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VwGH vom 24.09.2020, Ro 2019/03/0028

VwGH vom 24.09.2020, Ro 2019/03/0028

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revisionen 1. der Ö AG in W, vertreten durch die Walch/Zehetbauer/Motter Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Biberstraße 11 (protokolliert zur Zl. Ro 2019/03/0028) und 2. der Landeshauptfrau von Niederösterreich (protokolliert zur Zl. Ro 2020/03/0007), gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-123/001-2019, betreffend Kostentragung für die Sicherung einer Eisenbahnkreuzung (mitbeteiligte Partei jeweils: Marktgemeinde G, vertreten durch die Nistelberger & Parz Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Bräunerstraße 3), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der erstrevisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1Mit Eingabe vom an den Landeshauptmann von Niederösterreich (Landeshauptmann) beantragte die erstrevisionswerbende Partei, gemäß § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetz 1957 (EisbG) über die im Einzelfall anzuwendende Art der Sicherung der Eisenbahnkreuzung in km 14,890 der ÖBB-Strecke Absdorf/Hippersdorf - Krems/Donau mit einer Gemeindestraße, die sich im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Gemeinde befindet, zu entscheiden. Dieser Antrag wurde unter anderem damit begründet, dass es im Zuge der Errichtung eines elektronischen Stellwerks in Kirchberg am Wagram/Fels am Wagram erforderlich sei, die bestehende Eisenbahnkreuzung anzupassen, umzugestalten bzw. neu zu sichern. Die örtlich zulässige Geschwindigkeit betrage derzeit 120 km/h und solle künftig in beiden Richtungen 140 km/h betragen.

2Mit Bescheid vom (im Folgenden: Sicherungsbescheid) legte der Landeshauptmann für die gegenständliche Eisenbahnkreuzung mit einer Gemeindestraße im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Gemeinde die zur Anwendung kommende Art der Sicherung gemäß § 49 Abs. 2 EisbG wie folgt fest:

„Spruch

I.

Die Eisenbahnkreuzung in km 14,890 der ÖBB-Strecke Absdorf/Hippersdorf - Krems/Donau mit einer Gemeindestraße ist unter der Bedingung, dass das elektronische Stellwerk in Kirchberg am Wagram/Fels am Wagram errichtet wird und die örtlich zulässige Geschwindigkeit auf der Bahn in beiden Richtungen von 120 km/h auf 140 km/h erhöht wird, nach Maßgabe des Lageplans, Einlage 1.7, des ‚Bauentwurfs für die technische Sicherung der Eisenbahnkreuzung in km 14,890 der ÖBB-Strecke Absdorf/Hippersdorf - Krems/Donau‘, erstellt von der [Erstrevisionswerberin], integriertes Streckenmanagement, Region Ost 2, gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 der Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 durch Lichtzeichen mit Schranken zu sichern, wobei die Sicherungsanlage als Lichtzeichen mit Vollschranken mit gleichzeitigem Schließen der Schrankenbäume auszuführen ist.“

3Für die Ausführung der Anordnung wurde gemäß § 59 Abs. 2 AVG eine Frist bis spätestens bestimmt (Spruchpunkt II.). Unter Spruchpunkt III. wurde die erstrevisionswerbende Partei zur Entrichtung näher bestimmter Kommissionsgebühren verpflichtet.

4In der Folge errichtete die erstrevisionswerbende Partei die Lichtzeichenanlage und das elektronische Stellwerk im Sinne dieses Sicherungsbescheides. Eine Erhöhung der örtlich zulässigen Geschwindigkeit auf 140 km/h erfolgte nicht.

5Mit Schriftsatz vom beantragte die erstrevisionswerbende Partei gemäß § 49 Abs. 2 EisbG iVm § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG die Entscheidung des Landeshauptmanns, dass die mitbeteiligte Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast 50 % der Kosten für die Errichtung/Inbetriebhaltung der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung zu tragen habe, in eventu die Entscheidung darüber, in welchem Ausmaß die Gesamtkosten von den Verkehrsträgern zu tragen seien, in eventu welche Kosten die mitbeteiligte Gemeinde zu tragen habe.

6Mit Bescheid der zweitrevisionswerbenden Landeshauptfrau von Niederösterreich (Landeshauptfrau) vom wurden (unter Spruchpunkt 1) gemäß § 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 3 EisbG die mit der Errichtung einer Lichtzeichenanlage mit Vollschranken, welche mit gleichzeitigem Schließen der Schrankenbäume auszuführen sei, an der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung mit einer Gemeindestraße verbundenen Kosten mit EUR 449.755,93 festgesetzt. Die erstrevisionswerbende Partei habe die unter 1) angeführten Kosten zu 70 %, die mitbeteiligte Gemeinde zu 30 % zu tragen (Spruchpunkt 2). Unter Spruchpunkt 3) wurde ausgesprochen, dass die mitbeteiligte Gemeinde der erstrevisionswerbenden Partei den Betrag in der Höhe von EUR 86.286,13 binnen vier Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu zahlen habe. Die jährlichen Kosten der Erhaltung und Inbetriebhaltung der Sicherungsanlage wurden (unter Spruchpunkt 4) mit EUR 6.485,38 und mit einem Barwert von EUR 162.134,51 festgesetzt. Die erstrevisionswerbende Partei habe diese Kosten zu 70 %, die mitbeteiligte Gemeinde zu 30 % zu tragen, wobei die mitbeteiligte Gemeinde der erstrevisionswerbenden Partei ab Rechtskraft dieses Bescheides jeweils bis zum 31. Jänner des Folgejahres jährlich EUR 1.945,61 bei sonstiger Exekution zu zahlen habe.

7Gegen diesen Bescheid erhoben die erstrevisionswerbende Partei und die mitbeteiligte Gemeinde jeweils Beschwerde.

8Mit dem angefochtenen Erkenntnis änderte das Verwaltungsgericht den Bescheid der Landeshauptfrau dahingehend ab, dass der Antrag der erstrevisionswerbenden Partei vom auf Kostenentscheidung gemäß § 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG zurückgewiesen werde (Spruchpunkt I.). Weiters erklärte das Verwaltungsgericht die ordentliche Revision als zulässig (Spruchpunkt II.).

9Das Verwaltungsgericht führte im Wesentlichen aus, dass nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Spruches des Sicherungsbescheides vom die vom Landeshauptmann getroffene Sicherungsanordnung an zwei kumulativ zu erfüllende Bedingungen geknüpft werde, von denen eine, nämlich die Erhöhung der örtlich zulässigen Geschwindigkeit auf der Bahn in beiden Richtungen von 120 km/h auf 140 km/h, bisher nicht erfüllt worden sei. Es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass die Erfüllung der Bedingung unmittelbar absehbar wäre. Im konkreten Fall ergäben sich weder aus dem Spruch noch aus der Begründung des Sicherungsbescheides Anhaltspunkte dafür, dass mit der Formulierung, die Sicherungsart unter den genannten Bedingungen zu verfügen, eine Nebenbestimmung mit anderer Rechtsnatur hätte verfügt werden sollen. Die Rechtswirkungen des Sicherungsbescheides, nämlich die konkrete Sicherungsart, seien insgesamt bis zum Eintritt der Bedingung hinausgeschoben worden. Es liege somit eine (aufschiebende) Bedingung vor. Ob diese Sicherungsart richtigerweise nicht auch bei Beibehaltung der Geschwindigkeit von 120 km/h geboten gewesen wäre und ob die bedingte Anordnung der Sicherung überhaupt rechtmäßig gewesen sei, spiele im Hinblick auf die Rechtskraft des Sicherungsbescheides vom keine Rolle.

10Zu klären sei die Frage, ob die erstrevisionswerbende Partei berechtigt gewesen sei, einen Antrag nach § 48 Abs. 3 EisbG zu stellen, obwohl sie die von der Behörde rechtskräftig festgelegte Bedingung nicht erfüllt habe. Ob im vorliegenden Fall die Antragstellungsfrist bereits zu laufen begonnen habe, hänge davon ab, wie der Begriff „Rechtskraft“ in § 48 Abs. 3 EisbG zu verstehen sei. Nach dem herkömmlichen Verständnis des Begriffs der Rechtskraft würden durch die Wirkung einer aufschiebenden Bedingung nicht etwa die Wirkungen der Rechtskraft aufgeschoben, sondern setze das Wirksamwerden der Bedingung die Rechtskraft voraus. Würde man im vorliegenden Fall dieses Verständnis zugrunde legen, gingen das Eisenbahnunternehmen - aber auch der Träger der Straßenbaulast - ihrer Antragsmöglichkeit nach Ablauf von drei Jahren auch dann verlustig, wenn bis zu diesem Zeitpunkt der Eintritt der Bedingung nicht erfolgt sei. Der Antrag müsste fristwahrend selbst dann gestellt (und in der Folge darüber entschieden) werden, wenn gar nicht feststehe, ob der Kostentragungsfall jemals eintreten werde. Es sei evident, dass in einem solchen Fall nicht nur der Eintritt der Leistungsverpflichtung, sondern auch die für Ausmaß und konkrete Höhe der auf die Parteien entfallenden Kostenteile maßgeblichen Rahmenbedingungen und Faktoren ungewiss seien bzw. sich zwischen einer diesfalls vor Bedingungseintritt erfolgenden Entscheidung und dem (allfälligen) Eintritt der Bedingung noch wesentlich - und im Fall der Unabsehbarkeit des Zeitpunktes des Bedingungseintritts bei der Entscheidung der Behörde bzw. des Gerichts auch unkalkulierbar - ändern könnten. Es sprächen daher die besseren Gründe dafür, im Fall einer bedingten Sicherungsanordnung den Begriff „Rechtskraft“ in § 48 Abs. 3 EisbG im Sinne des (unbedingten) Wirksamwerdens der Sicherungsanordnung zu verstehen. Dies mit der Konsequenz, dass die Antragstellungsfrist für eine behördliche Kostentragungsregelung erst mit Bedingungseintritt (und Unanfechtbarkeit des Bescheides) zu laufen beginne. Der Antrag der erstrevisionswerbenden Partei erweise sich daher als verfrüht und somit als unzulässig.

11Bisher liege nach Kenntnis des Verwaltungsgerichts keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung des Begriffs „Rechtskraft“ in § 48 Abs. 3 EisbG vor. Es handle sich dabei - unabhängig davon, wie man die Zulässigkeit einer bedingten Sicherungsentscheidung nach § 49 Abs. 2 EisbG beurteile - im Hinblick auf die über den Einzelfall hinausgehende Relevanz um eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, sodass die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG gegen dieses Erkenntnis zulässig sei.

12Gegen dieses Erkenntnis richten sich die - als außerordentliche Revision bezeichnete - Revision der erstrevisionswerbenden Partei (protokolliert zu Ro 2019/03/0028) und die ordentliche Amtsrevision der vor dem Verwaltungsgericht belangten Landeshauptfrau, die beide vom Verwaltungsgericht nach Durchführung des Vorverfahrens gemeinsam mit den Verfahrensakten vorgelegt wurden. Die erstrevisionswerbende Partei beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis dahingehend abändern, dass der Beschwerde der Erstrevisionswerberin Folge gegeben werde, in eventu, dass die mit der Errichtung der gegenständlichen Sicherungsanlage verbundenen Kosten mit EUR 449.755,93 festgesetzt würden und diese zusammen mit den Kosten der Inbetriebnahme und Erhaltung im Ausmaß von 70 % von der Erstrevisionswerberin und im Ausmaß von 30 % von der mitbeteiligten Gemeinde zu tragen seien, in eventu das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die revisionswerbende Landeshauptfrau beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufheben, in eventu das angefochtene Erkenntnis dahingehend abändern, dass den Beschwerden keine Folge gegeben werde.

13Die mitbeteiligte Gemeinde erstattete jeweils eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revisionen als unbegründet abzuweisen.

14Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Revisionen wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

15Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

16Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG).

17Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. , mwN).

18Soweit die erstrevisionswerbende Partei in der Zulässigkeitsbegründung der Revision die Rechtsfrage anspricht, ob die Anordnung einer (technischen) Lichtzeichenanlage mit Schranken gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisBKrV) anstatt einer zuvor bestehenden (technischen) „Schrankenanlage“ gemäß § 8 Eisenbahnkreuzungsverordnung 1961 (EKVO) eine neue Beantragung der Kostenaufteilung gemäß § 48 Abs. 2 bis 4 iVm § 49 EisbG zulasse, ist darauf hinzuweisen, dass dies die inhaltliche Beurteilung der Entscheidung über die Kostentragung betrifft. Da das Verwaltungsgericht den Bescheid der Landeshauptfrau schon aufgrund des seiner Ansicht nach verfrüht gestellten Antrags abgeändert und den Antrag zurückgewiesen hat, vermag aber das auf die Frage der inhaltlichen Entscheidung über die Kostentragung bezugnehmende Vorbringen keine für die Entscheidung über die Revision maßgebliche Rechtsfrage darzulegen.

19Die Revision der erstrevisionswerbenden Partei bringt in den Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision weiters vor, dass die Befahrung einer Eisenbahnkreuzung mit einer bestimmten Geschwindigkeit keine Voraussetzung für einen Kostenaufteilungsantrag gemäß § 48 Abs. 2 bis 4 in Verbindung mit § 49 EisbG darstelle, sondern die örtlich zulässige Geschwindigkeit lediglich Grundlage der Anordnung einer bestimmten Sicherungsart sei. Damit macht sie der Sache nach auch geltend, dass eine Entscheidung über die Kostenaufteilung unabhängig von der Erfüllung der (nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes) im Spruch des Sicherungsbescheides enthaltenen Bedingung bzw. (nach Ansicht der erstrevisionswerbenden Partei) unabhängig von der konkret zulässigen Geschwindigkeit zulässig und die Zurückweisung des Antrags daher rechtswidrig ist.

20Die Amtsrevision der Landeshauptfrau verweist in Ergänzung der Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichts auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Entscheidung über die Kostentragung ungeachtet des tatsächlichen Kostenanfalls zu ergehen habe (Hinweis auf ). Sie vertritt die Auffassung, dass die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes auch Anwendung auf den vorliegenden Fall fänden, in dem die Bedingungen der Geschwindigkeitserhöhung und der Errichtung eines elektronischen Stellwerks mangels Erhebung eines Rechtsmittels in formeller Rechtskraft erwachsen seien. Die Ungewissheit, ob oder wann die Bedingungen erfüllt seien, unterscheide sich nicht von der Ungewissheit der tatsächlich entstehenden Kosten vor baulicher Vollendung der vorgeschriebenen Sicherungsart oder dem Vorliegen einer Abrechnung. In beiden Fällen unterlägen zum Zeitpunkt der Erhebung eines Antrags nach § 48 Abs. 3 EisbG und der Entscheidungspflicht der Behörde bestimmte Faktoren einer Unsicherheit. Für die Auffassung, dass eine Entscheidung über die Kostentragung erst nach Eintritt der Bedingung getroffen werden könnte, lasse sich aus dem klaren Wortlaut des § 48 Abs. 3 EisbG nichts gewinnen.

21Die Revisionen sind zulässig. Ihnen kommt auch Berechtigung zu.

22Die maßgeblichen Bestimmungen des EisbG, BGBl. Nr. 60/1957, idF BGBl. I Nr. 60/2019, lauten (auszugsweise):

4. Teil

Kreuzungen mit Verkehrswegen, Eisenbahnübergänge

1. Hauptstück

Bauliche Umgestaltung von Verkehrswegen, Auflassung schienengleicher Eisenbahnübergänge

Anordnung der baulichen Umgestaltung und der Auflassung

§ 48. (1) Die Behörde hat auf Antrag eines zum Bau und zum Betrieb von Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahnen mit beschränkt-öffentlichem Verkehr berechtigten Eisenbahnunternehmens oder eines Trägers der Straßenbaulast anzuordnen:

1.an einer bestehenden Kreuzung zwischen einer Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, wenn dies zur besseren Abwicklung des sich kreuzenden Verkehrs erforderlich und den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar ist;

2.die Auflassung eines oder mehrerer in einem Gemeindegebiet gelegener schienengleicher Eisenbahnübergänge zwischen einer Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits, sofern das verbleibende oder das in diesem Zusammenhang umzugestaltende Wegenetz oder sonstige in diesem Zusammenhang durchzuführende Ersatzmaßnahmen den Verkehrserfordernissen entsprechen und die allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar sind.

Sie kann unter denselben Voraussetzungen eine solche Anordnung auch von Amts wegen treffen. Für die Durchführung der Anordnung ist eine Frist von mindestens zwei Jahren zu setzen.

(2) Sofern kein Einvernehmen über die Regelung der Kostentragung zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast erzielt wird, sind die Kosten für die bauliche Umgestaltung der bestehenden Kreuzung, für die im Zusammenhang mit der Auflassung schienengleicher Eisenbahnübergänge allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder allenfalls erforderliche Durchführung sonstiger Ersatzmaßnahmen, deren künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung je zur Hälfte vom Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu tragen. Die Kosten für die im Zusammenhang mit der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges erforderlichen Abtragungen und allenfalls erforderlichen Absperrungen beiderseits der Eisenbahn sind zur Gänze vom Eisenbahnunternehmen zu tragen. Die Festlegung der Art und Weise allenfalls erforderlicher Absperrungen beiderseits der Eisenbahn hat im Einvernehmen zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu erfolgen.

(3) Falls es das Eisenbahnunternehmen oder der Träger der Straßenbaulast beantragen, hat die Behörde ohne Berücksichtigung der im Abs. 2 festgelegten Kostentragungsregelung zu entscheiden,

1.welche Kosten infolge der technischen Anpassung der baulichen Umgestaltung (Abs. 1 Z 1) im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der Kreuzung erwachsen, oder

2.welche Kosten für eine allfällige Umgestaltung des Wegenetzes oder für die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der verbleibenden oder baulich umzugestaltenden Kreuzungen zwischen Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits infolge der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges erwachsen,

und demgemäß in die Kostenteilungsmasse einzubeziehen sind und in welchem Ausmaß das Eisenbahnunternehmen und der Träger der Straßenbaulast die durch die bauliche Umgestaltung oder durch die Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges und die durch die künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung der umgestalteten Anlagen oder durchgeführten Ersatzmaßnahmen erwachsenden Kosten zu tragen haben. Diese Festsetzung ist nach Maßgabe der seit der Erteilung der Baugenehmigung für die Kreuzung eingetretenen Änderung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der durch die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, der durch die nach Auflassung verbleibenden oder im Zusammenhang mit der Auflassung baulich umgestalteten Kreuzungen, des umgestalteten Wegenetzes und der durchgeführten Ersatzmaßnahmen erzielten Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der hierdurch erzielten allfälligen Ersparnisse und der im Sonderinteresse eines Verkehrsträgers aufgewendeten Mehrkosten zu treffen. Eine derartige Antragstellung ist nur innerhalb einer Frist von drei Jahren ab Rechtskraft einer Anordnung nach Abs. 1 zulässig. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die vom Eisenbahnunternehmen und vom Träger der Straßenbaulast zu tragenden Kosten gilt die im Abs. 2 festgelegte Kostentragungsregelung.

[...]“

2. Hauptstück

Schienengleiche Eisenbahnübergänge

Sicherung und Verhalten bei Annäherung und Übersetzung

§ 49. [...]

(2) Über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung hat die Behörde nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse und Verkehrserfordernisse zu entscheiden, wobei die Bestimmungen des § 48 Abs. 2 bis 4 mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden sind, dass die Kosten der Sicherungseinrichtungen für Materialbahnen, ausgenommen solche mit beschränkt-öffentlichem Verkehr, vom Eisenbahnunternehmen alleine zu tragen sind, sofern nicht eine andere Vereinbarung besteht oder getroffen wird.

[...]“

23Das Verwaltungsgericht hat seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass mit dem Sicherungsbescheid vom eine aufschiebend bedingte Festlegung der Sicherungsart erfolgt und die Wirksamkeit dieses - rechtskräftig gewordenen - Sicherungsbescheides aufgrund Nichterfüllung einer der beiden darin genannten Bedingungen noch nicht eingetreten sei.

24Dagegen ist zunächst einzuwenden, dass eine aufschiebende Bedingung nach diesem Verständnis - wonach erst nach Erfüllung der „Bedingung“ (hier: nach Erhöhung der örtlich zulässigen Geschwindigkeit im Kreuzungsbereich) eine Anpassung der Sicherung (innerhalb einer dann gegebenenfalls noch laufenden Ausführungsfrist) vorzunehmen wäre - mit dem gesetzlichen Ziel, Eisenbahnkreuzungen nach dem jeweiligen Stand der Technik und nach den Bedürfnissen des Verkehrs entsprechend zu sichern (§ 49 Abs. 1 EisbG in Verbindung mit der EisbKrV), nicht vereinbar wäre, geht doch aus der Begründung des Sicherungsbescheides hervor, dass die geänderte Sicherungsart „unter Berücksichtigung der Erhöhung der örtlich zulässigen Geschwindigkeit“ festgelegt werden sollte. Mit anderen Worten: die zuvor bestehende Sicherungsart erwies sich nach der Beurteilung durch die Eisenbahnbehörde für den Fall der Erhöhung der örtlich zulässigen Geschwindigkeit als nicht mehr ausreichend und die Sicherungsart sollte daher so geändert werden, dass die Eisenbahnkreuzung auch unter Zugrundelegung einer örtlich zulässigen Geschwindigkeit von 140 km/h sicher befahren werden kann.

25Ob es sich bei einer einem Verwaltungsakt beigefügten Nebenbestimmung um eine Bedingung handelt, ist nicht zwingend von ihrer Bezeichnung im Verwaltungsakt abhängig. Vielmehr bestimmt sich die Rechtsnatur einer Nebenbestimmung nach deren Inhalt bzw. Zweck, wobei in jedem einzelnen Fall zu prüfen ist, was nach der Absicht der Behörde und nach der objektiven Wirkung der Nebenbestimmung wirklich vorliegt (vgl. - dort zur Unterscheidung zwischen Auflage und Bedingung - , mwN). Im vorliegenden Fall kann die Sicherungsanordnung der Sache nach nur so verstanden werden, dass die über die Sicherung entscheidende Eisenbahnbehörde (unter anderem) aufgrund der von der erstrevisionswerbenden Partei in Aussicht genommenen Erhöhung der örtlich zulässigen Geschwindigkeit im Kreuzungsbereich eine Änderung der Sicherungsart als erforderlich angesehen und auch dem Sicherungsbescheid zugrunde gelegt hat. Dass der Sicherungsbescheid ungeachtet der eingetretenen formellen und materiellen Rechtskraft erst dann wirksam werden sollte, wenn die erstrevisionswerbende Partei die örtlich zulässige Geschwindigkeit erhöht hätte, kann ihm - trotz der missverständlichen Spruchformulierung - im Übrigen auch deshalb nicht unterstellt werden, weil unter Zugrundelegung der Feststellungen im Sicherungsbescheid bei einer derartigen Erhöhung der Geschwindigkeit ohne zuvor erfolgter Anpassung der Sicherungsart die Sicherheit der Eisenbahnkreuzung nicht mehr gegeben gewesen wäre.

26Schließlich ist darauf zu verweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die zulässige Annäherungsgeschwindigkeit der Schienenfahrzeuge an eine Eisenbahnkreuzung bloß ein Kriterium im Rahmen der Verkehrserfordernisse darstellt, auf die bei der Bestimmung der Sicherungsart Bedacht zu nehmen ist, sodass etwa die Festlegung einer bestimmten Geschwindigkeit im Sicherungsbescheid, um eine bestimmte Sicherungsart zu ermöglichen, nicht zulässig ist (vgl. dazu - dort zur Festsetzung einer niedrigeren Geschwindigkeit - , und - dieselbe Eisenbahnkreuzung betreffend im zweiten Rechtsgang - , 90/03/0130). Würde die Behörde eine bestimmte (höhere oder niedrigere) örtlich zulässige Geschwindigkeit zur echten Bedingung für die festgelegte Sicherungsart machen, käme dies im Ergebnis der Festlegung dieser Geschwindigkeit im Sicherungsbescheid gleich.

27Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass ungeachtet des Wortes „Bedingung“ im Spruch des Sicherungsbescheides die Frage der zulässigen Geschwindigkeit nur als Kriterium für die Festlegung der Sicherungsart herangezogen wurde. Anders als das Verwaltungsgericht angenommen hat, ist daher der Sicherungsbescheid auch dahingehend wirksam geworden, dass die darin festgelegte Sicherungsart innerhalb der im Bescheid festgelegten Ausführungsfrist umzusetzen war.

28Damit stellt sich auch das vom Verwaltungsgericht angenommene Problem einer möglicherweise vor „Wirksamwerden“ der Verpflichtung zur Umsetzung der geänderten Sicherungsart ablaufenden Frist für das Stellen eines Antrags auf Entscheidung über die Kostentragung nach § 49 Abs. 2 in Verbindung mit § 48 Abs. 3 EisbG nicht. Schon deshalb gibt es auch keine Veranlassung dafür, den in § 48 Abs. 3 EisbG verwendeten Begriff der „Rechtskraft“ abweichend vom üblichen juristischen Sprachgebrauch zu verstehen.

29Nach § 48 Abs. 3 EisbG, auf welchen § 49 Abs. 2 EisbG verweist, ist ein Antrag auf Kostenentscheidung bzw. Kostentragung nur innerhalb einer Frist von drei Jahren ab Rechtskraft einer Anordnung nach § 48 Abs. 1 EisbG bzw. - aufgrund der Verweisung in § 49 Abs. 2 EisbG - nach § 49 Abs. 2 EisbG zulässig (vgl. ). Für den Ablauf der Frist für die Stellung eines Antrags auf Kostenentscheidung kommt es weder darauf an, ob die Umgestaltung der Sicherung bereits erfolgt ist (etwa weil eine längere Ausführungsfrist festgelegt wurde), noch ob die Kosten dafür bereits angefallen und exakt bekannt sind. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten hat, geht das Gesetz davon aus, dass eine Entscheidung über die durch die Umgestaltung (Änderung der Sicherungsart der Eisenbahnkreuzung) erwachsenden Kosten bereits vor dem Abschluss der Umgestaltung getroffen werden kann (, 0015).

30Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die dreijährige Frist zur Antragstellung mit Eintritt der Rechtskraft des Bescheides vom nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist im Oktober 2013 begonnen hat. Damit erfolgte die Stellung des Antrags auf Kostenentscheidung mit Schriftsatz vom entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts innerhalb der in § 48 Abs. 3 EisbG normierten Frist, weshalb sich die mit dem angefochtenen Erkenntnis verfügte Zurückweisung des Antrags als rechtswidrig erweist. Auf das weitere Revisionsvorbringen war bei diesem Ergebnis nicht mehr einzugehen.

31Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

32Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2019030028.J00
Schlagworte:
Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4 Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

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