VwGH vom 18.12.2019, Ro 2017/16/0010
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Dr. Mairinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Dr. G W in S, vertreten durch Dr. Wolfgang Hochsteger, Dr. Dieter Perz und Dr. Georg Wallner, Rechtsanwälte in 5400 Hallein, Salzgasse 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom , Zl. 404-13/89/1/5-2016, betreffend Beitrag für die Errichtung eines Hauptkanals nach dem Salzburger Anliegerleistungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Stadt Salzburg hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom hatte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg unter Bezugnahme auf § 14 Abs. 2 iVm § 24 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes (im Folgenden: S-BBG) in Stattgabe des Ansuchens des Revisionswerbers einen Bescheid vom dahingehend abgeändert, "dass der Bauplatz der Gst. 1, 2, 3 (Teil), 4 (Teil) und 5 jeweils KG (...) nunmehr die in den Einreichunterlagen (...) grün umrandete Fläche im Gesamtausmaß von 2997 m2 bildet". 2 Mit Bescheid vom setzte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg gegenüber dem Revisionswerber "anlässlich der (nachträglichen) Bauplatzerklärung" für den am Hauptkanal liegenden Bauplatz gemäß dem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom einen Herstellungsbeitrag in näher angeführter Höhe für die Errichtung des Hauptkanals gemäß § 11 Abs. 2 des Salzburger Anliegerleistungsgesetzes (im Folgenden: S-ALG) unter Berücksichtigung bereits geleisteter Kostenbeiträge nach § 16 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. fest.
3 Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg mit Bescheid vom als unbegründet ab. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers sei eine Vorschreibung von Herstellungsbeiträgen nach dem S-ALG zulässig, auch wenn bereits Kostenbeiträge aufgrund früherer Rechtsvorschriften entrichtet worden seien. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 16 Abs. 2 zweiter Satz S-ALG entstehe im Falle einer Bauplatzerklärung insoweit eine neuerliche Beitragspflicht, als die nach § 11 Abs. 3 S-ALG ermittelte Längenausdehnung die dem bereits geleisteten Beitrag zu Grunde liegende Längenausdehnung überschreite. Auch eine Änderung der Bauplatzerklärung nach § 24 S-BGG löse eine Beitragspflicht nach § 11 Abs. 2 S-ALG aus. Die Vorschreibung eines Herstellungsbeitrags unter Berücksichtigung der bereits entrichteten Kostenbeiträge nach § 16 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. sei daher zu Recht erfolgt.
4 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg mit dem angefochtenen Erkenntnis vom als unbegründet ab.
5 Das Landesverwaltungsgericht Salzburg stellte fest, der Revisionswerber sei grundbücherlicher Eigentümer der Grundstücke 4, 5, 2, 3 sowie 1. "Das Grundstück" liege in der N-Hauptstraße 47, 47b und 47c. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom sei "auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken bereits ein Objekt baubehördlich bewilligt (worden)". Auch aus den beim Vermessungsamt aufliegenden Unterlagen gehe hervor, "dass sich bereits 1912 das Objekt (N-Hauptstraße) 47 auf dem Gst. 5 befand". Mit Bescheiden vom seien den (damaligen) Eigentümern der Grundstücke "Bauplatz X" und "Bauplatz Y" Kostenbeiträge für die Herstellung des Hauptunratskanals in der N-Hauptstraße nach § 4 der Stadtbauordnung iHv 16.654,30 EUR und 4.260,60 EUR vorgeschrieben worden. Dem sei eine Bauanzeige hinsichtlich des Hauskanalanschlusses des Objekts N-Hauptstraße 47 an den städtischen Straßenkanal in der N-Hauptstraße zugrunde gelegen.
6 Entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers sei hinsichtlich des Kostenbeitrags auf Herstellung eines Hauptkanals die Festsetzungsverjährung nicht eingetreten. Auf das gegenständliche Verfahren, das mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom begonnen habe, seien zunächst die Bestimmungen des AVG anzuwenden gewesen, die keine Verjährungsfristen enthielten. Durch das Inkrafttreten der BAO mit sei eine Sonderregelung in § 209a BAO geschaffen worden, welche in Zusammenschau mit § 323a Abs. 1 Z 5 leg. cit. die Konsequenz habe, dass die Verjährungsfristen der BAO auf das gegenständliche Verfahren nicht anzuwenden seien, da sich dieses zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der BAO bereits im Stadium des Rechtsmittelverfahrens befunden habe.
7 § 16 Abs. 2 S-ALG erfasse jene Fälle, in denen bereits aufgrund früherer Rechtsvorschriften (nicht aber bereits nach dem S-ALG) Kostenbeiträge gezahlt worden seien. § 16 Abs. 2 S-ALG komme unabhängig davon zur Anwendung, ob eine "neue" Bauplatzerklärung, eine nachträgliche Bauplatzerklärung oder eine Änderung der Bauplatzerklärung vorliege. Dem Wortlaut dieser Bestimmung sei nicht zu entnehmen, dass davon nur Grundstücke erfasst sein sollten, die noch in keiner Weise "bauplatzerklärt" seien. Vielmehr gelte § 16 Abs. 2 S-ALG gerade für Grundstücke, die aufgrund früherer Rechtsvorschriften zu Bauplätzen geworden seien, etwa aufgrund einer Baubewilligung oder Parzellierung, und für die bereits Kostenbeiträge geleistet worden seien. Für diese bestehe aufgrund der Normierung des § 16 Abs. 2 S-ALG nur insoweit eine neuerliche Beitragspflicht, als die nach § 11 Abs. 3 S-ALG ermittelte Längenausdehnung des Bauplatzes die dem geleisteten Beitrag zugrunde gelegte Längenausdehnung überschreite. 8 Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Landesverwaltungsgericht Salzburg für zulässig, da fraglich sei, ob der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom , Ra 2015/16/0087, auch eine inhaltliche Festlegung hinsichtlich der Bauplatzerklärung als Anlassfall nach § 16 Abs. 2 S-ALG getroffen habe.
9 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision über die der Verwaltungsgerichtshof - nach Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
10 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass dem Verjährungseinwand des Revisionswerbers aus den im hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/17/0083, näher dargelegten Gründen, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, keine Berechtigung zukommt (vgl. auch ). 11 Im revisionsgegenständlichen Fall ist daher die in der Zulässigkeitsbegründung aufgeworfene Frage zu klären, ob eine Bauplatzänderung eine nachträgliche Bauplatzerklärung iSd § 11 Abs. 2 S-ALG darstellt.
12 Gemäß § 1 Abs. 1 S-ALG haben Anrainer bei der Errichtung u. a. von Hauptkanälen nach Maßgabe der Bestimmungen des S-ALG Beiträge zu leisten.
13 Gemäß § 11 Abs. 1 S-ALG haben die Eigentümer der am Hauptkanal der Gemeinde liegenden, zum Bauplatz erklärten Grundstücke bei der Errichtung des Hauptkanals einen Beitrag in näher angeführter Höhe zu leisten, gleichgültig, ob die Grundstücke an die Hauptkanäle angeschlossen sind oder nicht. 14 § 11 Abs. 2 S-ALG lautet:
"(2) Werden am Hauptkanal liegende Grundstücke zu einem späteren Zeitpunkt zum Bauplatz erklärt, so gebührt der Gemeinde von ihren Eigentümern ein Beitrag in der Höhe von je einem Viertel der für die Herstellung der Hauptkanäle zu diesem Zeitpunkt festgestellten Kosten."
15 § 16 Abs. 2 S-ALG lautet:
"(2) Soweit für Grundstücke wegen ihrer Widmung als Bauland (§ 14 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1968, LGBl. Nr. 78) bereits Kostenbeiträge für Straßenbeleuchtungen oder Gehsteige auf Grund früherer Rechtsvorschriften geleistet wurden, (...). Wurden für Grundflächen auf Grund früherer Rechtsvorschriften Kostenbeiträge für Hauptkanäle geleistet, entsteht aus Anlass der Bauplatzerklärung daraus gebildeter, am Hauptkanal liegender Bauplätze nur insoweit eine neuerliche Beitragspflicht, als die Längenausdehnung gemäß § 11 Abs. 3 die dem geleisteten Beitrag zugrunde gelegte Längenausdehnung im Bereich des betreffenden Bauplatzes überschreitet. Dies gilt auch für weitere, die Beitragspflicht begründende Kanalanlagenerrichtungen bei bestehenden Bauplätzen und sinngemäß für den Fall, dass als späterer Kanal ein solcher zur Errichtung kommt, der zur Abfuhr auch von Niederschlagswässern bestimmt ist."
16 § 24 S-BGG lautet samt Überschrift:
"Änderung eines Bauplatzes
§ 24 (1) Die Änderung der Fläche oder Gestalt eines Bauplatzes, insbesondere die Zusammenlegung mehrerer Bauplätze oder die Unterteilung eines Bauplatzes, bedarf der Genehmigung der Baubehörde.
(2) Die Unterteilung eines bereits bebauten Bauplatzes darf nur genehmigt werden, wenn auf den durch die Unterteilung vorgesehenen bebauten Flächen die baurechtlichen Vorschriften (...) gewahrt bleiben.
(3) Auf die Genehmigung finden die Vorschriften über die Bauplatzerklärung sinngemäße Anwendung. Die Änderung der Bauplatzerklärung setzt aber das Bestehen eines Bebauungsplanes der Grundstufe nicht voraus."
17 Der Tatbestand des § 11 Abs. 2 S-ALG erfasst jene Fälle, in denen nachträglich, somit zu einem nach der Errichtung des Hauptkanals liegenden Zeitpunkt eine Bauplatzerklärung erfolgt (vgl. ).
18 Eine bloße Änderung einer Bauplatzerklärung nach § 24 S-BGG stellt keine nachträgliche Bauplatzerklärung iSd § 11 Abs. 2 S-ALG dar. Nur wenn mit einer solchen Änderung auch eine Bauplatzerweiterung einhergeht, somit auch eine Grundfläche neu zum Bauplatz erklärt wird, kommt die Vorschreibung eines Herstellungsbeitrags nach § 11 Abs. 2 S-ALG in Betracht (vgl. nochmals , mwN). 19 § 16 Abs. 2 zweiter Satz S-ALG enthält für den Fall der nachträglichen Bauplatzerklärung eine Einrechnungsvorschrift, sodass auch Grundstücke, für die bereits Kostenbeiträge geleistet wurden, nicht grundsätzlich von einer neuerlichen Heranziehung zur Beitragsleistung ausgenommen sind (vgl. ; , Ra 2015/16/0087).
20 § 16 Abs. 2 zweiter Satz S-ALG erfasst somit jene Fälle, in denen die Bauplatzfläche vergrößert wurde (Bauplatzerweiterung) oder in denen (auch bei gleichbleibender Fläche) die bisherigen Vorschreibungen nach Vorgängervorschriften nicht an eine Bauplatzeigenschaft oder eine Bauplatzerklärung anknüpften (vgl. nochmals ).
21 Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat die Feststellung getroffen, dass mit dem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom "auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken bereits ein Objekt baubehördlich bewilligt" wurde sowie dass sich laut den Unterlagen des Vermessungsamts "bereits 1912 das Objekt (N-Hauptstraße) 47 auf dem Gst. 5 befand".
22 Damit ist dem angefochtenen Erkenntnis aber nicht ausreichend deutlich zu entnehmen, ob alle vom Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom umfassten Grundflächen bereits zuvor als Bauplatz genehmigt waren, oder ob mit der Änderung der Bauplatzerklärung auch eine Bauplatzerweiterung hinsichtlich eines Grundstücksteils verbunden war.
23 Da dies für die Zulässigkeit der nachträglichen Vorschreibung eines Herstellungsbeitrags nach § 11 Abs. 2 S-ALG unter Anrechnung bereits geleisteter Kostenbeiträge nach § 16 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. aber von entscheidender Bedeutung ist, war das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
24 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20
14.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2019:RO2017160010.J00 |
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