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VwGH vom 02.05.2019, Ro 2018/05/0020

VwGH vom 02.05.2019, Ro 2018/05/0020

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision des Dr. A L in W, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , Zlen. (u.a.) VGW-111/V/067/9468/2017 und VGW- 111/V/067/9472/2017, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörden vor dem Verwaltungsgericht: 1. Bauausschuss der Bezirksvertretung für den 15. Bezirk; 2. Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Partei:

U GmbH in W, vertreten durch die Hasberger Seitz & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gonzagagasse 4), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 und der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausbruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

5 Im gegenständlichen Fall hat das Verwaltungsgericht den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision damit begründet, dass eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zuständigkeit bzw. Unzuständigkeit des Bauausschusses der Bezirksvertretung gemäß § 69 in Verbindung mit § 133 Abs. 1 Z 1 der Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) zur Überschreitung der im Bebauungsplan festgesetzten Gebäudehöhe durch Attiken bzw. nicht raumbildende Gebäudeteile fehle.

6 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision werden die Ausführungen des Verwaltungsgerichtes zur Zulässigkeit der Revision wiederholt, weitere Gründe für die Zulässigkeit der Revision werden nicht genannt.

7 Im vorliegenden Fall geht es um den Umbau eines Bürogebäudes in ein Wohngebäude und einen Dachgeschoßzu- bzw. -ausbau. 8 Mit Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung für den 15. Bezirk vom wurde gemäß § 69 BO u.a. als Abweichung von den Vorschriften des Bebauungsplanes für zulässig erklärt, dass "die zulässige Gebäudehöhe im Bereich des Hoftraktes durch eine bestehende Attika um 0,68 m bis 0,73 m an der rechten und um 0,71 m bis 0,74 m an der linken Grundgrenze überschritten werden" darf.

9 In der Folge erteilte der Magistrat mit Bescheid vom der mitbeteiligten Partei die beantragte Baubewilligung.

10 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde u. a. des Revisionswerbers gegen die genannten Bescheide mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass im Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung für den 15. Bezirk vom der Unterpunkt, nach dem die zulässige Gebäudehöhe im Bereich des Hoftraktes durch eine bestehende Attika um 0,68 m bis 0,73 m an der rechten und um 0,71 m bis 0,74 m an der linken Grundgrenze überschritten werden darf, aufgehoben wurde. Die Revision wurde mit der bereits dargestellten Begründung für zulässig erklärt.

11 Begründend führte das Verwaltungsgericht, soweit hier maßgeblich, im Wesentlichen aus, die projektierte Attika umschließe keinen Raum, der durch eine Deckfläche abgeschlossen wäre, und sei folglich kein raumbildender Bauteil. Durch die nicht raumbildende Attika, die nicht gebäudehöhenrelevant sei, werde die im Bebauungsplan festgesetzte Gebäudehöhe nicht überschritten. Nichtraumbildende Bauteile blieben gemäß § 81 Abs. 1 BO bei der Gebäudehöhenberechnung unberücksichtigt. Weil die Attika somit nicht gebäudehöhenrelevant sei, sei sie auch keiner Ausnahmegenehmigung durch den Bauausschuss gemäß § 69 BO zugänglich. Indem der Bauausschuss dennoch eine entsprechende Abweichung für zulässig erklärt habe, habe er eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihm gesetzlich nicht zukomme, weshalb dieser Spruchpunkt zu beheben gewesen sei.

12 Im Übrigen dürften Attiken aus bautechnischen bzw. brandschutztechnischen Gründen sowie zwecks Feuchtigkeitsabdichtung nach dem schlüssigen und nachvollziehbaren bautechnischen Gutachten im Regelfall rund 20 cm über die Dachhaut führen, wobei das Ausmaß der Höhe im Zentimeterbereich auch nach der technischen Ausführung variieren könne bzw. Abweichungen nach sich ziehe. Vorliegend ergebe sich damit eine Sollhöhe der Attika von rund 5,22 m. Die projektierte Attika an der östlichen Grundstücksgrenze komme zum Norden auf einer Höhe von 5,23 m und zum Süden auf 5,18 m zu liegen, somit befinde sie sich im Referenzbereich. Als nicht raumbildender Gebäudeteil untergeordneten Ausmaßes dürfe die projektierte Attika folglich den zulässigen Gebäudeumriss überschreiten.

13 § 69 BO idF LGBl. Nr. 25/2009 lautet auszugsweise:

"Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes

§ 69. (1) Für einzelne Bauvorhaben hat die Behörde über die Zulässigkeit von Abweichungen von den Vorschriften des Bebauungsplanes zu entscheiden.

..."

14 § 81 BO idF LGBl. Nr. 25/2014 lautet auszugsweise:

"Gebäudehöhe und Gebäudeumrisse; Bemessung

§ 81. (1) Bei Gebäuden an der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie gilt bis zu einer Gebäudetiefe von 15 m als Gebäudehöhe der lotrechte Abstand von der festgesetzten Höhenlage der Verkehrsfläche bis zur obersten Schnittlinie der zulässigen Außenwandfläche der Straßenfront ohne Berücksichtigung vorspringender Gebäudeteile wie Gesimse, Erker und dergleichen mit der Oberfläche des Daches; nichtraumbildende Gebäudeteile und raumbildende Dachaufbauten gemäß Abs. 6 bleiben dabei außer Betracht. ...

(4) Durch das Gebäude darf jener Umriss nicht überschritten werden, der sich daraus ergibt, dass in dem nach Abs. 1 bis 3 für die Bemessung der Gebäudehöhe maßgeblichen oberen Anschluss der Gebäudefront ein Winkel von 45 Grad , im Gartensiedlungsgebiet von 25 Grad , von der Waagrechten gegen das Gebäudeinnere ansteigend, angesetzt wird. Dies gilt auch für den Fall, dass im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Höhe der Dächer festgesetzt ist. Ist im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Neigung der Dächer festgesetzt, ist der dieser Festsetzung entsprechende Winkel für die Bildung des Gebäudeumrisses maßgebend.

...

(6) Der nach den Abs. 1 bis 5 zulässige Gebäudeumriss darf durch einzelne, nicht raumbildende Gebäudeteile untergeordneten Ausmaßes überschritten werden; mit raumbildenden Dachaufbauten darf der Gebäudeumriss nur durch Dachgauben sowie im unbedingt notwendigen Ausmaß durch Aufzugsschächte und Treppenhäuser überschritten werden. Die Dachgauben müssen in ihren Ausmaßen und ihrem Abstand voneinander den Proportionen der Fenster der Hauptgeschosse sowie dem Maßstab des Gebäudes entsprechen. Die Dachgauben dürfen insgesamt höchstens ein Drittel der Länge der betreffenden Gebäudefront in Anspruch nehmen. Auf Antrag ist durch die Behörde (§ 133) eine Überschreitung dieses Ausmaßes bis höchstens zur Hälfte der betreffenden Gebäudefront zuzulassen, wenn dies eine zweckmäßigere oder zeitgemäße Nutzung des Bauwerks bewirkt oder der Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes dient; dabei darf die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen ohne nachgewiesene Zustimmung des betroffenen Nachbarn nicht vermindert werden.

..."

§ 132 BO idF LGBl. Nr. 35/2013 lautet auszugsweise:

"Wirkungskreis des Magistrates

§ 132. (1) Dem Magistrat obliegt, sofern das Gesetz nicht anderes bestimmt, die Handhabung dieses Gesetzes als Behörde.

..."

15 § 133 BO idF LGBl. Nr. 25/2014 lautet auszugsweise:

"Wirkungsbereich der Bauausschüsse der Bezirksvertretungen§ 133. (1) Dem Bauausschuss der örtlich zuständigen

Bezirksvertretung obliegt als Behörde die Entscheidung über Anträge

1. auf Bewilligung von Abweichungen nach § 7a Abs. 5, 69, 76 Abs. 13, 81 Abs. 6 und 119 Abs. 6;

..."

16 § 69 BO betrifft seinem eindeutigen Wortlaut nach Abweichungen von den Vorschriften des Bebauungsplanes. Dafür kommt gemäß § 133 Abs. 1 Z 1 BO dem Bauausschuss eine behördliche Zuständigkeit zur Entscheidung zu.

17 Der im vorliegenden Fall maßgebende Bebauungsplan (Plandokument 7634, beschlossen vom Gemeinderat am ) regelt für die gegenständliche Bauliegenschaft T-Gasse 22 zwar die Gebäudehöhe durch Festlegung der Bauklasse III, er enthält aber keine Vorschriften in Bezug auf die Höhe der Bauwerke im Zusammenhang mit nicht raumbildenden Bauteilen wie Attiken. Derartiges wird auch weder vom Verwaltungsgericht in der Begründung der Revisionszulassung noch in den Revisionszulässigkeitsgründen der Revision behauptet. Es scheidet somit aus, dass § 69 BO zum Tragen kommt. Dass derartige Bauteile im Übrigen bei der Bemessung der Gebäudehöhe außer Betracht bleiben, ergibt sich, wie auch vom Verwaltungsgericht festgehalten, eindeutig aus der hier maßgebenden Regelung des § 81 Abs. 1 BO.

18 Auf Grund dieser Ausführungen steht fest, dass die Rechtslage im vorliegenden Fall insofern eindeutig ist, als der Bauausschuss keine Zuständigkeit hat, Entscheidungen über die zulässige Höhe von Attiken nach § 69 BO zu treffen. Die Entscheidung, ob solche zulässig sind, obliegt vielmehr dem Magistrat nach Maßgabe des § 81 Abs. 6 BO in Verbindung mit § 132 Abs. 1 BO.

19 Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B -VG liegt nicht vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist, und zwar selbst dann nicht, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist, sofern nicht fallbezogen (ausnahmsweise) eine Konstellation vorliegt, die es im Einzelfall erforderlich macht, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen (vgl. , 0067, mwN).

20 Die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision verfängt angesichts der eindeutigen Rechtslage somit im gegenständlichen Fall nicht.

21 Wenn die Begründung der Zulässigkeit der Revision durch das Verwaltungsgericht nicht ausreicht oder der Revisionswerber andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für gegeben erachtet, hat er auch in einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeitsgründe gesondert darzulegen (vgl. , mwN). In der vorliegenden Revision werden keine weiteren Zulässigkeitsgründe als jene genannt, die bereits in der Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision enthalten sind.

22 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

23 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014. Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018050020.J00

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