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VwGH vom 26.04.2018, Ro 2018/16/0008

VwGH vom 26.04.2018, Ro 2018/16/0008

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann über die Revision von A R und I R in O, vertreten durch Dr. Bernhard Gumpoldsberger, Rechtsanwalt in 4642 Sattledt, Schulstraße 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , LVwG-450271/4/MZ/MA-50272/2, betreffend Wasserleitungs-Anschlussgebühr nach § 1 Abs. 1 des (Oberösterreichischen) Interessentenbeiträge-Gesetzes 1958 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Marktgemeinde Ottensheim), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Aufwandersatzbegehren der Marktgemeinde Ottensheim und der Oberösterreichischen Landesregierung werden abgewiesen.

Begründung

1 Die Rechtsvorgänger der Revisionswerber hatten als Miteigentümer des Grundstückes Nr. 71/1, EZ, KG N, mit der Marktgemeinde Ottensheim am einen Raumordnungsvertrag nach § 15 iVm § 16 Abs. 1 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 geschlossen, laut dem aufgrund der begrenzten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gemeinde und dem wirtschaftlichen Interesse der Grundeigentümer an einer Umwidmung sämtliche das Grundstück betreffenden Infrastrukturkosten, welche im Zuge der Umwidmung des Grundstückes in Bauland-Wohngebiet anfielen, zur Gänze von den Grundeigentümern zu tragen seien. Darunter fielen Kosten für die Verkehrserschließung (Straßenbau, Oberflächenentwässerung, Straßenbeleuchtung), für Kanalisation und Trinkwasserversorgung sowie Planungs- und Vertragskosten. Sämtliche Rechte und Pflichten aus diesem Raumordnungsvertrag gingen vereinbarungsgemäß - auch wiederholt - auf die Rechtsnachfolger der jeweiligen Grundeigentümer über. Vereinbarungsgemäß sollten die unter dem Punkt "Verkehrserschließung" dieses Vertrages erbrachten Leistungen nach Maßgabe des § 20 Abs. 7 Oö. BauO 1994 auf den Verkehrsflächenbeitrag (§§ 19 ff Oö. BauO 1994) anzurechnen sein. Die unter dem Punkt "Kanalisation und Trinkwasserversorgung" dieses Vertrages erbrachten Leistungen könnten nach Abschluss einer privatrechtlichen Vereinbarung im Zusammenhang mit der Vorschreibung der Kanal-Anschlussgebühren im Sinn des (Oberösterreichischen) Interessentenbeiträge-Gesetzes 1958 eine Anrechnung finden. Die zuvor genannten Punkte gälten sinngemäß auch für die Errichtung einer Trinkwasserversorgungsleitung für das vertragsgegenständliche Grundstück. An die Stelle der Kanal-Anschlussgebühr trete sinngemäß die Wasser-Anschlussgebühr im Sinn des Interessentenbeiträge-Gesetzes 1958.

Die damaligen Miteigentümer des Grundstückes trugen Kosten für die Aufschließung im Betrag von EUR 74.543,22 und überwälzten diese ihren Rechtsnachfolgern. Das gegenständliche Grundstück wurde in sechs Parzellen geteilt, wovon die Revisionswerber mit Kaufvertrag vom eine Teilfläche erwarben, aus der ein neu gebildetes Grundstück geschaffen wurde. Im Kaufvertrag wurden den Revisionswerbern alle Rechte und Pflichten aus dem das Grundstück betreffenden Raumordnungsvertrag übertragen.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die im Instanzenzug ergangene Vorschreibung einer Wasserleitungs-Anschlussgebühr nach § 1 Abs. 1 lit. b des Interessentenbeiträge-Gesetzes 1958 in Höhe von EUR 2.887,68 für den Anschluss des (neu gebildeten) Grundstücks der Revisionswerber an die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Marktgemeinde Ottensheim. Weiters sprach das Gericht aus, dass gegen diese Entscheidung eine Revision zulässig sei.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und Feststellung des wesentlichen Sachverhaltes erwog das Gericht in rechtlicher Hinsicht:

"III.2. Bei dem gegenständlichen Raumordnungsvertrag handelt es sich um einen Akt der Privatwirtschaftsverwaltung der Gemeinde, zu deren Abschluss die Gemeinde durch die §§ 15 und 16 Oö. ROG 1994 gesetzlich ermächtigt ist. Die Gemeinden haben gemäß § 15 Abs. 2 Oö. ROG 1994 im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Aufgaben der örtlichen Raumordnung durch privatwirtschaftliche Maßnahmen zu unterstützen (aktive Bodenpolitik). Entsprechend dem voraussehbaren Bedarf ist dabei insbesondere auf die Vorsorge für Wohnungen und für die Ansiedlung von Betrieben Bedacht zu nehmen. Als privatwirtschaftliche Maßnahmen im Sinne des § 15 Abs. 2 Oö. ROG 1994 kommen insbesondere Vereinbarungen der Gemeinde mit den Grundeigentümern über die zeitgerechte und widmungsgemäße Nutzung von Grundstücken sowie die Tragung von die Grundstücke betreffenden Infrastrukturkosten in Betracht.

Dabei handelt es sich nach dem Gesetzeswortlaut um eine Maßnahme der Privatwirtschaftsverwaltung, nicht jedoch um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag als gültige Vereinbarung über den Inhalt einer Steuerschuld wäre nur dann zulässig, wenn die Gesetze sie ausdrücklich vorsehen, wobei sich diese gesetzlichen Ermächtigungen nur dann als verfassungskonform erweisen, wenn die öffentlich-rechtlichen Verträge lediglich die Modalitäten der Abgabenerhebung (Berechnung der Bemessungsgrundlage, Fälligkeit etc.) und nicht die Steuerpflicht selbst betreffen, wenn im Gesetz Voraussetzungen und Inhalt hinreichend bestimmt sind und wenn in Streitfällen eine bescheidförmige Erledigung vorgesehen ist, sodass eine Prüfung der Gesetzmäßigkeit möglich ist (vgl. dazu ; , 93/17/0126). Schon aus der Überschrift des § 16 Oö. ROG 1994 geht jedoch hervor, dass es sich um ‚Privatwirtschaftliche Maßnahmen zur Baulandsicherung' handelt und nicht um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Abmachungen zwischen den Organwaltern des Abgabengläubigers und dem Abgabenschuldner über den Inhalt der Abgabenschuld ohne jede abgabenrechtliche Bedeutung. Abmachungen über den Inhalt einer Abgabenschuld stünden - soweit sie nicht im Gesetz ausdrücklich zugelassen seien - im Widerspruch zu dem aus Art. 18 B-VG abzuleitenden Erfordernis der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung der Abgabenvorschrift. Entstehung, Inhalt und Erlöschen der Abgabenschuld einschließlich des diesbezüglichen Verfahrens und der diesbezüglichen Rechtsformen hoheitlichen Handelns seien - entsprechend dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Abgabenverwaltung - ausschließlich durch das Gesetz geregelt ().

Zwar hat der Raumordnungsvertrag als Akt der Privatwirtschaftsverwaltung per se keinen Einfluss auf den Bestand einer Abgabe und eine etwaige Anrechnung der geleisteten Infrastrukturkosten. Er beeinflusst den Abgabentatbestand jedoch insofern, als durch Gesetz ausdrücklich auf eine solche Vereinbarung Bezug genommen wird. Eine solche Bezugnahme findet in § 25 Abs. 5 Oö. ROG 1994 statt, der eine Anrechnung von privatrechtlich vereinbarten Infrastrukturkostenbeiträgen auf die Aufschließungsbeiträge gemäß § 25 Oö. ROG 1994 vorsieht. Dieser nimmt ausdrücklich auf (eine) Vereinbarung gemäß § 16 Abs. 1 Oö. ROG 1994 Bezug und normiert, dass eine Vorschreibung der Aufschließungsbeiträge sogar unterbleiben kann, soweit die tatsächlich anfallenden Infrastrukturkosten auf Grund einer Vereinbarung gemäß § 16 Abs. 1 Oö. ROG 1994 bereits vollständig entrichtet wurden.

Insofern beeinflusst dieser privatrechtlich vereinbarte Raumordnungsvertrag zweifellos den Bestand der Aufschließungsgebühren.

Im vorliegenden Beschwerdefall geht es jedoch um die Frage einer weiteren Auswirkung dieses Raumordnungsvertrages auch auf die Anschlussgebühren gemäß Oö. Interessentenbeiträgegesetz 1958.

III.3. Vorweg ist zu bemerken, dass in Oberösterreich ein in sich verstricktes System von privatrechtlichen Kostentragungsvereinbarungen, Aufschließungsbeitragen, Erhaltungsbeiträgen und Anschlussgebühren existiert, welche seine Grundlage im Oö. Raumordnungsgesetz 1994, im Oö. Interessentenbeiträgegesetz 1958 und auf dessen Grundlage im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden erlassenen Verordnungen hat.

Das Oö. ROG 1994 regelt in den §§ 15 und 16 die Möglichkeit der Gemeinden zum Abschluss von Infrastrukturkostenvereinbarungen mit den jeweiligen Grundeigentümern, welche laut Gesetz Akte der Privatwirtschaftsverwaltung darstellen.

Die Gemeinden können mit dem Grundeigentümer für den Fall der Umwidmung seines Grundstücks in Bauland eine Vereinbarung über die zeitgerechte und widmungsgemäße Nutzung von Grundstücken sowie die Tragung von die Grundstücke betreffenden Infrastrukturkosten treffen. Dabei ist sicherzustellen, dass auch unter Berücksichtigung der nach anderen landesgesetzlichen Vorschriften einzuhebenden Beiträge die voraussichtlich tatsächlich anfallenden Kosten nicht überschritten werden.

Gemäß § 25 Oö. ROG 1994 hat die Gemeinde für ein Grundstück, das im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als Bauland gewidmet, jedoch nicht bebaut ist, je nach Aufschließung des Grundstücks durch eine gemeindeeigene Abwasserentsorgungsanlage, eine gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage (§ l Abs. l Oö. Interessentenbeiträge-Gesetz 1958) oder eine öffentliche Verkehrsfläche einen Aufschließungsbeitrag vorzuschreiben. Er ist in fünf aufeinanderfolgenden Kalenderjahren in jährlichen Raten zu je 20 % fällig.

Sonstige oder frühere, insbesondere auch auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen oder anderer gesetzlicher Bestimmungen für die genannten Infrastruktureinrichtungen geleistete Beiträge sind indexgesichert auf den Aufschließungsbeitrag anzurechnen. Eine Vorschreibung kann unterbleiben, soweit die tatsächlich anfallenden Infrastrukturkosten auf Grund einer Vereinbarung nach § 16 Abs. 1 Oö. ROG 1994 (zB Infrastrukturkostenbeitrag) bereits vollständig entrichtet wurden.

In vielen Fällen, in denen es eine Vereinbarung über die Kostentragung der baulandbezogenen Infrastruktur gibt, wird es daher zu keiner Vorschreibung von Aufschließungsbeiträgen kommen.

Mit dem Anschluss des Baugrundstücks an die Kanalbzw Wasserversorgungsanlage oder der verkehrsmäßigen Erschließung ist gemäß § l des Oö. Interessentenbeiträgegesetz 1958 je nach Aufschließung eine Anschlussgebühr vorzuschreiben. Die Anschlussgebühren sind Sache des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde und durch Verordnung nach der Maßgabe des Oö. Interessentenbeiträgegesetz 1958 zu regeln.

Bei der Vorschreibung der Anschlussgebühren sind gemäß § 26 Abs. 5 Oö. ROG 1994 die geleisteten Aufschließungsbeiträge anzurechnen. Wird der Anschluss an die gemeindeeigene Anlage auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags hergestellt, ist der dafür entrichtete Aufschließungsbeitrag dem betroffenen Grundeigentümer ebenfalls anzurechnen. Im Streitfall entscheidet darüber die Behörde mit Bescheid.

Anlässlich der Erteilung einer Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden ist gemäß § 19 Oö. BauO 1994 ein Beitrag zu den Kosten der Herstellung der öffentlichen Verkehrsfläche (Verkehrsflächenbeitrag) vorzuschreiben.

§ 20 Abs. 7 Oö. BauO 1994 regelt die Anrechnung von Vorleistungen auf den Verkehrsflächenbeitrag. Sonstige oder frühere, insbesondere auch auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen oder anderer gesetzlicher Bestimmungen für die Herstellung der öffentlichen Verkehrsfläche geleistete Beiträge sind auf den Verkehrsflächenbeitrag indexgesichert anzurechnen. Dies gilt gegebenenfalls auch für geleistete Hand- und Zugdienste und für erbrachte Sachleistungen. Können solche sonstige oder frühere Beitragsleistungen weder von der Gemeinde noch vom Abgabepflichtigen (§ 19 Abs. 4) ausreichend belegt werden, besteht ein Anspruch des Abgabepflichtigen auf Anrechnung nur insoweit, als er die von ihm oder von seinen Rechtsvorgängern erbrachten Leistungen glaubhaft machen kann.

Aufgrund der Anrechnungsregelungen in § 26 Abs. 5 Oö. ROG 1994 und § 20 Abs. 7 Oö. BauO 1994 werden Aufschließungsbeiträge daher in der Regel zur Gänze auf die Anschlussgebühren angerechnet. Auf den Verkehrsflächenbeitrag werden überdies auch aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen (zB Infrastrukturkostenvertrag gemäß § 16 Oö. ROG 1994) geleistete Beiträge angerechnet.

III.4. Aufschließungsbeiträge gemäß § 25 Oö. ROG 1994 haben ihren Zweck sowohl in einem Lenkungseffekt hinsichtlich Raumordnung als auch in einer Einhebung eines Beitrags zu den Infrastrukturkosten (). Die Vorschreibung soll einen Anreiz zur Bebauung setzen und somit der Baulandmobilisierung dienen. Die nach § 25 Oö. ROG vorzuschreibenden Aufschließungsbeiträge richten sich laut der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs in unbedenklicher Weise nach den vorzuschreibenden Interessentenbeiträgen und werden später auf die Interessentenbeiträge gemäß § 26 Abs. 5 Oö. ROG und § 20 Abs. 7 Oö. BauO angerechnet. Aufgrund des Vorauszahlungscharakters würden die Aufschließungsbeiträge auch die finanzverfassungs- und ausgleichsrechtlichen Grundlagen mit den Interessentenbeitragen teilen (). Auch der Verwaltungsgerichtshof betont immer wieder den Vorauszahlungscharakter der Aufschließungsbeiträge durch die Verknüpfung mit den Interessentenbeiträgen und dem Verkehrsflächenbeitrag, sowie deren Lenkungsfunktion in der Raumordnung (zB ; , 2006/17/0004; , 2002/17/0124; , 99/17/0364).

Diese Verknüpfung geht so weit, dass Aufschließungsbeiträge gemäß § 25 Oö. ROG 1994 - in ihrer Funktion als Vorauszahlung für die Interessentenbeiträge nach dem Oö. IBG 1958 - dann nicht mehr vorgeschrieben werden dürfen, wenn das Recht auf Einhebung der Interessentenbeiträge bereits verjährt ist () und bei der Vorschreibung der Aufschließungsbeiträge

  • abweichend vom allgemeinen Prinzip der Zeitbezogenheit der Abgaben - auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Vorschreibung abzustellen ist ( mwN).

Interessentenbeiträge gemäß § l IBG 1958 sind wirtschaftlich gesehen als Entgelt für die von der Gemeinde erbrachten Leistungen

  • zB der Beitrag zu den Kosten der Errichtung der gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage - zu verstehen (vgl. ). Dieser Interessentenbeitrag zu den Errichtungskosten der gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage hat nichts mit den Kosten für die Errichtung der Leitungen und Anlagen zum Zwecke des Anschlusses an die Versorgungsleitung der gemeindeeigenen Wasserversorgungsanläge zu tun (). Der Interessentenbeitrag ist daher ein Beitrag zu den Kosten der gesamten gemeindeeigenen Versorgungsanlage (siehe auch BlgLT AB 379/1973, 10. GP).

III.5. Bei der Vorschreibung der Interessentenbeiträge gemäß § l IBG 1958 sowie bei der Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrags gemäß § 19 Oö. BauO 1994 werden die vorgeschriebenen und bezahlten Aufschließungsgebühren angerechnet, soweit solche mangels privatrechtlich übernommener Infrastrukturkosten überhaupt vorgeschrieben wurden.

Der Grundstückseigentümer bzw. Bauwerber bezahlt somit den - nach Abzug der Aufschließungsbeiträge verbleibenden - Interessentenbeitrag als Beitrag zur gesamten gemeindeeigenen Kanal- bzw. Wasserversorgungsanlage, wobei ihm grundsätzlich als Gegenleistung die Herstellung der Anschlussleitungen sowie die Benützungsmöglichkeit der gesamten Anlage gegenüber steht.

Hat der Grundstückseigentümer schon aufgrund einer privatrechtlichen Infrastrukturkostenvereinbarung die Anschlussleitungen vom bestehenden Kanal bzw. Wasserstrang bis zu seinem Grundstück selbst bezahlt bzw. hergestellt, kann aufgrund dieser Eigenleistung die Vorschreibung von Aufschließungsgebühren gemäß § 25 Abs. 5 Oö. ROG 1994 reduziert werden bzw. unterbleiben. Diese Anrechnungsregelung wurde gleichzeitig mit der Möglichkeit des Abschlusses von privatrechtlichen Infrastrukturkostenvereinbarungen im Jahr 2011 eingeführt (BlgLT IA 453/2011, 27. GP l ff).

Wird das Grundstück nun an die Kanalbzw. Wasserversorgungsanlage angeschlossen, besteht mangels Vorschreibung von Aufschließungsbeiträgen keine Möglichkeit, solche von den Anschlussgebühren abzuziehen.

Wird der Anschluss an die gemeindeeigene Anlage auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags hergestellt, ist gemäß § 26 Abs. 5 Oö. ROG 1994 der dafür entrichtete Aufschließungsbeitrag dem betroffenen Grundeigentümer ebenfalls anzurechnen. Diese Anrechnungsklausel stammt aus dem Jahr 1997 (Oö. Raumordnungsgesetz-Novelle 1997, LGBl. Nr. 83/1997). Im Zuge dieser Novelle wurde das System der anrechenbaren Aufschließungsbeiträge und des Erhaltungsbeitrags geschaffen, es gab jedoch damals noch keine Möglichkeit, den Aufschließungsbeitrag aufgrund vertraglich vereinbarter und durchgeführter Vorleistungen nicht vorzuschreiben. Die Anrechnungsmöglichkeit bezieht sich daher nach dem Wortlaut des Abs. 5 nur auf entrichtete Aufschließungsbeiträge.

Die Materialien zu § 26 Abs. 5 Oö. ROG 1994 lauten wie folgt:

Geleistete Aufschließungsbeiträge sind zur Gänze auf die Anschlußgebühren gemäß dem Interessentenbeiträge-Gesetz 1958 und den Verkehrsflächenbeitrag nach der Oö. Bauordnung 1994 anzurechnen. Gleiches gilt, wenn diese Beiträge auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags geleistet werden. Soweit nicht die Gemeinde die Anschlüsse herstellt, hat sie die entsprechenden Beiträge dem Unternehmen oder dem Anschlußwerber zu überweisen' (BlgLT 1021/1997, XXIV. Gesetzgebungsperiode 7).

In dieser Anrechnungsklausel des § 26 Abs. 5 Oö. ROG 1994 kann die Nichtvorschreibung des Aufschließungsbeitrags und deren Auswirkungen noch nicht berücksichtigt worden sein.

Die Möglichkeit zum Abschluss privatrechtlicher Infrastrukturkostenvereinbarungen gemäß § 16 Oö. ROG 1994 zwischen der Gemeinde und Grundstückseigentümern wurde erst mit der Oö. Raumordnungsgesetz-Novelle 2011 (LGBl. Nr. 73/2011) geschaffen. Gleichzeitig wurde in § 25 Abs. 5 Oö. ROG 1994 die Anrechnung aufgrund solcher Verträge erbrachten Vorleistungen auf den Aufschließungsbeitrag neu geschaffen.

Die Anrechnungsklausel des § 26 Abs. 5 Oö. ROG 1994 wurde scheinbar bewusst in der seit 1997 in Geltung stehenden Form unverändert belassen. Es kann daher aus dem Wortlaut des § 26 Abs. 5 Oö. ROG 1994 nicht geschlossen werden, dass auch bezahlte Kosten aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung gemäß § 16 Oö. ROG 1994 als ‚entrichtete Aufschließungsbeiträge' zu subsumieren sind, denn der Wortlaut stellt ausdrücklich auf ‚Aufschließungsbeiträge' ab, unter welchen nur gesetzlich normierte und hoheitlich vorzuschreibende Abgaben zu verstehen sind.

Auch im Interessentenbeiträge-Gesetz 1958 ist keine Anrechnung von Vorleistungen geregelt und somit keine Ermächtigung für die Berücksichtigung von Vorleistungen vorhanden (vgl. ).

Im Gegensatz dazu werden bei der Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrags gemäß § 19 Oö. BauO 1994 aufgrund der expliziten gesetzlichen Ermächtigung in § 29 Abs 7 Oö. BauO 1994 sämtliche - auch aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen erbrachten - Vorleistungen angerechnet, selbst wenn aufgrund dieser Vorleistungen kein Aufschließungsbeitrag bzgl. Verkehrserschließung wurde.

Die Behörde kann ohne gesetzliche Ermächtigung auf die Erhebung von Abgaben jedoch nicht verzichten (; , 88/17/0128). Eine Anrechnung der geleisteten Infrastrukturkosten auf die Anschlussgebühren ist daher nicht möglich.

Im Ergebnis bezahlt somit jener Grundstückseigentümer, der die aufgrund einer Umwidmung in Bauland neu herzustellende Infrastruktur bzgl. Abwasser- und Wasserversorgung (zum Teil) selbst bezahlt bzw. hergestellt hat, den vollen gemäß Gemeindegebührenordnung vorzuschreibenden Interessentenbeitrag. Aufgrund der Nichtvorschreibung von Aufschließungsgebühren gemäß § 25 Abs. 5 Oö. ROG 1994 wird mangels Anrechenbarkeit bei den Anschlussgebühren keine (teilweise) Abgeltung der Vorleistungen erzielt. Da die Anschlussgebühren jedoch als Beitrag zur gesamten gemeindeeigenen Versorgungsanlage zu sehen sind, und nichts mit den Kosten für die Errichtung der Leitungen und Anlagen zum Zwecke des Anschlusses an die Versorgungsleitung der gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage zu tun haben (vgl. ) ist daraus auch keine Ungleichbehandlung der Grundeigentümer zu erkennen.

IV. Für den konkreten Beschwerdefall bedeuten das Folgendes:

Die (Revisionswerber) haben als Rechtsnachfolger der Ehegatten N. alle Rechte und Pflichten aus dem Raumordnungsvertrag mit der Gemeinde übernommen. Der Raumordnungsvertrag wurde vertragsgemäß erfüllt und die aufgrund der Umwidmung des Grundstücks in Bauland erforderliche neu zu schaffende Kanal- und Wasserversorgungsinfrastruktur zur Gänze auf Kosten der (ehemaligen) Grundstückseigentümer hergestellt. Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 Oö. ROG 1994 ist bei Abschluss einer solchen Vereinbarung sicherzustellen, dass auch unter Berücksichtigung der nach anderen landesgesetzlichen Vorschriften einzuhebenden Beiträge die voraussichtlich tatsächlich anfallenden Kosten nicht überschritten werden. Diese Vorgabe wurde eingehalten, da die gesamte Herstellung der Infrastruktur und die damit verbundenen tatsächlichen Kosten an die Grundstückseigentümer übertragen wurden.

Die unabhängig von diesen Vorleistungen vorgeschriebene Wasseranschlussgebühr ist als Beitrag für die gesamte gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage zu sehen. Von der Gemeinde wurde hier keineswegs ein Neuanschluss fingiert, sondern eine einmalige und erstmalige Anschlussgebühr für den Anschluss des Grundstücks an die gemeindeeigene Versorgungsanlage vorgeschrieben. Dieser Interessentenbeitrag wird in einer objektivierenden Betrachtungsweise durch Verordnung der Gemeinde festgelegt und ist der Höhe nach an die Vorgaben des IBG 1958 gebunden. Die Gemeinde hat die Verhältnismäßigkeit der vorgeschriebenen Interessentenbeiträge im angefochtenen Bescheid durch die Ergebnisse der Rechnungsabschüsse sowie durch Sachverständigengutachten dargelegt. Dass die Interessentenbeiträge nicht dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen würden, lässt sich daraus nicht erkennen und wurde auch nicht behauptet.

Vielmehr lässt sich daraus schließen, dass mit den Interessentenbeiträgen Ausgaben für die gemeindeeigenen Versorgungsanlagen nicht gedeckt werden können. Zwar kann in der vorgeschriebenen Wasseranschlussgebühr rein kalkulatorisch auch ein - objektiviert gestalteter - Anteil für die Kosten der aufgrund Umwidmung neu herzustellenden Infrastruktur für die Trinkwasserleitung enthalten sein. Anzudenken wäre, ob durch die Vorschreibung des Interessentenbeitrags, der in objektivierter Form auch die Kosten für die Anschlussleitung enthält, mit dem vorliegendem Raumordnungsvertrag die Vorgabe des § 16 Oö. ROG überschritten wurde, da unter Berücksichtigung der nach anderen landesgesetzlichen Vorschriften einzuhebenden Beiträge - wie bspw. die Interessentenbeiträge - die voraussichtlich tatsächlich anfallenden Kosten nicht überschritten werden dürfen.

In der Aufstellung der Aufwandsermittlung der Gemeinde ist jedoch ersichtlich, dass mit den eingehobenen Interessenentenbeiträgen in den Jahren 2012 bis 2015 die Kosten für die Kanalisations- bzw. Wasserversorgungsanlage bei weitem nicht abgedeckt werden konnten. Die vorgeschriebene Wasseranschlussgebühr geht daher in den Kosten für (die) gesamte Wasserversorgungsanlage auf, ohne dass die tatsächlichen Infrastrukturkosten für die Errichtung der Anschlussleitungen durch die zusätzliche Vorschreibung des Interessentenbeitrags überschritten würden.

Auch das Vorbringen der (Revisionswerber) bzgl. der im Raumordnungsvertrag vereinbarten Anrechnung der Infrastrukturkosten auf die Anschlussgebühren ändert nichts am Abgabentatbestand. Vereinbart wurde, dass die erbrachten Leistungen hinsichtlich Kanalisation und Trinkwasserversorgung nach Abschluss einer privatrechtlichen Vereinbarung in Zusammenhang mit der Vorschreibung der Kanalanschlussgebühr bzw. Wasseranschlussgebühr iSd Oö. IBG 1958 eine Anrechnung finden können.

Diese Vereinbarung ist rein privatrechtlicher Natur und kann den Bestand einer hoheitlich vorzuschreibenden Abgabe nicht beeinflussen ().

Die belangte Behörde hatte mangels gesetzlicher Ermächtigung zur Anrechnung der aufgrund dieses Raumordnungsvertrags geleisteten Zahlungen zur Herstellung der Wasser- und Kanalinfrastruktur die Wasseranschlussgebühr laut den Vorgaben der Wassergebührenordnung in voller Höhe vorzuschreiben. Aufschließungsbeiträge durften mangels Vorschreibung von der Wasseranschlussgebühr nicht in Abzug gebracht werden."

Abschließend begründete das Gericht seinen Ausspruch über die Zulässigkeit einer Revision damit, dass es keine höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu gebe, ob die vom Grundstückseigentümer gemäß einer Vereinbarung nach § 16 Abs. 1 Z 1 Oö. ROG 1994 getragenen Kosten für Wasserversorgungs- und Abwasserinfrastruktur auf die Interessentenbeiträge gemäß dem Interessentenbeiträge-Gesetz 1958 anrechenbar seien.

3 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachten sich die Revisionswerber in ihren Rechten verletzt, nicht entgegen den Bestimmungen des § 1 Interessentenbeiträge-Gesetz 1958, §§ 198 und 288 BAO sowie den Bestimmungen der Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Ottensheim Wasseranschlussgebühren in Höhe von EUR 2.878,68 festgesetzt zu erhalten, verletzt. Sie beantragen, das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGG aufzuheben. Betreffend die Zulässigkeit ihrer Revision teilen sie die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes und führen ergänzend aus, eine erhebliche Rechtsfrage des materiellen Rechts sei im Fehlen einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage zu erblicken, ob § 26 Abs. 5 Z 2 Oö. ROG 1994 in der Fassung LGBl. Nr. 69/2015 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 lit. b Interessentenbeiträge-Gesetz 1958 so interpretiert werden könne, dass bei der Vorschreibung von Interessentenbeiträgen für Wasser- und Kanalanschlüsse die vom jeweiligen Liegenschaftseigentümer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages selbst geleisteten Beiträge für die Errichtung von Infrastruktureinrichtungen für die Verkehrserschließung für Kanalisation und Wasserversorgung anzurechnen seien. Im Gegensatz zur Beurteilung des Gerichtes würden etwa bei der Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrages nach § 19 Oö. BauO 1994 aufgrund der expliziten gesetzlichen Ermächtigung in § 19 Abs. 7 Oö. BauO 1994 sämtliche - also auch aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen erbrachte - Vorleistungen der Grundstückseigentümer angerechnet, selbst wenn aufgrund dieser Vorleistungen kein Aufschließungsbeitrag bzw. Verkehrserschließungsbeitrag vorgeschrieben werde.

4 Die inhaltliche Rechtswidrigkeit sieht die Revision darin begründet, aus dem Ausschussbericht 1997 zum kurzschriftlichen Bericht des Oö. Landtages zu den §§ 25 bis 28 Oö. ROG 1994 ergebe sich eindeutig, dass der Gesetzgeber die Anrechnungsregel des § 26 Abs. 2 Oö. ROG 1994 dahingehend habe gestalten wollen, dass nicht nur geleistete Aufschließungsbeiträge, sondern auch aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages geleistete Beiträge auf die Anschlussgebühren nach dem Interessentenbeiträge-Gesetz 1958 anzurechnen seien. Bei § 26 Abs. 5 Oö. ROG 1994 handle es sich um eine auslegungsbedürftige Bestimmung, die aufgrund des klar erkennbaren Willens des Gesetzgebers nur dahingehend ausgelegt werden könne, dass von Liegenschaftseigentümern aufgrund privatrechtlicher Infrastrukturkostenvereinbarungen nach § 16 Oö. ROG 1994 geleistete Kosten und Beiträge für die Errichtung von Infrastruktureinrichtungen und insbesondere Kanalbzw. Wasserversorgungsanlagen auf Anschlussgebühren im Sinne des Interessentenbeiträge-Gesetz 1958 anzurechnen seien. Die vom Gericht vertretene Ansicht, wonach die Anrechnungsbestimmung des § 26 Abs. 5 Oö. ROG 1994 seit 1997 unverändert belassen worden sei, stehe im Widerspruch zu dem aus den Gesetzesmaterialien erkennbaren Willen und sei zum Anderen nicht nachvollziehbar, weil der Gesetzgeber bereits in § 25 Abs. 5 Oö. ROG 1994 eine klare und unmissverständliche Anrechnungsregel für von Liegenschaftseigentümern (auch) aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen geleisteter Beiträge vorgesehen habe.

5 Die Marktgemeinde Ottensheim hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Abweisung der Revision als unbegründet unter Zuerkennung von Aufwandersatz beantragt.

6 Weiters hat die Oberösterreichische Landesregierung eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie ebenfalls die Abweisung der Revision als unbegründet unter Zuerkennung von Aufwandersatz beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 § 16 des Oö. Raumordnungsgesetzes 1994 - Oö. ROG 1994, LGBl. Nr. 114/1993, lautet in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 73/2011 auszugsweise:

"§ 16

Privatwirtschaftliche Maßnahmen zur Baulandsicherung

(1) Als privatwirtschaftliche Maßnahmen im Sinne des § 15 Abs. 2 kommen insbesondere in Betracht:

1. Vereinbarungen der Gemeinde mit den Grundeigentümern

über die zeitgerechte und widmungsgemäße Nutzung von Grundstücken sowie die Tragung von die Grundstücke betreffenden Infrastrukturkosten; dabei ist sicherzustellen, dass auch unter Berücksichtigung der nach anderen landesgesetzlichen Vorschriften einzuhebenden Beiträge die voraussichtlich tatsächlich anfallenden Kosten nicht überschritten werden.;

..."

Die §§ 25 und 26 Oö. ROG 1994 lauten in der Fassung der Novelle

LGBl. Nr. 69/2015 auszugsweise:

"§ 25

Aufschließungsbeitrag im Bauland

(1) Die Gemeinde hat dem Eigentümer eines Grundstücks oder Grundstücksteils, das im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als Bauland gewidmet, jedoch nicht bebaut ist, je nach Aufschließung des Grundstücks durch eine gemeindeeigene Abwasserentsorgungsanlage, eine gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage (§ 1 Abs. 1 Oö. Interessentenbeiträge-Gesetz 1958) oder eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde einen Aufschließungsbeitrag vorzuschreiben. Abgabepflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Vorschreibung Eigentümer des Grundstücks oder Grundstücksteils ist.

...

(5) Der Aufschließungsbeitrag ist durch Bescheid der Gemeinde

vorzuschreiben. ... Sonstige oder frühere, insbesondere auch auf

Grund privatrechtlicher Vereinbarungen oder anderer gesetzlicher Bestimmungen für die im Abs. 2 genannten Infrastruktureinrichtungen geleistete Beiträge sind anzurechnen; § 26 Abs. 5 zweiter Satz gilt sinngemäß. Eine Vorschreibung kann unterbleiben, soweit die tatsächlich anfallenden Infrastrukturkosten auf Grund einer Vereinbarung nach § 16 Abs. 1 bereits vollständig entrichtet wurden.

...

§ 26

Höhe, Berechnung und Anrechnung des Aufschließungsbeitrags

(1) Der Aufschließungsbeitrag errechnet sich

...

(5) Der geleistete Aufschließungsbeitrag ist bei der

Vorschreibung

1. des Beitrags zu den Kosten der Errichtung einer

gemeindeeigenen Kanalisationsanlage (§ 1 Abs. 1 lit. a

Interessentenbeiträge-Gesetz 1958) oder

2. des Beitrags zu den Kosten der Errichtung einer

gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage (§ 1

Abs. 1 lit. b Interessentenbeiträge-Gesetz 1958) oder

3. des Beitrags zu den Kosten der Herstellung öffentlicher

Verkehrsflächen der Gemeinde (§§ 19 bis 21 O.ö. Bauordnung 1994)

anzurechnen. ... Wird der Anschluß an die gemeindeeigene

Anlage auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags hergestellt, ist der dafür entrichtete Aufschließungsbeitrag dem betroffenen Grundeigentümer ebenfalls anzurechnen. Im Streitfall entscheidet darüber die Behörde mit Bescheid.

..."

8 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Abmachungen zwischen dem Abgabengläubiger und dem Abgabenschuldner über den Inhalt der Abgabenschuld - etwa auch über einen gänzlichen Verzicht auf die Abgabenforderung - ohne abgabenrechtliche Bedeutung. Zulässig sind solche Vereinbarungen nur dann, wenn die Gesetze sie ausdrücklich vorsehen, wobei sich diese gesetzlichen Ermächtigungen nur dann als verfassungskonform erweisen, wenn die öffentlich-rechtlichen Verträge lediglich die Modalitäten der Abgabenerhebung (Berechnung der Bemessungsgrundlage, Fälligkeit, etc.) und nicht die Steuerpflicht selbst betreffen, wenn im Gesetz Voraussetzungen und Inhalt hinreichend bestimmt sind und wenn in Streitfällen eine bescheidförmige Erledigung vorgesehen ist, sodass eine Prüfung der Gesetzmäßigkeit möglich ist. Insbesondere kann die Behörde ohne gesetzliche Ermächtigung auf die Erhebung von Abgaben nicht verzichten. Abmachungen über den Inhalt einer Abgabenschuld stehen - soweit sie nicht im Gesetz ausdrücklich zugelassen sind - in Widerspruch zu dem aus Art. 18 B-VG abzuleitenden Erfordernis der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung der Abgabenvorschrift (vgl. , , 2006/17/0384, und , 2006/17/0056, mwN).

9 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Salzburger Anliegerleistungsgesetz können Gegenstand der Einrechnung nach § 16 Abs. 2 zweiter Satz leg.cit. aufgrund positiver Anordnung in dieser Gesetzesstelle nur Leistungen sein, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Normen an den öffentlichrechtlichen Abgabengläubiger (Gemeinde) erbracht worden sind.

10 Verfahrensgegenständlich ist die Vorschreibung einer Wasserleitungs-Anschlussgebühr nach § 1 Abs. 1 lit. b des (Oberösterreichischen) Interessentenbeiträge-Gesetzes 1958.

11 Aufgrund des vom Verwaltungsgericht festgestellten - und von der Revision nicht bestrittenen - Sachverhaltes steht fest, dass die Rechtsvorgänger der Revisionswerber aufgrund des Raumordnungsvertrages vom Kosten zur Herstellung von Infrastruktur, unter anderem solche zur Herstellung eines ausreichend dimensionierten Abwasserkanales, sowie Trinkwasserversorgungsleitungen zwischen dem in Rede stehenden Grundstück und der Kanalisation- und Trinkwasserversorgungsanlage der Marktgemeinde Ottensheim, getragen haben. Ein Aufschließungsbeitrag im Sinne des § 25 Oö. ROG 1994 wurde nicht vorgeschrieben und geleistet. Auch wurde ein Beitrag zu den Kosten der Errichtung einer gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage (oder einer gemeindeeigenen Kanalisationsanlage) nicht entrichtet.

12 Bei dem in Rede stehenden Raumordnungsvertrag vom handelt es sich um eine Vereinbarung nach § 15 iVm § 16 Abs. 1 Oö. ROG 1994, also um eine privatwirtschaftliche Maßnahme der Gemeinde zur Baulandsicherung.

13 § 25 Abs. 5 Oö. ROG 1994, der eine Anrechnung von aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen geleisteter Beiträge auf den Aufschließungsbeitrag vorsieht, entfaltet keine Bedeutung für die Frage der Anrechnung auf Beiträge zu den Kosten der Errichtung einer gemeindeeigenen Kanalisationsanlage oder Wasserversorgungsanlage nach § 1 Abs. 1 lit. a und b Interessentenbeiträge-Gesetz 1958.

14 § 26 Abs. 5 sieht die Anrechnung eines "geleisteten Aufschließungsbeitrages" bei der Vorschreibung eines Beitrages nach § 1 Abs. 1 Interessentenbeiträge-Gesetz 1958 vor. Aufschließungsbeitrag im Sinn des § 26 Abs. 5 Oö. ROG 1994 ist im systematischen Zusammenhang ein solcher nach den §§ 25, 26 Abs. 1 bis 4, sohin eines bescheidförmig vorgeschriebenen Aufschließungsbeitrages. Ein solcher wird durch Aufwendungen des Grundstückseigentümers aufgrund einer privatwirtschaftlichen Maßnahme nach § 16 Abs. 1 Z 1 Oö. ROG 1994 nicht hergestellt.

15 Soweit sich die Revision auf Gesetzesmaterialien beruft, kommt diesen keine selbständige normative Kraft zu (). Ihnen könnte nur im Rahmen der Gesetzesinterpretation Bedeutung zukommen, wenn das Gesetz selbst Zweifel aufwirft (, und , Ra 2017/02/0219); solche Zweifel wirft allerdings der Wortlaut des § 26 Abs. 5 Oö. ROG 1994 nicht auf.

16 Die Revision ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

17 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich darauf, dass § 48 Abs. 2 VwGG der Partei im Sinn des § 21 Abs. 1 Z 2 und § 48 Abs. 3 VwGG der Mitbeteiligten Anspruch auf Ersatz zuerkennt. Im vorliegenden Fall erstattete allerdings nicht die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde, sondern die Marktgemeinde Ottensheim, vertreten durch ihren Bürgermeister, eine Revisionsbeantwortung und sehen die §§ 47 bis 56 VwGG einen Anspruch einer Partei nach § 21 Abs. 1 Z 3 VwGG auf Aufwandersatz nicht vor (, und , Ro 2014/06/0079).

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RO2018160008.J00
Schlagworte:
Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1 Rechtsgrundsätze Verzicht Widerruf VwRallg6/3

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