VwGH vom 22.01.2019, Ro 2018/05/0001
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision 1. des Mag. F N, 2. der Mag. J K, 3. der I L und
4. des Mag. A L, alle in W, alle vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 2, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , Zlen. 1) VGW-111/067/3399/2017-23, VGW-111/067/3405/2017, 2) VGW- 111/V/067/3400/2017, VGW-111/V/067/3407/2017, 3) VGW- 111/V/067/3401/2017, VGW-111/V/067/3408/2017, und 4) VGW- 111/V/067/3403/2017, VGW-111/V/067/3409/2017, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei:
Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Partei: A GmbH & Co KG in W, vertreten durch die Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in 3100 St. Pölten, Domgasse 2),
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die Revision wird hinsichtlich der Drittrevisionswerberin und des Viertrevisionswerbers zurückgewiesen.
Die Drittrevisionswerberin und der Viertrevisionswerber haben zu gleichen Teilen der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 553,20 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
und
2. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird aufgrund der Revision des Erstrevisionswerbers und der Zweitrevisionswerberin im Umfang der Anfechtung (Spruchpunkt 1.) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Erstrevisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1 Die mitbeteiligte Partei (im Folgenden: Bauwerberin) ist Eigentümerin des (näher bezeichneten) Grundstücks mit der Adresse A.-Gasse 7. Für dieses Grundstück sind im maßgeblichen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan (Plandokument 7730) die Widmung "Gemischtes Baugebiet" ausgewiesen sowie die Bauklasse III, die geschlossene Bauweise, Baulinien und Baufluchtlinien festgelegt.
2 Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind Miteigentümer des (näher bezeichneten) Grundstücks mit der Adresse A.-Gasse 8, für welches im Plandokument 7730 die Bauklasse III festgelegt ist und welches im Abstand von 14,50 m nördlich des Grundstückes der Bauwerberin gelegen sowie von diesem durch eine öffentliche Verkehrsfläche getrennt ist.
3 Die Drittrevisionswerberin und der Viertrevisionswerber sind Miteigentümer des (näher bezeichneten) Grundstücks mit der Adresse A.-Gasse 12, für welches im Plandokument 7730 die Bauklasse I festgesetzt ist und welches im Abstand von 12 m westlich des Grundstückes der Bauwerberin liegt sowie von diesem ebenso durch eine öffentliche Verkehrsfläche getrennt ist.
4 Mit der beim Magistrat der Stadt Wien (im Folgenden: Magistrat) am eingelangten Eingabe vom beantragte die Bauwerberin die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für einen Wohnhausneubau (63 Wohnungen, Tiefgarage) auf ihrem Grundstück und von Abweichungen vom Bebauungsplan gemäß § 69 Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO).
5 Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin einerseits wie auch die Drittrevisionswerberin und der Viertrevisionswerber andererseits erhoben mit inhaltlich gleichlautenden Schriftsätzen vom gegen das Bauvorhaben jeweils Einwendungen, worin sie die Unterschreitung des zulässigen Mindestabstands zu ihren Grundstücksgrenzen, die Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe und der zulässigen flächenmäßigen Ausnützbarkeit des Bauplatzes, die Nichteinhaltung der Bestimmungen des Bebauungsplanes betreffend die Fluchtlinien sowie unzumutbare und unzulässige Immissionen durch das projektierte Vorhaben behaupteten.
6 Mit Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung für den 16. Bezirk (im Folgenden: Bauausschuss) vom wurden für das Bauvorhaben Abweichungen von den Vorschriften des Bebauungsplanes durch das Bauvorhaben gemäß § 69 BO dahin für zulässig erklärt, dass durch die Errichtung des Wohngebäudes ein Teil der Tiefgarage unter einer Fläche, auf welcher keine unterirdischen Bauten errichtet werden dürften, angeordnet werden dürfe. Ferner wurde gemäß § 119 Abs. 6 BO die Abweichung von gesetzlichen Bestimmungen für zulässig erklärt, dass anstelle der Verpflichtung zur Herstellung eines Kinder-und Jugendspielplatzes im Wohnhaus ein ausreichend großer Kinder- und Jugendspielraum geschaffen werden dürfe.
7 Mit Bescheid des Magistrates vom wurde der Bauwerberin (u.a.) unter Bezugnahme auf den Bescheid des Bauausschusses vom nach Maßgabe der mit dem Bewilligungsvermerk versehenen Pläne und Baubeschreibungen gemäß § 70 BO iVm § 54, § 83 Abs. 2 und Abs. 3 BO sowie in Anwendung des Wiener Garagengesetzes 2008 - WGarG 2008 die Bewilligung für die Errichtung eines unterkellerten vierstöckigen Wohngebäudes mit zwei ausgebauten Dachgeschossen, beinhaltend 63 Wohnungen und eine Tiefgarage mit 31 Stellplätzen, unter Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen erteilt.
8 Gegen diese beiden Bescheide erhoben alle vier Revisionswerber gemeinsam Beschwerde.
9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde (unter Spruchpunkt 1.) der Beschwerde gegen den Bescheid vom nicht Folge gegeben, (unter Spruchpunkt 2.) die Beschwerde gegen den Bescheid vom zurückgewiesen und (unter Spruchpunkt 3.) eine Revision für zulässig erklärt.
10 Dazu führte das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) im Wesentlichen aus, dass die projektgegenständliche "Liegenschaft" (offenbar gemeint: das projektierte Wohnhaus) an der nördlichen Front eine Länge von 21 m und an der westlichen Front eine Länge von 29 m aufweise. Im Bereich des Eckes der nördlichen und der westlichen Front sei eine Eckfront mit einer Länge von 9,54 m ausgebildet, der Winkel der Eckfront betrage an den jeweilig angrenzenden Fronten jeweils 135 Grad. Bautechnisch bilde das Bauvorhaben an der Eckfront eine Hauptfront, weil es der Baulinie folge sowie die Errichtung von Hauptfenstern an jeder Front projektiert und auch erlaubt sei. Die nördliche, die westliche und die Eckfront seien im Plandokument 7730 (und damit korrespondierend im Einreichplan) jeweils mit einer Baulinie ausgewiesen. Der Abstand von der Baulinie der zu bebauenden Liegenschaft an der Eckfront (gemessen vom nördlichen und westlichen Eckpunkt) zur Baulinie der zunächst gelegenen, gegenüberliegenden westlichen Liegenschaft betrage gemittelt 15,50 m.
11 Die Gebäudehöhe sei an der nördlichen Liegenschaftsfront (Norden-Hauptfront) und an der Eckfront jeweils im Mittel mit 16 m projektiert. An der westlichen Liegenschaftsfront sei die Gebäudehöhe innerhalb der ersten 15 m, gemessen vom Schnittpunkt zur Eckfront, unter Bezugnahme auf § 75 Abs. 5 BO mit 15,06 m kotiert (Westen-Seitenfront) und in dem nach diesen ersten 15 m verbleibenden (westlichen) Frontteil (von 14 m) gemittelt mit 13,66 m projektiert (Westen-Seitenfront). Die Gebäudehöhe an der westlichen Straßenfront, bezogen auf die gesamte Frontlänge, betrage im Mittel 14 m (Westen-Seitenfront, dort unter Hinweis auf die Straßenbreite von 12 m und 2 m für die gegenüberliegende Bauklasse I nach § 75 Abs. 4 lit. a BO). Die Gebäudehöhe sei an keinem Punkt der drei Fronten im gemittelten Maß um mehr als 1,50 m überschritten.
12 An der nördlichen Front (nahe der Eckfront) sei im
1. Dachgeschoss eine Gaube mit einer Länge von 6,99 m (auf einer Frontlänge von 21 m) projektiert. Diese Gaube überschreite den Gebäudeumriss an der nördlichen Front und die Gebäudehöhe um 79 cm (der verbleibende Teil des 1. Dachgeschosses liege innerhalb des bauklassenmäßigen Gebäudeumrisses). In die Tiefe hin bis zum Gebäudeinneren gemessen betrage die Überschreitung des Gebäudeumrisses durch die Gaube ca. 150 cm. Innerhalb der so projektierten Gaube sei im 1. Dachgeschoss eine Loggia (die bautechnisch auch als Terrasse angesehen werden könne) mit 7,34 m2 ausgewiesen, welche von der Wohnküche (die in Teilen ebenso innerhalb der projektierten Gaube ausgewiesen sei) aus begehbar sei. Die an der Eckfront weiters projektierte Dachgaube überschreite nicht den Gebäudeumriss.
13 An der nördlichen Front sei ein über die Baulinie hinausreichender Baukörper projektiert, der in den Dachbereich reiche (Norden-Hauptfront). Dieser Baukörper sei ein architektonisches Zierelement, das nicht raumbildend sei und dessen Auskragung 60 cm nicht überschreite.
14 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht in Bezug auf das gegen den Bescheid des Magistrates erstattete Beschwerdevorbringen (u.a.) aus, dass gemäß der im Plandokument 7730 ohne weitere Beschränkung der Gebäudehöhe festgesetzten Bauklasse III iVm § 75 Abs. 2 BO auf der projektgegenständlichen Liegenschaft grundsätzlich eine Gebäudehöhe von 16 m zulässig sei. Diese zulässige Gebäudehöhe erfahre an der nördlichen Straßenfront auf Grund der für die gegenüberliegende Liegenschaft festgesetzten Bauklasse III und des ausgewiesenen Abstandes zwischen diesen beiden Baulinien von 14,50 m gemäß § 75 Abs. 4 lit. b BO (= 14,50 m + 3 m) keine Beschränkung. An der westlichen Straßenfront sei diese zulässige Gebäudehöhe jedoch auf Grund der für die gegenüberliegende Liegenschaft festgesetzten Bauklasse I und des ausgewiesenen Abstandes zwischen diesen beiden Baulinien von 12 m gemäß § 75 Abs. 4 lit. a BO (12 m + 2 m) auf 14 m beschränkt. Unter dem Begriff "Fronten" seien die Ansichtsflächen der ein Gebäude nach außen abschließenden Wände (Umfassungswände) zu verstehen. Eine Front werde daher durch die (Summe der) Begrenzungen eines Gebäudes in Bezug auf eine Ansichtsseite gebildet. Nach dieser Definition spiele es keine Rolle, ob eine geradlinig verlaufende Außenwand oder eine durch Vor- oder Rücksprünge gekennzeichnete vorliege. Wenn sich bei Anwendung der Bestimmung des § 75 Abs. 4 BO für Eckbauplätze eine verschiedene Höhe der Hauptfronten ergebe, so sei gemäß § 75 Abs. 5 BO die größere Höhe auf einer Länge von höchstens 15 m auch für die andere Hauptfront zulässig.
15 Die nördliche und die westliche Straßenfront kämen auf einem Eckbauplatz zu liegen. Eckbauplätze seien Bauplätze mit mindestens zwei zusammenstoßenden Fronten. Beim projektierten Bauvorhaben träfen jedoch nicht bloß die nördliche und die westliche Straßenfront zusammen, sondern vielmehr drei Fronten im Eckbereich: Die nördliche Front, die dazu im Winkel von 135 Grad ausgebildete Eckfront auf eine Länge von 9,54 m und die ebenso in einem Winkel von 135 Grad ausgebildete westliche Front. Die Eckfront sei aus bautechnischer Sicht eine Hauptfront.
16 Wie die gesetzlich zulässige Gebäudehöhe an der Eckfront - dieser lägen mit Blick auf § 75 Abs. 4 BO Grundflächen mit verschiedenen Bauklassen gegenüber, ohne dass der Abstand der (Bau-)Fluchtlinien im Plandokument bzw. im Einreichplan ausgewiesen sei - zu ermitteln sei, sei bisher nicht Gegenstand von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gewesen. Der Magistrat gehe von einer zulässigen Gebäudehöhe von 16 m aus, wobei nicht eindeutig erkennbar sei, ob bei der Beurteilung der zulässigen Gebäudehöhe der Eckfront § 75 Abs. 4 Schlussteil BO Berücksichtigung gefunden habe oder lediglich allgemein auf die im Plandokument 7730 festgesetzte Bauklasse III (iVm § 75 Abs. 2 BO) abgestellt worden sei. Für Letzteres wäre im Hinblick auf § 75 Abs. 4 Schlussteil zweiter Satz BO ("... sind für gegenüberliegende Grundflächen verschiedene Bauklassen festgesetzt ...") kein Anwendungsbereich eröffnet, denn der Ansichtsfläche der Eckfront lägen einerseits im Norden die Liegenschaft mit der Festsetzung Bauklasse III und im Westen die Liegenschaft mit der Festsetzung Bauklasse I (6,5 m) gegenüber. Um die bauklassenmäßige Gebäudehöhe ausnutzen zu können, müssten die Abstände "der Baulinie (...) oder die diesen Linien zunächstgelegenen Baulinien" zueinander eingehalten werden. Die der Eckfront gegenüberliegende bauklassenmäßige niedrigere Gebäudehöhe sei jene an der westlichen Straßenfront. Der Abstand von der Baulinie der zu bebauenden Liegenschaft an der Eckfront (gemessen vom nördlichen und westlichen Eckpunkt) zur Baulinie der zunächst gelegenen, gegenüberliegenden westlichen Liegenschaft betrage gemittelt 15,50 m. Unter Berücksichtigung des in § 75 Abs. 4 lit a BO festgelegten Vergrößerungsmaßes des Abstandes der Fluchtlinien bei festgesetzter Bauklasse I mit 2 m (15,50 m + 2 m = 17,50 m, was jedoch über der auf der projektgegenständlichen Liegenschaft gemäß § 75 Abs. 2 BO höchstens zulässigen Gebäudehöhe für die Bauklasse III zu liegen käme) betrage die gesetzlich höchstzulässige Gebäudehöhe an der Eckfront 16 m. Diese übertrage sich gemäß § 75 Abs. 5 BO auf eine Länge von höchstens 15 m auch auf die anschließende westliche Straßenfront, gemessen vom gemeinsamen Schnittpunkt dieser Fronten. Im Hinblick auf die auf die gesamte Länge der westlichen Front projektierte gemittelte Gebäudehöhe könnten eine Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe und damit eine Verletzung der subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte der Revisionswerber nicht erkannt werden.
17 Eine Gaube sei als ein über die Dachhaut vorstehender Gebäudeteil (Dachaufbau) zur Erweiterung und Belichtung des Dachraumes, als ein Dachaufbau für ein stehendes Dachfenster oder als eine Anhebung der Dachhaut bezeichnet (Hinweis auf ). Gauben seien definitionsgemäß raumbildend. Im vorliegenden Fall komme nur jener Bereich des Gebäudes als Gaube in Frage, der außerhalb des zulässigen Gebäudeumrisses liege, weil in Bezug auf die Nachbarrechte von der Einhaltung eines fiktiven Gebäudeumrisses auszugehen sei, auf dessen Grundlage sich die Bauteile als Gauben darstellen müssten. In diesem Rahmen verschlage es nichts, wenn diese Bauteile nicht allseitig von Dachflächen umgeben sein sollten. Beim projektgegenständlichen Bauvorhaben sei lediglich an der nördlichen Front im 1. Dachgeschoss eine Gaube projektiert, die den zulässigen Gebäudeumriss überschreite. Der Länge nach nehme diese Gaube nicht mehr als ein Drittel der betreffenden Gebäudefront (6,99 m/21 m) in Anspruch. Durch die Gaube werde der zulässige Gebäudeumriss insoweit überschritten, als die zulässige Gebäudehöhe um 79 cm überschritten werde. Der verbleibende überwiegende Teil des 1. Dachgeschosses liege innerhalb des bauklassenmäßigen Gebäudeumrisses, und in die Tiefe zum Gebäudeinneren gemessen betrage die Überschreitung des Gebäudeumrisses durch die Gaube ca. 150 cm. Innerhalb des den Gebäudeumriss überschreitenden Bauteiles seien Fenster projektiert (Norden-Hauptfront), die der Belichtung dienten. Von der bautechnischen Funktion her betrachtet, sei dieser Bauteil eine Gaube.
18 Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach einzelne Dachgauben nicht den Eindruck einer geschlossenen Front machen und keine raumübergreifende, durchgehende Auskragung des Dachraumes bewirken dürften "bzw. ein Zurücksetzen um (nur wenige) Zentimeter von der Gebäudefront bedürfen" (Hinweis auf , und ), sei zu § 81 Abs. 6 BO in der Fassung vor der Bauordnungsnovelle 2014, LGBl. Nr. 25, ergangen und habe insbesondere auf die bis dahin geltende Beschränkung der Zulässigkeit der Überschreitung des zulässigen Gebäudeumrisses durch "einzelne" Dachgauben abgestellt. Mit der Bauordnungsnovelle 2014 sei die Beschränkung auf "einzelne" Dachgauben in § 81 Abs. 6 BO entfallen. Zu den dafür maßgeblichen Erwägungen sei in den Materialien ausgeführt worden, dass zwecks Erweiterung der architektonischen Gestaltungsmöglichkeiten bei der Errichtung von Dachgauben und Anpassung an die Verwaltungspraxis in dieser Bestimmung nicht mehr nur auf "einzelne" Gauben abgestellt werden solle. Damit sei ersichtlich, dass die Gesetzgebung - wohl auch in Reaktion auf die bisher § 81 Abs. 6 BO einschränkend auslegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - die architektonischen Gestaltungsmöglichkeiten habe erweitern wollen und im Anwendungsbereich des § 81 Abs. 6 BO die aufgezeigten Einschränkungen beseitigt habe. Mit Blick auf die zwischenzeitlich erfolgte Änderung der anzuwendenden Gesetzesbestimmung scheine die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Beurteilung der projektierten raumübergreifenden bzw. nicht zurückgesetzt ausgebildeten Dachgaube als nicht (mehr) einschlägig, weshalb das diesbezügliche Vorbringen der Revisionswerber nicht zum Erfolg führe.
19 In Bezug auf das gegen den Bescheid des Bauausschusses erstattete Beschwerdevorbringen führte das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht (u.a.) aus, dass die Pflicht zur Errichtung eines Kinder- und Jugendspielplatzes nicht dem Schutz der Nachbarn diene und folglich kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht begründe (Hinweis auf ). Auch in Bezug auf die Abweichung vom Verbot der unterirdischen Bebauung im Bereich der gärtnerisch auszugestaltenden Flächen seien keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte der Revisionswerber betroffen, weil § 134a Abs. 1 lit. c BO nur oberirdische Bauten erfasse. Den Revisionswerbern komme daher kein Mitspracherecht hinsichtlich der vom Bauausschuss erteilten Ausnahmebewilligung zu, weshalb die Beschwerde bereits aus diesem Grund unzulässig sei und das auf die Einhaltung der Voraussetzungen des § 69 BO gerichtete Beschwerdevorbringen als unzulässig zurückzuweisen sei.
20 Den Ausspruch über die Zulässigkeit einer Revision begründete das Verwaltungsgericht im Wesentlichen damit, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur zulässigen Gebäudehöhe an Eckbauplätzen im Allgemeinen und an Eckbauplätzen, die drei Hauptfronten aufwiesen, fehle. Weiters sei eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Gauben gemäß § 81 Abs. 6 BO in der Fassung der Bauordnungsnovelle 2014 nicht ersichtlich.
21 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, die in Anbetracht des darin bezeichneten Revisionspunktes (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) dieses ausschließlich im Umfang dessen Spruchpunktes 1. (Bestätigung des Bescheides vom ) bekämpft.
22 Die Bauwerberin und der Magistrat erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung, auf welche die Revisionswerber mit Schriftsätzen vom und replizierten. Mit Schriftsatz vom legten die Revisionswerber Kopien von Lichtbildern vor.
II.
Zur Revision der Drittrevisionswerberin und des Viertrevisionswerbers:
23 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
24 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
25 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
26 Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. etwa , mwN) hat ein Revisionswerber (auch) bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision gesondert darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er andere Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof weder Gründe für die Zulässigkeit der Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen noch ist er berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision führen könnten, aufzugreifen (vgl. etwa , mwN).
27 Die Revisionswerber erachten sich in der Revision als (durch das projektierte Bauvorhaben) im gesetzlich gewährleisteten subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht auf Einhaltung der Gebäudehöhe verletzt und bringen zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision unter Hinweis auf die im angefochtenen Erkenntnis getroffenen diesbezüglichen Ausführungen (hinsichtlich der Fragen der zulässigen Gebäudehöhe auf Eckbauplätzen und der Zulässigkeit von Gauben gemäß § 81 Abs. 6 BO in der Fassung der Bauordnungsnovelle 2014 u.a.) in Bezug auf die zulässige Gebäudehöhe ergänzend vor, dass - abgesehen davon, dass weder die Verwaltungsbehörde noch das Verwaltungsgericht das mittlere Abstandsmaß der Baulinien ermittelt habe bzw. dieses von der Bauwerberin nicht in den Einreichunterlagen ausgewiesen worden sei - auch keine exakte Zuordnung jener Frontabschnitte der Eckfront des Bauvorhabens erfolgt sei, denen die einzelnen Bereiche unterschiedlicher Bauklassen gegenüberlägen. Es hätte zuerst das mittlere Ausmaß des Fluchtlinienabstandes für jeden einzelnen Bereich der Eckfront, dem eine andere Bauklasse gegenüberliege, gesondert ermittelt werden müssen, und in einem zweiten Schritt wäre festzustellen gewesen, welche Gebäudehöhe an den jeweiligen Abschnitten der Eckfront zulässigerweise ausgeführt werden dürfe. Da dies nicht erfolgt sei, habe keine Überprüfung durch die Revisionswerber, ob ihr Nachbarrecht beeinträchtigt werde, erfolgen können.
28 Dazu ist Folgendes auszuführen:
29 Das Verwaltungsgericht hatte seiner Entscheidung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zugrunde zu legen (vgl. etwa , mwN). Bei Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses stand die BO, LGBl. Nr. 11/1930, in der Fassung LGBl. Nr. 27/2016 in Geltung, nach dessen Übergangsbestimmungen (Art. II Abs. 2) für alle zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes (am ) anhängigen Verfahren die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen gelten. Auch die in der vorangegangenen Novelle zur BO, LGBl. Nr. 21/2016, enthaltene Übergangsbestimmung (Art. II Abs. 2) ordnet an, dass für alle zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes (am ) anhängigen Verfahren die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen gelten. Durch die diesem Gesetz vorangegangene Novelle LGBl. Nr. 8/2015 (Art. II) wurde die BO lediglich in § 4 Abs. 2 Punkt D lit. g und § 5 Abs. 4 lit. m sowie § 140 Abs. 1 geändert, welche Regelungen jedoch für die Beurteilung des Revisionsfalles nicht von Relevanz sind. Es ist daher für diese Beurteilung die BO in der Fassung der Bauordnungsnovelle 2014, LGBl. Nr. 25, maßgeblich.
30 Die Drittrevisionswerberin und der Viertrevisionswerber sind unstrittig Nachbarn im Sinne des § 134 Abs. 3 BO.
31 Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. etwa , mwN) bedeutet der in § 134a Abs. 1 BO enthaltene Nebensatz "sofern sie ihrem Schutze dienen", dass jeder Nachbar die Nachbarrechte nur soweit geltend machen kann, als er, insbesondere im Hinblick auf die Situierung des Bauvorhabens, durch deren Nichteinhaltung betroffen wäre. Die Einhaltung der zulässigen Gebäudehöhe kann ein Nachbar nur in Bezug auf die ihm zugewandten Seiten der Außenflächen des Gebäudes geltend machen (vgl. etwa , 0058, mwN).
32 Dies gilt auch hinsichtlich der Einwendungen eines Nachbarn, die sich gegen projektierte Dachgauben wenden. Befinden sich die projektierten Gauben nicht an der dem Nachbarn zugewandten Seite des Gebäudes, vermag schon deshalb eine allenfalls unzulässige Überschreitung des Gebäudeumrisses durch die Gauben nicht in ein auf § 81 Abs. 6 BO beruhendes subjektivöffentliches Recht des Nachbarn einzugreifen (vgl. nochmals , mwN).
33 Da der hier in Rede stehende, vom Verwaltungsgericht als Gaube beurteilte Bauteil an der Nordfront des projektierten Gebäudes situiert ist, kommt der Drittrevisionswerberin und dem Viertrevisionswerber diesbezüglich kein Mitspracherecht zu. Die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG setzt jedoch voraus, dass die in dieser Bestimmung genannte Rechtsfrage eine solche ist, durch deren Lösung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ein Eingriff in subjektive Rechte der Revisionswerber im Sinn des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG zumindest möglich ist. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG nicht zuständig (vgl. etwa , mwN).
34 Ferner zeigen die genannten Revisionswerber auch mit ihrem Vorbringen hinsichtlich der zulässigen Gebäudehöhe keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. So liegt nach der hg. Judikatur (vgl. etwa , mwN) keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist, und zwar selbst dann, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist, sofern nicht fallbezogen ausnahmsweise eine Konstellation gegeben ist, die es im Einzelfall erforderlich macht, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen. Letzteres wird nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.
35 § 75 Abs. 4 und 5 BO lautet auszugsweise:
"Bauklasseneinteilung, zulässige Gebäudehöhe
§ 75. ...
...
(4) Bei Gebäuden an der Baulinie, Straßenfluchtlinie, Verkehrsfluchtlinie oder der diesen Fluchtlinien zunächstgelegenen Baufluchtlinie darf, auch wenn sich nach den Bebauungsbestimmungen eine größere Gebäudehöhe ergäbe, an diesen Linien die Gebäudehöhe nicht mehr betragen als:
a) in der Bauklasse I und II das um 2 m vergrößerte Maß des Abstandes dieser Fluchtlinien;
b) in der Bauklasse III das um 3 m vergrößerte Maß des Abstandes dieser Fluchtlinien;
...
Bei ungleichem Abstand dieser Fluchtlinien gilt für diese Berechnung das mittlere Maß. Sind für gegenüberliegende Grundflächen verschiedene Bauklassen festgesetzt, ist für die Bemessung der Gebäudehöhe die Regelung für die niedrigere Bauklasse anzuwenden. ...
...
(5) Ergibt sich bei Anwendung der Bestimmung des Abs. 4 für Eckbauplätze eine verschiedene Höhe der Hauptfronten, so ist die größere Höhe auf eine Länge von höchstens 15 m auch für die andere Hauptfront zulässig.
..."
36 Unter Anwendung dieser Bestimmungen ist das Verwaltungsgericht nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass die zulässige Gebäudehöhe des gegenständlichen Bauvorhabens an den dem Grundstück der Drittrevisionswerberin und des Viertrevisionswerbers zugewandten Fronten (Westfront und Eckfront) nicht überschritten wird. Auch das Vorliegen einer Eckfront führt bei Anwendung dieser Regelungen zu keinem anderen Ergebnis. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, stellen Eckbauplätze Bauplätze mit mindestens zwei zusammenstoßenden Fronten dar (vgl. dazu etwa Geuder/Fuchs, Bauordnung für Wien5 § 75 Anm. 6). Für die Qualifikation eines Bauplatzes als Eckbauplatz sind ferner nur die Lage des Grundstückes zu den angrenzenden Verkehrsflächen, nicht aber die Situierung des Gebäudes, die Anordnung des Zuganges und die Lage der Erker, Balkone usw. maßgebend (vgl. etwa die in Geuder/Fuchs, Bauordnung für Wien5, zu § 75 E 3 zitierte hg. Judikatur). Entgegen den Ausführungen der Revision hat das Verwaltungsgericht auf sachverständiger Grundlage auch das mittlere Abstandsmaß der Baulinien im Bereich der Eckfront (gemessen vom nördlichen und westlichen Eckpunkt) von der Baulinie des Grundstücks der Revisionswerber ermittelt. Das Vorbringen, dass das mittlere Ausmaß des Fluchtlinienabstandes für jeden einzelnen Bereich der Eckfront, dem eine andere Bauklasse gegenüberliege, gesondert ermittelt werden müsse, verfängt in Bezug auf die genannten Revisionswerber nicht, weil das Verwaltungsgericht ohnehin - entsprechend der Regelung des § 75 Abs. 4 BO - von der deren Grundstück betreffenden (niedrigeren) Bauklasse I ausgegangen ist.
37 Da somit in Bezug auf die Drittrevisionswerberin und den Viertrevisionswerber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dargelegt wurde, war die Revision, soweit sie von diesen beiden Revisionswerbern erhoben wurde, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Zur Revision des Erstrevisionswerbers und der Zweitrevisionswerberin:
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
38 Die Revision erweist sich in Anbetracht der im angefochtenen Erkenntnis angesprochenen und von der Revision in der Zulässigkeitsbegründung ergänzend dargestellten Rechtsfrage der Zulässigkeit von Dachgauben unter dem Blickwinkel des § 81 Abs. 6 BO in der Fassung der Bauordnungsnovelle 2014 als zulässig. Ihr kommt auch Berechtigung zu.
39 Die Revision führt dazu im Wesentlichen aus, die vom Verwaltungsgericht vertretene Ansicht führte zu dem Ergebnis, dass es völlig unerheblich sei, ob eine Dachgaube oder ein sonstiger Bauwerksteil vorliege, und dass die Bauwerber insbesondere seit der Bauordnungsnovelle 2014 die Beschränkungen für eine Gaube entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr erfüllen müssten. Der Verwaltungsgerichtshof habe in ständiger Rechtsprechung (Hinweis auf , und , 0146, 0147) entschieden, dass eine Dachgaube nicht mehr vorliege, wenn durch diesen Bauteil nicht nur ein aufrecht stehendes Dachfenster, sondern ein vollwertiger Teil eines Wohnraumes geschaffen werde oder wenn dieser Bauteil noch weitere Funktionen erfülle, wie etwa die Erschließung einer Terrasse. Durch die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des § 81 Abs. 6 BO in der Fassung der Bauordnungsnovelle 2014 seien im Wesentlichen sämtliche Bestimmungen über die Beschränkung der Gebäudehöhe unwirksam, weil in Wahrheit dann nicht ein Dachaufbau, sondern ein weiteres vollwertiges Geschoss von den jeweiligen Bauwerbern errichtet werden könnte. Die Beschränkung der Gebäudehöhe diene aber auch dazu, den umliegenden Nachbarn einen Lichteinfall zu gewährleisten. Die Auslegung des Verwaltungsgerichtes würde die Aushöhlung der Beschränkungen über die Gebäudehöhe in der Weise bewirken, dass Gauben nunmehr jedenfalls raumübergreifend sein könnten und es völlig irrelevant wäre, ob diese Bauwerksteile als gebäudehöhenrelevant anzusehen seien oder nicht. Wie das Verwaltungsgericht festgestellt habe, überschreite die gegenständliche Gaube die Gebäudehöhe um 79 cm und betrage in der Tiefe zum Gebäudeinneren die Überschreitung des Gebäudeumrisses durch die Gaube ca. 150 cm. Die vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsansicht hätte zur Folge, dass "vom Gesetzgeber nicht das Wort ¿einzelne' sondern das Wort ¿Gaube' wegfällt".
40 Die Intention des Gesetzgebers zum Entfall des Wortes "einzelne" im Wortlaut des § 81 Abs. 6 BO in der Fassung der Bauordnungsnovelle 2014 im Zusammenhang mit Dachgauben diene lediglich der Erweiterung der architektonischen Gestaltungsmöglichkeiten. Eine damit einhergehende Erweiterung der Funktion einer Gaube als aufrecht stehendes Dachfenster zur Belichtung des dahinter liegenden Raumes könne dem Sinn dieser Gesetzesänderung nicht entnommen werden. Dies sei auch eindeutig den Erläuternden Bemerkungen zu entnehmen. Insbesondere dürfe durch eine Gaube auch nach der neuen Rechtslage keinesfalls eine durchgehende Auskragung des Dachraumes gegeben sein. Da im gegenständlichen Fall die Gaube sowohl einen Teil des Innenraumes bilde als auch einen Außenraum in Form einer Loggia beinhalte, sei diese Gaube als unzulässige raumübergreifende Auskragung des Dachraumes anzusehen, die auch nach der aktuell geltenden Rechtslage nicht zulässig sei.
41 Dazu ist Folgendes auszuführen:
Zu der für die gegenständliche Beurteilung anzuwendenden Sach- und Rechtslage und zur (auszugsweisen) Wiedergabe des § 75 BO wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
42 § 81 BO (in der hier maßgeblichen Fassung der Bauordnungsnovelle 2014) lautet auszugsweise:
"Gebäudehöhe und Gebäudeumrisse; Bemessung
§ 81. ...
...
(6) Der nach den Abs. 1 bis 5 zulässige Gebäudeumriss darf durch einzelne, nicht raumbildende Gebäudeteile untergeordneten Ausmaßes überschritten werden; mit raumbildenden Dachaufbauten darf der Gebäudeumriss nur durch Dachgauben sowie im unbedingt notwendigen Ausmaß durch Aufzugsschächte und Treppenhäuser überschritten werden. Die Dachgauben müssen in ihren Ausmaßen und ihrem Abstand voneinander den Proportionen der Fenster der Hauptgeschosse sowie dem Maßstab des Gebäudes entsprechen. Die Dachgauben dürfen insgesamt höchstens ein Drittel der Länge der betreffenden Gebäudefront in Anspruch nehmen. Auf Antrag ist durch die Behörde (§ 133) eine Überschreitung dieses Ausmaßes bis höchstens zur Hälfte der betreffenden Gebäudefront zuzulassen, wenn dies eine zweckmäßigere oder zeitgemäße Nutzung des Bauwerks bewirkt oder der Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes dient; dabei darf die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen ohne nachgewiesene Zustimmung des betroffenen Nachbarn nicht vermindert werden.
..."
43 § 81 BO in der bis zum Inkrafttreten der Bauordnungsnovelle 2014 (insoweit am ; vgl. dazu Art. III Abs. 3 dieser Novelle) geltenden Fassung LGBl. Nr. 25/2009 hat auszugsweise den folgenden Wortlaut:
"Gebäudehöhe und Gebäudeumrisse; Bemessung
§ 81. ...
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(6) Der nach den Abs. 1 bis 5 zulässige Gebäudeumriss darf durch einzelne, nicht raumbildende Gebäudeteile untergeordneten Ausmaßes überschritten werden; mit raumbildenden Dachaufbauten darf der Gebäudeumriss nur durch einzelne Dachgauben sowie im unbedingt notwendigen Ausmaß durch Aufzugsschächte und Treppenhäuser überschritten werden. Die einzelnen Dachgauben müssen in ihren Ausmaßen und ihrem Abstand voneinander den Proportionen der Fenster der Hauptgeschosse sowie dem Maßstab des Gebäudes entsprechen. Die Dachgauben dürfen insgesamt höchstens ein Drittel der Länge der betreffenden Gebäudefront in Anspruch nehmen. Auf Antrag ist durch die Behörde (§ 133) eine Überschreitung dieses Ausmaßes bis höchstens zur Hälfte der betreffenden Gebäudefront zuzulassen, wenn dies eine zweckmäßigere oder zeitgemäße Nutzung des Bauwerks bewirkt oder der Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes dient.
..."
44 § 134a BO (in der hier maßgeblichen Fassung der Bauordnungsnovelle 2014) lautet auszugsweise wie folgt:
"Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte
§ 134 a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:
...
b) Bestimmungen über die Gebäudehöhe;
..."
45 Der Erstrevisionswerber und die Zweirevisionswerberin sind unstrittig Nachbarn im Sinne des § 134 Abs. 3 BO.
46 Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektivöffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. nochmals , mwN).
47 Mit ihrem Vorbringen betreffend die Unzulässigkeit der an der ihrer Liegenschaft zugekehrten Gebäudefront projektierten Dachgaube nach § 81 Abs. 6 BO machen die Revisionswerber das Nachbarrecht auf Einhaltung der Bestimmungen über die Gebäudehöhe (§ 134a Abs. 1 lit. b BO) geltend.
48 Mit raumbildenden Dachaufbauten darf gemäß § 81 Abs. 6 BO der (nach § 81 Abs. 1 bis 5 leg. cit.) zulässige Gebäudeumriss - abgesehen von Aufzugsschächten und Treppenhäusern im unbedingt notwendigen Ausmaß - nur durch Dachgauben überschritten werden. Diese Dachgauben müssen in ihren Ausmaßen und ihrem Abstand voneinander den Proportionen der Fenster der Hauptgeschosse sowie dem Maßstab des Gebäudes entsprechen und dürfen insgesamt höchstens ein Drittel der Länge der betreffenden Gebäudefront in Anspruch nehmen.
49 Im Zusammenhang mit der Gewährung einer Ausnahme nach § 81 Abs. 6 BO liegt eine Verletzung von Nachbarrechten nur dann vor, wenn eine solche Ausnahme gewährt wird, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind (vgl. dazu etwa , mwN). Ferner ist nach der hg. Judikatur (vgl. etwa , mwN) in Bezug auf die Nachbarrechte von der Einhaltung eines fiktiven Gebäudeumrisses auszugehen, auf dessen Grundlage sich die Bauteile als Gauben darstellen müssen.
50 Durch die Bauordnungsnovelle 2014 wurde § 81 Abs. 6 erster und zweiter Satz BO dahin geändert, dass im zweiten Halbsatz des ersten Satzes das Wort "einzelne" und im zweiten Satz das Wort "einzelnen" entfielen, sodass darin die Wendung "nur durch einzelne Gauben" durch die Wortfolge "nur durch Gauben" sowie die Wendung "Die einzelnen Gauben" durch die Wortfolge "Die Gauben" ersetzt wurden. In den diesbezüglichen Erläuternden Bemerkungen zu dieser Novelle (BlgWrLT 9/2014, 13 f: "Zu Z 79 bis 82 (§ 81)") wird insoweit (u.a.) ausgeführt, dass zwecks Erweiterung der architektonischen Gestaltungsmöglichkeiten bei der Errichtung von Dachgauben sowie Anpassung an die Verwaltungspraxis in dieser Bestimmung nicht mehr nur auf "einzelne" Gauben abgestellt werden solle.
51 Eine Dachgaube ist - wie das Verwaltungsgericht zunächst mit Hinweis auf die hg. Judikatur () zutreffend ausgeführt hat - ein Dachaufbau für ein stehendes Dachfenster, eine Anhebung der Dachhaut bzw. ein über die Dachhaut vorstehender Gebäudeteil (Dachaufbau) zur Erweiterung und Belichtung des Dachraumes (vgl. dazu auch die in Moritz, BauO Wien5, zu § 81 Abs. 6 BO, 273 oben zitierte hg. Judikatur). Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach "einzelne Gauben" nicht den Eindruck einer geschlossenen Front erwecken und keine raumübergreifende, durchgehende Auskragung des Dachraumes bewirken dürfen (vgl. nochmals , mwN), auf die Wendung "einzelne Gauben" im Sinne des § 81 Abs. 6 BO in der bis zum Inkrafttreten der Bauordnungsnovelle 2014 geltenden Fassung bezieht und im Hinblick auf die genannte Änderung dieser Gesetzesbestimmung nicht auf die Rechtslage nach dieser Novelle übertragen werden kann. Ob die genannte Änderung des § 81 Abs. 6 BO durch die BO-Novelle 2014 eine andere Beurteilung gebietet, kann im vorliegenden Fall aus den nachfolgenden Gründen dahingestellt bleiben.
52 Gemäß § 81 Abs. 6 zweiter und dritter Satz BO müssen Dachgauben in ihren Ausmaßen und ihrem Abstand voneinander den Proportionen der Fenster der Hauptgeschosse sowie dem Maßstab des Gebäudes entsprechen und dürfen insgesamt höchstens ein Drittel der Länge der betreffenden Gebäudefront in Anspruch nehmen. Ferner hat die hg. Judikatur, wonach eine Dachgaube nicht (mehr) vorliegt, wenn durch diesen Bauteil nicht nur ein stehendes Fenster geschaffen wird, sondern ein vollwertiger Teil eines Wohnraumes, oder wenn dieser Bauteil noch weitere Funktionen erfüllt, wie etwa die Erschließung einer Terrasse (vgl. etwa , 0146, 0147, mwN), zugrunde liegende Rechtslage durch die Bauordnungsnovelle 2014 keine Änderung erfahren, sodass diese Judikatur im Anwendungsbereich des § 81 Abs. 6 BO auch weiterhin maßgeblich ist.
53 Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Erkenntnis (vgl. darin S. 20) u.a. die Feststellung getroffen, dass innerhalb der an der nördlichen Front (nahe der Eckfront) projektierten - den Gebäudeumriss an der nördlichen Front und die Gebäudehöhe um 79 cm überschreitenden - Gaube im 1. Dachgeschoss eine Loggia, die bautechnisch auch als Terrasse angesehen werden könne, ausgewiesen sei, welche von der Wohnküche, die in Teilen ebenso innerhalb der projektierten Gaube ausgewiesen sei, aus begehbar sei. Diesen Umstand hat das Verwaltungsgericht allerdings keiner weiteren rechtlichen Würdigung unterzogen. In weiterer Folge hat das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis (vgl. darin S. 31) in diesem Zusammenhang (u.a.) ausgeführt, dass innerhalb des den Gebäudeumriss überschreitenden Bauteiles Fenster projektiert seien. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Auffassung, dass hier eine gemäß § 81 Abs. 6 BO zulässige Dachgaube projektiert sei. Diese Beurteilung kann jedoch in Anbetracht der genannten Loggia nicht nachvollzogen werden. Unter Zugrundelegung der Einreichpläne wird nämlich durch den hier als Dachgaube in Rede stehenden Bauteil nicht bloß ein stehendes Dachfenster geschaffen, sondern es erfüllt dieser offenbar auch die zusätzliche Funktion, die Loggia, worunter definitionsgemäß nach der hg. Judikatur (vgl. etwa , mwN) ein nach vorne offener, von seitlichen Wänden, einem Fußboden und einer Decke begrenzter Raum zu verstehen ist, zu "überdachen".
54 Bei dem genannten, vom Verwaltungsgericht als Gaube qualifizierten Bauteil handelt es sich somit um keine Dachgaube im Sinne des § 81 Abs. 6 BO. Da das Verwaltungsgericht dies verkannt hat, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Bei diesem Ergebnis erübrigte es sich, auf das weitere Revisionsvorbringen noch näher einzugehen.
55 Das angefochtene Erkenntnis war daher im Umfang der Anfechtung (Spruchpunkt 1.) gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
56 Zur Kostenentscheidung:
57 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff, insbesondere § 53 Abs. 1 VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018050001.J00 |
Schlagworte: | Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Gebäudehöhe BauRallg5/1/5 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 |
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