VwGH vom 03.09.2019, Ro 2018/15/0010

VwGH vom 03.09.2019, Ro 2018/15/0010

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der E GmbH & Co KG in J, vertreten durch die Beurle/Oberndorfer/Mitterlehner Rechtsanwaltskanzlei in 4020 Linz, Landstraße 9, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2100372/2013, betreffend Körperschaftsteuer 2009 bis 2011, Anspruchszinsen 2009 und 2010 sowie Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer 2013 und Folgejahre, zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Abspruches über die Körperschaftsteuer 2010 und 2011, die Anspruchszinsen 2010 sowie die Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer 2013 und Folgejahre wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen, somit hinsichtlich Körperschaftsteuer 2009 und Anspruchszinsen 2009, wird die Revision als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei (im Folgenden: X GmbH) hat in den Jahren 2009 bis 2011 die Begünstigung des § 9 EnFG 1979 in Anspruch genommen. 2 Im Gefolge einer Außenprüfung wurde der X GmbH die Steuerbegünstigung aberkannt und geänderte Körperschaftsteuer- und -vorauszahlungsbescheide erlassen, in welchen die Halbsatzbegünstigung nicht mehr berücksichtigt wurde. Begründend vertrat das Finanzamt die Ansicht, dass die Begünstigung nur für Kleinwasserkraftanlagen zustehe, die in der Zeit vom bis in Betrieb genommen worden seien. Da der Begünstigungszeitraum nach dem EnFG 1979 maximal zwanzig Jahre betrage, sei die Begünstigung im Jahr 2008 ausgelaufen. Zudem hätte die X GmbH, die Kraftwerke ohne eigenes Versorgungsgebiet betreibe, um in den Genuss der Steuerbegünstigung zu kommen, ihre Abnahmevereinbarungen mit Energieversorgungsunternehmen gemäß § 8 Abs. 2 EnFG 1979 so gestalten müssen, dass beide Partner für mindestens zehn Jahre daran gebunden wären. Diese Voraussetzung erfüllten die befristeten Verträge mit der S AG keinesfalls. Die Verträge mit der Ökostromabwicklungsstelle seien zwar unbefristet, doch habe sich die X GmbH das Recht der jederzeitigen Kündigung ausbedungen, was nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 2002/14/0040, gleichfalls begünstigungsschädlich sei.

3 In ihren gegen die geänderten Bescheide erhobenen Berufungen vertrat die X GmbH die Ansicht, dass die Bestimmungen der § 8 und 9 EnFG 1979 weiterhin anwendbar seien und eine zehnjährige Abnahmeverpflichtung nicht erforderlich sei. Die Zuweisung eines Versorgungsgebietes würde dem Grundprinzip des freien Elektrizitätsmarktes und der freien Versorgerwahl widersprechen, sodass das Konzept des ElWOG/ElWOG 2010 die Möglichkeit einer derartigen Zuweisung nicht mehr vorsehe. Damit könne die X GmbH ungeachtet des Fehlens eines Versorgungsgebietes sowohl von § 8 Abs. 1 als auch von § 8 Abs. 2 EnFG 1979 Gebrauch machen. 4 Selbst für den Fall, dass die Steuerbegünstigung im vorliegenden Fall mangels Versorgungsgebietes nur auf § 8 Abs. 2 EnFG 1979 gestützt werden könnte, erfülle die X GmbH diese Voraussetzungen. In den Streitjahren habe nämlich eine durchgängige Abnahmeverpflichtung der Ökostromabwicklungsstelle, die ihrerseits den Begriff des Energieversorgungsunternehmens (EVU) erfülle, bestanden. Auf Grund der näher dargestellten geschichtlichen Entwicklung der Elektrizitätsversorgung könne dem Gesetz kein Erfordernis eines Versorgungsgebietes mehr unterstellt werden. Dem stehe auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2002/14/0040, nicht entgegen. Vielmehr gebe der Verwaltungsgerichtshof darin zu erkennen, dass Voraussetzung der Begünstigung eine mindestens zehn Jahre bestehende Abnahmeverpflichtung sei. Eine derartige zehnjährige Abnahmeverpfli chtung bestehe im Revisionsfall für beide Kleinkraftwerke, weil sie bereits ab Inbetriebnahme der Kontrahierungspflicht nach § 10 ÖSG, BGBl. I Nr. 149/2002, unterliegen würden. Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des ersten Kleinkraftwerkes habe eine gesetzliche, zeitlich nicht beschränkte Abnahmeverpflichtung bestanden, für das zweite Kleinkraftwerk habe eine zehnjährige Abnahmeverpflichtung vorgelegen. An dieser Verpflichtung habe auch der Umstand nichts geändert, dass die X GmbH den Strom vorübergehend an einen anderen Abnehmer (die S AG) geliefert habe. 5 Die vom Finanzamt thematisierte Kündigungsmöglichkeit der X GmbH habe der Ökostromabwicklungsstelle nicht das Recht verschafft, ihrerseits die Stromabnahme vor dem Ablauf von zehn Jahren zu beenden. Der Verwaltungsgerichtshof habe in dem angeführten Erkenntnis vom klargestellt, dass die Abnahmeverpflichtung des abnehmenden EVU das maßgebliche Kriterium sei. Dass auch die Einspeiseverpflichtung des Stromerzeugers auf die Dauer von zehn Jahren unkündbar sein müsse, gehe aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes 2002/14/0040 nicht hervor. 6 Die gesetzliche Abnahmeverpflichtung der Ökostromabwicklungsstelle habe auch in jenem Zeitraum bestanden, in welchem die X GmbH den von ihr erzeugten Strom vorübergehend der S AG verkauft habe. Nach Ablauf der Verträge mit der S AG habe die X GmbH von der gesetzlichen Abnahmeverpflichtung der Ökostromabwicklungsstelle Gebrauch gemacht. Dementsprechend habe die X GmbH nicht nur im Zeitraum aufrechter Verträge mit der Ökostromabwicklungsstelle das Erfordernis einer auf mindestens zehn Jahre bestehenden Abnahmeverpflichtung iSd § 8 Abs. 2 EnFG 1979 erfüllt.

7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerden als unbegründet ab. 8 Die X GmbH führe selbst aus, dass das EnFG 1979 nicht mehr den Anforderungen auf dem Energiemarkt gerecht werde. Die Begriffe und Regelungsinhalte dieses Gesetzes entsprächen nicht mehr den Anforderungen der Energiewirtschaft. Wenn nun die Zielsetzungen dieses Gesetzes selbst nicht mehr aktuell seien, könne nicht nachvollzogen werden, dass man Tatbestände und Begriffe in extensiver und dynamischer Auslegung mit den derzeit geltenden Inhalten besetzen und umdeuten möchte. Der Verwaltungsgerichtshof bringe im Erkenntnis vom , Ro 2015/15/0042, klar zum Ausdruck, dass das EnFG 1979 auf das Elektrizitätswirtschaftsge setz 1975 in der im Jahr 1979 geltenden Fassung abstellt. Es komme folglich nur eine "statische dynamische" Auslegung in Betracht. Wenn nun aus § 8 Abs. 1 EnFG 1979 implizit hervorgehe, dass diese Gesetzesstelle nur auf Produzenten elektrischer Energie anzuwenden sei, die über ein eigenes Versorgungsgebiet verfügen, Versorgungsgebiete aber nicht mehr existierten, dann könne es auch keinen Anwendungsfall für Absatz 1 geben. Eine Umdeutung dahingehend, dass nunmehr jeder Produzent automatisch unter Absatz 1 fiele, gehe über den Auslegungsspielraum hinaus und würde einer Rechtschaffung gleichkommen.

9 Da nach derzeitiger Rechtslage Energieerzeugern keine eigenen Versorgungsgebiete im Sinne des § 3 lit. a Elektrizitätswirtschaftsgesetz 1975 zugewiesen würden, komme die Steuerermäßigung nach § 9 EnFG 1979 nur mehr bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 EnFG 1979 zum Tragen. Das begünstigungswerbende Energieerzeugungsunternehmen als einspeisendes Unternehmen bedürfe daher einer zehnjährigen Abnahmevereinbarung mit einem verteilenden Elektrizitätsunternehmen.

10 Der Auslegung der X GmbH, wonach die Begünstigung auch ohne Abschluss einer Abnahmevereinbarung zum Tragen käme, weil sich die Verpflichtung der Ökostromabwicklungsstelle zur Stromabnahme schon unmittelbar aus dem Gesetz ergebe, könne nicht gefolgt werden. Laut dem eindeutigen Gesetzestext des § 8 Abs. 2 EnFG 1979 müsse eine Abnahmevereinbarung vorliegen. Der Abschluss einer Abnahmevereinbarung sei für die Geltendmachung der Begünstigung unabdingbar. Im Übrigen habe die X GmbH ohnedies mit der Ökostromabwicklungsstelle entsprechende schriftliche Vereinbarungen abgeschlossen. Sollte der unmittelbare Anspruch direkt auf dem Gesetz beruhen, hätte es dieser Vertragswerke nicht bedurft.

11 Im Revisionsfall seien die Liefervereinbarungen auf unbestimmte Zeit bzw. auf zehn Jahre unter Einbeziehung der Bestimmungen des ÖSG abgeschlossen worden. Danach sei zwar die Ökostromabwicklungsstelle auf mindestens zehn Jahre gebunden (siehe Allgemeine Bedingungen-ÖKO), nicht aber die X GmbH. Auf Grund dieser Gestaltung sei es der X GmbH möglich gewesen, zwischenzeitig ihre Abnahmevereinbarung mit der Ökostromabwicklungsstelle zu kündigen und eine Abnahmevereinbarung mit der S AG abschließen.

12 Unter einer Abnahmevereinbarung iSd § 8 Abs. 2 EnFG 1979 sei ein zweiseitig verbindliches Rechtsgeschäft zu verstehen, dessen Vertragspartner auf mindestens zehn Jahre gebunden seien. Nur wenn beide Vertragspartner auf zehn Jahre dem Kündigungsverzicht unterliegen würden, seien die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 EnFG 1979 erfüllt. Die X GmbH gehe davon aus, dass aus der Hervorhebung des Wortes Abnahmeverpflichtung durch Unterstreichen des Wortteiles "Abnahme" im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes , 2002/14/0040, abzuleiten sei, dass nur der Abnehmer auf zehn Jahre gebunden sein müsse. Diese Voraussetzung wäre im Revisionsfall erfüllt, weil die Ökostromabwicklungsstelle auf mindestens zehn Jahre gebunden sei. Dieser Auslegung könne aber nicht gefolgt werden. Es könne nicht unterstellt werden, dass der Verwaltungsgerichtshof entgegen der gesetzlichen Bestimmung (Vereinbarung) die Mindestbindung nur für den Abnehmer fordere. Im Übrigen dürfe nicht übersehen werden, dass die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Bindungsfrist der Abnahmevereinbarung für das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht tragend gewesen sei, weshalb darin auch keine detailliert klarstellende Aussage erblickt werden könne.

13 Da im Revisionsfall die in § 8 Abs. 2 EnFG 1979 geregelten Anforderungen nicht erfüllt seien, komme die Begünstigung des § 9 EnFG 1979 in den Streitjahren nicht zur Anwendung. Nachdem durch die Judikatur aber nicht eindeutig geklärt sei, ob die in § 8 Abs. 2 EnFG 1979 geforderte Bindung auf zehn Jahre für beide Vertragsteile oder nur für den Abnehmer erforderlich sei, liege eine ungeklärte Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor und sei die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

14 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

15 Im Erkenntnis vom , Ro 2015/15/0042, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die § 8 f EnFG, BGBl. Nr. 567/1979, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 353/1982 und 252/1985 grundsätzlich auch für Wasserkraftanlagen, die nach dem in Betrieb genommen wurden, anwendbar sind. Auf die mit Abschnitt IV des 3. Abgabenänderungsgesetzes 1987 normierte Einschränkung auf nach dem in Betrieb genommene Wasserkraftanlagen, "mit deren tatsächlichen Bauausführungen vor dem begonnen wird", darf nicht Bedacht genommen werden, weil der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 114/93, Abschnitt IV des genannten Bundesgesetzes als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen hat, dass das EnFG 1979, BGBl. Nr. 567/1979, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 353/1982 und 252/1985 wieder in Wirksamkeit tritt. 16 Das Bundesgesetz vom über die Förderung von Energieversorgungsunternehmen (EnFG), BGBl. Nr. 567/1979, in der angeführten Fassung lautet auszugsweise:

"§ 1. Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 260/1975, deren Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 oder § 5 des Einkommensteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 440, ermittelt wird und bei deren Gewinnermittlung im selben Jahr keine Investitionsrücklage gemäß § 9 des Einkommensteuergesetzes gebildet wird, können zu Lasten der Gewinne der in den Kalenderjahren 1980 bis 1989 endenden Wirtschaftsjahre aus dem der Stromabgabe an Dritte dienenden Teil des Unternehmens steuerfreie Rücklagen im Ausmaß bis zu 50 vH des Gewinnes vor Bildung der Gewerbesteuerrückstellung und nach Abzug aller anderen Betriebsausgaben bilden. Die Rücklage ist im Jahresabschluß (in der Bilanz) unter der Bezeichnung Elektrizitätsförderungs-Rücklage nach Wirtschaftsjahren aufzugliedern und gesondert auszuweisen.

(...)

§ 8. (1) Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 1), die von den § 1 bis 6 keinen Gebrauch machen und deren Ausbauleistung insgesamt 10 000 kW nicht übersteigt, können von § 9 Gebrauch machen. Voraussetzung ist, daß die Stromerzeugung den ausschließlichen Betriebsgegenstand darstellt, daß es sich bei den Stromerzeugungsanlagen um Wasserkraftanlagen handelt, die nach dem in Betrieb genommen wurden, die energiewirtschaftlich zweckmäßig sind (§ 20) und für die eine vorzeitige Abschreibung gemäß § 8 Abs. 4 Z 4 des Einkommensteuergesetzes nicht in Anspruch genommen wurde, und daß der Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt wird.

(2) Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 1) ohne Versorgungsgebiet können bei Vorliegen der im Abs. 1 genannten Voraussetzungen von den Bestimmungen des § 9 Gebrauch machen, wenn eine Abnahmevereinbarung auf mindestens zehn Jahre mit einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 1) besteht. Die Begünstigungen nach § 9 können erstmalig für das Wirtschaftsjahr in Anspruch genommen werden, für dessen vollen Zeitraum die Abnahmevereinbarung wirksam ist, und nur solange, als die Abnahmevereinbarung gilt.

§ 9. (1) Die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ermäßigt sich ab dem Betriebsbeginn für die Dauer von zwanzig Jahren auf die Hälfte der gesetzlichen Beträge.

(...)"

17 Das Elektrizitätswirtschaftsgesetz, BGBl. Nr. 260/1975,

lautete auszugsweise:

"§ 1. (1) Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Unternehmen zur Erzeugung oder Verteilung elektrischer Energie zum Zwecke der entgeltlichen Abgabe an andere (öffentliche Elektrizitätsversorgung). Als entgeltliche Abgabe an andere gilt auch die entgeltliche Abgabe elektrischer Energie von Genossenschaften, Agrargemeinschaften und anderen Vereinigungen an ihre Mitglieder. Die Abgabe elektrischer Energie an Betriebsangehörige (einschließlich Pensionisten) im Betriebsgelände gilt nicht als entgeltliche Abgabe an andere.

(...)

§ 2. Der Betrieb eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens bedarf - unabhängig vom elektrizitätswirtschaftlichen Bewilligungsverfahren gemäß § 11 und anderer, außerhalb dieses Bundesgesetzes geregelter Genehmigungsverfahren - einer Konzession.

§ 3. Die Konzession nach § 2 ist zu erteilen für

a) die unmittelbare Versorgung eines örtlich umschriebenen bestimmten Gebietes;

b) die Lieferung elektrischer Energie an Elektrizitätsversorgungsunternehmen.

Die Konzessionen nach lit. a und lit. b können auch

nebeneinander erteilt werden.

(...)"

18 Aus dem Umstand, dass § 8 EnFG 1979 auf den Begriff des Elektrizitätsversorgungsunternehmens abstellt und § 1 EnFG 1979 auf das mit außer Kraft getretene Elektrizitätswirtschaftsgesetz 1975 verweist, folgt nicht, dass auch die Steuerbegünstigung des § 9 EnFG 1979 ihren zeitlichen Ablauf gefunden hat. Der Gesetzesverweis ist als statischer Verweis auf das im Jahr 1979 in Geltung gestandene Elektrizitätswirtschaftsgesetz 1975, BGBl. Nr. 260/1975, zu verstehen (vgl. nochmals ). 19 Im Zusammenhang mit dem Außerkrafttreten des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes 1975 ergibt sich die im Revisionsfall strittige Frage, auf welchen Absatz des § 8 EnFG 1979 die Steuerbegünstigung nunmehr gestützt werden kann. 20 Die Revisionswerberin vertritt den Standpunkt, nach der Konzeption des liberalisierten Elektrizitätsmarktes erfülle sie die Definition des Elektrizitätsunternehmens, das den Begriff des Elektrizitätsversorgungsunternehmens abgelöst habe. Die Möglichkeit, dass einem Elektrizitätsunternehmen ein "Versorgungsgebiet" zugewiesen werde, bestehe nach der Konzeption des ElWOG/ElWOG 2010 (Elektrizitätswirtschafts- und - organisationsgesetz) nicht mehr. Das Gesetz kenne den Begriff des "Versorgungsgebietes" nicht. Die "Zuweisung eines Gebietes" an einen Erzeuger sei nach der Neukonzeption des Elektrizitätsmarktes unzulässig. Eine Konzession werde nur Verteilernetzbetreibern zugestanden, die die Verteilung von Elektrizität vornehmen. Nach Ansicht der Revisionswerberin ergebe sich daraus, dass die "Anforderung eines eigenen Versorgungsgebietes obsolet" sei. Da der Begriff des Elektrizitätsunternehmens erfüllt sei, könne die Revisionswerberin sowohl von § 8 Abs. 1 als auch von § 8 Abs. 2 EnFG 1979 Gebrauch machen.

21 Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Ansicht nicht. § 8 Abs. 1 EnFG 1979 begünstigt "Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 1)", während nach Abs. 2 der genannten Bestimmung "Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 1) ohne Versorgungsgebiet" nur bei Zutreffen weiterer Voraussetzungen begünstigt werden. Wollte man "Elektrizitätsversorgungsunternehmen" unabhängig vom Bestehen eines Versorgungsgebietes dem Absatz 1 subsumieren, verbliebe Absatz 2 der genannten Bestimmung (und damit das Erfordernis, weitere Voraussetzungen zu erfüllen) von vornherein und zwar schon im Geltungsbereich des Elektrizitätswirtschaftsgeset zes 1975 ohne Anwendungsbereich, was im Zweifelsfall nicht anzunehmen ist. Das Elektrizitätswirtschaftsgesetz 1975, BGBl. Nr. 260/1975, verwendete das Wort "Versorgungsgebiet" als solches nicht, unterschied aber in dessen § 3 zwischen Konzessionen, die "für die unmittelbare Versorgung eines örtlich umschriebenen Gebietes" (lit. a), und solchen, die "für die Lieferung elektrischer Energie an Elektrizitätsversorgungsunternehm en" (lit. b) erteilt werden. Dieser Systematik folgt auch § 8 EnFG 1979, indem es im Falle von Elektrizitätsversorgungsunternehme n, die nicht der unmittelbaren Versorgung eines örtlich umschriebenen Gebietes dienen, also kein Versorgungsgebiet haben, die Steuerbegünstigung davon abhängig macht, dass eine Abnahmevereinbarung auf mindestens zehn Jahre mit einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 1) besteht.

22 § 8 EnFG 1979 stellt nicht darauf ab, aus welchem Grund das Elektrizitätsversorgungsunternehmen über kein örtlich umschriebenes Versorgungsgebiet verfügt. Dass die Revisionswerberin im gegenständlichen Fall nicht auf Grund einer Konzessionserteilung nach § 3 lit. b Elektrizitätswirtschaftsgesetz , sondern auf Grund eines geänderten rechtlichen Umfeldes über kein örtlich umschriebenes Versorgungsgebiet verfügt, macht daher keinen entscheidenden Unterschied. In beiden Fällen kommt eine Steuerbegünstigung daher nur nach Maßgabe des § 8 Abs. 2 EnFG 1979 in Betracht.

23 Die Revisionswerberin bringt weiters vor, die Halbsatzbegünstigung stünde ihr auch auf Grund des § 8 Abs. 2 iVm § 9 EnFG 1979 zu, weil zu jedem Zeitpunkt der Jahre 2009 bis 2011 und auch weiterhin eine mehr als zehnjährige Abnahmeverpflichtung der Ökostromabwicklungsstelle bestanden habe. Dass der Gesetzgeber des EnFG 1979 von einer Abnahme auf Grund einer Abnahmevereinbarung ausgegangen sei, lasse sich historisch durch die vom Gesetzgeber vorgefundene Rechtslage begründen. Seit dem zweiten Verstaatlichungsgesetz sei die Energieversorgung in Händen von Landesgesellschaften gestanden. Ausgenommen von der Verstaatlichung seien im Wesentlichen nur Klein(wasser)kraftwerksbe treiber gewesen. Sollten diese nicht ohnehin ausschließlich der Eigenversorgung dienen, so hätten sie lediglich Verträge mit den Landeselektrizitätsversorgern abschließen können. Andere als vertragliche Rechtsgrundlagen für die Veräußerung von Strom an Elektrizitätsversorgungsunternehmen seien damals nicht vorhanden gewesen und hätten vom Gesetzgeber des Jahres 1979 auch nicht antizipiert werden können. Dementsprechend sei die Formulierung des Gesetzes weit auszulegen.

24 Auch darin kann der Revisionswerberin nicht gefolgt werden.

§ 10 Ökostromgesetz, BGBl. I Nr. 149/2002, verpflichtete die Ökostromabwicklungsstelle nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Fördermittel für Ökostromanlagen die ihr angebotene elektrische Energie aus Ökostromanlagen durch Abschluss von Verträgen über die Abnahme und Vergütung von Ökostrom zu den gemäß § 18 Ökostromgesetz 2002 genehmigten Allgemeinen Bedingungen und zu nachstehend näher spezifizierten Preisen abzunehmen. Nach § 10a Ökostromgesetz 2002 war eine Abnahmepflicht gemäß § 10 nur gegeben, wenn die gesamte aus einer Ökostromanlage in das öffentliche Netz abgegebene elektrische Energie in einem, mindestens 12 Kalendermonate dauernden Zeitraum an die Ökostromabwicklungsstelle abgegeben wird und der Betreiber dieser Anlage Mitglied der Ökobilanzgruppe gemäß § 16 Abs. 1 ist, was erst der Fall war, wenn der Betreiber der Ökostromanlage die Abnahmeverpflichtung gemäß § 10 Ökostromgesetz 2002 (tatsächlich) in Anspruch nahm.

25 Nach den unstrittigen Feststellungen des Bundesfinanzgerichts hat die X GmbH hinsichtlich des Kraftwerkes I einen entsprechenden Vertrag mit der Ökostromabwicklungsstelle ab (Zugang zur Bilanzgruppe) und hinsichtlich des Kraftwerkes II erst ab abgeschlossen. Eine Abnahmeverpflichtung der Ökostromabwicklungsstelle lag daher jedenfalls vor dem nicht vor. Da nach § 8 Abs. 2 EnFG 1979 die Begünstigungen nach § 9 erstmalig für das Wirtschaftsjahr in Anspruch genommen werden können, für dessen vollen Zeitraum die Abnahmevereinbarung wirksam ist, erweist sich die Revision hinsichtlich des Streitjahres 2009 - die X GmbH hatte ein nicht vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr - als unbegründet.

26 Anders verhält es sich hingegen hinsichtlich der Jahre 2010 und 2011 (und Folgejahre). Das Bundesfinanzgericht hat die Begünstigung gemäß § 8 und 9 EnFG 1979 auch für jene Zeiträume nicht gewährt, in welchen zwischen der X GmbH und der Ökostromabwicklungsstelle eine Abnahmevereinbarung bestanden hat und dies damit begründet, dass die Verträge nach den Allgemeinen Bedingungen des Vertrages (vgl. § 18 Ökostromgesetz 2002) seitens der Revisionswerberin auch vor Ablauf von zehn Jahren gekündigt werden könnten. Damit hat es die Rechtslage verkannt. 27 § 8 Abs. 2 EnFG 1979 verlangt lediglich das Bestehen einer sich über den genannten Zeitraum erstreckenden Abnahmevereinbarung. Dass neben der auf mindestens zehn Jahre gesicherten Stromabnahme auch der Stromerzeuger auf mindestens zehn Jahre gebunden sein müsse, ist dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2002/14/0040, nicht zu entnehmen. Anders als das Bundesfinanzgericht meint, steht es dem Vorliegen einer "-vereinbarung" nicht entgegen, dass einer der Vertragsparteien ein ordentliches Kündigungsrecht eingeräumt wird. Wäre dem Gesetzgeber des EnFG 1979 eine Unkündbarkeit auch auf Seiten des Stromerzeugers für mindestens zehn Jahre vorgeschwebt, hätte er dies durch die Statuierung einer auf mindestens zehn Jahre bestehenden Liefervereinbarung (Einspeiseverpflichtung) zum Ausdruck gebracht.

28 Das angefochtene Erkenntnis war daher in seinem die Jahre 2010 und 2011 sowie 2013 und Folgejahre betreffenden Abspruch wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Im Übrigen war die Revision hingegen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

29 Die Kostenentscheidung stützt sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018150010.J00

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