanierungsgebiet liege, sei von einer hohen Grundbelastung auszugehen. Daher werde im vorliegenden Fall eine Zusatzbelastung von 3 % des IG-L-Grenzwertes, also 1,2 µg/m3, als Grenze für eine Gesundheitsgefährdung angenommen. Nachdem die Zusatzbelastung durch eine durch Tierhaltung gegebene Emissionsquelle linear von der Anzahl der gehaltenen Tiere abhänge, müsse die Anzahl der gehaltenen Hühner im Hühnerstall um 20 % reduziert werden, um diesen Wert zu erreichen.

48 Allerdings könne die Prüfung der Belastung in einem baupolizeilichen Verfahren nicht jene umfassende sein, die nach § 48 NÖ BO 2014 in einem Baubewilligungsverfahren stattzufinden habe. Es sei lediglich zu prüfen, ob vom Hühnerstall für sich alleine eine Gefahr für Personen oder Sachen ausgehe. 49 Die sonstige Belastungssituation finde in einem solchen Fall entgegen der Ansicht des Mitbeteiligten nur insoweit Berücksichtigung, als sich aus ihr eine Veränderung der konkreten Gefährlichkeit der baulichen Anlage ergebe. Im vorliegenden Fall sei dies auf Grund der Lage in einem Gebiet mit unbestritten hoher Geruchsbelastung (was zu einer Maskierung der Gerüche aus dem Hühnerstall und damit letztlich zur Irrelevanz dieser Geruchsbelastung führe) bzw. Feinstaubbelastung (was zu einer Annahme eines höheren Irrelevanzkriteriums für eine Gesundheitsbelastung, nämlich 3 % des IG-L-Grenzwertes führe) der Fall. Die konkrete (Vor-)Belastung durch andere Anlagen und die Prüfung der konkreten Auswirkung einer Anlage auf die insgesamt auf dem Nachbargrundstück verursachten Immissionen müssten aber bei Prüfung der Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 NÖ BO 2014 außer Betracht bleiben. Ansonsten wäre es etwa möglich, dass emissionsträchtige Anlagen durch die Erhöhung der Emissionen aus anderen Anlagen in der Umgebung plötzlich - als Teil von nur in ihrer Gesamtheit schädlichen Emissionen - eine Gefährdung darstellten und ihre Nutzung nach § 35 Abs. 1 NÖ BO 2014 untersagt werden könnte. Hätte der Gesetzgeber eine derart weitreichende Möglichkeit einer nachträglichen Nutzungsbeschränkung unabhängig vom Bestehen eines Baukonsenses gewollt, hätte er dies mit hinreichender Deutlichkeit (wie etwa der Bundesgesetzgeber in § 79 GewO 1994) zum Ausdruck bringen müssen.

50 Werde aber eine Gefährdung alleine durch Emissionen von einem Bauwerk bewirkt, so sei dieser durch Sicherungsmaßnahmen zu begegnen, und zwar auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein Baukonsens bestehe und die Prüfung der Emissionsbelastung an sich Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens hätte sein müssen, diese aber faktisch nicht erfolgt sei. Dem Inhaber der Baubewilligung könne, auch wenn dieser über eine Baubewilligung verfüge, kein schrankenloses Recht zum Ausstoß von Emissionen zugebilligt werden. Dieses finde vielmehr seine Grenze dort, wo Personen oder Sachen erwiesenermaßen durch die von der baulichen Anlage ausgehenden Emissionen gefährdet und daher Schutz benötigen würden.

51 Aus diesem Grund sei Spruchpunkt I.c) des Bescheides des Bürgermeisters vom um eine Beschränkung der Zahl der im Hühnerstall gehaltenen Hühner auf 1.360 (dies entspreche einer Reduktion um 20 %) als Sicherungsmaßnahme zu ergänzen. Das darüber hinausgehende Begehren des Mitbeteiligten auf Erlassung eines kompletten Nutzungsverbotes für den Hühnerstall sei im Hinblick auf die vorhandene Baubewilligung abzuweisen. 52 Die mit den baupolizeilichen Aufträgen ausgesprochenen "Aussetzungen" dieser Aufträge fänden allerdings im Gesetz keine Deckung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei zwar im Falle eines anhängigen Baubewilligungsverfahrens für bisher nicht bewilligte bauliche Anlagen die Vollstreckbarkeit eines darauf bezogenen baupolizeilichen Auftrages gehemmt, dies ändere aber nichts daran, dass nach § 34 Abs. 2 bzw. § 35 Abs. 2 Z 2 NÖ BO 2014 die einzige Voraussetzung für die Erlassung eines Beseitigungs-, Herstellungs- oder Abbruchauftrages das Bestehen eines konsenswidrigen Zustandes (Abweichung von der Baubewilligung bzw. Fehlen einer solchen) sei. Ob der Bescheid sogleich vollstreckbar sei, stelle keine Vorfrage im Titelverfahren dar, sodass eine Aussetzung nach § 38 AVG nicht in Betracht komme. Somit seien die mit den Spruchpunkten I.b) und I.c) des Bescheides erteilten baupolizeilichen Aufträge ohne die vom Bürgermeister und in der Folge vom Gemeindevorstand zusätzlich ausgesprochenen "Aussetzungen" zu erteilen. 53 Die mit Spruchpunkt 4. des angefochtenen Erkenntnisses ausgesprochene Verpflichtung des Revisionswerbers zum Ersatz der Sachverständigengebühren beruhe (unter anderem) auf § 17 VwGVG iVm den § 76 und 53a AVG. Da dem Verwaltungsgericht ein entsprechender Amtssachverständiger nicht zur Verfügung gestanden sei, sei Dr. M. mit Beschluss vom zum nichtamtlichen Sachverständigen für Humanmedizin (zur Beurteilung der medizinischen Auswirkungen der von den Anlagen des Revisionswerbers ausgehenden Emissionen) bestellt worden. 54 Nach der mündlichen Verhandlung habe er am Gebühren in der Höhe von EUR 528,-- geltend gemacht (darin EUR 20,-

- Gebühr für das Aktenstudium und EUR 420,-- Gebühr für die als "Sitzungsteilnahme" bezeichnete Mühewaltung). Die Gebühren seien dem Sachverständigen mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom vollständig zuerkannt und am ausbezahlt worden.

55 Die dem Sachverständigen ausbezahlten Gebühren stellten nach § 76 Abs. 1 zweiter Satz AVG Barauslagen dar, die nach § 76 Abs. 1 erster Satz AVG grundsätzlich jener Partei aufzuerlegen seien, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt habe. Im vorliegenden Fall habe allerdings der Revisionswerber (bzw. dessen Rechtsvorgänger, deren Verhalten er sich als Rechtsnachfolger zurechnen lassen müsse) durch die Haltung von Hühnern in einem für den Mitbeteiligten gesundheitsgefährdenden Ausmaß das baupolizeiliche Verfahren im Hinblick auf den Hühnerstall und damit auch die Heranziehung des nichtamtlichen Sachverständigen verursacht, sodass gemäß § 17 VwGVG iVm § 76 Abs. 2 AVG der Revisionswerber mit den Sachverständigengebühren zu belasten sei. 56 Die ordentliche Revision sei zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren Rechtsfragen zu lösen gewesen seien, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme: Dies sei zunächst die Frage, ob der Nachbar bei der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung des § 35 Abs. 2 Z 2 NÖ BO 2014 hinsichtlich des Schweinestalles auch die Erlassung eines Nutzungsverbotes habe begehren können, obwohl für diesen Stall ein Baukonsens fehle. Insbesondere werfe der vorliegende Fall aber die Frage der Tragweite von Sicherungsmaßnahmen nach § 35 Abs. 1 NÖ BO 2014 auf, konkret, ob diese auch bei Vorliegen eines Baukonsenses angeordnet werden könnten, wenn eine Gesundheitsgefährdung des Nachbarn durch die konsentierte Anlage feststehe und die Zulässigkeit der Immissionsbelastung im vorangegangenen Baubewilligungsverfahren zu prüfen gewesen wäre, eine solche Prüfung jedoch faktisch nicht erfolgt sei. Dabei sei noch zu berücksichtigen, dass der Mitbeteiligte behaupte, seine Rechtsvorgänger seien dem Baubewilligungsverfahren nicht beigezogen worden.

57 Auch hinsichtlich der dem Revisionswerber beschlussmäßig auferlegten Verfahrenskosten (Sachverständigengebühren) sei die Revision zuzulassen gewesen, weil die Lösung dieser Rechtsfrage auf Grundlage des § 76 Abs. 2 AVG von der Lösung der vorhergehenden Rechtsfrage abhänge.

58 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, die sich in den Revisionspunkten (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) nur gegen die Erlassung der Nutzungsverbote bzw. Sicherungsmaßnahmen und die Auferlegung der Sachverständigengebühren wendet.

59 Der Gemeindevorstand und der Mitbeteiligte erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung.

II.

Zu Spruchpunkt 1.b. des angefochtenen Erkenntnisses (Hühnerstall):

60 Die Revision bringt in Bezug auf diesen Spruchpunkt zusammengefasst (u.a.) vor, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht die Reduktion der Anzahl der im Hühnerstall, für den unstrittig mit Bescheid vom eine Baubewilligung erteilt worden sei, gehaltenen Hühner auf 1.360 Tiere in Form eines Nutzungsverbotes als Sicherungsmaßnahme gemäß § 35 Abs. 1 NÖ BO 2014 angeordnet habe und ein Ausspruch eines Nutzungsverbotes gemäß § 35 Abs. 3 NÖ BO 2014 aufgrund der konsensmäßigen Verwendung ausscheide.

61 Dazu ist darauf hinzuweisen, dass mit hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Ro 2019/05/0002, das angefochtene Erkenntnis (u.a.) im Umfang seines Spruchpunktes 1.b. letzter Satz (Reduktion der Anzahl der im Hühnerstall gehaltenen Hühner) gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben wurde. 62 Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. etwa , mwN) bewirkt bei einer Revision die Beseitigung der angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung - durch wen auch immer oder aus welchem Titel auch immer - die Klaglosstellung des Revisionswerbers, wobei auch die (auf dem Boden des § 42 Abs. 3 VwGG rückwirkende) Aufhebung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof aufgrund der Revision eines Dritten eine Klaglosstellung nach sich zieht.

63 Im Hinblick darauf war gemäß § 33 Abs. 1 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - die Revision in dem im Spruch genannten Umfang als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren insoweit einzustellen.

Zu Spruchpunkt 1.a. (Mastställe) und Spruchpunkt 4. (Auferlegung der Sachverständigengebühren) des angefochtenen Erkenntnisses:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

64 Die Revision erweist sich in Anbetracht der im angefochtenen Erkenntnis in Bezug auf die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision aufgeworfenen und in der Revision näher dargestellten Rechtsfragen als zulässig.

Zu Spruchpunkt 1.a. des angefochtenen Erkenntnisses (Mastställe):

65 Die Revision führt in Bezug auf die Mastställe 5 und 6 aus, dass ein Nutzungsverbot nur gemäß den Voraussetzungen des § 35 Abs. 3 NÖ BO 2014, welche Bestimmung von einem bewilligten oder aus der Anzeige zu ersehenden Verwendungszweck ausgehe, ausgesprochen werden könne. Für die Mastställe 5 und 6, die sich maßgeblich vom bewilligten Stall - wobei der Bewilligungsbescheid vom keine Aussagen zur Anzahl der Tiere oder zu den zulässigen Emissionswerten enthalte - unterschieden ("aliud"), liege jedoch keine Baubewilligung vor. Schon aus diesem Grund scheide der Ausspruch eines Nutzungsverbotes im Sinne des § 35 Abs. 3 NÖ BO 2014 aus. Ferner scheide ein Ausspruch eines Nutzungsverbotes gemäß § 35 Abs. 1 NÖ BO 2014 allein deshalb aus, weil ein solches nur gemäß § 35 Abs. 3 NÖ BO 2014 angeordnet werden könne.

66 Dazu ist Folgendes auszuführen:

67 Das Verwaltungsgericht hatte seiner Entscheidung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zugrunde zu legen (vgl. etwa , mwN).

68 Zu diesem Zeitpunkt stand die NÖ BO 2014, LGBl. Nr. 1/2015, in der Fassung LGBl. Nr. 12/2018 - dadurch wurde die NÖ BO 2014 in ihren § 5 und 18 geändert - in Geltung. Dem ist die Änderung der NÖ BO 2014 durch LGBl. Nr. 50/2017 vorangegangen, wodurch unter anderem § 34 und § 35 NÖ BO 2014 novelliert wurden. 69 Gemäß § 70 Abs. 10 NÖ BO 2014 sind die am Tag des Inkrafttretens der Änderung der NÖ BO 2014, LGBl. Nr. 50/2017, - dies war am - anhängigen Verfahren nach den bisherigen Bestimmungen zu Ende zu führen. In Anbetracht der oben genannten, vom Mitbeteiligten im Jahr 2016 gestellten Anträge auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages ist für die Beurteilung des Revisionsfalles daher insoweit die NÖ BO 2014 in der Fassung LGBl. Nr. 106/2016 maßgeblich.

70 § 35 NÖ BO 2014 lautet:

"§ 35

Sicherungsmaßnahmen und Abbruchauftrag

(1) Die Baubehörde hat alle Sicherungsmaßnahmen, die zum Schutz von Personen und Sachen erforderlich sind, insbesondere die Untersagung der Nutzung sowie die Räumung von Gebäuden oder Teilen davon anzuordnen.

(2) Die Baubehörde hat den Abbruch eines Bauwerks ungeachtet eines anhängigen Antrages nach § 14 oder einer anhängigen Anzeige nach § 15 anzuordnen, wenn

1. mehr als die Hälfte des voll ausgebauten umbauten Raumes eines Gebäudes durch Baugebrechen unbenützbar geworden ist und der Eigentümer einem Auftrag nach § 34 Abs. 2 innerhalb der ihm darin gewährten Frist nicht entsprochen hat oder

2. für das Bauwerk keine Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt.

Für andere Vorhaben gilt Z 2 sinngemäß.

(3) Die Baubehörde hat die Nutzung eines Bauwerks zu einem anderen als dem bewilligten oder aus der Anzeige (§ 15) zu ersehenden Verwendungszweck zu verbieten. Abs. 1 und 2 sowie § 34 Abs. 1 und 2 bleiben davon unberührt."

71 Nach dem klaren Wortlaut des § 35 Abs. 3 NÖ BO 2014 kommt die Erlassung eines Verbotes der Nutzung eines Bauwerkes, für das im Falle der Bewilligungspflicht keine Baubewilligung erteilt oder im Falle der Anzeigepflicht keine Bauanzeige erstattet wurde, nicht in Betracht. An dieser bis zum geltenden Rechtslage hat die Novelle zur NÖ BO 2014 LGBl. Nr. 50/2017, die nunmehr die Anordnung eines Nutzungsverbotes nach § 35 Abs. 3 NÖ BO 2014 auch für den Fall eines nicht bewilligten oder nicht angezeigten Bauwerkes ermöglicht, nichts geändert:

72 Eine Anwendung der normierten Änderung der Bestimmung des § 35 Abs. 3 NÖ BO 2014 auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Novelle bereits anhängige Verfahren wird durch die Übergangsbestimmung des § 70 Abs. 10 NÖ BO 2014 ausgeschlossen. Dazu kommt, dass die im Motivenbericht zu dieser Novelle (vgl. Ltg.-1378/B-23/3-2017: "Zu Z 47 (§ 35 Abs. 3 und 4)") in Bezug auf § 35 leg. cit. zum Ausdruck gebrachte Intention einer "Klarstellung" eine authentische Interpretation der bisherigen Rechtslage nicht bewirken kann, kommt doch eine authentische Interpretation eines Gesetzes nur durch eine Erklärung im kundgemachten Gesetz selbst, wonach der Gesetzgeber eine bestimmte Regelung in einem bestimmten Sinn verstanden wissen will, zustande und nicht durch bloße Äußerungen im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens (vgl. etwa , mwN).

Dies hat das Verwaltungsgericht, indem es in Bezug auf die Mastställe 5 und 6 ein Nutzungsverbot anordnete, verkannt, weshalb das angefochtene Erkenntnis im Umfang seines Spruchpunktes 1.a. vorletzter und letzter Satz gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Zu Spruchpunkt 4. des angefochtenen Erkenntnisses (Auferlegung der Sachverständigengebühren):

73 Die Revision bringt diesbezüglich im Wesentlichen vor, der Revisionswerber habe nicht erkennen können, ob die Hühnerhaltung gesundheitsgefährdend sei oder nicht. Das Verwaltungsgericht habe seine Entscheidung über die Sicherungsmaßnahmen in Bezug auf den Hühnerstall auf die erhöhte Feinstaubbelastung gestützt. Die Beurteilung dieser Frage stelle eine Fachfrage dar, wobei dem Revisionswerber eine genaue Abgrenzung der gesundheitsgefährdenden Feinstaubbelastung nicht im Sinne eines Verschuldens angelastet werden könne. Für die Räumlichkeiten des Hühnerstalles liege auch eine Baubewilligung vor. Im seinerzeitigen Bauverfahren sei nicht über die Anzahl der Tiere oder die zulässigen Emissionswerte abgesprochen worden, sodass ihn auch aus diesem Grund kein Verschulden an der erhöhten Feinstaubbelastung treffen könne. Das Verwaltungsgericht hätte daher denjenigen, der den verfahrenseinleitenden Antrag nach § 76 Abs. 1 AVG gestellt habe, nämlich den Mitbeteiligten, zum Gebührenersatz verpflichten müssen.

74 Dazu ist Folgendes auszuführen:

75 § 52 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, in der Fassung BGBl. 471/1995 und § 76 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 137/2001 lauten auszugsweise:

"Sachverständige

§ 52. (1) Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig, so sind die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen.

(2) Wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist, kann die Behörde aber ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) heranziehen.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, so kann die Behörde dennoch nichtamtliche Sachverständige heranziehen, wenn davon eine wesentliche Beschleunigung des Verfahrens zu erwarten ist. Die Heranziehung ist jedoch nur zulässig, wenn sie von demjenigen, über dessen Ansuchen das Verfahren eingeleitet wurde, angeregt wird und die daraus entstehenden Kosten einen von dieser Partei bestimmten Betrag voraussichtlich nicht überschreiten.

..."

"§ 76. (1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.

(2) Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.

(3) Treffen die Voraussetzungen der vorangehenden Absätze auf mehrere Beteiligte zu, so sind die Auslagen auf die einzelnen Beteiligten angemessen zu verteilen.

..."

76 Das Verwaltungsgericht bestellte mit Beschluss vom Dr. M. zum nichtamtlichen Sachverständigen für Humanmedizin und zog diesen der mündlichen Verhandlung vom bei, um die Wirkungen der Geruchsemissionen des Hühnerstalles auf einen durchschnittlichen gesunden Menschen aus medizinischer Sicht zu beurteilen. Zudem sollte er zur Frage Stellung beziehen, ob die faktische Gesamtimmissionssituation auf dem Grundstück des Mitbeteiligten als gesundheitsschädlich zu bewerten sei und ein Wegfall der Immissionen aus dem Hühnerstall die Situation entscheidend verbessern würde.

77 Im Rahmen dieser Verhandlung führte Dr. M. (u.a.) aus, dass die vom Hühnerstall ausgehende Feinstaubbelastung einen Wert darstelle, der gesundheitlich nicht mehr als irrelevant angesehen werden könne. Auf die Gesamtfeinstaubbelastung im Ortsteil B. habe die Belüftungsanlage allerdings keine Auswirkungen, sie spiele nur für die Verteilung des Feinstaubes eine Rolle.

78 Daraus ergibt sich, dass die erhöhte Feinstaubbelastung auf die im Stall gehaltenen Hühner zurückzuführen ist, nicht jedoch auf die Zwangsentlüftungsanlage an sich.

79 Die Verpflichtung des Revisionswerbers zum Ersatz der Sachverständigengebühren des Dr. M. begründete das Verwaltungsgericht im Wesentlichen damit, dass ein entsprechender Amtssachverständiger nicht zur Verfügung gestanden sei und der Revisionswerber (bzw. dessen Rechtsvorgänger, deren Verhalten er sich als Rechtsnachfolger zurechnen lassen müsse) durch die Haltung von Hühnern in einem für den Mitbeteiligten gesundheitsgefährdenden Ausmaß das baupolizeiliche Verfahren im Hinblick auf den Hühnerstall und damit auch die Heranziehung des nichtamtlichen Sachverständigen verursacht habe, sodass gemäß § 17 VwGVG iVm § 76 Abs. 2 AVG der Revisionswerber mit den Sachverständigengebühren zu belasten sei.

80 Die in § 76 Abs. 2 AVG vorgesehene Heranziehung des Beteiligten setzt voraus, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen dem schuldhaften Verhalten des Beteiligten und der mit Kosten verbundenen Amtshandlung bestand und die einzelnen Verfahrenshandlungen, welche die Kosten verursacht haben, zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts erforderlich waren. Bei der Prüfung der Frage, ob Verschulden im Sinne des § 76 Abs. 2 AVG vorliegt, ist vom Verschuldensbegriff des § 1294 ABGB auszugehen. Ein solches Verschulden fällt jemandem nur zur Last, wenn ihn zumindest der Vorwurf trifft, er habe es an der gehörigen Aufmerksamkeit oder dem gehörigen Fleiß fehlen lassen (vgl. etwa , mwN).

81 Die im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen bieten nun keine tragfähige Grundlage für die Annahme, dass der Revisionswerber die hier in Rede stehende Amtshandlung (Beiziehung eines nichtamtlichen Sachverständigen) im Sinne des § 76 Abs. 2 AVG verschuldet hätte. So wurde der Hühnerstall konsensgemäß verwendet, wobei dem diesbezüglichen Baubewilligungsbescheid vom Angaben über die zulässige Anzahl an gehaltenen Hühnern im Stall ebenso wenig zu entnehmen sind wie Angaben über zulässige Emissionswerte. Auch wird nicht behauptet, dass es der Revisionswerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht bei der Ermittlung der Emissionen an der gehörigen Aufmerksamkeit oder am gehörigen Fleiß habe fehlen lassen. Dementsprechend fehlt es am notwendigen Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Revisionswerbers und der Einholung des Gutachtens des nichtamtlichen Sachverständigen.

82 Im Hinblick darauf steht die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Verpflichtung des Revisionswerbers zum Ersatz der Gebühren des nichtamtlichen Sachverständigen mit dem Gesetz nicht im Einklang, weshalb auch der unter Spruchpunkt 4. des angefochtenen Erkenntnisses gefasste Beschluss gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

83 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG iVm der Verordnung, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2019050001.J00
Schlagworte:
Auslegung Allgemein authentische Interpretation VwRallg3/1 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

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