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VwGH vom 22.10.2018, Ro 2018/16/0017

VwGH vom 22.10.2018, Ro 2018/16/0017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , W 199 2112870-1/22E, betreffend Gerichtsgebühren (mitbeteiligte Partei: I in W, Vereinigte Staaten von Amerika, vertreten durch die Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1010 Wien, Schubertring 6), in der Sache zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis dahingehend abgeändert, dass es wie folgt lautet:

Die Beschwerde gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt vom , 1 Jv 2009/15p33-21, wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Unbestritten ist, dass die Mitbeteiligte am beim Landesgericht Klagenfurt eine Klage gegen die X, Y und die Z einbrachte, in der sie Zahlung von EUR 6,525.000,-- sowie Feststellungen begehrte, die sie mit EUR 150,000.000,-- bewertete. Sie sei - so die Klagsschrift unter Punkt 11 (S 52) - gemäß Artikel VII Abs. 9 der Articles of Agreement of the International Bank for Reconstruction and Development, BGBl. Nr. 105/1949 - IBRD-AoA, von jeglichen Steuern befreit. Zudem bestehe zwischen ihr und der Republik Österreich ein völkerrechtlicher Vertrag, nämlich das "Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, der Internationalen Finanz-Corporation und der Multilateralen Investitions-Garantie Agentur über die Einrichtung von Verbindungsbüros in Wien" (Establishment Agreement, BGBl. III Nr. 23/2011, in der Folge kurz: "Abkommen"):

Gemäß Art. 10 Abs. 3 dieses Abkommens seien alle in Verbindung mit Rechtsgeschäften stehende Schriftstücke, an denen die Klägerin beteiligt sei, von Gerichtsgebühren befreit.

2 Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom schrieb die Kostenbeamtin des Landesgerichtes namens des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt (des Revisionswerbers) der Mitbeteiligten Pauschalgebühren nach TP 1 GGG im Betrag von EUR 2,163.480,10 sowie eine Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG zur Zahlung vor, wogegen die Mitbeteiligte Vorstellung erhob.

3 Mit Bescheid vom sprach der Revisionswerber aus, dass die Mitbeteiligte für die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG auf einer Bemessungsgrundlage von EUR 156,525.000,-- sowie für die Einhebungsgebühr im Gesamtbetrag von EUR 2,163.488,10 zahlungspflichtig sei.

Begründend führte der Revisionswerber nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Zitierung aus dem GGG sowie aus dem genannten Abkommen aus,

"(d)er vorliegende Sachverhalt ist nicht tatbestandsmäßig im Sinne des Artikel 10 Abs. 3 des Abkommens - Establishment Agreement vom , BGBl. III Nr. 23/2011.

Nach Art. 10 Abs. 3 des genannten Abkommens sind alle Rechtsgeschäfte, an denen die Organisationen beteiligt sind, und alle in Verbindung mit solchen Rechtsgeschäften stehenden Schriftstücke von Steuern sowie Beurkundungs- und Gerichtsgebühren befreit. Nach den Materialien zu diesem Übereinkommen (siehe die Erläuterungen RV 923 der Beilagen XXIV GP, 5) dienen die Befreiungsbestimmungen des Art 10 zur Sicherung der Unabhängigkeit der Organisationen. Hinweise auf eine von der österreichischen Rechtsordnung abweichende Begriffsdefinition der Rechtsgeschäfte oder damit in Verbindung stehende Schriftstücke (wie sie etwa für den Eigentumsbegriff vorgesehen ist) sind den Materialien nicht zu entnehmen. In der österreichischen Rechtsordnung ist eine Klage ein Antrag auf Gewährung von Rechtschutz in der Hauptsache, der den Zivilprozess vor Gericht einleitet (Rechberger/Simotta, ZPR8 Rz 520). Die Klage dient damit der Durchsetzung von u. a. durch Rechtsgeschäft begründeten Rechten und ist somit nicht als Rechtsgeschäft zu verstehen, auch nicht im Sinne des Art. 10 Abs. 3 des Establishment Agreements. Auch die Befreiungsbestimmung für mit Rechtsgeschäften in Zusammenhang stehende Schriftstücke kann hier nicht zur Anwendung kommen. Der Pauschalgebühr nach TP 1 GGG unterliegen alle mittels Klage einzuleitenden gerichtlichen Verfahren in bürgerlichen Rechtssache(n) (Anmerkung 1 zu TP 1 GGG). Nach § 2 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG wird der Anspruch des Bundes hinsichtlich der Pauschalgebühren für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz mit der Überreichung der Klage begründet. Diese Pauschalgebühr ist ohne Rücksicht darauf zu entrichten, ob das Verfahren bis zum Ende durchgeführt wird (Anmerkung 1 zu TP 1 GGG). Weitere Einzelgebühren fallen daneben im Anwendungsbereich der TP 1 GGG in Verfahren erster Instanz nicht mehr an (Anmerkung 4 erster Satz zu TP 1 GGG). Die Gerichtsgebühr nach TP 1 GGG wird somit nicht für ein mit einem Rechtsgeschäft im Zusammenhang stehendes Schriftstück, sondern für das (gesamte) zivilgerichtliche Verfahren in erster Instanz entrichtet. Die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG ist daher keine Schriftsatzgebühr und somit von den Befreiungsbestimmungen des Art. 10 Abs. 3 des Establishment Agreement nicht erfasst.

Der Präsident des Landesgerichtes Klagenfurt, als Vorschreibungsbehörde erster Instanz hat lediglich zu prüfen, ob eine etwaige Gebührenbefreiung zuzuerkennen ist und ob die Gerichtsgebühren entsprechend den Bestimmungen des Gerichtsgebührengesetzes und jenen des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes richtig berechnet bzw. vorgeschrieben wurden.

Nach dem konkreten Wortlaut des Art. 10 Abs. 3 des Establishment Agreement, BGBl. III Nr. 23/2011 und den Materialien hierzu, war im vorliegenden Fall die beantragte Gebührenbefreiung zu versagen.

Darüber hinaus handelt es sich bei den Gerichtsgebühren (hier der Pauschalgebühr nach TP 1 GGG), laut der österreichischen Rechtsordnung, um Bundesabgaben und nicht um Steuern (§ 7 Z 2 FAG 2008, BGBl I Nr. 103/2007). Eine abweichende Rechtsansicht ist den Materialien zu Art. 10 Abs. 3 Establishment Agreement nicht zu entnehmen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes ist der dem Gericht verursachte Arbeitsaufwand bei der Gerichtsgebührenpflicht nicht zu berücksichtigen. Vielmehr stellen die Gerichtsgebühren Abgaben dar, bei denen im Einzelfall eine Äquivalenz der Amtshandlung nicht erforderlich ist (Erk. d. Zl. 2000/16/0086). Auch gegen die Höhe der Gerichtsgebühren bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (Erk. d. Zl. B 301/06).

Im Zusammenhang mit der Beurteilung der Höhe der Bemessungsgrundlage für die Pauschalgebühr wird noch moniert, dass die klagende Partei in der Klage den Streitwert selbst mit EUR 156.525.000,00 bewertet hat und somit die Bewertungsbestimmung des § 14 GGG iVm § 54 JN anzuwenden ist. Die Heranziehung der Bewertungsvorschrift des § 17 lit. b GGG scheidet im Vorhinein aus, da hier für die Bemessungsgrundlage, die Bestimmung des § 14 GGG zum Tragen kommt. ..."

4 In der dagegen erhobenen Beschwerde vertrat die Mitbeteiligte den Standpunkt, dass ihr die persönliche Gebührenfreiheit nach § 10 Abs. 3 des genannten Abkommens gemäß § 10 Abs. 1 GGG zukomme. Die Zeichnung der in der Rechtssache vor dem Landesgericht Klagenfurt streitgegenständlichen Anleihen durch die Mitbeteiligte sei zweifellos ein Rechtsgeschäft gewesen. Die Revisionswerberin vermeine allerdings offenbar, dass die Klage als Rechtsgeschäft angesehen würde. Dies sei jedoch nicht der Fall, vielmehr sei die Klage ein mit einem Rechtsgeschäft im Zusammenhang stehendes Schriftstück im Sinn des Art. 10 Abs. 3 des genannten Abkommens. Andernfalls verbliebe nur ein marginaler Anwendungsbereich für diese Regelung. Weiters komme der Mitbeteiligten die Befreiung nach Art. VII Abs. 9 lit. a IBRD-AoA zugute. Die dort gebrauchten Begriffe "Steuern und Zölle" seien im internationalen Recht (speziell in internationalen Abkommen) nicht mit "Steuern und Zöllen" im Sinn des österreichischen Steuerrechts ident bzw. gleichzusetzen, sondern weiter zu verstehen. Treffender sei hier der englische Originaltext, der von "any tax or duty" spricht, worunter jegliche Art von Abgaben und Gebühren zu verstehen sei, und weshalb auch Gerichtsgebühren als Bundesabgaben unter den Begriff "Steuern und Zölle" fielen. Schließlich sei der Revisionswerber nach Art. IX IBRD-AoA nicht zur Auslegung dieses Abkommens zuständig oder befugt, eigenmächtig eine von der Mitbeteiligten abweichende Rechtsansicht zu vertreten und einseitig eine Gerichtsgebühr vorzuschreiben, sondern hätte auch hier die dafür vorgesehene Vorgehensweise eingehalten werden müssen: Alle Fragen bezüglich der Auslegung von Bestimmungen dieses Abkommens, die sich zwischen der Republik Österreich und der Mitbeteiligten ergäben, seien dem geschäftsführenden Direktorium der Mitbeteiligten zur Entscheidung zu unterbreiten; der Beschluss des geschäftsführenden Direktoriums könne auf Verlangen jedes Mitgliedes dem Gouverneursrat zur Revision unterbreitet werden, dessen Entscheidung endgültig sei. Da diese Vorgehensweise zur Auslegung des genannten Abkommens nicht eingehalten worden sei, leide der angefochtene Bescheid auch insofern an einem wesentlichen Verfahrensfehler.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gemäß § 10 GGG iVm Art. 10 und Art. 20 Abs. 1 des genannten Abkommens Folge und hob den Bescheid vom - offenbar ersatzlos - auf. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und Zitierung aus dem GGG, aus den deutschen und englischen Fassungen des genannten Abkommens

sowie aus den IBRD-AoA folgerte das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht:

"2.1.2. Zwischen den Parteien des Beschwerdeverfahrens dürfte kein Streit darüber bestehen, ob die Klage der Beschwerdeführerin, die sie am eingebracht hat, unter TP 1 GGG fällt. Streit besteht nur darüber, ob bestimmte Befreiungsbestimmungen anzuwenden sind, insbesondere Art. 10 Abs. 3 des Abkommens. Dass diese Befreiungsbestimmung durch § 10 GGG nicht für unwirksam erklärt worden ist, zeigt der erste Teilsatz dieser Vorschrift, da der Unwirksamkeit ein Staatsvertrag entgegensteht, nämlich das Abkommen. Dass § 10 Abs. 2 GGG erfüllt ist, ergibt sich daraus, dass die Beschwerdeführerin bereits in der Klage die Gebührenfreiheit gemäß Art. 10 Abs. 3 des Abkommens in Anspruch genommen hat. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Befreiungsbestimmung des Abkommens etwa in dieser Hinsicht als Sondervorschrift auszulegen ist.

Da die Beschwerdeführerin auch in allen weiteren Schriftsätzen die Gebührenfreiheit gemäß Art. 10 Abs. 3 des Abkommens behauptet hat und die belangte Behörde entgegengesetzter Ansicht ist, ist der Tatbestand des Art. 20 Abs. 1 des Abkommens erfüllt, wonach ¿(a)lle (...) Meinungsverschiedenheiten (...) zwischen der Republik Österreich und den Organisationen, welche aus diesem Abkommen oder im Zusammenhang mit der Interpretation (...) dieses Abkommens entstehen, (...) soweit eine Beilegung nicht im Verhandlungswege oder eine andere vereinbarte Form der Schlichtung möglich ist, durch ein endgültiges und bindendes Schiedsurteil (...) gelöst' werden. Es steht somit fest, dass weder die belangte Behörde Gebühren vorschreiben noch das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde abweisen darf, solange nicht eine Lösung iSd Art. 20 Abs. 1 des Abkommens gefunden worden ist. Welche verfahrensrechtlichen Konsequenzen daraus zu ziehen sind, ist nun zu erörtern.

2.2.1. Das vorliegende Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Lösung im genannten Sinne bisher nicht zustande gekommen ist und zeitnah nicht möglich erscheint. Da somit nicht feststeht, dass die Gebührenbefreiungsbestimmung nicht greift, durfte die belangte Behörde einen Bescheid wie den angefochtenen nicht erlassen und darf das Bundesverwaltungsgericht derzeit einen solchen Bescheid nicht bestätigen.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGVG ist das Verwaltungsgericht verpflichtet, über verfahrenseinleitende Anträge von Parteien und Beschwerden zu entscheiden. Das Bundesverwaltungsgericht steht daher unter einer Entscheidungspflicht, ebenso wie dies gemäß § 73 AVG für Verwaltungsbehörden gilt, die mit Antrag angerufen werden, und wie dies für Höchstgerichte anzunehmen ist und für Gerichte ganz allgemein gilt (vgl. zB die folgenden Entscheidungen, die in verschiedenen Kontexten allgemein eine Entscheidungspflicht voraussetzen: 8Ob 611/86;

, 8Ob 3/95 (8Nd1/95); , 8ObA 134/99k;

, 1Nc40/16x; OLG Wien , 3R 210/03d).

Der angefochtene Bescheid ist aus folgenden Gründen aufzuheben:

2.2.2.1. Da die belangte Behörde nicht innerhalb zweier Wochen über die Vorstellung entschieden hatte und der Mandatsbescheid somit außer Kraft getreten war, bestand für sie keine Entscheidungspflicht iSd § 73 AVG, da es keinen Antrag gab, über den sie zu entscheiden gehabt hätte. Sie war zwar zuständig, etwa Überlegungen über die Gebührenpflicht (oder Gebührenfreiheit) der Beschwerdeführerin anzustellen, sie durfte jedoch keinen Bescheid erlassen, mit welchem ihr die Gebühren vorgeschrieben wurden, da sich die Beschwerdeführerin auf die Befreiungsbestimmung berufen hatte und eine Lösung dieser Meinungsverschiedenheit iSd Art. 20 Abs. 1 des Abkommens nicht herbeigebührt worden war. Diese Unzulässigkeit einer Gebührenvorschreibung lässt sich als funktionelle Unzuständigkeit der belangten Behörde deuten. Ihre Zuständigkeit beschränkte sich somit darauf, die erwähnten Überlegungen anzustellen und allenfalls an die zuständigen Stellen mit der Anregung heranzutreten, eine Lösung iSd Art. 20 Abs. 1 des Abkommens anzustreben. Dagegen überschritt sie diese ihre Zuständigkeit, wenn sie einen Bescheid erließ, mit dem sie Gebühren vorschrieb. Folgt man dieser Ansicht, so ist der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben (dieselben Überlegungen gelten bereits für den Mandatsbescheid; wäre er nicht außer Kraft getreten, so hätte ihn die belangte Behörde als Vorstellungsbehörde wegen Unzuständigkeit der Kostenbeamtin aufheben müssen).

2.2.2.2. Deutet man die Unzulässigkeit einer Gebührenvorschreibung durch die belangte Behörde aber nicht als funktionelle Unzuständigkeit, so ergibt sich Folgendes:

Die belangte Behörde war nicht durch eine Unzuständigkeit daran gehindert, einen Bescheid wie den angefochtenen zu erlassen. Ebenso ist das Bundesverwaltungsgericht nicht daran gehindert, ein entsprechendes - bestätigendes oder abweisendes - Erkenntnis zu erlassen, allenfalls, nachdem eine Lösung iSd Art. 20 Abs. 1 des Abkommens erzielt worden ist; vielmehr ist es durch § 28 Abs. 2 VwGVG dazu verhalten. (Bei einer Lösung in Form einer Beilegung im Verhandlungswege oder einer anderen vereinbarten Form der Schlichtung hängt die Frage, ob und wie das Bundesverwaltungsgericht entscheiden kann, vom konkreten Ergebnis dieser Lösung ab.) Davon ist es auch im bisherigen Beschwerdeverfahren ausgegangen, als es in diesem Sinne an das Bundesministerium für Finanzen herangetreten ist.

Fällt nun die Klage der Beschwerdeführerin unter die Befreiungsbestimmung des Art. 10 Abs. 3 des Abkommens, wie sie dies selbst annimmt, oder unter jene des Art. 10 Abs. 1 des Abkommens, wie dies das Völkerrechtsbüro annimmt, dann entstand keine Gebührenpflicht und die Vorschreibung der Pauschalgebühr ist schon deshalb rechtswidrig. Auch in diesem Fall ist der angefochtene Bescheid somit aufzuheben.

2.2.2.3. Zu klären ist somit noch, wie vorzugehen ist, wenn die Gebührenpflicht tatsächlich entstanden ist (und zwar gemäß § 2 Z 1 lit. a GGG mit der Überreichung der Klage), einer Vorschreibung aber entgegensteht, dass die Beschwerdeführerin der Auslegung durch die belangte Behörde oder durch die Beschwerdeinstanz widerspricht und keine Lösung iSd Art. 20 Abs. 1 des Abkommens erzielt worden ist. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass ein allfälliger Schiedsspruch, der etwa entgegen der objektiven Rechtslage die Befreiungsbestimmung in einem für die Beschwerdeführerin günstigen Sinn auslegt und der die österreichischen Behörden entsprechend dem Abkommen bindet, als lex specialis (gegenüber TP 1 GGG und der Befreiungsbestimmung) neues Recht schafft. Da der Schiedsspruch bindend wäre, dürfte eine Gebühr nicht vorgeschrieben bzw. dürfte der angefochtene Bescheid nicht bestätigt werden; er müsste aufgehoben werden. (Der Fall, dass der Schiedsspruch in Übereinstimmung mit der objektiven Rechtslage die Befreiungsbestimmung in einem für die Beschwerdeführerin günstigen Sinn auslegt, ist hier nicht zu erörtern, weil er bereits im vorangegangenen Absatz behandelt worden ist.)

Offen bleibt somit, wie vorzugehen ist, wenn es zu keiner Lösung iSd Art. 20 Abs. 1 des Abkommens kommt, weil die entsprechenden österreichischen Stellen sich weigern, Schritte in diese Richtung zu unternehmen, oder wenn nicht abzusehen ist, wann es dazu kommt - wie im vorliegenden Fall. Da das Bundesverwaltungsgericht - anders als die angesprochenen Stellen - unter Entscheidungspflicht steht, ist davon auszugehen, dass die Rechtsordnung auch für diesen Fall eine Lösung zur Verfügung stellt, die es dem Bundesverwaltungsgericht ermöglicht, dieser seiner Entscheidungspflicht nachzukommen.

Eine mögliche Lösung könnte darin bestehen, dass die Entscheidungspflicht gleichsam suspendiert wird, sodass in die Entscheidungsfrist, die dem Bundesverwaltungsgericht zur Verfügung steht, die Zeit nicht eingerechnet wird, die verstreicht, nachdem es an die Stellen herangetreten ist. Dies würde bedeuten, dass eine Entscheidungspflicht erst dann wieder vorliegt, wenn die angesprochene Lösung iSd Art. 20 Abs. 1 des Abkommens erzielt ist. Dem läge eine Analogie zu § 34 Abs. 2 VwGVG zugrunde. § 34 Abs. 1 und 2 VwGVG lautet auszugsweise:

...

Gegen eine solche Analogie spricht zunächst schon, dass die genannten Stellen, die auf eine Lösung iSd Art. 20 des Abkommens hinarbeiten könnten, ihrerseits nicht unter Entscheidungspflicht stehen, anders als die in § 34 Abs. 2 VwGVG aufgezählten. Die Entscheidungspflicht würde daher uU - im Ergebnis - untergehen. Eine solche Analogie käme daher wohl erst in Frage, wenn und sobald ein Schiedsgericht einer Entscheidungspflicht unterliegt. Völlig auszuschließen ist ein solches Ergebnis freilich nicht.

Dagegen spricht aber weiters, dass dem Bundesverwaltungsgericht derzeit eine Entscheidung nicht grundsätzlich verwehrt ist, sondern nur eine im Sinne einer Bestätigung des angefochtenen Bescheides. Die Frage, ob die Frist unterbrochen ist, könnte daher nur beantwortet werden, wenn die Antwort auf die inhaltliche Frage (ob die Befreiungsbestimmung zum Tragen kommt) bereits feststünde, oder anders gesagt: Nur wenn die Gebührenfreiheit nicht besteht, wird die Frist unterbrochen bzw. die Entscheidungspflicht ¿suspendiert'. Dies kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht versteht die Rechtslage insgesamt vielmehr dahin, dass § 2 Z 1 lit. a GGG durch das Abkommen in der Weise gleichsam überformt wird, dass der Gebührenanspruch des Bundes aufschiebend bedingt entsteht, bedingt nämlich durch einen Schiedsspruch im Sinne einer Gebührenpflicht. Solange diese Bedingung nicht eingetreten ist, ist so vorzugehen, als wäre der Gebührenanspruch nicht entstanden. (Ergeht ein Schiedsspruch dahin, dass die Befreiungsbestimmung nicht zum Tragen kommt, so ist die Bedingung eingetreten und die Gebühr kann vorgeschrieben werden.) - Kommt es zu keinem Schiedsspruch, sondern zu einer anderen Lösung iSd Art. 20 des Abkommens (Beilegung im Verhandlungswege oder eine andere vereinbarte Form der Schlichtung), so hätte sich die Entscheidung der Justizverwaltungsbehörde bzw. der Beschwerdeinstanz an dieser Lösung auszurichten.

Auch bei dieser Auslegung ist der angefochtene Bescheid daher aufzuheben, weil derzeit keine Lösung iSd Art. 20 Abs. 1 des Abkommens vorliegt.

2.2.2.4 Wie immer man die Rechtslage sieht, ist der angefochtene Bescheid somit mit Rechtswidrigkeit behaftet und daher aufzuheben, ohne dass das (richtig:) Bundesverwaltungsgericht eine andere inhaltliche Entscheidung treffen könnte oder müsste.

2.2.3. Für das weitere Verfahren bedeutet dies Folgendes:

Geht man von einer Unzuständigkeit der belangten Behörde aus, so wird sie erst zuständig, sobald eine Lösung iSd Art. 20 Abs. 1 des Abkommens erzielt ist. Damit entsteht die Zuständigkeit der belangten Behörde (wenn sie mit der erzielten Lösung (Beilegung im Verhandlungswege oder eine andere vereinbarte Form der Schlichtung) vereinbar ist) und sie ist zuständig, einen Bescheid zu erlassen.

Geht man davon aus, dass die belangte Behörde zwar zuständig war, dass aber die Gebührenpflicht nicht entstanden ist, weil die Klage unter die Befreiungsbestimmung des Art. 10 des Abkommens fällt, so darf die Gebühr auch weiterhin nicht vorgeschrieben werden.

Geht man schließlich davon aus, dass die Gebühr aufschiebend bedingt entstanden ist, so darf sie erst dann vorgeschrieben werden, wenn es zu einer Lösung iSd Art. 20 Abs. 1 des Abkommens gekommen ist, und zwar zu einer Lösung in dem Sinn, dass die Befreiungsbestimmung nicht greift. Lautet die Lösung, insbesondere ein allfälliger Schiedsspruch, anders, dh. legt er Art. 10 des Abkommens dahin aus, dass die Befreiungsbestimmung Platz greift, so geht der aufschiebend entstandene Anspruch des Bundes unter.

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

6 Abschließend begründete das Verwaltungsgericht die Abstandnahme von einer von der Mitbeteiligten beantragten mündlichen Verhandlung sowie seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision damit, es fehle an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob der Revisionswerber überhaupt zuständig sei, eine Gebühr vorzuschreiben, wenn die Mitbeteiligte sich auf eine Befreiungsbestimmung im Abkommen berufe und diese Meinungsverschiedenheit nicht im Sinne des Art. 20 Abs. 1 des Abkommens gelöst sei. Nehme man an, dass der Revisionswerber dennoch zu einer Entscheidung zuständig gewesen sei, so hänge die Entscheidung von der Lösung einer weiteren Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukomme, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle, nämlich der Frage, ob es zutreffe, dass die Klage der Mitbeteiligten unter die Befreiungsbestimmung des Art. 10 des Abkommens falle. Verneine man dies, so hänge die Entscheidung von der Lösung einer weiteren Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ab, wie vorzugehen sei, wenn und solange eine Lösung im Sinn des Art. 20 Abs. 1 des Abkommens nicht erzielt sei.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Amtsrevision des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt, in der primär die Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst im Sinne einer Abweisung der Beschwerde als unbegründet, in eventu die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

8 Die Revision teilt die Einschätzung des Verwaltungsgerichtes zur Frage der Zulässigkeit einer Revision gegen das angefochtene Erkenntnis und bringt ergänzend vor, der Frage der Zuständigkeit zur Vorschreibung einer Gebühr bei Vorliegen von Meinungsverschiedenheiten im Sinne des Art. 20 Abs. 1 des genannten Abkommens komme über den Einzelfall hinaus Bedeutung zu, weil sich solche Formulierungen in einer Vielzahl von Abkommen fänden. Wenn es bereits ausreiche, sich auf die angebliche Anwendbarkeit dieser Bestimmung zu berufen, um den staatlichen Vorschreibungen die Zuständigkeit zu entziehen, dann würden internationale Organisationen in Zukunft sehr häufig von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Auch der Frage der Befreiungsbestimmung des Art. 10 des genannten Abkommens komme über den Einzelfall hinaus Bedeutung zu, weil sie für sämtliche gleichgelagerten Fälle von Relevanz sei. Schließlich erhebe sich die Frage, wie bei einem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, das einen Bescheid aufhebe, gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG der dieser Rechtsanschauung entsprechende Rechtszustand herzustellen sei, wenn diese Rechtsanschauung in drei verschiedenen Varianten bestehe, sich das Verwaltungsgericht aber für keine der Varianten entschieden habe.

9 Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Zulässigkeit der Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung verneint und die Zurückweisung der Revision als unzulässig, in eventu deren Abweisung als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

10 Gemäß § 10 Abs. 1 GGG über persönliche Gebührenfreiheit aus anderen Gründen sind, soweit nicht Staatsverträge entgegenstehen, in gesetzlichen Vorschriften vorgesehene persönliche Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren unwirksam.

Gemäß § 10 Abs. 2 leg. cit. treten Gebührenbefreiungen nach Abs. 1 nur ein, wenn sie in der Eingabe, bei Aufnahme des Protokolls oder Vornahme einer sonstigen Amtshandlung unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen werden.

Gemäß § 13 Abs. 1 GGG über sachliche Gebührenfreiheit sind, soweit Staatsverträge nicht entgegenstehen, in gesetzlichen Vorschriften ohne Beziehung auf bestimmte Personen aus sachlichen Gründen gewährte Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren unwirksam.

Zufolge Abs. 2 zweiter Halbsatz leg. cit. treten Gebührenbefreiungen nach Abs. 1 nur ein, wenn sie in der Eingabe, bei Aufnahme des Protokolls oder Vornahme einer sonstigen Amtshandlung unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen werden.

11 Die "Articles of Agreement of the International Bank for Reconstruction and Development", BGBl. Nr. 105/1949 - IBRD-AoA, lauten (in ihrer authentischen englischen Fassung) auszugsweise:

"Article VII

Status, Immunities and Privileges

...

Section 3. Position of the Bank with Regard to judicial Process Actions may be brought against the Bank only in a court of

competent jurisdiction ... The property and assets of the Bank

shall, wheresoever located and by whomsoever held, be immune from all forms of seizure, attachment or execution before the delivery of final judgement against the Bank.

...

Section 9. Immunities from Taxation

(a) The Bank, ... and its operations and transactions authorized

by this Agreement shall be immune from all taxation and from all

customs duties ...

Article IX

Interpretation

(a) Any question of interpretation of the provisions of this Agreement arising between any member and the Bank or between any members of the Bank shall be submitted to the Executive Directors for their decision. ...

(b) In any case where the Executive Directors have given a decision under (a) above, any member may require that the question be referred to the Board of Governors, whose decision shall be final. Pending the result of the reference to the Board, the Bank may, so far as it deems necessary, act on the basis of the decision of the Executive Directors."

12 Dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, der Internationalen Finanz-Corporation und der Multilateralen Investitions-Garantie Agentur über die Einrichtung von Verbindungsbüros in Wien, BGBl. III Nr. 23/2011, liegt - der Präambel zufolge - das Bestreben zugrunde, den Status sowie die Privilegien und die Immunitäten eines solchen Verbindungsbüros oder solcher Büros in der Republik Österreich festzulegen und dem Verbindungsbüro oder den Büros die Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Funktionen zu ermöglichen.

13 Art. 5 des genannten Abkommens lautet in seinen

authentischen Fassungen auf Deutsch und Englisch:

"Artikel 5

Befreiung von Gerichtsbarkeit und anderen Maßnahmen

(1) Die Organisationen sind mit Ausnahme der folgenden Fälle von Gerichtsbarkeit und Vollzugshandlungen befreit:

(a) wenn die Organisationen in einem bestimmten Fall

ausdrücklich auf die Immunität verzichtet haben; und

(b) wenn es sich um Angelegenheiten im Zusammenhang mit der

Ausübung ihrer Befugnis handelt, Wertpapiere im Territorium der Republik Österreich zu begeben oder zu garantieren.

(2) Unbeschadet der Bestimmungen in den Absätzen (1) und (3) gelten das Eigentum und die Vermögenswerte der Organisationen unabhängig von ihrem Standort als von allen Formen der Beschlagnahme, Einziehung, Enteignung oder Zwangsverwaltung befreit.

(3) Das Eigentum und die Vermögenswerte der Organisationen sind ebenfalls von jedem behördlichen Zwang oder jeder Maßnahme, die einem Urteil vorausgehen, befreit."

"Article 5

Immunity from jurisdiction and other actions

(1) The Organizations shall have immunity from jurisdiction and enforcement, except:

(a) to the extent that the Organizations shall have

expressly waived such immunity in a particular case; and

(b) in cases arising out of or in connection with the

exercise of their powers to issue or guarantee securities on the territory of the Republic of Austria.

(2) Without prejudice to paragraphs (1) and (3), the property and assets of the Organizations, wherever situated, shall be immune from any form of seizure, confiscation, expropriation and sequestration.

(3) The property and assets of the Organizations shall also be immune from any form of administrative or provisional judicial restraint."

Art. 10 des genannten Abkommens lautet auszugsweise auf Deutsch

und Englisch:

"Artikel 10

Befreiung von Steuern und Zollabgaben

(1) Die Organisationen und ihr Eigentum sind von allen Formen der Besteuerung befreit.

...

(3) Alle Rechtsgeschäfte, an denen die Organisationen beteiligt sind, und alle in Verbindung mit solchen Rechtsgeschäften stehende Schriftstücke sind von Steuern sowie Beurkundungs- und Gerichtsgebühren befreit.

..."

"Article 10

Freedom from taxation and customs duties

(1) The Organizations and its property shall be exempt from all forms of taxation.

...

(3) All transactions to which one of the Organizations is a party and all documents recording such transactions shall be exempt from all taxes, recording charges and court fees.

..."

Art. 20 des genannten Abkommens, betreffend "Streitbeilegung", bestimmt in Abs. 1, dass alle Streitigkeiten, Meinungsverschiedenheiten oder Ansprüche zwischen der Republik Österreich und den Organisationen, welche aus diesem Abkommen oder im Zusammenhang mit der Interpretation, Anwendung oder Durchführung dieses Abkommens entstehen, einschließlich hinsichtlich dessen Bestand, Gültigkeit oder Beendigung, soweit eine Beilegung nicht im Verhandlungswege oder eine andere vereinbarte Form der Schlichtung möglich ist, durch ein endgültiges und bindendes Schiedsurteil in Übereinstimmung mit den Regeln des Ständigen Schiedshofes betreffend Schiedsverfahren zwischen internationalen Organisationen und Staaten in der mit dem Tag des Inkrafttretens dieses Abkommens gültigen Fassung, und den zusätzlichen Bestimmungen des Art. 20 dieses Abkommens, gelöst werden.

14 Die ErläutRV zu dem genannten Abkommen, 923 BlgNR XXIV. GP, führen in ihrem Vorblatt, 1, zu finanziellen Auswirkungen aus,

"(d)urch das Amtssitzabkommen erwächst keinerlei Verpflichtung zur Zahlung von Mietkosten oder ähnlichen Kosten ... Allerdings wird es durch die im Amtssitzabkommen enthaltenen Steuerprivilegien zu einem Steuerausfall kommen, der für etwaige weitere Ansiedlungen in der Zukunft jedoch als bloß fiktiv zu bezeichnen ist, da es weder ein Steueraufkommen noch einen privilegienbedingten Steuerausfall gäbe, würden die Einrichtungen außerhalb Österreichs angesiedelt werden."

Weiters führen die zitierten ErläutRV in ihrem Besonderen Teil, aaO 4f, zu Art. 5 des Abkommens aus:

"In dieser Regelung wird die grundsätzliche Immunität der Organisationen in Bezug auf die österreichische Gerichtsbarkeit festgelegt, wie sie diplomatischen Vertretern bzw. Staaten gemäß Art. IX Abs. 2 EGJN, RGBl. 110/1895, zukommt. Unter Immunität von der Gerichtsbarkeit ist im immunitätsrechtlichen Zusammenhang auch die Tätigkeit von Verwaltungsbehörden zu verstehen. Lit. a - b normieren gewisse Ausnahmen, unter anderem in Bezug auf die Ausübung der Befugnis der Organisationen im Zusammenhang mit Wertpapieren. Sollte einer der erwähnten Ausnahmefälle zutreffen, bleiben trotzdem die Absätze 2 und 3 in Geltung, die unter anderem gerichtliche Vollzugsmaßnahmen, Beschlagnahmungen oder Enteignungen untersagen.

Vgl. auch die Bestimmungen in Art. 19.

Ähnlich lautende Bestimmungen über die Immunität von der Gerichtsbarkeit finden sich in allen mit vergleichbaren internationalen Organisationen abgeschlossenen Amtssitzabkommen; ..."

Zu Art. 10 des Abkommens führen die zitierten ErläutRV, aaO 5, aus:

"Zur Sicherung der Unabhängigkeit der Organisationen genießen diese die in Art. 10 genannten Befreiungen. Diese entsprechen jenen im JVI-ASA (Art. 10), im ICMPD-ASA (Art. 10) und im Donauschutzkommission-ASA (Art. 11).

Der Begriff ¿Eigentum' in Abs. 1 umfasst auch Sachen und Rechte, die nur in der Innehabung oder im Besitz der Organisationen stehen und ist daher umfassender als der österreichische Eigentumsbegriff, wie er beispielsweise in § 353 ff ABGB definiert wird.

...

Zusätzlich sind alle Rechtsgeschäfte, an denen die Organisationen beteiligt sind, und alle Urkunden hierüber von

jeglichen Abgaben befreit (Abs. 3).

..."

Schließlich führen die zitierten ErläutRV, aaO 8, zu Art. 20 aus:

"Streitigkeiten, Meinungsverschiedenheiten oder Ansprüche zwischen der Republik Österreich und den Organisationen, die aus diesem Abkommen oder im Zusammenhang mit seiner Interpretation, Auslegung, Anwendung oder Durchführung entstehen sollten, einschließlich hinsichtlich dessen Bestand, Gültigkeit oder Beendigung und nicht auf anderem Wege beigelegt werden können, sind dem in diesem Artikel vorgesehenen Schiedsgericht zu unterbreiten."

15 Die Amtsrevision erweist sich aus folgenden Gründen als zulässig und auch als berechtigt:

Das Verwaltungsgericht begründete die Aufhebung des Bescheides vom primär mit einer "funktionellen Unzuständigkeit" des Revisionswerbers mangels Streitbeilegung im Sinn des Art. 20 des genannten Abkommens, in eventu mit der Anwendbarkeit der Befreiungsbestimmung des Art. 10 Abs. 1 und Abs. 3 des genannten Abkommens; im Weiteren legte das Verwaltungsgericht seine Ansicht zur Vorgangsweise nach Art. 20 Abs. 1 des genannten Abkommens dar. Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung erheben sich damit schon in Ansehung der Frage des Ausschlusses oder der Beschränkung der Jurisdiktion österreichischer Behörden und insbesondere von Gerichten durch Staatsverträge oder durch allgemein anerkannte Regeln des Völkerrechts im Sinn des Art. 9 Abs. 1 B-VG, aber auch bei der Auslegung der in Rede stehenden Befreiungsbestimmungen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Ansehung vergleichbarer Befreiungsbestimmungen.

Zur Frage der Jurisdiktion (Zuständigkeit) österreichischer Behörden (einschließlich von Verwaltungsgerichten):

16 Die in § 10 Abs. 1 und § 13 Abs. 1 GGG enthaltenen Vorbehalte zu Gunsten von Staatsverträgen sind in ihrem systematischen Zusammenhang als solche zu Gunsten materiellrechtlicher Befreiungsbestimmungen zu lesen, nicht jedoch auch als solche zu Gunsten von verfahrensrechtlichen Regeln; ein solcher Vorbehalt ist auch nicht dem GEG oder anderen Gesetzen zu entnehmen.

17 Immunität ist im gegebenen Zusammenhang das Recht eines Staates oder einer internationalen Organisation einschließlich ihrer Beamten, sich nicht der Zwangsgewalt anderer Staaten unterwerfen zu müssen. Sie umfasst neben der Freistellung von fremder Gerichtsbarkeit auch jene von fremder Steuergewalt (Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht10, Rz 1462). Wie der Gerichtshof der Europäischen Menschenrechte in seinem Urteil vom , Appl. Nr. 26083/94 - Waite and Kennedy, unter Rn 63 ausführte, diene die Zuerkennung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen der Sicherstellung der angemessenen Funktion solcher Organisationen unabhängig von unilateralen Einflüssen von Regierungen. Die Immunität von der Jurisdiktion liege im Interesse der guten Arbeit dieser Organisationen.

18 Internationalen Organisationen wird regelmäßig in einschlägigen Dokumenten Immunität vor zivilrechtlichen Klagen für sich und ihr Vermögen eingeräumt (Reinisch, Handbuch des Völkerrechts5, Rz 1629). Internationale Finanzinstitutionen wie etwa die Weltbank (International Bank for Reconstruction and Development - IBRD) genießen nur eine eingeschränkte Immunität (so Reinisch aaO, Rz 1630; vgl. auch Ibsen, Völkerrecht6, S 227 zur sogenannten funktionellen Immunität internationaler Organisationen).

19 Trotz ihrer Befreiung von der nationalen Gerichtsbarkeit sind internationale Organisationen vollumfänglich an das Recht ihrer Mitgliedstaaten gebunden und damit etwa auch zur Erfüllung ihrer privatwirtschaftlichen Verträge verpflichtet. Die daraus resultierende Rechtsschutzlücke schließen Streitbeilegungsverfahren (Ibsen, aaO, Seite 230). Der - friedlichen - Streitbeilegung dienen u.a. Schiedsgerichte auf völkerrechtlicher Ebene (vgl. Ibsen, aaO, Seite 1147).

20 Dieser Unterscheidung folgend sehen sowohl die IBRD-AoA als auch das Abkommen BGBl. III Nr. 23/2011 (in der Folge kurz "Abkommen") einerseits verschiedene Immunitäten und andererseits völkerrechtliche Streitbeilegungsmechanismen vor. Verdeutlicht wird diese Unterscheidung in den zitierten ErläutRV zum Abkommen, 923 BlgNR XXIV. GP, die die Frage der Immunität von der Jurisdiktion ausschließlich zu Art. 5 dieses Abkommens erläutern, während sie zu Art. 20 des Abkommens nur verdeutlichen, dass Streitigkeiten, Meinungsverschiedenheiten oder Ansprüche zwischen der Republik Österreich und den in Rede stehenden Organisationen dem dort vorgesehenen Schiedsgericht zu unterbreiten seien.

21 Dieser völkerrechtlichen Unterscheidung folgend, die auch die IBRD-AoA sowie das Abkommen widerspiegeln, kommt daher zunächst weder den in Art. IX IBRD-AoA noch in Art. 20 des Abkommens vorgesehenen Regeln über die Streitbeilegung zwischen den Völkerrechtssubjekten eine Bedeutung für die Frage der Immunität der IBRD gegenüber der Jurisdiktion Österreichs einschließlich seiner Verwaltungsbehörden zu. Vielmehr ist die Frage der Exemtion von der Österreichischen Jurisdiktion ausschließlich unter dem Blickwinkel von Art. VII Sekt. 3 IBRD-AoA und Art. 5 des Abkommens zu behandeln.

22 Die Beantwortung der Frage, welche Bedeutung einem allfälligen Schiedsspruch etwa nach Art. 20 des Abkommes für ein Verwaltungs- und verwaltungsgerichtliches Verfahren gemäß § 6b Abs. 1 GEG iVm § 38 AVG zukommen könnte, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil es im gegenständlichen Fall unstrittig kein Verfahren für eine Streitbeilegung oder gar einen Schiedsspruch gibt, der Bedeutung entfalten könnte.

23 Auf die völkerrechtliche Immunität kann, wie dies auch in Art. 5 des Abkommens vorgesehen ist, verzichtet werden (Seidl-Hohenveldern aaO, Rz 1041 ff; Reinisch, aaO, Rz 1560 ff; Matscher in Fasching/Konecny, Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen3, Band I, Rz 135 zu Art. IX EGJN). Ein solcher Verzicht auf die Immunität liegt z.B. in der Einbringung einer Klage im Empfangsstaat hinsichtlich einer Widerklage (Seidl-Hohenveldern aaO, Rz 1041; Matscher aaO, Rz 158 zu Art. IX EGJN).

Die Anhängigmachung eines Verfahrens bewirkt die Unterwerfung unter die gerichtliche Geltendmachung aller aus diesem Verfahren für den Gegner resultierenden Ansprüche einschließlich Kostenersatzansprüche oder Entschädigungsbeträge etwa nach § 408 ZPO und bedingt die Unterwerfung unter alle im Verfahren ergehenden gerichtlichen Aufträge, etwa auch zur Verbesserung von Schriftsätzen nach § 84 ZPO, auf Urkundenedition, auf Sicherheitsleistung für Prozesskosten, aber auch auf Erlag von Kostenvorschüssen und auf Erlag von Gerichtsgebühren (Matscher, aaO, Rz 166 zu Art. IX EGJN; vgl. auch Zimmermann, Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, Band 33, zur Frage der Auferlegung von Kosten des Verfahrens).

24 Von der Frage des Verzichts auf die Immunität gegenüber der Jurisdiktion ist die Frage einer allfälligen Zwangsvollstreckung in das Vermögen bei der internationalen Organisation zu unterscheiden, auf die gesondert verzichtet werden muss (Seidl-Hohenveldern, aaO, Rz 1044).

25 Ob - oder in welchem Ausmaß - ein Völkerrechtssubjekt Immunität vor der inländischen Gerichtsbarkeit genießt oder ob es wirksam auf die Immunität verzichtet hat, hat das Gericht selbst zu beurteilen (vgl. Matscher, aaO, Rz 190 zu Art. IX EGJN, mwN); im Revisionsfall liegt auch kein Schiedsspruch nach Art. 20 des Abkommens vor.

26 Legt man diesen Maßstab zugrunde, so lag in der Einbringung der Klage durch die Mitbeteiligte vor dem Landesgericht Klagenfurt nach völkerrechtlichen Regeln zunächst einmal der wirksame Verzicht auf die Immunität gegenüber Aufträgen des Gerichts, aber auch gegenüber Justizverwaltungsbehörden im Zuge des Verfahrens etwa zur Entrichtung der Gerichtsgebühr, weshalb den österreichischen Behörden in dieser Frage Jurisdiktion zukommt.

27 Von der Frage der Immunität gegenüber der Jurisdiktion ist jene der materiellen Gebührenbefreiung nach Art. 10 des Abkommens, aber auch nach Art. VII Sect. 9 lit. a IBRD-AoA zu trennen.

Zur Frage der materiellen Gebührenbefreiung:

28 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf die Auslegung völkerrechtlicher Verträge grundsätzlich nicht beim Wortlaut stehen bleiben. Vielmehr ist ein völkerrechtlicher Vertrag gemäß Art. 31 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge, BGBl. Nr. 40/1980, nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen (vgl. etwa = Slg. 6244/F).

29 In seinem Erkenntnis vom , Ro 2015/16/0028, gelangte der Verwaltungsgerichtshof in Auslegung des § 8 Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetzes - ULSG, zu folgendem Schluss:

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steckt der äußerste mögliche Wortsinn die Grenze jeglicher Auslegung ab (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 89/16/0029, mwN). § 8 ULSG spricht davon, dass die im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Bundesgesetzes errichteten Haftungsverträge u. a. von den im GGG geregelten Gebühren befreit sind. Der äußerst mögliche Wortsinn des § 8 ULSG erstreckt die Gebührenbefreiung - fallbezogen von einer Gebührenpflicht nach dem GGG - auf mit der Durchführung des ULSG errichtete Haftungsverträge. Dies bedeutet, dass die im ULSG in Form einer Ermächtigung an den Bundesminister für Finanzen vorgezeichneten (schriftlichen) Haftungsverträge des Bundes von den Gerichtsgebühren befreit sein sollen. Die Gebührenbefreiung des § 8 ULSG beschränkt sich daher auf einen allenfalls Gebühren auslösenden Sachverhalt des Abschlusses eines Haftungsvertrages. Damit überschreitet aber der Interpretationsversuch, dass auch allfällige weitere gebührenauslösende Sachverhalte im Gefolge des Abschlusses solcher Haftungsverträge, etwa die Anbringung von Streitigkeiten aus solchen Haftungen, unter das Benefizium des § 8 ULSG fielen, den möglichen Wortsinn der Befreiungsbestimmung. Soweit sich der Revisionswerber auf die von Diwok/Schramm in Unternehmensstabilitätsstärkungsgesetz (2010) unter RZ 2 und 7 zu § 8 vertretene Ansicht einer Erstreckung der Gebührenbefreiung auch auf Klagen beruft, vermag dies nicht zu überzeugen, weil die Kommentatoren keinerlei Begründung für ihr Auslegungsergebnis geben."

Ein Interpretationsversuch, über den Tatbestand der Befreiungsbestimmung hinausgehend allfälligen weiteren Sachverhalten - damals: im Gefolge des tatbestandsmäßigen Abschlusses von Verträgen etwa auch die Anbringung von Klagen aus solchen - das Benefizium der Gebührenbefreiung zukommen zu lassen, würde den möglichen Wortsinn der Befreiungsbestimmung verlassen.

30 Nach Art. 10 Abs. 1 des genannten Abkommens sind die Organisationen und ihr Eigentum von allen Formen der Besteuerung (in Englisch: from all forms of taxation) befreit. Nach Abs. 3 sind alle Rechtsgeschäfte (in Englisch: transactions), an denen die Organisationen beteiligt sind und alle in Verbindung mit solchen Rechtsgeschäften stehende Schriftstücke (in Englisch: all documents recording such transactions) von Steuern sowie Beurkundungs- und Gerichtsgebühren (taxes, recording charges and court fees) befreit. Soweit die Mitbeteiligte eine persönliche Gebührenbefreiung auch für Gerichtsgebühren schon aus Art. 10 Abs. 1 des Abkommens im Wege einer umfassenden Deutung des Begriffs Besteuerung (taxation) ableitet, steht dem die im systematischen Zusammenhang in Art. 10 Abs. 3 des Abkommens getroffene Unterscheidung zwischen Steuern, Beurkundungs- und Gerichtsgebühren (taxes, recording charges and court fees) entgegen, womit eine umfassende Deutung des Begriffs Besteuerung (taxation) auch für Gerichtsgebühren ausscheidet.

31 Lediglich Art. 10 Abs. 3 des genannten Abkommens sieht eine Befreiung (auch) von Gerichtsgebühren vor, allerdings (in der deutschen Fassung) nur für alle Rechtsgeschäfte, an denen die Organisationen beteiligt sind, und alle in Verbindung mit solchen Rechtsgeschäften stehenden Schriftstücke, im Englischen gar nur für "all transactions" (d.h. Geschäfte im Allgemeinen, Umsätze, Transaktionen, Verhandlungen ) und für "all documents recording such transactions" (d.h. alle Schriftstücke, die solche Geschäfte beurkunden).

32 Weder das Verwaltungsgericht noch die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ziehen in Betracht, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen Klage um ein Geschäft ("transaction") handelt. Auch die Befreiung eines mit einem solchen Geschäft im Zusammenhang stehenden Schriftstückes greift hier nicht, weil es sich bei dem die Gerichtsgebührenpflicht auslösenden Sachverhalt nicht bloß um die Verfassung der Klagsschrift, sondern um die Einbringung der Klagsschrift bei Gericht (§ 2 Z. 1 lit. a GGG) handelt, zumal die englische Fassung des Art. 10 Abs. 3 des genannten Abkommens - in Bezug auf Schriftstücke sogar noch enger gefasst - die Gebührenbefreiung nur für solche Geschäfte beurkundende Dokumente ("documents recording such transactions") vorsieht, womit nach dieser Fassung eine Einbringung einer Klage bei Gericht eindeutig nicht erfasst ist. Gegenstand der Pauschalgebühr nach TP 1 GGG ist das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz und nicht der Klagsschriftsatz. Dementsprechend stellt § 2 Z 1 lit. a und b GGG für das Entstehen des Gebührenanspruches auf bestimmte Akte ab, sodass es nicht schon auf die bloße Verfassung des Klagsschriftsatzes ankommt (z.B. bei Protokollaranträgen auf den Beginn der Niederschrift, bei Vergleichen auf die Beurkundung, bei der Erweiterung des Klagebegehrens ohne Schriftsatz auf den Beginn der Protokollierung), sondern auf die Prozesshandlung in einem zivilgerichtlichen Verfahren.

Unter Berücksichtigung beider Fassungen des Abkommens überschreitet der Interpretationsversuch des Verwaltungsgerichts, aber auch der Mitbeteiligten, wonach auch allfällige weitere - eine Gerichtsgebührenpflicht auslösende -Sachverhalte im Gefolge von solchen Rechtsgeschäften oder in Verbindung mit solchen

Rechtsgeschäften stehenden Schriftstücken ("transactions ... and

all documents recording such transcations"), nämlich die Einbringung einer Klage aus solchen Rechtsgeschäften, unter die Befreiungsbestimmung des Art. 10 Abs. 3 fielen, den äußerst möglichen Wortsinn der Befreiungsbestimmung.

33 Die Mitbeteiligte beanspruchte eine Gebührenbefreiung auch aus Art. VII Sect. 9 lit. a IBRD-AoA:

Art. VII Sect. 9 lit. a IBRD-AoA bestimmt die Immunität der Bank "from all taxation and from all customs duties ...". Während der Begriff "taxation" - wie bereits ausgeführt - lediglich Besteuerung bedeutet, umfassen die Worte "customs duties" nur Zollgebühren (so auch die deutsche Übersetzung in der Kundmachung BGBl. Nr. 105/1949), zumal in systematischem Zusammenhang in Art. VII Sect. 3 IBRD-AoA die Begriffe "judicial process" (für gerichtliche Verfahren) und "action" (für Prozesse) verwendet werden, wogegen Sect. 9 leg. cit. davon terminologisch "operations and transactions" unterscheidet; hätte auch eine Befreiung für gerichtliche Verfahren in Betracht gezogen werden sollen, hätte Art. VII Sect. 9 lit. a IBRD-AoA zumindest für solche Handlungen wohl auch "actions" aufgezählt, wenn nicht auch den Begriffen "taxation" und "customs duties" die Begriffe "court fees" hinzugefügt.

Somit bietet auch Art. VII Sect. 9 lit. a IBRD-AoA keine Grundlage dafür, eine persönliche Befreiung der Mitbeteiligten von Gerichtsgebühren näher in Betracht zu ziehen.

34 Damit belastete das Verwaltungsgericht das angefochtene

Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes; vor dem Hintergrund des dargelegten - eindeutigen - Verständnisses des genannten Abkommens sowie der IBRD-AoA erweist sich die Sache als entscheidungsreif, weshalb im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis in der Sache selbst dahingehend zu erkennen ist, dass das angefochtene Erkenntnis im Sinne einer Abweisung der Beschwerde der Mitbeteiligten abzuändern ist. Dies kann gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG unter Abstandnahme von einer - ohnehin nur von der Mitbeteiligten in ihrer Bescheidbeschwerde zur Darlegung und Präzisierung ihrer Rechtsansicht beantragten - mündlichen Verhandlung geschehen, zumal die Schriftsätze der Parteien vor dem Verwaltungsgerichtshof und die Akten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht erkennen lassen, dass die (weitere) mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache, namentlich der in Rede stehenden Rechtsfragen der Auslegung des genannten Abkommens, nicht erwarten lässt und dem weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 EGRC entgegenstehen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RO2018160017.J00
Schlagworte:
Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12

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