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VwGH vom 27.06.2018, Ro 2018/09/0002

VwGH vom 27.06.2018, Ro 2018/09/0002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr, die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer, Mag. Feiel und Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die Revision der Dr. X Y in Z, vertreten durch Dr. Gerhard Deinhofer, Dr. Friedrich Petri, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Marxergasse 34, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W176 2016167-1/3E, betreffend Parteistellung in einem Verfahren auf Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesdenkmalamt), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Das Bundesdenkmalamt (die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde) stellte mit Bescheid vom fest, dass die Erhaltung des A-Hofs in B gemäß §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz (DMSG) im öffentlichen Interesse gelegen sei.

2 Mit Schreiben vom beantragte die Revisionswerberin die Feststellung ihrer Parteistellung im Unterschutzstellungsverfahren und die Zustellung des genannten Bescheids. Dies begründete sie im Wesentlichen damit, dass sie Eigentümerin der Nachbarliegenschaft sei. Das Dach des unter Schutz gestellten Gebäudes rage in ihr Grundstück. Durch die Unterschutzstellung werde deshalb in ihr Eigentumsrecht eingegriffen.

3 Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Feststellung einer Parteistellung gemäß § 26 Z 1 und § 27 Abs. 1 DMSG in Verbindung mit § 8 AVG abgewiesen und der Antrag auf Zustellung des Unterschutzstellungsbescheids zurückgewiesen.

4 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG in Verbindung mit § 26 Abs. 1 DMSG als unbegründet ab; die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für zulässig.

5 Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst rechtlich aus, dass die Aufzählung der Personen in § 26 Z 1 DMSG, denen im Unterschutzstellungsverfahren Parteistellung zukomme, taxativ sei. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2012/09/0100, auf das sich die Revisionswerberin berufen habe, habe lediglich die Problematik betroffen, ob dem Liegenschaftseigentümer, der gemäß § 26 Z 1 DMSG jedenfalls bezüglich der ihm gehörenden Teile eines Denkmals Parteistellung habe, eine solche Position auch hinsichtlich des unter Schutz gestellten Inventars als einem Teil des Denkmals, der nicht in seinem Eigentum stehe, zukomme. Ausgehend von einem solchen Verständnis, so führte das Verwaltungsgericht weiter aus, könne der Revisionswerberin keine Parteistellung zugebilligt werden, weil sie nicht Eigentümerin eines Teils des unter Schutz gestellten Denkmals sei.

6 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Bundesverwaltungsgericht mit dem Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob einer Person, die nicht Eigentümerin zumindest eines Teils des unter Schutz zu stellenden Denkmals (und auch nicht Legalpartei nach § 26 Z 1 DMSG) sei, Parteistellung im Unterschutzstellungsverfahren zukomme.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Zur Zulässigkeit der Revision führt die Revisionswerberin aus, dass nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2012/09/0100, im Unterschutzstellungsverfahren gegen eine Eigentumsbeschränkung allen davon Betroffenen im Sinn des § 8 AVG Parteistellung zu gewähren sei, weil sich die Tätigkeit der Behörde auf sie beziehe und ihre rechtlichen Interessen berührt seien. Dem stehe § 26 Z 1 in Verbindung mit § 27 Abs. 1 DMSG nicht entgegen. Die Revisionswerberin sei Eigentümerin des Grundstücks, in das das Dach des unter Schutz gestellten Hauses hineinrage, womit auch für sie eine Eigentumsbeschränkung gegeben sei. Die Tätigkeit der Behörde habe sich somit auch auf die Revisionswerberin bezogen und seien ihre rechtlichen Interessen berührt.

8 Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9 Die Revision ist aus den vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Gründen im Hinblick auf eine gebotene Klarstellung der Rechtslage und der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Parteistellung im Unterschutzstellungsverfahren zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt:

10 Die maßgeblichen Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes (DMSG), BGBl. Nr. 533/1923, §§ 3 und 27 in der Fassung BGBl. I Nr. 170/1999, § 26 in der Fassung BGBl. I Nr. 92/2013, lauten (auszugsweise):

"Unterschutzstellung durch Bescheid

§ 3. (1) Bei Denkmalen, die nicht bloß kraft gesetzlicher Vermutung oder durch Verordnung unter Denkmalschutz stehen, gilt ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung erst dann als gegeben, wenn sein Vorhandensein vom Bundesdenkmalamt durch Bescheid festgestellt worden ist (Unterschutzstellung durch Bescheid).

(2) ...

(3) Die Tatsache der Unterschutzstellung unbeweglicher Denkmale (einschließlich Ensembles sowie Park- und Gartenanlagen) durch Bescheid gemäß Abs. 1 bzw. diesem in ihren Folgen gleichgestellte Bescheide (§ 2 Abs. 3) ist über Mitteilung des Bundesdenkmalamtes im Grundbuch (allenfalls Eisenbahnbuch) von Amts wegen ersichtlich zu machen. Bei bescheidmäßiger Aufhebung des festgestellten öffentlichen Interesses an der Erhaltung durch Bescheid ist die Ersichtlichmachung über Mitteilung des Bundesdenkmalamtes von Amts wegen zu löschen. Die Mitteilung hat jeweils spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der bescheidmäßigen Feststellungen zu erfolgen.

...

Partei- und Antragsrechte

§ 26. Soweit bei den einzelnen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht noch zusätzliche gesonderte Detailregelungen getroffen sind, bestehen im Rahmen dieses Bundesgesetzes nachfolgende grundlegende Partei- und Antragsrechte:

1. Bei Verfahren gemäß §§ 2 Abs. 1 und 2, 2a Abs. 5 und 6, 3 Abs. 1 und 5, 5 Abs. 7, 6 Abs. 2 und 9 Abs. 3, die die (positive oder negative) Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung unbeweglicher Denkmale betreffen, kommt Parteistellung nur dem Eigentümer (§ 27), dem Landeshauptmann, der Gemeinde und dem Bürgermeister, im Falle des Vorliegens eines Baurechts auch dem Bauberechtigten (§ 27) zu.

...

4. Anträge auf Veränderung oder Zerstörung eines Denkmals

(§ 5) können von jeder Person, die Partei im Sinne des § 8 AVG ist, gestellt werden, desgleichen auch vom Landeshauptmann. In Verfahren wegen Zerstörung eines Denkmals kommt überdies auch dem Bürgermeister Parteistellung zu.

...

Eigentümer unbeweglicher Denkmale

§ 27. (1) Als Eigentümer im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt bei unbeweglichen Gegenständen stets der grundbücherliche Eigentümer. Grundbuch im Sinne dieses Bundesgesetzes ist auch das Eisenbahnbuch. Als Bauberechtigter gilt der in der grundbücherlichen Baurechtseinlage Eingetragene.

..."

11 Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruchs oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

12 Nach den - im Revisionsverfahren nicht strittigen - Ausführungen des Verwaltungsgerichts befindet sich das unter Schutz gestellte Objekt auf der Liegenschaft, die unmittelbar an die im Eigentum der Revisionswerberin stehende Liegenschaft angrenzt.

13 Die Revisionswerberin leitet nun aus dem von ihr vorgebrachten Umstand, dass das Dach des unter Schutz gestellten Hauses über die Grundgrenze auf ihre Liegenschaft rage, ab, dass ihr im Unterschutzstellungsverfahren Parteistellung zukomme. So gehöre gemäß § 297 ABGB auch der Luftraum - in den das Dach hineinrage - zu ihrer Liegenschaft, und komme ihr als Eigentümerin der von der Unterschutzstellung unmittelbar betroffenen Liegenschaft daher im Sinn des § 27 DMSG Parteistellung zu. Zudem habe sie im Sinn des § 8 AVG ein rechtliches Interesse an dieser Sache, wobei in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2012/09/0100, verwiesen wird. Dort werde ausgeführt, dass im Unterschutzstellungsverfahren gegen eine Eigentumsbeschränkung allen davon Betroffenen im Sinn des § 8 AVG Parteistellung gewährt werden müsse, weil sich die Tätigkeit der Behörde auf sie beziehe und ihre rechtlichen Interessen berührt seien. Dem stehe § 26 Z 1 iVm § 27 Abs. 1 DMSG nicht entgegen.

14 Diesem Vorbringen ist zunächst zu erwidern, dass nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Partei ist, nicht an Hand des AVG alleine entschieden werden kann. Diese Entscheidung ist vielmehr aus dem Inhalt der in Betracht kommenden Normen des materiellen Verwaltungsrechts, gegebenenfalls auch nach den Vorschriften des speziellen Verfahrensrechts zu treffen (vgl. , mwN).

15 Nach der bisher einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt im Verfahren betreffend die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung unbeweglicher Denkmale nach § 3 Abs. 1 DMSG entsprechend der taxativen Aufzählung des § 26 Z 1 DMSG neben dem Landeshauptmann, der Gemeinde und dem Bürgermeister nur dem Eigentümer - im Falle des Vorliegens eines Baurechts auch dem Bauberechtigten - Parteistellung zu. Als Eigentümer im Sinn des Denkmalschutzgesetzes gilt bei unbeweglichen Gegenständen gemäß § 27 Abs. 1 DMSG ausschließlich der grundbücherliche Eigentümer (vgl. auch dazu ; siehe zudem die Nachweise aus der Rechtsprechung in Bazil/Binder-Krieglstein/Kraft, Das österreichische Denkmalschutzrecht2 (2015) § 26 Rz 3 f).

16 So wurde in der Vergangenheit etwa im Fall eines unter mehreren Grundstücken gelegenen, unter Schutz gestellten Hügelgräberfeldes den Eigentümern Parteistellung nur hinsichtlich ihrer eigenen Liegenschaft zuerkannt (vgl. ). Auch bei der Unterschutzstellung einer auf mehreren Liegenschaften errichteten Wohnhausanlage sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass Parteistellung nur dem jeweiligen Eigentümer hinsichtlich des in seinem Eigentum stehenden Teils am Denkmal zukommt, nicht aber hinsichtlich jener Teile, die nicht in seinem Eigentum stehen (siehe ; weiters zu einem mehrere Liegenschaften betreffenden Denkmal etwa ).

17 Von diesen Grundsätzen ist der Verwaltungsgerichtshof auch in seinem Erkenntnis vom , 2012/09/0100, dem überdies ein anderer, mit dem Revisionsfall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag, nicht abgewichen. Dort wurde im Verfahren der Unterschutzstellung des Äußeren, des Inneren, der Ausstattung sowie der beweglichen und unbeweglichen Einrichtung eines Cafes (neben dem Eigentümer des beweglichen Inventars) der grundbücherlichen Liegenschafts- und damit Gebäudeeigentümerin Parteistellung zuerkannt. Auch in jenem Erkenntnis wurde der Kreis der Parteien betreffend unbeweglicher Denkmale somit nicht über den in § 26 Z 1 DMSG aufgezählten Personenkreis hinaus erweitert.

18 Diesem im Gesetz aufgezählten Personenkreis gehört die Revisionswerberin nicht an. Nach dem Vorgesagten ist somit eine Grundlage für die von ihr begehrte Parteistellung nicht zu erkennen.

19 Daran ändert auch der Hinweis der Revisionswerberin auf den nach § 297 ABGB zum Eigentum an der Liegenschaft gehörenden Luftraum nichts. Zwar wird etwa durch das Überbauen eines Balkons (7 Ob 174/56) oder das Eindringen von Teilen eines Turmdrehkrans (5 Ob 193/69) das Grundeigentum verletzt (siehe Winner in Rummel/Lukas, ABGB4 (2016) § 354 Rz 4), Eigentum erwirbt der davon betroffene Liegenschaftseigentümer mangels Verbindung mit der Liegenschaft an diesen Gebäudeteilen jedoch nicht (siehe zu "Schwibbögen" etwa Kisslinger in Klang, ABGB3 (2011) § 297 Rz 34; ebenso Hofmann in Kodek/Schwimann, ABGB4 (2012) § 297 Rz 5).

20 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, bietet das Denkmalschutzgesetz auch keine Handhabe zum Schutz von Eigentumsrechten und ist das Verfahren nach diesem Gesetz nicht der geeignete Ort, zivilrechtliche Streitigkeiten auszutragen (siehe , ein Veränderungsverfahren betreffend). Gleichfalls ist die von der Revisionswerberin angesprochene Frage einer (fehlenden) baubehördlichen Bewilligung nicht im denkmalschutzrechtlichen Verfahren zu klären.

21 Wenn die Revisionswerberin ferner einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK moniert und in diesem Zusammenhang das Unterbleiben der beantragten mündlichen Verhandlung und eines Lokalaugenscheins rügt, zeigt sie ebenfalls eine relevante Rechtswidrigkeit nicht auf. Zwar kommt in einem Unterschutzstellungsverfahren Art. 6 Abs. 1 EMRK zum Tragen, weil es bei der Unterschutzstellung um ein ziviles Recht im Sinn dieser Bestimmung geht (vgl. ; , Ra 2015/09/0110). Im vorliegenden Verfahren war jedoch nicht die Unterschutzstellung des Denkmals gegenständlich, sondern bloß die Klärung der prozessualen Frage der Parteistellung der Revisionswerberin. Verfahrensgegenstand war daher nicht die Entscheidung über ein "civil right" im Sinn des Art. 6 Abs. 1 EMRK. Ein Eingriff in das Eigentumsrecht der Revisionswerberin erfolgte mit der Verneinung ihrer Parteistellung nicht. Das Verwaltungsgericht durfte daher von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand nehmen (siehe dazu etwa ; , 2006/07/0066, ua).

22 Die - außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 6 Abs. 1 EMRK in der Revision aufzuzeigende (vgl. ) - Relevanz eines im Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung allenfalls zu erblickenden Verfahrensmangels legt die Revisionswerberin nicht dar. So unterstellte das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung ohnedies die Richtigkeit des Vorbringens der Revisionswerberin zum Hineinragen des Dachs des Denkmals in den Luftraum über ihrem Grundstück. Dies führte jedoch - wie dargelegt - bei rechtsrichtiger Beurteilung des Sachverhalts in der Frage der Parteistellung im Unterschutzstellungsverfahren zu keinem anderen Ergebnis. Welche weiteren Beweise aufzunehmen gewesen wären oder inwiefern ein Lokalaugenschein im vorliegenden Fall zu einem für die Revisionswerberin vorteilhafteren Ergebnis hätte führen können, wird nicht aufgezeigt.

23 Die Revision war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

24 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

25 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RO2018090002.J00
Schlagworte:
Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung

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