VwGH vom 26.02.2020, Ro 2018/09/0003
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer und Mag. Feiel sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die Revision des A B in C, vertreten durch Mag. Franz Scharf, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schulerstraße 20/7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , W170 2163697- 1/14E, betreffend Disziplinarstrafe des Verweises nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionsbeantwortung der Disziplinaranwältin wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der im Jahr 1969 geborene Revisionswerber steht als dienstführendes Exekutivorgan in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wurde der Revisionswerber nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung schuldig erkannt, er habe eine ihm am , um 8.18 Uhr (gelesen am , um 9.04 Uhr) durch seinen Vorgesetzten, Chefinspektor D, schriftlich per E-Mail erteilte Weisung sowie die ihm in Anschluss daran nach Rücksprache mit dem Referatsleiter Oberstleutnant E von seinem Vorgesetzten Chefinspektor F am unter Androhung disziplinärer Maßnahmen mündlich erteilte Weisung, in Vertretung der Dienststelle an dem am um 12.00 Uhr stattfindenden Begräbnis des verstorbenen Beamten X teilzunehmen, missachtet, indem er an den näher bezeichneten Begräbnisfeierlichkeiten nicht teilgenommen und deshalb eine Dienstpflichtverletzung begangen habe. 3 Der Revisionswerber habe dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 in Verbindung mit § 91 BDG 1979 begangen, weshalb über ihn die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt wurde. Im Weiteren wurde ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei. 4 Begründend ging das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verfahrensganges im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:
Am habe um 12.00 Uhr das kirchliche Begräbnis des X stattgefunden, der zuvor Selbstmord begangen hat. X sei Exekutivbediensteter und zuvor dem Stadtpolizeikommando G dienstzugeteilt gewesen. Mit Erlass der Landespolizeidirektion H (LPD) vom sei dem Kommandanten des Bezirkspolizeikommandos I die Teilnahme an diesem Begräbnis angewiesen worden, während die Teilnahme allen anderen uniformierten Polizeibediensteten freigestellt worden wäre. Der Revisionswerber sei am 29. Juni und am als Gruppenführer des Stadtpolizeikommandos G unmittelbar Chefinspektor D und mittelbar Oberstleutnant E und Chefinspektor F unterstellt gewesen. Chefinspektor D habe am ,
18.18 Uhr folgendes E-Mail an die dienstlichen E-Mail-Adressen des Revisionswerbers und dessen Kollegen verschickt: "Hallo ihr Beiden! Vom Kdo wurde die Weisung erteilt, dass einer von Euch beiden, ihr habt beide Tagdienst, an den Begräbnisfeierlichkeiten teilzunehmen habt. Mir wurde von J mitgeteilt, dass ihr beide diesbezüglich keine Ambitionen zeigt. Daher wird von mir (der Revisionswerber) dazu bestimmt, der Anordnung zu entsprechen! Bitte mit Kollegen F in der Früh zusammenreden, der fährt als Vertreter des SPK auch zum Begräbnis." Dieses E-Mail sei vom Revisionswerber am um 9.04 Uhr gelesen worden. Er habe dabei gewusst, dass sich dieses E-Mail auf das am stattfindende Begräbnis des X bezogen habe. Am , gegen 7.00 Uhr, habe Chefinspektor F an der Dienststelle des Revisionswerbers angerufen, um mit diesem die Modalitäten für die Anreise zum Begräbnis zu klären. Es lasse sich nicht mehr feststellen, ob Chefinspektor F ausschließlich mit dem Kollegen des Revisionswerbers gesprochen habe oder direkt auch mit diesem, jedenfalls sei der Revisionswerber über den Inhalt des Gesprächs informiert gewesen. Chefinspektor F habe im Rahmen dieses Gesprächs entweder vom Revisionswerber unmittelbar oder über dessen Kollegen erfahren, dass der Revisionswerber nicht beabsichtige, an dem Begräbnis teilzunehmen, er jedoch einen Freiwilligen finden werde, der an dem Begräbnis teilnehmen werde. Am , nach 7.00 Uhr und vor 9.00 Uhr, habe der Revisionswerber bei der Standeskontrolle einen eingeteilten Exekutivbeamten gefunden, der freiwillig am Begräbnis teilgenommen habe. Während dieser Zeit habe Chefinspektor F Kontakt mit Oberstleutnant E aufgenommen, der ihn angewiesen habe, abermals mit dem Revisionswerber zu sprechen und diesem die Teilnahme an dem Begräbnis unter Androhung disziplinärer Maßnahmen anzuweisen. Am , gegen 9.00 Uhr habe Chefinspektor F jedenfalls nunmehr unmittelbar mit dem Revisionswerber gesprochen und diesem mitgeteilt, dass er am Begräbnis teilnehmen oder disziplinäre Folgen zu gewärtigen habe. Der Revisionswerber habe darauf sinngemäß erwidert, dass man ihn nicht zur Teilnahme an einem Begräbnis zwingen könne. Darüber hinausgehende Ausführungen, dass oder warum diese Weisung rechtswidrig sei, habe der Revisionswerber nicht gemacht. Spätestens am , um 9.04 Uhr bzw. gegen 9.00 Uhr sei dem Revisionswerber klar gewesen, dass er jeweils einen Auftrag von Chefinspektor D sowie von Chefinspektor F gehabt habe, persönlich an dem am um 12.00 Uhr stattfindenden Begräbnis des X teilzunehmen, um seine Dienststelle dort zu vertreten. Zu diesem Zeitpunkt wäre es möglich gewesen, dieser Weisung nachzukommen, was der Revisionswerber zumindest ernstlich für möglich gehalten habe. 5 In weiterer Folge begründete das Bundesverwaltungsgericht seine beweiswürdigenden Überlegungen.
6 Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung führte es - nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften - zusammengefasst aus, im gegenständlichen Fall habe der Revisionswerber von seinem unmittelbaren Vorgesetzten Chefinspektor D schriftlich per E-Mail die Weisung erhalten, an den am stattfindenden Begräbnis des X teilzunehmen. Darüber hinaus habe er von seinem mittelbaren Dienstvorgesetzten Chefinspektor F eine gleichartige Weisung erhalten, die sogar mit dem Hinweis verbunden gewesen sei, dass gegen den Revisionswerber disziplinäre Maßnahmen ergriffen werden würden, wenn er diese Weisung nicht befolgen sollte. Unzweifelhaft handle es sich bei Chefinspektor D als auch Chefinspektor F um Vorgesetzte des Revisionswerbers, sodass die jeweilige Weisung nicht von einem unzuständigen Organ erteilt worden sei. Ebenso unzweifelhaft verstoße die Befolgung der Weisung, an einem Begräbnis teilzunehmen, nicht gegen strafrechtliche Vorschriften, sodass diese Weisung nicht unter den zweiten Fall des § 44 Abs. 2 BDG 1979 falle. Dem Einwand des Revisionswerbers, er habe seiner Anwesenheit in der Dienststelle höhere Priorität beigemessen, begegnete das Bundesverwaltungsgericht damit, dass ihm als nachgeordnetem Organwalter die Prüfung einer dienstlichen Anordnung auf Sachlichkeit, Zweckmäßigkeit, u.a. nicht zukomme. Auch dem Einwand, die Teilnahme am Begräbnis sei laut dem in den Feststellungen zitierten LPD-Erlass freiwillig gewesen, sei nicht näherzutreten, zumal die Weisungen von Chefinspektor D und Chefinspektor F in Bezug auf den Revisionswerber dem LPD-Erlass nach den Auslegungsregeln "lex posterior derogat legi priori" vorgegangen seien.
7 Zu dem weiteren Einwand, im gegenständlichen Fall würde die Weisung an den Revisionswerber, an einem religiösen Begräbnis teilzunehmen, gegen Art. 9 EMRK verstoßen, führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass es der Verwaltungspraxis entspreche, auch zu kirchlichen Begräbnissen von Repräsentanten des Staates oder Mitgliedern eines militärisch organisierten Wachkörpers bzw. des Bundesheeres einzelne Angehörige oder Formationen solcher Angehöriger des Wachkörpers bzw. des Bundesheeres zu entsenden.
8 Es stelle sich im vorliegenden Fall die Frage, ob der Revisionswerber zur Teilnahme an einer religiösen Feier gezwungen worden sei. Nach näher dargelegten Überlegungen kam das Bundesverwaltungsgericht zu dem Schluss, dass dem Revisionswerber nur die Anwesenheit bei einem Begräbnis, nicht aber eine als ausschließlich religiös zu deutende Handlung befohlen worden sei. Damit greife die Weisung nicht grundsätzlich in die Rechte des Revisionswerbers nach Art. 9 EMRK und Art. 14 StGG ein und sei daher keine wegen eines Verstoßes gegen das Willkürverbot unbeachtliche Weisung. Es habe somit hinsichtlich der schriftlichen Weisung von Chefinspektor D und hinsichtlich der mündlichen Weisung von Chefinspektor F Befolgungspflicht bestanden.
9 Unter Hinweis auf § 44 Abs. 3 BDG 1979 führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass der Revisionswerber mit seiner Replik auf die mündliche Weisung des Chefinspektors F allenfalls rechtliche Bedenken ("man könne ihn nicht zur Teilnahme an einem Begräbnis zwingen") geäußert, aber nicht einmal angedeutet habe, womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaube. Darüber hinausgehende Ausführungen, dass diese Weisung rechtswidrig sei bzw. warum diese Weisung rechtswidrig sei, habe der Revisionswerber nicht gemacht.
10 Bezüglich der Strafzumessung bestätigte das Bundesverwaltungsgericht diese im Hinblick darauf, dass das Disziplinarerkenntnis nicht zu Ungunsten des Revisionswerbers abgeändert werden dürfe.
11 Weiters sprach es aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei, weil sich der Verwaltungsgerichtshof - zusammengefasst - noch nicht zum Spannungsverhältnis zwischen einer Weisung gemäß § 44 BDG 1979 und der Verletzung der Rechte nach Art. 9 EMRK oder Art. 14 StGG geäußert habe.
12 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , E 4388/2017-6, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.
13 Das Bundesverwaltungsgericht legte die daraufhin eingebrachte Revision unter Anschluss der Akten des Verfahrens vor. Die Disziplinaranwältin erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
14 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
16 Ein Revisionswerber hat auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa , mwN).
17 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision - in Ergänzung zu der vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ins Treffen geführten Begründung - unter anderem vor, es sei die Rechtsfrage zu klären, ob und inwieweit er durch Weisung verhalten habe werden können, an der im Rahmen des Begräbnisses stattfindenden kirchlichen Zeremonie teilzunehmen. § 44 BDG 1979 decke nur dienstrechtliche Weisungen. Solche hingegen, die in die sonstige Rechtssphäre eines Beamten eingreifen, jedoch nicht. Außerdem sei durch den Erlass der LPD H von der freiwilligen Teilnahme an dem Begräbnis auszugehen gewesen. Es sei somit zweifelhaft, dass eine erteilte Weisung dem Erlass vorgehe. Letztlich werden in der Revision Ermittlungs- und Feststellungsmängel gerügt.
18 Die Revision erweist sich im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht und vom Revisionswerber angesprochenen Fragen als zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
19 Eingangs ist Folgendes festzuhalten:
Werden Verfahrensmängel wie hier Ermittlungs- und Feststellungsmängel ins Treffen geführt, muss die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargetan werden, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (, mwN). Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise, also fallbezogen, darzulegen. Die Revision wird diesen Anforderungen mit dem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen, wonach sich das Gericht mit näher genannten Aspekten nicht auseinandergesetzt und kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt habe, nicht gerecht. Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt war daher der weiteren inhaltlichen Prüfung zugrunde zu legen. 20 In der Revision wird letztlich vom Revisionswerber nicht angezweifelt, dass es seitens seiner Vorgesetzten eine Weisung gemäß § 44 BDG 1979 des Inhalts, er müsse an dem am stattfindenden kirchlichen Begräbnis eines Kollegen teilnehmen, gegeben hat.
21 Vielmehr wird die Rechtmäßigkeit und somit die Wirksamkeit dieser Weisung in Frage gestellt.
22 Das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333/1979 in der zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichts geltenden Fassung (BDG 1979), lautet auszugsweise:
"Allgemeine Dienstpflichten
§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
(3) Der Beamte hat die Parteien, soweit es mit den Interessen des Dienstes und dem Gebot der Unparteilichkeit der Amtsführung vereinbar ist, im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben zu unterstützen und zu informieren.
Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten
§ 44. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.
(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.
(3) Hält der Beamte eine Weisung eines Vorgesetzten aus einem anderen Grund für rechtswidrig, so hat er, wenn es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt.
Dienstpflichtverletzungen
§ 91. Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.
Disziplinarstrafen
§ 92. (1) Disziplinarstrafen sind
der Verweis,
die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges,
die Geldstrafe in der Höhe von einem Monatsbezug bis zu
fünf Monatsbezügen,
4.die Entlassung.
..."
23 Der Begriff der Weisung ist weder in Art. 20 Abs. 1 B-VG noch in § 44 BDG 1979 definiert, sondern begrifflich vorausgesetzt (vgl. ). Unter "Weisung" ist eine generelle oder individuelle, abstrakte oder konkrete Norm zu verstehen, die an einen oder an eine Gruppe von dem Weisungsgeber untergeordneten Verwaltungsorganwaltern ergeht. Sie ist ein interner Akt im Rahmen der Verwaltungsorganisation und an keine besonderen Formerfordernisse gebunden. Sie kann mündlich oder schriftlich ergehen. Eine Weisung (ein Auftrag), die (der) von einem Vorgesetzten erteilt wird, ist nach ihrem (seinem) Inhalt und nicht allein nach ihrer Bezeichnung rechtlich zu beurteilen. Im Regelfall enthält der Auftrag eines Vorgesetzten im Dienstbetrieb eine einseitig verbindliche Anordnung (Festlegung von Pflichten) und ist damit als Weisung (Befehl) zu werten (vgl. ; , 2001/09/0035; , 2012/09/0057; mwN). Gegenstand der Weisung kann nur das Verhalten eines nachgeordneten Organs - sohin ein Tun oder Unterlassen - sein (vgl. , mwN). 24 Der Befolgungspflicht einer Weisung könnte nur ihre Unwirksamkeit entgegenstehen. Neben dem Außerkrafttreten der Weisung infolge Remonstration wäre dies dann der Fall, wenn sie von einem unzuständigen Organ erteilt worden wäre, ihre Befolgung gegen strafrechtliche Vorschriften verstieße oder dem weisungserteilenden Vorgesetzten "Willkür" vorzuwerfen wäre (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung , mwN).
25 Das Bundesverwaltungsgericht ging davon aus, dass die Weisung an den Revisionswerber, an dem kirchlichen Begräbnis eines Kollegen teilzunehmen, nicht von einem unzuständigen Organ erteilt wurde, deren Befolgung auch nicht gegen strafrechtliche Vorschriften verstoße und auch keine Verletzung des Willkürverbotes seitens der Behörde vorgelegen ist. 26 Ausgehend von den gerichtlichen Feststellungen wurde die Weisung sowohl von einem unmittelbaren als auch von einem mittelbaren Vorgesetzten des Revisionswerbers erteilt. Wenn die Revision in diesem Zusammenhang auf den Erlass der LPD verweist, wonach von der Freiwilligkeit der Teilnahme auszugehen sei und daher angezweifelt werde, dass die Weisung dem Erlass tatsächlich vorgehe, verkennt sie, dass die Weisung zur - angeordneten - Teilnahme zeitlich später von den Vorgesetzten konkret dem Revisionswerber gegenüber erteilt wurde. Die spezielle Weisung an den Revisionswerber steht dabei mit dem generellen Erlass schon im Hinblick auf den zeitlichen Aspekt als auch auf den dort abgestellten unbestimmten Adressatenkreis nicht in Widerspruch. Folglich ist davon auszugehen, dass die Weisung nicht von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist. Dass die Befolgung der Weisung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen hätte, behauptet die Revision nicht und ist auch nicht zu sehen. 27 Der Revisionswerber vertritt erkennbar weiters die Auffassung, die ihm erteilte Weisung sei mit Willkür behaftet und beruft sich dabei auf einen unzulässigen Eingriff in sein Recht auf Religionsfreiheit. Er argumentiert, er könne nicht dazu verhalten werden, an einer kirchlichen Zeremonie im Hinblick auf die Religionsfreiheit teilzunehmen. Weiters könne eine solche Weisung, weil sie in seine Privatsphäre eingreife, gemäß § 44 BDG 1979 gar nicht erteilt werden.
28 Auch dem Beamten sind in seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis alle Grundrechte (soweit sie in Betracht kommen) gewährleistet (vgl. , mwN). 29 Nach Art. 9 Abs. 1 EMRK hat jedermann das Recht auf Religionsfreiheit. Dieses Recht umfasst die Freiheit des Einzelnen, seine Religion einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen öffentlich oder privat, durch Gottesdienst, Unterricht, Andachten und Beobachtung religiöser Bräuche auszuüben. Art. 14 Abs. 1 StGG gewährleistet jedermann die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Nach Art. 63 Abs. 2 des Staatsvertrags von St. Germain haben alle Einwohner Österreichs das Recht, öffentlich oder privat jede Art Glauben, Religion oder Bekenntnis frei zu üben, sofern deren Übung nicht mit der öffentlichen Ordnung oder mit den guten Sitten unvereinbar ist.
30 Neben diesen positiven Religionsfreiheiten können Eingriffe in die negative Religionsfreiheit vor allem Handlungsverpflichtungen, wie religiöse Handlungen oder sonstige Formen religiöser Ehrerbietung sein (vgl. Grabenwarter/Pabel, EMRK, 6. Auflage (2016), S. 365; ). 31 Im vorliegenden Fall wurde dem Revisionswerber im Rahmen einer Weisung aufgetragen, an einem kirchlichen Begräbnis eines Kollegen teilzunehmen, um dem Verstorbenen Respekt und Ehrerbietung zu zollen.
32 Mag eine solche Teilnahme auch nicht zur Kernaufgabe eines Exekutivbeamten gehören, stellt sie aber im Hinblick auf den tradierten Zusammenhalt eines militärisch organisierten Wachkorps keinen ungewöhnlichen oder unüblichen Akt dar. Im Vordergrund der hier in Rede stehenden Weisung stand auch nicht die Teilnahme an einer religiösen Feier, sondern die Verabschiedung des Verstorbenen, eines Kollegen im Wachkörper. Dass der Revisionswerber verpflichtet worden wäre, an einer religiösen Feier durch entsprechende Handlungen teilzunehmen, ist weder festgestellt noch wurde dies vom Revisionswerber behauptet. In der bloßen Anwesenheit bei einer kirchlichen Begräbnisfeier kann fallbezogen als Ausfluss der Zugehörigkeit zu einem Wachkörper kein Eingriff in die Religionsfreiheit erkannt werden. 33 Inwieweit der Revisionswerber tatsächlich durch die bloße Anwesenheit selbst bei einer kirchlichen Zeremonie in seinem Recht auf Religionsfreiheit verletzt worden sein soll, konkretisiert die Revision zudem nicht und ist im Verfahren auch nicht hervorgekommen. Mit dem nicht näher ausgeführten Vorbringen zur Verletzung des Rechtes auf Religionsfreiheit gelingt es der Revision nicht aufzuzeigen, dass die Verneinung von Willkür bei Erteilung der in Rede stehenden Weisung unrichtig wäre. 34 Da die Weisung weder von einem unzuständigen Organ erteilt wurde, ihre Befolgung auch nicht gegen strafrechtliche Vorschriften verstieß und keiner Willkür unterlag, hätte sich der Revisionswerber nur auf eine Remonstration gemäß § 44 Abs. 3 BDG 1979 berufen können. Von einer gültigen Remonstration kann jedoch nur dann gesprochen werden, wenn der Beamte dabei seine rechtlichen Bedenken gegen die ihm erteilte Weisung erkennen lässt und zumindest andeutet, womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt. Die Bedenken dürfen einerseits kein mutwilliges, geradezu rechtsmissbräuchliches Vorbringen darstellen, anderseits ist für den Eintritt der im § 44 Abs. 3 leg. cit. vorgesehenen Rechtsfolge ohne Bedeutung, ob die geäußerten Bedenken des Beamten rechtlich zutreffen oder nicht (vgl. dazu ; , 2011/09/0211).
35 Das Verwaltungsgericht hatte eine solche verneint, weil der Revisionswerber lediglich darauf hingewiesen habe, man könne ihn zur Teilnahme nicht zwingen. Dabei habe er allenfalls rechtliche Bedenken geäußert, aber nicht einmal angedeutet, womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt.
36 Diesen Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis setzt die Revision nichts Stichhaltiges entgegen.
37 Aus den dargelegten Erwägungen war die vom Verwaltungsgericht der Verurteilung des Revisionswerbers zugrunde gelegte Befolgungspflicht der Weisung nicht zu beanstanden und die Revision daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. 38 Parteien im Verfahren über eine Revision gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG sind neben dem Revisionswerber, der belangten Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht sowie in den Fällen des § 22 zweiter Satz VwGG dem zuständigen Bundesminister oder der Landesregierung gemäß § 21 Abs. 1 Z 4 VwGG die Personen, die durch eine Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses oder eine Entscheidung in der Sache selbst in ihren rechtlichen Interessen berührt werden (Mitbeteiligte). 39 Auch wenn der Disziplinaranwältin (im vorliegenden Fall in § 103 Abs. 4 Z 2 BDG 1979) das Recht eingeräumt ist, gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gemäß Art. 133 Abs. 8 B-VG Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, kommen ihr in Bezug auf den hier in Rede stehenden Gegenstand des Verfahrens keine eigenen subjektiv-öffentlichen Rechte zu. Die von ihr erstattete Revisionsbeantwortung war daher mangels Parteistellung in einem Verfahren über eine Revision des Disziplinarbeschuldigten vor dem Verwaltungsgerichtshof zurückzuweisen (vgl. , mwN).
40 Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof war gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand zu nehmen.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2020:RO2018090003.J00 |
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