VwGH vom 25.04.2019, Ro 2018/09/0008
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die Revisionen 1. des Dr. G R, 2. des o. Univ.- Prof. DI Dr. K P, beide in G, vertreten durch Dr. Christian Schoberl, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Alberstraße 9/2, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , LVwG 33.22-713/2018-16 (ad 1., protokolliert zu Ro 2018/09/0008), LVwG 30.22-714/2018-16 (ad 2., protokolliert zu Ro 2018/09/0009), betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Graz), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revisionen werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Mit behördlichen Straferkenntnissen wurden die revisionswerbenden Parteien als handelsrechtliche Geschäftsführer und damit als die gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenen Organe der F Gesellschaft mbH (in der Folge: Fachhochschule) schuldig erkannt, dass diese Gesellschaft eine namentlich genannte ukrainische Staatsangehörige vom
13. bis beschäftigte habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen ausgestellt gewesen sei (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof). Wegen der dadurch begangenen Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgese tz (AuslBG) wurde über die Revisionswerber gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG unter Anwendung des § 20 VStG eine Geldstrafe von jeweils 500 Euro (für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 18 Stunden) verhängt und nach § 9 Abs. 7 VStG die Haftung der Gesellschaft ausgesprochen. 2 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark die dagegen erhobenen Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab (Spruchpunkt I.), sprach über die Kosten der Beschwerdeverfahren ab (Spruchpunkt II.), verpflichtete die Revisionswerber zum Ersatz von Dolmetschgebühren (Spruchpunkt III.) und erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig (Spruchpunkt IV.).
3 Das Verwaltungsgericht stellte dazu in der Hauptsache im Wesentlichen fest, dass die Revisionswerber seit kollektivvertretungsbefugte handelsrechtliche Geschäftsführer der Fachhochschule seien. Bei dieser handle es sich um eine solche im Sinn des Fachhochschul-Studiengesetzes (FHStG), deren Unternehmensgegenstand überwiegend die Einrichtung, Erhaltung und der Betrieb von Fachhochschul-Studiengängen im Sinn des Fachhochschul-Studiengesetzes und die Durchführung von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen sei.
4 Im Februar 2017 habe die Fachhochschule zum zwölften Mal das Projekt "F - Technik zum Angreifen" veranstaltet. Im Rahmen dieses Projektes tauchten Schüler betreut von Lehrenden, wissenschaftlichen Mitarbeitern und Studierenden in die Welt der Technik ein. Ziel sei es, Kinder und junge Menschen bei unterschiedlichen Workshops die Studienmöglichkeiten im Bereich Technik erleben und erfahren zu lassen sowie in ihnen die Neugierde an der Technik und das lustvolle Entdecken zu fördern. Das Projekt richte sich an steirische Schülerinnen zwischen 15 und 18 Jahren. Das Projekt setze auf zwei Ansätze, um potentielle Studierende für ein Technikstudium zu begeistern und damit den Anteil von Studierenden in technischen Studiengängen zu heben:
"Technik begreifen" und "Technik macht Spaß". Der Anspruch sei, möglichst nachhaltig zu sein; Schüler, die an den Workshops teilgenommen hätten, sollten ihre Erfahrungen weitergeben. Ziel von "F" sei es, Kinder und Schüler für Technik zu sensibilisieren und zu begeistern, Spaß an der Technik in Projektarbeiten zu vermitteln sowie das Begreifen der Technik durch die aktive Auseinandersetzung mit technischen Themen. Die Schüler würden in kleineren Gruppen zusammengefasst und von Studierenden und Lehrenden der Fachhochschule gemeinsam betreut. In ebenfalls von Studierenden und Lehrenden betreuten Mediengruppen fassten die Schüler ihre Arbeiten bei "F" in Filmen und Fotos online zusammen. In Kooperation mit Lehrenden und Studierenden würden Konzepte für Film, Social Media- Kommunikation und Online-Präsentationen entworfen und die Ergebnisse bei den Abschlussveranstaltungen den Schülern, Lehrern, Eltern und Freunden präsentiert. Bei "F-Teens" werde das Projekt zusätzlich auch auf Social Media-Seiten veröffentlicht; so würden die Ergebnisse der Workshops vielen potentiellen Studierenden zugänglich gemacht. Auch internationale Studierende und Mitarbeiter der Fachhochschule mit Migrationshintergrund seien in die Betreuung der Schüler bei "F" einbezogen.
5 Aufgrund einer "Einladung zur Einreichung von Projektansuchen für Kinderuni-Aktivitäten 2016" habe die Fachhochschule am ein entsprechendes Förderansuchen gestellt. In weiterer Folge sei zwischen der Republik Österreich und der Fachhochschule ein Förderungsvertrag geschlossen und das Projekt "F" vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, Verwaltungsbereich Wissenschaft und Forschung, gefördert worden. Als Rechtsgrundlagen dafür seien im Förderungsvertrag das Forschungsorganisationsgesetz (FOG), die Richtlinien der Bundesregierung gemäß § 11 Abs. 2 FOG über die "Gewähr und Durchführung von Förderungen", die vom Bundesminister für Finanzen erlassene Verordnung über "Allgemeine Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmitteln" sowie die vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, Verwaltungsbereich Wissenschaft und Forschung, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen erlassenen Sonderrichtlinien für die Förderung von Kinderuniversitäten 2012 bis 2016 erwähnt. Förderbare Kosten seien Personalkosten, Sachkosten, externe Dienstleistungen, Reise- und Aufenthaltskosten, sonstige Projektkosten, die zur Durchführung des Projekts unabdingbar und diesem zeitlich und sachlich unmittelbar zuzurechnen seien sowie Overheadkosten. Im Jahr 2017 hätten ca. 200 Schüler von verschiedenen Schulen am Projekt "F" teilgenommen.
6 Die gegenständliche ukrainische Staatsangehörige habe in ihrem Heimatland bereits über einen Baccalaureatsabschluss im Bereich Grafikdesign und über einen Abschluss im Bereich Fashiondesign (ähnlich dem österreichischen Magistertitel) verfügt, als sie im Herbst 2016 nach Österreich gekommen und an der Fachhochschule mit dem Masterstudiengang "Media Design" aus dem Bereich "Medien und Design" begonnen habe. Nach einem Semester habe sie innerhalb dieses zum Studiengang "Communication Design" gewechselt.
7 Ein seit 18 Jahren Vollzeit an der Fachhochschule lehrender Professor leite und betreue seit 2006 die Mediengruppe "F", die das Gesamtgeschehen des Projekts dokumentiere. Wie schon die Jahre zuvor habe er auch im Jahr 2017 die Studierenden für die Mediengruppe ausgewählt und sei dabei unter anderem an die ukrainische Staatsangehörige herangetreten. Sie sei ihm insbesondere auch deshalb als geeignet erschienen, weil sie zuvor Workshops in Deutschland, Polen und der Ukraine gegeben habe, vor allem zum Thema "Design in Krisenzeiten". Im Jahr 2017 hätten sich in der Mediengruppe insgesamt elf Studierende befunden, wobei fünf oder sechs von ihnen gemeinsam mit der ukrainischen Staatsangehörigen im Filmteam 2 tätig gewesen seien. Eine Studierende der Fachhochschule habe die Gesamtkoordination übernommen. Die Teilnehmer der Mediengruppe hätten sich selbst einen Plan erstellt, was sie zu welcher Zeit machen würden und sich ihre Teilaufgaben selbst zugeordnet. Aufgabe des Filmteams 2 sei es gewesen, gemeinsam mit interessierten Schülern von Workshop zu Workshop zu gehen, zu filmen und Interviews mit den teilnehmenden Schülern zu führen. Die Mediengruppe sei von interessierten Schülern bzw. Teilnehmern des Projekts "F" begleitet worden, die beim Drehen geholfen bzw. die Produktion teilweise - unterstützt durch die Studierenden - selbst übernommen hätten. Aufgabe der teilnehmenden Studierenden sei es gewesen, die Schüler bei der Erstellung der Filmproduktion zu unterstützen bzw. die Schüler in die Produktion einzubinden und ein Interesse an der Tätigkeit und damit letztlich an den Studienrichtungen im Bereich "Medien und Design" zu wecken. Vom Filmteam 2 seien an allen drei Tagen des Workshops dieselben ca. sieben Schüler im Alter von 16 und 17 Jahren betreut worden. Zusätzlich hätten zwei Tage der Vorbereitung gedient. Der Leiter der Mediengruppe sei nur fallweise dabei gewesen. Das Endergebnis der Mediengruppe, ein Film über das Projekt "F", sei im Internet abrufbar. Die Mitglieder der Mediengruppe seien Studenten mit unterschiedlichen fachlichen Kenntnissen gewesen. Die Tätigkeit in der Mediengruppe sei vergleichbar mit einem Praktikum, das Studierende im Rahmen von pädagogischen Ausbildungen machten. Alle Teilnehmer der Mediengruppe hätten den selben Stundenlohn erhalten; die "vollbeschäftigten Studenten" für 40 Stunden 400 Euro netto, die "halbbeschäftigte" ukrainische Staatsangehörige für einen Zeitaufwand von 20 Stunden 200 Euro netto. Sie sei wie die übrigen teilnehmenden Studierenden orts- und zeitgebunden gewesen. 8 Am sei zwischen der Fachhochschule und der ukrainischen Staatsangehörigen ein Dienstvertrag geschlossen worden. Vertragsgegenstand sei danach die "Betreuung F 2017". Die ukrainische Staatsangehörige habe keinen Erfolg (kein Werk) geschuldet und sei in ihrer Tätigkeit weisungsgebunden gewesen, habe fixe Arbeitszeiten und einen fixen Arbeitsort einzuhalten gehabt und keine eigenen Betriebsmittel verwendet. Es habe jedoch eine Vertretungsmöglichkeit bestanden. Sie sei am 13., 14., 15., 16. und am tätig gewesen. Während der gesamten Zeit sei sie ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet gewesen. Die ukrainische Staatsangehörige habe im maßgeblichen Beschäftigungszeitraum vom 13. bis über einen Aufenthaltstitel "Studierende" mit dem Zusatzeintrag "Arbeitsmarktzugang nur mit Arbeitsmarktdokument" verfügt. Über eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung für die Tätigkeit der ukrainischen Staatsangehörigen habe die Fachhochschule nicht verfügt. Das Projekt "F" habe innerhalb der Ferienzeit stattgefunden; die Fachhochschule sei zu dieser Zeit geschlossen gewesen.
9 Nach Beendigung des Projekts habe die Fachhochschule der Förderungsgeberin berichtet, dass die Veranstaltung stattgefunden habe, wie die Veranstaltung abgelaufen sei, was im Rahmen der Projekte gemacht worden sei und wie viele Personen etwa daran teilgenommen hätten. Zudem habe die Fachhochschule dahingehend evaluiert, ob die am Projekt "F" teilnehmenden Schüler sich später tatsächlich für ein Studienfach eingeschrieben hätten. 10 Die ukrainische Staatsangehörige könne ihre Erfahrungen beim Projekt "F" nunmehr in ihrer Diplomarbeit verwerten, im Hinblick auf ihr Studium sei ihr diese Tätigkeit jedoch nicht angerechnet worden. Abgesehen vom Dienstvertrag vom habe die ukrainische Staatsangehörige keinen Lehrvertrag mit der Fachhochschule. Sie sei keine Lehrende der Fachhochschule. Sie sei auch nicht im Bereich der Forschung tätig. 11 Im Jahr 2011 sei seitens der Fachhochschule bezüglich einer Beschäftigung einer anderen Person beim AMS Graz angefragt worden, ob diese eine Bewilligung für die Tätigkeit als Tutor benötige. Damals sei vom AMS Graz die Auskunft erteilt worden, dass dafür keine Beschäftigungsbewilligung erforderlich sei. Die Fachhochschule sei nicht aufgrund eines zwischenstaatlichen Kulturabkommens errichtet.
12 Rechtlich führte das Landesverwaltungsgericht fallbezogen aus, dass die ukrainische Staatsangehörige gemäß den getroffenen Feststellungen als Studierende einer Fachhochschule im Rahmen eines Projekts, das vereinfacht gesagt der "Anwerbung" künftiger Studierender gedient habe, an der Herstellung eines Films mitgewirkt habe. Dieser sei zum Teil von Studierenden und zum Teil von Schülern unter Anleitung der Studierenden hergestellt worden. Der Film solle die Geschehnisse während des Projekts darstellen, sei zum Abschluss des Projekts präsentiert worden und nunmehr im Internet abrufbar.
13 Bei der Fachhochschule handle es sich um eine solche im Sinn des Fachhochschul-Studiengesetzes. Sie sei damit unzweifelhaft eine "Einrichtung" im Sinn des § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG. Nicht jede Tätigkeit an einer solchen Einrichtung sei jedoch vom Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG erfasst, sondern nur eine "wissenschaftliche Tätigkeit in der Forschung und Lehre, in der Entwicklung und der Erschließung der Künste sowie in der Lehre der Kunst". Während rein pädagogische und administrative Tätigkeiten nicht unter die Ausnahmeregelung fielen, seien Lektoren (Lehrbeauftragte) und Tutoren an Universitäten im Rahmen der wissenschaftlichen Lehre und Forschung tätig und von dieser Ausnahme erfasst. 14 Die Abhaltung des Projekts "F" habe offenkundig dem Zweck der Fachhochschule der Erhaltung von Fachhochschul-Studiengängen gedient. Dabei sei das Projekt nicht Teil von Studienlehrgängen und richte sich nicht an Studierende, sondern an Schüler. Auch für die teilnehmenden Studierenden sei dieses Projekt nicht Teil des Studiums oder auf dieses anrechenbar. Die ukrainische Staatsangehörige habe im Rahmen des Projekts dementsprechend Schüler und nicht andere Studierende im Rahmen deren Studiums betreut. Die Tätigkeit weise keine erkennbare Nähe zu einer Lehrveranstaltung auf. Bereits deshalb handle es sich bei ihr nicht um eine an einer Universität im Rahmen der wissenschaftlichen Lehre und Forschung tätige Tutorin, welche vom Anwendungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ausgenommen wäre. Für eine analoge Anwendung des Ausnahmetatbestands bestehe kein Raum, weil diese grundsätzlich eng auszulegen seien. Das Projekt verfolge überwiegend das Ziel, künftige Studierende anzuwerben und sei nicht auf eine Weiterentwicklung der Wissenschaft und die Hervorbringung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse ausgerichtet. Es gebe bezüglich des Projekts auch keinen erkennbaren Forschungsauftrag. Dass das Projekt von der Republik Österreich gefördert werde, ändere daran nichts. Nach dem Fördervertrag würden auch nicht ausschließlich Forschungstätigkeiten sondern unter anderem ganz allgemein "Personalkosten" gefördert.
15 Die ukrainische Staatsangehörige habe keine vortragende Tätigkeit ausgeübt und keine neu gewonnenen Forschungsergebnisse vermittelt, sodass auch keine "forschungsgeleitete akademische Lehre" vorliege. Der Stundenlohn von 10 Euro sei ebenfalls zumindest ein Indiz dafür, dass von ihr keine wissenschaftliche Tätigkeit in Forschung und Lehre ausgeübt worden sei. Auch der Dienstvertrag enthalte keinen Hinweis auf eine derartige Tätigkeit. Die Tätigkeit der ukrainischen Staatsangehörigen weise zusammenfassend administrative, organisatorische, pädagogische und praktische Aspekte (Drehen eines Films) ohne wissenschaftliche Forschungstätigkeit auf.
16 Das Landesverwaltungsgericht verneinte ferner das Vorliegen einer künstlerischen Tätigkeit und führte weiter aus, dass allein die Tatsache, dass man ein Studium und damit eine wissenschaftliche Ausbildung absolviere und im Rahmen dieser eine Diplom- oder Doktorarbeit verfasse, keinen freien Zugang zum Arbeitsmarkt nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gewähre. Da kein gesetzlicher Ausnahmetatbestand vorliege und mangels einer arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung liege eine unerlaubte Beschäftigung der Ausländerin und damit eine Übertretung des § 3 Abs. 1 AuslBG vor, für welche die Revisionswerber als handelsrechtliche Geschäftsführer der Fachhochschule als Arbeitgeberin verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich seien. 17 Abschließend begründete das Verwaltungsgericht die Strafhöhe und die Kostenentscheidung näher. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es wegen Fehlens von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG für zulässig.
18 Gegen diese Erkenntnisse richten sich die inhaltlich gleichlautenden Revisionen wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts. Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Revisionen erwogen:
19 Die Revisionen sind aus dem vom Landesverwaltungsgericht angeführten Grund des Fehlens von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur hier entscheidungswesentlichen Frage des Vorliegens des Ausnahmetatbestands des § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG zulässig, liegt bislang doch lediglich ein die Erfüllung dieser Ausnahmebestimmung verneinendes Erkenntnis () zu einem nicht vergleichbaren Sachverhalt vor. Die Revisionen sind jedoch nicht begründet. 20 Vorweg ist festzuhalten, dass sich die Revisionswerber in ihren Revisionen nur mehr auf das Vorliegen des Ausnahmetatbestands nach § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG berufen. Die vor dem Verwaltungsgericht noch gegenständliche und von diesem verneinte Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit. b AuslBG ist im Revisionsverfahren daher nicht mehr gegenständlich. 21 § 1 Abs. 2 lit. i Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung ihrer letzten, mit BGBl. I Nr. 78/2007 erfolgten Novellierung, nimmt "Ausländer in öffentlichen und privaten Einrichtungen und Unternehmen hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit in der Forschung und Lehre, in der Entwicklung und der Erschließung der Künste sowie in der Lehre der Kunst und deren Ehegatten und Kinder" vom Anwendungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes aus. 22 Vor der mit BGBl. I Nr. 101/2005 vorgenommenen Novellierung waren nach dieser Ausnahmebestimmung nur "Ausländer hinsichtlich ihrer Tätigkeit als Honorarprofessoren, Gastprofessoren, Lektoren, Instruktoren, Lehrbeauftragte oder Vertragsassistenten an österreichischen Universitäten, an der Akademie der bildenden Künste oder an Kunsthochschulen" ausgenommen. Durch die genannte Novelle wurde der Ausnahmetatbestand auf "Ausländer hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit in der Forschung und Lehre, in der Entwicklung und der Erschließung der Künste sowie in der Lehre der Kunst" erweitert.
23 Die Materialien (ErläutRV 948 BlgNR 22. GP 3 f) führen dazu aus:
"Die derzeitige Ausnahmeregelung für Hochschulpersonal wäre an das Universitätsgesetz 2002 anzupassen. Dieser Umstand wird auf Anregung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur und der Österreichischen Rektorenkonferenz zum Anlass genommen, die Regelung zur Gänze entfallen zu lassen und statt dessen den in der Ausländerbeschäftigungsverordnung normierten generellen Ausnahmetatbestand für sämtliche wissenschaftliche Tätigkeiten in der Forschung und Lehre, in der Entwicklung und Erschließung der Künste sowie in der Lehre der Kunst in das AuslBG zu transferieren.
Mit dieser Regelung ist jede von Ausländern ausgeübte wissenschaftliche Lehr- und Forschungstätigkeit (einschließlich des Bereichs der Kunst) generell vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen. Betroffene Einrichtungen sind primär - wie schon bisher - Universitäten und diesen gleichwertige Forschungseinrichtungen. Als gleichwertig werden alle öffentlichen oder nicht auf Gewinn gerichteten privaten Einrichtungen (wie z. B. österreichische Privatuniversitäten), die der Weiterentwicklung der Wissenschaft und Forschung in Österreich dienen, angesehen werden können. Von der Ausnahmeregelung sind aber auch wissenschaftliche Tätigkeiten von Ausländern in (Forschungs-) Einrichtungen privater Unternehmen erfasst, wenn diese im Rahmen ihres betrieblichen Zwecks ausschließlich der wissenschaftlichen Forschung gewidmet sind. Pädagogische und administrative Tätigkeit an den genannten Einrichtungen sollen, sofern nicht an anderer Stelle Sonderbestimmungen vorgesehen sind, jedenfalls nicht unter die Ausnahmeregelung fallen. Die Einbeziehung der Kunst erfolgt im Sinne des § 1 des Universitätsgesetzes, BGBl. I Nr. 120/2002."
24 Zur nunmehr geltenden Fassung der Ausnahmebestimmung ist den Materialien (ErläutRV 215 BlgNR 23. GP 4) das Folgende zu entnehmen:
"Die Ausnahmeregelung für wissenschaftliche Tätigkeiten von Ausländern in der Forschung und Lehre einschließlich des künstlerischen Bereichs wird noch weiter gefasst und soll künftig für alle wissenschaftlichen Tätigkeiten in allen öffentlichen und privaten Einrichtungen und Unternehmen zur Anwendung kommen. Um dieser für den Wissenschaftsstandort Österreich wichtigen Personengruppe die Entscheidung für eine Beschäftigung in Österreich noch weiter zu erleichtern, sollen auch die mitziehenden Ehegatten und Kinder vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen werden und bewilligungsfrei eine Beschäftigung aufnehmen dürfen.
Als wissenschaftliche Tätigkeiten in der Forschung und Lehre gelten alle Tätigkeiten, die der Forschung und Entwicklung, der wissenschaftlichen, einschließlich der forschungsgeleiteten akademischen Lehre dienen und auf die Hervorbringung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse ausgerichtet sind (§ 1 des Universitätsgesetzes 2002). Der Begriff ‚Forschung' umfasst die Grundlagenforschung, die angewandte Forschung sowie die experimentelle Entwicklung. Als wissenschaftliche Tätigkeiten in der Entwicklung und Erschließung der Künste sowie in der Lehre der Kunst gelten insbesondere Tätigkeiten, die der akademischen Lehre und der Schaffung neuer Zugänge zu den Künsten im universitären Bereich dienen (§ 1 des Bundesgesetzes über die Organisation der Universitäten der Künste). Rein pädagogische und administrative Tätigkeiten fallen ebenso wenig unter die Ausnahmeregelung wie künstlerische Tätigkeiten in Kunstgewerbebetrieben oder bei künstlerischen Veranstaltungen."
25 Das Revisionsvorbringen lässt sich nun dahingehend zusammenfassen, dass die ukrainische Staatsangehörige im Hinblick auf den festgestellten Sachverhalt "analog als Tutorin" tätig gewesen sei. Der Ablauf des Projekts sei weit über eine rein pädagogische und administrative Tätigkeit hinausgegangen. Die Tätigkeit der Ausländerin sei jedenfalls als Tutorin im Sinn des Unterrichtsorganisationsgesetzes (gemeint wohl Universitäts-Organisationsgesetz) zu beurteilen bzw. einem weiter gefassten Tutorenbegriff, wie er vom Landesverwaltungsgericht gewählt worden sei, zuzuordnen. Aus diesem Grund liege der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG vor.
26 Den nachfolgenden Ausführungen ist vorauszuschicken, dass im vorliegenden Fall zu Recht nicht zweifelhaft ist, dass eine Fachhochschule im Sinn des Fachhochschul-Studiengesetzes Arbeitgeberin von Ausländern hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit in der Forschung und Lehre im Rahmen von § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG sein kann (vgl. dazu nur § 3f FHStG; in diesem Sinn auch Kind, AuslBG, 2018, § 1 Rz 48). 27 Des Weiteren berufen sich die Revisionswerber nicht darauf, dass die hier zu beurteilenden Tätigkeiten in der Entwicklung und Erschließung der Künste oder in der Lehre der Kunst gelegen wären. Auch für das Vorliegen einer wissenschaftlichen Forschungstätigkeit, die vom Verwaltungsgericht zutreffend schon mangels eines erkennbaren Forschungsauftrags verneint wurde, werden in den Revisionen keine Argumente mehr vorgebracht. 28 Zu untersuchen ist daher, ob die ukrainische Staatsangehörige eine als wissenschaftliche Lehre zu qualifizierende Tätigkeit erbrachte.
29 Nach der Literatur sollen Lektoren (Lehrbeauftragte) und Tutoren an Universitäten im Rahmen der wissenschaftlichen Lehre und Forschung unter diesen Ausnahmetatbestand fallen (vgl. Kind, AuslBG, 2018, § 1 Rz 47; Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz, 2. Auflage 2018, § 1 Rz 22). Das Universitätsgesetz 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120/2002, enthält den Begriff Tutor nicht mehr. Lediglich in § 133 UG wird insoweit auf das - durch Einführung des Universitätsgesetzes 2002 aufgehobene - Bundesgesetz über die Abgeltung von wissenschaftlichen und künstlerischen Tätigkeiten an Universitäten und Universitäten der Künste (UniAbgG), BGBl. Nr. 463/1974, verwiesen. Dieses regelte in seinem § 1a die Gebührenabgeltung für Tutoren, die mit der begleitenden Betreuung von Studierenden beauftragt werden. 30 Das - ebenfalls mit Einführung des Universitätsgesetzes 2002
aufgehobene - Universitäts-Organisationsgesetz, BGBl. Nr. 805/1993, fasste in § 88 Abs. 2 Z 11 Studienassistenten, Demonstratoren und Tutoren gemäß § 42 UOG (1975) organisationsrechtlich als Studienassistenten dieses Bundesgesetzes zusammen und definierte den Begriff des Studienassistenten in seinem § 34 Abs. 1 dahingehend, dass dies "Studierende, welche die für ihre Verwendung in Betracht kommenden Prüfungen oder wesentliche Teile derselben schon abgelegt haben, und die mit der Mitwirkung bei Lehrveranstaltungen, der Mitwirkung bei wissenschaftlichen Arbeiten und der begleitenden Betreuung der Studierenden beauftragt werden (Tutoren)" seien.
31 Dem Universitäts-Organisationsgesetz 1975, BGBl. 79/1975, war in § 42 Abs. 2 folgende Definition zu entnehmen:
"Demonstratoren und Tutoren sind bis zur Hälfte einer vollen Dienstleistung beschäftigte Vertragsbedienstete des Bundes, die nach besonderen gesetzlichen Vorschriften auf bestimmte Zeit aufgenommen werden. Den Demonstratoren obliegt die Mitwirkung bei Übungen und Praktika sowie allenfalls auch bei anderen Lehrveranstaltungen, den Tutoren die Betreuung von Studierenden, insbesondere von Studienanfängern, bei Übungen, Praktika, Repetitorien und anderen Lehrveranstaltungen sowie bei der Vorbereitung auf Prüfungen. Als Demonstratoren und Tutoren können Absolventen oder Studierende aufgenommen werden, welche die für die Verwendung in Betracht kommende Prüfungen oder wesentliche Teile derselben schon abgelegt haben."
32 In § 100 UG werden diese Tätigkeiten nun unter der Bezeichnung der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Forschungs-, Kunst- und Lehrbetrieb zusammengefasst.
33 Sämtlichen Beschreibungen der Tätigkeit von Tutoren im Hochschulbetrieb ist somit gemein, dass sie im konkreten Zusammenhang mit Übungen, Praktika, Repetitorien oder anderen Lehrveranstaltungen andere Studierende betreuen. Nur insofern liegt eine wissenschaftliche Tätigkeit in der Lehre vor und nur in diesem Umfang ist ihre Beschäftigung nach § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG vom Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgenommen.
34 Im vorliegenden Fall betreute die ukrainische Staatsangehörige den Feststellungen zufolge Jugendliche im Oberstufenalter, ohne dass ein Zusammenhang mit einer konkreten Lehrveranstaltung der Fachhochschule bestanden hätte. Ohne Verkennung der Rechtslage hat das Verwaltungsgericht den hier zu beurteilenden Sachverhalt somit als bloß pädagogische Tätigkeit qualifiziert und das Vorliegen des Ausnahmetatbestands nach § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG verneint.
35 Ein konkretes Vorbringen, inwiefern das Engagement der Ausländerin über eine rein pädagogische Tätigkeit hinausgegangen wäre, enthält die Revision nicht. Solches ist aufgrund des unbestrittenen Sachverhalts auch nicht zu erkennen. Die Revisionswerber selbst gehen letztlich nur von einer Tätigkeit "analog" einer Tutorin aus. Die damit intendierte analoge Anwendung der Ausnahmebestimmung kommt aber schon deshalb nicht in Betracht, weil Ausnahmetatbestände grundsätzlich eng auszulegen sind (, mit Hinweis auf ).
36 Wenn sich die Revisionswerber schließlich auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes "632/04" (gemeint wohl: ua, VfSlg. 17.208) berufen, zeigen sie nicht auf, was daraus für den vorliegenden Fall zu gewinnen wäre, ging es dort doch um das Wahlrecht wissenschaftlicher und künstlerischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ausbildung bei der Wahl zum Senat.
37 Auch wenn die Revisionswerber mit der im angefochtenen Erkenntnis wiedergegebenen weiten Definition von Tutoren, nach welcher es diese auch im Schulbereich geben könne, argumentieren, ist für sie daraus nichts zu gewinnen. Die hier zu untersuchende Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG nimmt nämlich nicht Tutoren als solche vom Ausländerbeschäftigungsgesetz aus, sondern Ausländer hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit in der Forschung und Lehre. Eine solche wird von Tutoren an bloß pädagogischen Einrichtungen jedoch nicht erbracht. Das Landesverwaltungsgericht ist daher ohne Rechtsirrtum zum Ergebnis gelangt, dass die Tätigkeit der ukrainischen Staatsangehörigen im Rahmen des auf Schüler ausgerichteten Projekts "F" nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG zu subsumieren ist. Im Hinblick auf das unbestrittene Vorliegen der übrigen Voraussetzungen erfolgte die Bestrafung der revisionswerbenden Parteien zu Recht.
38 Ausführungen zu den übrigen Spruchpunkten des angefochtenen Erkenntnisses enthalten die Revisionen nicht, sodass auf diese nicht weiter einzugehen war.
39 Die Revisionen waren somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018090008.J00 |
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