VwGH vom 12.11.2018, Ro 2018/08/0016
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der Vorarlberger Gebietskrankenkasse in Dornbirn, vertreten durch die Lercher & Hofmann Rechtsanwälte GmbH in 6832 Röthis, Schlößlestraße 31a, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. I413 2009986- 1/20E, betreffend Krankenversicherungsbeiträge nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Vorarlberger Gebietskrankenkasse; mitbeteiligte Partei: G H in H, vertreten durch Mag. Jürgen Nagel, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Reichsstraße 3a/M1), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht den Mitbeteiligten gemäß § 58 Abs. 2 vierter Satz ASVG verpflichtet, für eine (am an ihn ausbezahlte) Kapitalabfindung aus der Schweizerischen Altersvorsorge (von CHF 461.817,55 brutto) gemäß § 73a Abs. 1 ASVG an die Revisionswerberin für den Zeitraum vom bis monatliche Krankenversicherungsbeiträge von EUR 102,32 und für den Zeitraum vom 1. bis einen Krankenversicherungsbeitrag von EUR 57,15 zu entrichten. Die genannten Beträge werden gemäß § 73a Abs. 3 ASVG von der Pensionsversicherungsanstalt insoweit einbehalten, als sie in der inländischen Pension des Mitbeteiligten Deckung finden.
2 Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Mitbeteiligte habe seinen ständigen Wohnsitz in Österreich, beziehe eine österreichische Alterspension und sei (gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 lit. a ASVG in Österreich) krankenversichert. Von der Stiftung für die Personalvorsorge der U AG in der Schweiz sei ihm nach Vollendung seines 63. Lebensjahres (am ) am an Stelle einer (monatlichen) Altersrente aus der zweiten Säule der Schweizerischen Altersversorgung eine Kapitalabfindung von CHF 461.817,55 brutto (abzüglich einer Quellensteuer von CHF 41.659,50, somit CHF 420.158,05) ausbezahlt worden. Bei einem Rentenantritt in diesem Alter habe der "Umwandlungssatz" im Jahr 2014 6,4 % betragen. Kapitalabfindungen seien grundsätzlich "am Letzten des Monats einer Leistung" fällig.
3 Würde man den Kapitalbetrag "in eine fiktive Rente" umrechnen, hätte der Mitbeteiligte vom bis nach dem die zweite Säule der Schweizerischen Altersversorgung regelnden Schweizer Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom - BVG einen Anspruch auf eine monatliche Rentenleistung von CHF 2.463,94 (im letzten Monat von CHF 1.230,94) gehabt. Am habe der Wechselkurs EUR 1,-- = CHF 1,2276 betragen.
4 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht ua aus, die Einmalzahlung (in CHF) sei (in EUR) umzurechnen. Hiervon seien zur Vermeidung einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung von Personen, die monatliche Renten bezögen, monatliche Krankenversicherungsbeiträge zu entrichten, so als würde es sich bei der Einmalzahlung um monatliche Rentenzahlungen handeln.
5 Die Kapitalabfindung sei grundsätzlich "am Letzten des Monats eines Leistungsanfalls" fällig. Damit sei "im vorliegenden Fall" (für die Umrechnung aller fiktiven monatlichen Renten im Zeitraum vom bis ) der von der Europäischen Zentralbank für den veröffentlichte Wechselkurs maßgeblich.
6 Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil es im Hinblick auf den auf die Kapitalabfindung anzuwendenden Wechselkurs an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle. Es sei nicht geklärt, ob auch eine Kapitalabfindung dem Regime des § 73a ASVG unterliege und ob die in dem Erkenntnis vorgegebene Art der Berechnung der Grundlage des Krankenversicherungsbeitrages in Form einer "Verrentung des Abfindungsbetrages" dem § 73a ASVG entspreche. Weiters sei die Anwendbarkeit des Beschlusses Nr. H3 der Verwaltungskommission auf die Umrechnung der Kapitalabfindung sowie die Frage nicht geklärt, ob eine Kapitalabfindung nach dem Wechselkurs des Auszahlungszeitpunktes oder zu den im jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt der (fiktiven) monatlichen Krankenversicherungsbeiträge geltenden Wechselkursen umzurechnen seien.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die ordentliche Revision, deren Zulässigkeitsvorbringen an die Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichtes anknüpft, die aber vor allem die Frage aufwirft, ob bei der Ermittlung und Vorschreibung der Krankenversicherungsbeiträge auf den Anspruchszeitpunkt bzw. den Zeitpunkt der (monatlichen) Auszahlung der ausländischen Rentenleistung oder - aus verwaltungsökonomischen Gründen - auf die gesetzlich vorgegebene einmal jährlich vorzunehmende Anpassung der inländischen Pensionsleistungen abzustellen ist. Es sei die Generalklausel der Nr. 2 des Beschlusses Nr. H3 der Verwaltungskommission vom (geändert durch den Beschluss Nr. H7 vom ) heranzuziehen. Demnach gelte "der Umrechnungskurs, der an dem Tag veröffentlicht wurde, an dem der Träger den entsprechenden Vorgang ausgeführt hat". Unter dieser Wortfolge sei jener Zeitpunkt zu verstehen, zu dem "der handelnde Träger der Sozialversicherung eine Beitragsleistung eines Leistungsempfängers (rechtsverbindlich) festlegt, also die konkrete Berechnung vornimmt". Dies unabhängig davon, ob die Berechnung in weiterer Folge erst damit rechtsverbindlich werde, dass der Sozialversicherungsträger einen Bescheid über die Entrichtung der Beiträge zur Krankenversicherung für die ausländische Rente erlasse, oder ob er keinen Bescheid erlasse und die Beiträge auf andere Art und Weise vorschreibe.
8 Der Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der er die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt.
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
10 Der vorliegende Revisionsfall gleicht in den für seine Erledigung wesentlichen Punkten - sowohl hinsichtlich des Sachverhalts als auch in Ansehung der zu lösenden Rechtsfragen - jenem, den der Verwaltungsgerichtshof mit dem Erkenntnis vom , Ro 2018/08/0013, entschieden hat. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die in diesem Erkenntnis enthaltene Begründung verwiesen. Aus dieser ist hervorzuheben, dass die gezahlte einmalige Kapitalabfindung als ausländische Rente iSd § 73a Abs. 1 ASVG zu betrachten ist. Gemäß § 73 Abs. 1 ASVG ist bei Personen nach § 8 Abs. 1 Z 1 lit. a ASVG von jeder "auszuzahlenden Leistung" - im vorliegenden Fall von der genannten Einmalzahlung - ein bestimmter Prozentsatz einzubehalten. Der Wert der in einer ausländischen Währung auszuzahlenden Pension (Rente bzw. Kapitalabfindung) ist nach dem von der Europäischen Zentralbank veröffentlichten Tageskurs an dem Tag in Euro zu bemessen, an dem die Leistung auszuzahlen (fällig) ist. Die in nicht bestrittener Höhe am fällige und von der Stiftung für die Personalvorsorge der U AG in Schweizer Franken ausbezahlte Kapitalabfindung ist daher mit dem an diesem Tag veröffentlichten Umrechnungskurs der Europäischen Zentralbank umzurechnen.
11 Aus den genannten Gründen war auch das hier vorliegende Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.
12 Die Zuerkennung von Aufwandersatz hatte gemäß § 47 Abs. 5 VwGG zu unterbleiben.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2018:RO2018080016.J00 |
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