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VwGH vom 26.04.2018, Ro 2017/11/0018

VwGH vom 26.04.2018, Ro 2017/11/0018

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des H M in B, vertreten durch Mag. Roland Reisch, Rechtsanwalt in 6370 Kitzbühel, Franz-Reisch-Straße 11a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom , Zl. LVwG-2016/46/1079-5, betreffend Übertretung des Ärztegesetzes 1998 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kufstein), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom erkannte die belangte Behörde den Revisionswerber einer Übertretung des § 199 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 2 und 3 des Ärztegesetzes 1998 (ÄrzteG 1998) schuldig, weil er zumindest im Zeitraum zwischen und an einem näher bezeichneten Ort näher beschriebene, Ärzten vorbehaltene Tätigkeiten bei der an Krebs erkrankten B. durchgeführt habe, ohne hiezu nach dem ÄrzteG 1998 oder einer anderen gesetzlichen Vorschrift berechtigt zu sein. In der Tatumschreibung führte die belangte Behörde Folgendes aus (anonymisiert):

"Es handelte sich hierbei um folgende Tätigkeiten bzw. lief die von Ihnen bei Frau B. durchgeführte ‚Therapie' wie folgt ab:

Zu Beginn der ‚Behandlung' führten Sie ein ausführliches Gespräch mit Frau B., dann musste sich diese auf eine Liege sowohl auf den Bauch als auch auf den Rücken legen und fuhren Sie mit Ihren Händen beginnend bei den Füßen hinauf zum Kopf. Während dieser ‚Therapie' beteten Sie und erklärten Frau B., dass Sie mit Ihrem Handeln ‚Energie spenden würden, um den Körper auf Selbstheilung anzuregen'. Sich selbst haben Sie als ‚Wunderheiler' bzw. ‚Geistheiler' bezeichnet und Frau B. die Heilung versprochen. Nach der oben beschriebenen Behandlung wurde wiederum ein ausführliches Gespräch mit Frau B. geführt."

2 Über den Revisionswerber wurde eine Geldstrafe von EUR 800,-

- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt und er zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in Höhe von EUR 80,-- verpflichtet.

3 Der Revisionswerber erhob Beschwerde.

4 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erging über die Beschwerde das angefochtene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom mit folgendem Spruch:

"1. Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die von

der belangten Behörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von EUR 800,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) auf EUR 500,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) herabgesetzt wird.

Der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses wird insofern korrigiert, als die Verwaltungsübertretung nach § 199 Abs 1 iVm § 2 Abs 2 Z 3 und § 3 Abs 1 ÄrzteG 1998 begangen wurde.

2. Aufgrund der Strafherabsetzung werden die Kosten des

Verfahrens vor der belangten Behörde mit EUR 50,00 neu festgesetzt.

3. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig."

5 Die Revision sei, so das Verwaltungsgericht abschließend in seiner Begründung, zuzulassen gewesen, weil "die Reichweite des ärztlichen Vorbehaltes in Bezug auf das Handauflegen (Reiki) nach verwaltungsstrafrechtlichen Gesichtspunkten einer Klarstellung" bedürfe.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, vom Verwaltungsgericht gemeinsam mit den Verfahrensakten vorgelegte (ordentliche) Revision. Die belangte Behörde hat von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung Abstand genommen.

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision in dem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

8 1.1. Das ÄrzteG 1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 90/2015

lautet (auszugsweise):

"Der Beruf des Arztes

§ 2. (1) Der Arzt ist zur Ausübung der Medizin berufen.

(2) Die Ausübung des ärztlichen Berufes umfaßt jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, insbesondere

1. die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen

von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Mißbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur sind;

2. die Beurteilung von in Z 1 angeführten Zuständen bei Verwendung medizinisch-diagnostischer Hilfsmittel;

  1. die Behandlung solcher Zustände (Z 1);

4. die Vornahme operativer Eingriffe einschließlich der

Entnahme oder Infusion von Blut;

5. die Vorbeugung von Erkrankungen;

6. die Geburtshilfe sowie die Anwendung von Maßnahmen der

medizinischen Fortpflanzungshilfe;

7. die Verordnung von Heilmitteln, Heilbehelfen und

medizinisch diagnostischen Hilfsmitteln;

8. die Vornahme von Leichenöffnungen.

(3) Jeder zur selbständigen Ausübung des Berufes berechtigte Arzt ist befugt, ärztliche Zeugnisse auszustellen und ärztliche Gutachten zu erstatten.

§ 3. (1) Die selbstständige Ausübung des ärztlichen Berufes ist ausschließlich Ärzten für Allgemeinmedizin und approbierten Ärzten sowie Fachärzten vorbehalten.

(2) Die selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes besteht in der eigenverantwortlichen Ausführung der im § 2 Abs. 2 und 3 umschriebenen Tätigkeiten, gleichgültig, ob solche Tätigkeiten freiberuflich oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt werden.

...

(4) Anderen als den in den Abs. 1 und 3 Genannten ist jede Ausübung des ärztlichen Berufes verboten.

...

Vorführung komplementär- oder alternativmedizinischer

Heilverfahren

§ 42. (1) Komplementär- oder alternativmedizinische Heilverfahren dürfen auch von Personen, die im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes nicht zur ärztlichen Berufsausübung berechtigt sind, zu Demonstrationszwecken in Aus- und Fortbildungsveranstaltungen von Gesundheitsberufen, die in Zusammenarbeit mit einer Landesärztekammer oder der Österreichischen Ärztekammer durchgeführt werden, vorgeführt werden.

(2) Die Tätigkeit gemäß Abs. 1 darf sich längstens über sechs Monate erstrecken. Eine Verlängerung ist nicht zulässig. Nach Beendigung einer solchen Tätigkeit kann von einer weiteren Einladung im Sinne des Abs. 1 erst nach Ablauf eines Jahres Gebrauch gemacht werden.

...

Strafbestimmungen

§ 199. (1) Wer eine in den §§ 2 Abs. 2 und 3 umschriebene Tätigkeit ausübt, ohne hiezu nach diesem Bundesgesetz oder nach anderen gesetzlichen Vorschriften berechtigt zu sein, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3 630 Euro zu bestrafen. Der Versuch ist strafbar.

(2) Sofern aus der Tat (Abs. 1) eine schwer wiegende Gefahr für Leib, Leben oder Gesundheit einer Person entstanden ist oder der Täter bereits zweimal wegen unbefugter ärztlicher Tätigkeit bestraft worden ist, ist der Täter mit Geldstrafe bis zu 21 800 Euro zu bestrafen.

..."

9 1.2. § 184 StGB lautet:

"Kurpfuscherei

§ 184. Wer, ohne die zur Ausübung des ärztlichen Berufes erforderliche Ausbildung erhalten zu haben, eine Tätigkeit, die den Ärzten vorbehalten ist, in bezug auf eine größere Zahl von Menschen gewerbsmäßig ausübt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen."

10 2. Die Revision ist bereits aus den vom Verwaltungsgericht

genannten Gründen zulässig.

11 3. Die Revision ist auch begründet.

12 3.1.1. Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung

folgenden Sachverhalt zugrunde:

13 Der Revisionswerber verfüge über eine Reiki-Ausbildung bis zum Grad des Lehrers und bezeichne sich selbst als "Meister Lehrer Geistheiler". Er verfüge über keine ärztliche Ausbildung.

14 B. habe den Revisionswerber im Zeitraum vom bis zu ihrem Tod Anfang Mai 2016, also auch im Tatzeitraum, regelmäßig aufgesucht. Schon vor den ersten Besuchen sei seit Juli 2013 festgestanden, dass B. an Krebs erkrankt gewesen sei, sie habe sich diesbezüglich in ärztlicher Behandlung befunden. Bis Ende 2014 habe sie bereits zweimal eine Chemotherapie durchgemacht.

15 Der Revisionswerber habe bei B. keine Diagnose erstellt, diese habe bereits vorgelegen. Er habe aber zahlreiche Sitzungen mit B. durchgeführt. Zunächst seien Gespräche geführt worden, anschließend habe der Revisionswerber "'Energie' auf die Erkrankte übertragen". Dies sei durch Auflegen der Hände mit damit einhergehenden Gebeten geschehen. Dass der Revisionswerber der Erkrankten die Heilung konkret versprochen hätte, habe nicht festgestellt werden können. Dennoch habe bei B. dadurch, dass der Revisionswerber sich selbst als Geistheiler bezeichnet und er ihr auch gesagt habe "Das kriegen wir hin", der Eindruck erweckt werden müssen, die Sitzungen würden ihren Gesundheitszustand verbessern oder gar heilen und insofern also auch eine Behandlung im medizinischen Sinne darstellen.

16 Bei den Sitzungen sei keine dritte Person anwesend gewesen. Es habe jedoch festgestellt werden können, dass der Revisionswerber B. von der Durchführung der dritten Chemotherapie abgeraten habe. B. habe diese dann jedoch begonnen, habe sie aber abgebrochen, weil es ihr aufgrund der Chemotherapie sehr schlecht gegangen sei. Die ärztliche Behandlung im Tatzeitraum habe sich auf Kontrolltermine und Blutuntersuchungen beschränkt.

17 Der Revisionswerber habe B. nicht explizit darauf hingewiesen, dass die von ihm durchgeführten Sitzungen keine Therapie oder Behandlung im medizinischen Sinn seien, sondern eine Art religiöse Handlung, die eine ärztliche Behandlung nicht ersetzen könne.

18 3.1.2. In der rechtlichen Beurteilung gab das Verwaltungsgericht zunächst auszugsweise neuere Lehrmeinungen zum Begriffsumfang der ärztlichen Tätigkeit gemäß § 2 ÄrzteG 1998 sowie Judikatur des Verfassungsgerichtshofes wieder, folgte danach aber ausschließlich der Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Kurpfuscherei (§ 184 StGB).

19 Der Oberste Gerichtshof habe in seiner Entscheidung vom , 11 Os 99/83, nicht darauf abgestellt, ob sich eine Tätigkeit an medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiere, sondern sei davon ausgegangen, dass dieses Kriterium nur einem Gebot der ärztlichen Standespflicht Rechnung trage. In dieser Entscheidung habe der OGH (zu § 1 Abs. 2 ÄrzteG 1984, der im Wesentlichen gleich lautete wie § 2 ÄrzteG 1998) erstmals ausgesprochen, dass das Kriterium der medizinischwissenschaftlichen Erkenntnisse entgegen dem Gesetzeswortlaut keine Voraussetzung für die Zurechenbarkeit der ärztegesetzlich besonders bezeichneten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zur ärztlichen Berufsausübung sei, sondern eben vielmehr bei der allgemeinen Definition ärztlicher Tätigkeit nur einem Gebot der ärztlichen Standespflicht Rechnung trage. Der OGH subsumiere eine Behandlung durch Handauflegen und durch rituelle Bewegungen unter § 184 StGB. Diese extensive Auslegung der Generalklausel des § 1 Abs. 2 ÄrzteG 1984 (nunmehr § 2 Abs. 2 ÄrzteG 1998) entspreche der kriminalpolitischen Zielsetzung des Gesetzgebers, Kranke davon abzuhalten, sich in Bezug auf den Ärzten vorbehaltene Tätigkeiten solchen Personen anzuvertrauen, die dafür keine abgeschlossene ärztliche Ausbildung erlangt haben (Hinweis auf Triffterer, StGB Kommentar; Schwartz,

Von Exorzisten und Heilpraktikern: Geistheilungen rechtlich betrachtet, RdM 1999, 13).

20 Diese Rechtsauffassung habe sich seitdem zunehmend verfestigt und sei zur ständigen strafrechtlichen Rechtsprechung geworden. Das Spektrum des tatbestandsmäßigen Verhaltens reiche von "Erkennen von Krankheiten mit Röntgenaugen", "Heilung durch Energieübertragung", "Auflegen und Massieren mit heilenden Händen" bis hin zu "Irisdiagnostik" und "Empfehlung homöopathischer Mittel".

21 Auch die ältere wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung habe bei der Abgrenzung von den Ärzten vorbehaltenen Tätigkeiten nicht darauf abgestellt, ob die jeweils zu beurteilende Tätigkeit auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhe (Hinweis auf ). Im Gegensatz dazu werde in der Entscheidung vom , 4 Ob 166/03w, darauf eingegangen, ob die den Gegenstand des Verfahrens bildende Tätigkeit ("Aurainterpretation mittels Einhandrute") auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht. Abgestellt habe der OGH jedoch letztlich darauf, ob der Ratsuchende den Eindruck gewinnt, ein Arztbesuch sei entbehrlich. Mittlerweile sei dies für die Abgrenzung des ärztlichen Vorbehaltsbereichs für das Wettbewerbsrecht nicht maßgebend, weil das Gesetz nach objektiven Kriterien bestimme, welche Tätigkeiten den Ärzten vorbehalten seien. Dabei sei die wissenschaftliche Begründung der angewendeten Methoden und die Zugehörigkeit zur medizinischen Wissenschaft maßgebend. Dass diese Kriterien bei der strafrechtlichen Beurteilung als bloßes Gebot der ärztlichen Standespflicht gewertet würden, hindere eine davon abweichende wettbewerbsrechtliche Beurteilung nicht. Die erwähnte Auslegung des Ärztevorbehalts im Zusammenhang mit § 184 StGB beruhe auf kriminalpolitischen Erwägungen. Sie nehme im Übrigen das erst zu begründende Ergebnis vorweg, wenn mit dem Bestreben argumentiert werde, Kranke davon abzuhalten, eine den Ärzten vorbehaltene Tätigkeit bei Nichtärzten in Anspruch zu nehmen.

Im Hinblick auf die erwähnte kriminalpolitische Zielsetzung seien nach der strafrechtlichen Rechtsprechung auch nicht auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeiten tatbildlich. So falle auch eine "Diagnose" nach Blick in einen mit Wasser gefüllten Teller mit Münzen und einem Wollfaden aus der Kleidung des Ratsuchenden und nachfolgende "Behandlung" durch Handauflegen auf angeblich kranke Körperstellen und rituelle Bewegungen mit einem Messer unter § 184 StGB, könne doch von medizinisch nicht entsprechend ausgebildeten Personen von vornherein keine auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete (quasi)ärztliche Tätigkeit erwartet werden. Entscheidend sei, ob die betreffende Verhaltensweise unter die Generalklausel des Ärztegesetzes zu subsumieren sei. Bei dieser Beurteilung sei nicht so sehr an das äußere Erscheinungsbild einer Verhaltensweise, sondern an den damit verfolgten Zweck anzuknüpfen (Hinweis auf Triffterer, aaO Rz 5 und 6). Strafrechtlich verpönt sei es, die Gesundheit eines Ratsuchenden abstrakt zu gefährden, indem ein Nichtarzt durch sein Verhalten den Eindruck erwecke, der Ratsuchende könne von ihm all das erlangen, was ihm auch ein Arztbesuch biete, was zur Folge habe, dass ein solcher unterbleibe. Diese Rechtsprechung sei nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes auch für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren "anwendbar".

Die Ausübung des ärztlichen Berufs umfasse nach § 2 Abs. 2 ÄrzteG 1998 u.a. die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Missbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur sind, die Beurteilung von in Z 1 angeführten Zuständen bei Verwendung medizinisch-diagnostischer Hilfsmittel und die Behandlung solcher Zustände.

Eben solche Tätigkeiten habe der Revisionswerber entfaltet, wenn er durch das Handauflegen und die dadurch erfolgte "Energieübertragung" eine "Behandlung" zur Linderung oder Beseitigung der Krankheit vorgenommen habe. "Dass er dabei - entgegen dem Wortlaut des § 2 Abs 2 erster Satz ÄrzteG 1998 - nicht nach ‚medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen' vorging", vermöge daran nichts zu ändern.

22 3.2. Die Revision führt - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, das angefochtene Erkenntnis lasse die neuere Judikatur des OGH sowie Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes außer Acht. Insbesondere letzterer habe bereits zum Ausdruck gebracht, dass als Abgrenzungskriterien für die Beurteilung, ob eine Tätigkeit den Ärzten vorbehalten sei, ausschließlich objektive Kriterien heranzuziehen seien, nämlich, ob die angewendete Methode auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhe, welche ein Mindestmaß an Rationalität und ein typischerweise durch ein Medizinstudium vermitteltes umfassendes Wissen erfordere.

23 Damit zeigt die Revision im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.

24 3.3.1. Eingangs ist zu bemerken, dass der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses mangelhaft ist. Unter Spruchpunkt 1. wird der Beschwerde "insofern Folge gegeben, als" die verhängte Strafe herabgesetzt wird. Eine ausdrückliche Bezugnahme auf den Schuldspruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde fehlt. So wird weder - im Sinne einer Entscheidung in der Sache selbst (§ 28 Abs. 2 VwGVG) - ausgesprochen, dass die Beschwerde im Übrigen, also hinsichtlich des Schuldspruchs, abgewiesen werde, noch, dass das Straferkenntnis im Ausmaß des Schuldspruchs bestätigt werde. Dies wird auch in der Begründung nicht unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, wenn ausgeführt wird, es wäre spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

25 Im Zusammenhalt mit der übrigen Begründung steht allerdings einer verständigen Deutung des angefochtenen Erkenntnisses dahin, dass der Schuldspruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde unverändert bestätigt wurde, nichts Entscheidendes entgegen.

26 3.3.2. Eine Verwaltungsübertretung begeht gemäß § 199 Abs. 1 erster Satz ÄrzteG 1998, wer eine der in den §§ 2 Abs. 2 und 3 umschriebene Tätigkeit ausübt, ohne hiezu nach diesem Bundesgesetz oder nach anderen gesetzlichen Vorschriften berechtigt zu sein, allerdings nur, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

27 Im Revisionsfall ist nicht festgestellt und wird auch nicht behauptet, dass der Revisionswerber, ein Nichtarzt, die ihm vorgeworfene Tätigkeit in Bezug auf eine größere Zahl von Menschen ausgeübt hat, weshalb es an einem der Tatbestandsmerkmale des § 184 StGB fehlt. Es geht im Revisionsfall daher ausschließlich um die Frage, ob das dem Revisionswerber angelastete Verhalten eine den Ärzten vorbehaltene Tätigkeit darstellt, was gemäß § 3 ÄrzteG 1998 der Fall wäre, wenn es sich um eine oder mehrere Tätigkeiten handelte, die in § 2 Abs. 2 ÄrztG 1998 durch eine Generalklausel umschrieben sind - nämlich Tätigkeiten, die auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründet (gemeint: gegründet) sind und unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt werden - und anschließend in den Z 1 bis 8 demonstrativ expliziert werden.

28 3.3.3. Das Verwaltungsgericht stützt sich, wie es selbst darlegt, auf die Judikatur des OGH zum Straftatbestand der Kurpfuscherei (§ 184 StGB) und macht sich diese zu eigen. Der Heranziehung solcher Judikatur steht grundsätzlich nichts entgegen, weil § 184 StGB ausdrücklich auf Tätigkeiten abstellt, die den Ärzten vorbehalten sind, womit die jeweilige Ausgestaltung des Ärztevorbehalts, wie er nunmehr in § 2 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit § 3 ÄrzteG 1998 zum Ausdruck kommt, auch für die strafgerichtliche Beurteilung wesentlich ist.

29 Dem Verwaltungsgericht ist einzuräumen, dass die Judikatur des OGH zu § 184 StGB den Kreis der den Ärzten vorbehaltenen Tätigkeiten sehr weit gefasst hat.

30 In seinem Urteil vom , 11 Os 99/83, hat der OGH die Auffassung vertreten, die Ausübung des ärztlichen Berufes umfasse nach § 1 Abs. 2 ÄrzteG 1949 u.a. die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen Krankheiten, Geistes- und Gemütskrankheiten, von Gebrechen oder Missbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur sind, und deren Behandlung. Dass jemand, der eine solche Tätigkeit entfaltet, entgegen dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 leg.cit. nicht nach "medizinischwissenschaftlichen Erkenntnissen" (Anm.: Diese Wendung war bereits zu diesem Zeitpunkt in der Legaldefinition des ärztlichen Berufs in § 1 Abs. 2 ÄrzteG 1949 enthalten) vorgeht, vermöge an der Tatbildlichkeit der Kurpfuscherei nach § 184 StGB nichts zu ändern, weil dieses Kriterium nur einem Gebot der ärztlichen Standespflicht Rechnung trage, aber nicht als Voraussetzung für die Zurechenbarkeit der unter den lit. a bis h des § 1 Abs. 2 ÄrzteG 1949 besonders bezeichneten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zur ärztlichen Berufsausübung aufzufassen sei. Diese Ansicht finde auch in der Fassung des Tatbestandes des § 184 StGB eine Stütze, weil von medizinisch nicht entsprechend ausgebildeten Personen von vornherein keine auf "medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete" (quasi-)ärztliche Tätigkeit erwartet werden könne. Auf der Basis dieser Rechtsauffassung sah der OGH eine "Behandlung" durch einen Nichtarzt, die darin bestand, dass dieser von Ratsuchenden abverlangte Münzen mit einem Wollfaden aus deren Kleidung in einen mit Wasser gefüllten Teller warf, nach einem Gebet und einem Blick in den Teller eine "Diagnose" erstellte, beim zweiten Besuch den bis auf die Unterwäsche entkleideten Ratsuchenden unter Gebeten die mit Tee befeuchteten Hände auf die angeblich kranken Körperstellen legte und dabei "rituelle Bewegungen" mit einem Messer ausführte, als tatbildlich an.

31 Dieser Rechtsauffassung folgte der OGH auch in seiner nachfolgenden Judikatur zu § 184 StGB in Verbindung mit § 1 Abs. 2 ÄrzteG 1984 und § 2 Abs. 2 ÄrzteG 1998. So wurde erneut ausdrücklich hervorgehoben, dass das Vorgehen nach "medizinischwissenschaftlichen Erkenntnissen" bei der allgemeinen Definition ärztlicher Tätigkeiten einem Gebot der ärztlichen Standespflicht Rechnung trage, für den Tatbestand der Kurpfuscherei jedoch unerheblich sei (vgl. : Erkennen von Krankheiten mit "Röntgenaugen" und Heilung bzw. Hilfe durch "Energieübertragung" sowie mittels "heilender" Hände). Auch die "Beratungen" von Ratsuchenden nach "Schilderung der Situation" und "Betrachtung der vorderen Augenabschnitte mittels Iriduskops" wurden vom OGH als Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen sowie als Beurteilung solcher Zustände bei Verwendung medizinisch-diagnostischer Hilfsmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 Z 1 und 2 ÄrzteG 1998 und somit als Ausübung des ärztlichen Berufs qualifiziert, wobei hervorgehoben wurde, dass selbst der Einsatz einer wissenschaftlich nicht anerkannten Untersuchungsmethode nichts daran ändere, dass schon die bloße Untersuchung auf das Vorliegen einer Krankheit den Ärzten vorbehalten sei (vgl. , mwN).

32 Wie das Verwaltungsgericht in seiner Begründung zutreffend ausführt, lag auch der älteren wettbewerbsrechtlichen Judikatur des OGH ein weiter Begriff der ärztlichen Tätigkeit zugrunde. So wurde die "Behandlung" durch einen Nichtarzt mittels Handauflegens als ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 ÄrzteG 1984 gewertet, die gemäß § 2 Abs. 1 ÄrzteG 1984 ausschließlich Ärzten vorbehalten sei (vgl. ), ebenso das Feststellen von Allergien durch "Auspendeln", deren "Auflösung" durch "Auspendeln" sowie das Aufschreiben und Empfehlen von Kräuterpräparaten und homöopathischen Präparaten (vgl. , bereits zum ÄrzteG 1998, unter Berufung auf Vorjudikatur, wonach das Erstellen einer Diagnose eine den Ärzten vorbehaltene Tätigkeit sei).

33 In weiterer Folge hat der OGH die Auffassung bekräftigt, dass die Erstellung einer Diagnose eine Ärzten vorbehaltene Tätigkeit sei (vgl. ; , 4 Ob 70/02a). Er hat allerdings zu erkennen gegeben, dass Bestrahlungen mit einer Mineralienlampe oder das Auflegen von Blütenessenzen ohne vorangehende Diagnose für sich allein keine auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse begründete Tätigkeit sei und nicht unter § 2 Abs. 2 Z 3 ÄrzteG 1998 falle (vgl. ; , 4 Ob 70/02a).

34 Ein erste Distanzierung von der bisherigen wettbewerbsrechtlichen Judikatur erfolgte mit dem Erkenntnis des . Der OGH hielt einerseits an seiner bisherigen Judikatur fest, dass die Erstellung einer Diagnose eine Ärzten vorbehaltene Tätigkeit sei. Bei der Beurteilung, ob das Verhalten eines Nichtarztes ein sittenwidriger Eingriff in den Ärztevorbehalt ist oder das Verhalten nicht geeignet ist, sich auf die Wettbewerbslage zwischen Ärzten und Nichtärzten auszuwirken, sei darauf abzustellen, welchen Eindruck der Ratsuchende vom Verhalten des Nichtarztes gewinnen müsse. Wer als Nichtarzt Untersuchungen - welcher Art immer - mit der erkennbaren Absicht vornehme, einem Ratsuchenden dadurch Auskünfte über das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Krankheiten oder krankhaften Störungen, Behinderungen oder Missbildungen zu erteilen, oder wer als Nichtarzt solche Auskünfte in Form einer Diagnose - auf welcher Erkenntnisquelle immer - erteile, erwecke den Anschein, ein Arztbesuch sei entbehrlich und verstoße gegen § 1 UWG. Ein solches Verhalten könne allerdings einer Person, die sich als "Energiebehandlerin" bezeichne, nicht vorgeworfen werden, die Besucher ihres Instituts für Geist- und Naturheilung ausdrücklich darauf hinweise, dass die von ihr durchgeführten "Aurainterpretationen" mittels Einhandrute keine Diagnose, Therapie oder Behandlung im medizinischen Sinn wären, sondern eine religiöse Handlung, die eine ärztliche Behandlung nicht ersetzte. Die "Körperenergiemessung" mittels Einhandrute, die Erklärung, es fehlte die "Energiebalance" und die Aufforderung, eine ärztliche Untersuchung in Anspruch zu nehmen, möge als "Untersuchung" im weitesten Sinn aufgefasst und damit ganz allgemein dem medizinischen Bereich zugeordnet werden können, orientiere sich nicht an wissenschaftlicher Methodik und genüge daher objektiv nicht dem Wissenschaftskriterium als Voraussetzung für eine Ärzten vorbehaltene Tätigkeit (Hinweis auf Mazal, Krankheitsbegriff und Risikobegrenzung (1992) 249). Es entstehe auch nicht der Eindruck, ein Besuch bei ihr ersetze den Arztbesuch.

35 Unter Aufrechterhaltung der Formel zum sittenwidrigen Eingriff in den Ärztevorbehalt wurde die gezielte Empfehlung homöopathischer Präparate in detailliert festgelegter Dosierung zur Bekämpfung körperlicher Symptome ohne zusätzlichen Hinweis auf die Notwendigkeit eines Arztbesuchs als ein solcher Eingriff gewertet (vgl. ).

36 Der Verfassungsgerichtshof hatte zu diesem Zeitpunkt bereits zum Ausdruck gebracht, dass er die Auffassung, Beratungs- und Behandlungsaktivitäten eines Arztes blieben selbst dann Teilakte ärztlicher Berufsausübung, wenn sie auch Teil jener Berufsentfaltung sein können, die für Nichtärzte gewerberechtlich erreichbar sei (etwa Methoden aus dem Berufsbild des freien Gewerbes "Hilfestellung zur Erreichung einer körperlichen und energetischen Ausgewogenheit"), in dieser Allgemeinheit nicht teile. Aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 im Zusammenhang mit § 3 Abs. 1 und 4 sowie § 199 ÄrzteG 1998 lasse sich ableiten, dass der Begriff der "Ausübung des ärztlichen Berufes" den Anwendungsbereich dieses Gesetzes definiere. Die Ausübung des ärztlichen Berufes sei die Summe der den Ärzten vorbehaltenen Tätigkeiten, die ihrerseits im Wesentlichen durch zwei Merkmale umschrieben seien, nämlich durch die wissenschaftliche Begründung der angewendeten Methoden und die Zugehörigkeit zur medizinischen Wissenschaft (ausdrückliche Bezugnahme auf Aigner/Kierein/Kopetzki, Ärztegesetz2 (2001) Rz 6 zu § 2). Dass eine in das Aufgabengebiet eines anderen Gesundheitsberufes fallende Tätigkeit eine gleichzeitige Zuordnung zur ärztlichen Berufsausübung nicht zwingend ausschließe, erlaube nicht den (bedingungslosen) Umkehrschluss, dass jede von einem Arzt durchgeführte Tätigkeit unter den Begriff der "Ausübung des ärztlichen Berufes" zu subsumieren sei. Die von Ärzten im Rahmen eines Gewerbes rechtmäßig ausgeübten Tätigkeiten unterlägen somit nicht dem Anwendungsbereich des ÄrzteG 1998 (vgl. VfSlg 16.962/2003). Diese Auffassung wurde im Erkenntnis VfSlg 17.203/2004 bekräftigt.

37 Eine weitere Abkehr von der bisherigen wettbewerbsrechtlichen Judikatur zum ärztlichen Vorbehaltsbereich vollzog der OGH mit dem Beschluss vom , 4 Ob 217/04x. Die Ausübung des ärztlichen Berufs umfasse die Summe der den Ärzten vorbehaltenen Tätigkeiten, die ihrerseits im Wesentlichen durch zwei Merkmale umschrieben seien, durch die wissenschaftliche Begründung der angewandten Methoden und die Zugehörigkeit zur medizinischen Wissenschaft. Wissenschaftliche Begründung bedeute die rational nachvollziehbare und überprüfbare Ableitung der Erkenntnisse aus empirisch nachweisbaren und offen gelegten hypothetischen Prämissen durch adäquate Methoden; die Zugehörigkeit zur medizinischen Wissenschaft könne anhand des Fächerkanons erschlossen werden (Hinweis auf Mazal, aaO 246ff; Heilegger, Ärztlicher Vorbehaltsbereich und Alternativmedizin: Versuch einer Ab- und Eingrenzung, RdM 1999, 135; Aigner/Kierein/Kopetzki, Ärztegesetz2 (2001) 3 mwN). Die ältere wettbewerbsrechtliche Judikatur habe bei der Abgrenzung der den Ärzten vorbehaltenen Tätigkeiten letztlich darauf abgestellt, ob der Ratsuchende den Eindruck gewinne, ein Arztbesuch sei entbehrlich. Dies könne jedoch für die Abgrenzung des ärztlichen Vorbehaltsbereichs nicht maßgebend sein, weil das Gesetz nach objektiven Kriterien bestimme, welche Tätigkeiten den Ärzten vorbehalten sind. Dabei sei die wissenschaftliche Begründung der angewendeten Methoden und die Zugehörigkeit zur medizinischen Wissenschaft maßgebend. Die Auslegung des Ärztevorbehalts im Zusammenhang mit § 184 StGB beruhe auf kriminalpolitischen Erwägungen, sie nehme das erst zu begründende Ergebnis vorweg, wenn mit dem Bestreben argumentiert wird, Kranke davon abzuhalten, eine den Ärzten vorbehaltene Tätigkeit bei Nichtärzten in Anspruch zu nehmen. Im Einklang mit der Judikatur der Verfassungsgerichtshofes (Hinweis auf VfSlg 16.962/2003) sei jedenfalls für den Bereich der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung davon auszugehen, dass die in § 2 Abs. 2 ÄrzteG 1998 genannten Tätigkeiten, wie die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen oder psychischen Krankheiten oder Störungen und die Behandlung solcher Zustände nur dann unter den Ärztevorbehalt fallen, wenn sie auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Der Begriff der "medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse" sei nicht mit dem der Schulmedizin gleichzusetzen. Wissenschaftlich fundiert könnten auch Methoden sein, die (noch) nicht Eingang in die Schulmedizin gefunden haben, wie die Homöopathie und die Akupunktur. Eine auf medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse gegründete Tätigkeit werde aber nur ausgeübt, wenn die angewendete Methode ein gewisses Mindestmaß an Rationalität aufweist und für die Durchführung das typischerweise durch das Medizinstudium vermittelte Wissen erforderlich ist. In diesem Sinn habe der OGH Bestrahlungen mit einer Mineralienlampe oder das Auflegen von Blütenessenzen ohne vorhergehende Diagnose nicht dem ärztlichen Vorbehaltsbereich zugerechnet (Hinweis auf 4 Ob 50/01h) und die Auffassung als mit guten Gründen vertretbar erachtet, dass die Messung eines Körperwerts über der Hautoberfläche unter Zuhilfenahme eines vollautomatischen Geräts, dessen Bedienung einfach ist und keinerlei medizinisches Fachwissen voraussetzt, nicht unter den Ärztevorbehalt falle (Hinweis auf ; Venenfunktionsprüfung in Apotheken mittels Lichtreflexion).

38 Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das zuletzt dargestellte Erkenntnis des OGH erfolgte auch eine Änderung der strafgerichtlichen Judikatur zu § 184 StGB. In seinem Urteil vom , 9 Bs 254/05d, schloss sich das OLG Graz der neueren wettbewerbsrechtlichen Judikatur des OGH an. Nur soweit die Anwendung eines Alternativverfahrens auch die durch das Medizinstudium vermittelten umfassenden Kenntnisse erfordere, basiere eine angewendete Methode auf "medizinischwissenschaftlichen Erkenntnissen" im Sinne des § 2 Abs. 2 ÄrzteG 1998 und sei dem ärztlichen Vorbehaltsbereich zuzurechnen. Dementsprechend erfüllten "Geistheiler" und "verwandte Methoden" nicht einmal das Kriterium der Mindestrationalität, geschweige denn sei das Beherrschen des durch das Medizinstudium vermittelten Wissens erforderlich, weshalb sie auch nicht in den ärztlichen Vorbehaltsbereich fielen (Hinweis auf Heilegger, aaO 135;Schwartz, Von Exorzisten und Heilpraktikern: Geistheilungen rechtlich betrachtet, RdM 1999 13). Dem entsprechend sei - fallbezogen - "Energiebehandlungen" mittels "Magnetic Healing", "Meisterenergie von Magnetic Healing und der Energetischen Meridiantherapie", "Psychical Healing" sowie "Fernbehandlung", die sich objektiv bloß durch Berühren verschiedener Körperregionen, Herumwischen, Wegwischen einer roten Flüssigkeit sowie Beten und fallweises Massieren manifestierten, weder das Kriterium der Mindestrationalität zuzuerkennen, noch sei dafür das Beherrschen durch das Medizinstudium vermittelten Wissens erforderlich.

39 Im Beschluss vom , 4 Ob 256/05h, bestätigte der OGH seine neue Judikaturlinie, wonach eine auf medizinischwissenschaftlichen Erkenntnissen gegründete Tätigkeit nur ausgeübt werde, wenn die angewendete Methode ein gewisses Mindestmaß an Rationalität aufweist und für ihre Durchführung das typischerweise durch das Medizinstudium vermittelte umfassende Wissen erforderlich ist. Dass ein Nichtarzt einer an einem Ekzem leidenden Ratsuchenden zu einer histaminfreien Diät riet und sich anbot, eine Salbe zur Behandlung zu mischen, wurde als Tätigkeit gewertet, wie sie auch ein Arzt ausübe und die regelmäßig auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhe, weshalb eine solche Tätigkeit als Behandlung im Sinne des § 2 Abs. 2 Z 3 ÄrzteG 1998 unter den Ärztevorbehalt falle. Hingegen beruhe ein Hinweis eines Nichtarztes auf Krankheiten und gesundheitliche Störungen ohne vorhergehende Untersuchung regelmäßig nicht auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen und falle nicht unter den Ärztevorbehalt. Gleiches gelte für eine "Untersuchung", aus der keine Schlüsse gezogen werden, wie das Beleuchten von Fingernägeln mit einer Stablampe, das Leuchten in den Rachenraum und "energetische Kontaktaufnahme" durch Berühren der Haut.

40 Im Beschluss vom , 4 Ob 151/06v, wurde die ältere Judikatur - u.a. unter Hinweis auf OLG Graz 9 Bs 254/05d zu § 184 StGB - bereits für "überholt" erklärt. Einer "Irisdiagnose" fehle von vornherein das Mindestmaß an Rationalität, das für die Annahme einer den Ärzten vorbehaltenen Tätigkeit erforderlich sei. Das typischerweise in einem Medizinstudium vermittelte umfassende Wissen sei für die Irisdiagnose völlig irrelevant. Hervorgehoben wurde, dass sich die Wissenschaftlichkeit einer Methode auch nicht allein daraus ergeben könne, dass sie einer Widerlegung zugänglich (falsifizierbar) ist, denn nach diesem Kriterium müsste auch jede andere pseudomedizinische Methode als wissenschaftlich angesehen werden, wenn nur eine empirische Untersuchung ergibt, dass sie keine nachweisbaren Heil- und/oder Diagnoseerfolge hat, das wäre auch bei Handauflegen oder Geisterbeschwörungen möglich.

41 Im Beschluss vom , 4 Ob 155/10p, wurde schließlich, die Judikatur knapp zusammenfassend, ausgeführt, dass Behandlungsmethoden nur dann in den ärztlichen Vorbehaltsbereich fielen, wenn sie ein gewisses Mindestmaß an Rationalität aufweisen und für ihre Durchführung das typischerweise durch ein Medizinstudium vermittelte umfassende Wissen erforderlich ist. Ein solches Wissen sei aber unabhängig von der Rationalität der Methode dann notwendig, wenn eine auf den Körper einwirkende Behandlungsmethode bei Durchführung ohne vorherige ärztliche Abklärung mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko verbunden ist. Unter dieser Voraussetzung, die etwa bei der Anwendung der sog. "AtlasProfilax Methode" (spezielle Nackenmassage und Behandlung des Nackens mit einem Vibrationsgerät, vgl. ) vorliege, sei zumindest die Anordnung der Methode den Ärzten vorbehalten.

42 3.3.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich, wie die Revision zutreffend hervorhebt, bereits im Erkenntnis vom , 2008/11/0038, der dargestellten neueren Judikatur des OGH ausdrücklich angeschlossen. Der Revisionsfall gibt keinen Anlass, von dieser Rechtsauffassung abzugehen.

43 Die Abgrenzung des ärztlichen Vorbehaltsbereichs ist

grundsätzlich nur nach objektiven Kriterien vorzunehmen. Maßgebend

für die Zugehörigkeit einer Tätigkeit zum ärztlichen

Vorbehaltsbereich ist demnach, ob die angewendete Methode ein

gewisses Mindestmaß an Rationalität aufweist und für die

Durchführung das typischerweise durch ein Medizinstudium

vermittelte umfassende Wissen erforderlich ist

(vgl. Aigner/Kierein/Kopetzki, Ärztegesetz3 (2007)

§ 2 Anm 6). Die in der älteren strafgerichtlichen Judikatur zu

§ 184 StGB vertretene Auffassung, die schon dem ÄrzteG 1949

eigentümliche und (nunmehr) in § 2 Abs. 2 ÄrzteG 1998 enthaltene Wendung "auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete" sei für die Abgrenzung des ärztlichen Vorbehaltsbereichs irrelevant, weil sie nur eine Standespflicht normiere, ist mit dem Wortlaut schlicht unvereinbar (sie wird auch, soweit ersichtlich, in der neueren Lehre nicht mehr vertreten; vgl. Murschetz in Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, § 184 Rz 3; Manhart in SbgK § 184 Rz 10, wonach entscheidend sei, ob für die jeweilige Tätigkeit medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse erforderlich sind). Auch die Gesetzesmaterialien zum ÄrzteG 1949 (insbesondere zur Novelle BGBl. 50/1964) sowie zum ÄrzteG 1998 bieten keinen Hinweis darauf, dass die genannte Wendung für die Legaldefinition der ärztlichen Tätigkeit - und damit für den sich aus der Summe der ärztlichen Tätigkeiten ergebenden ärztlichen Vorbehaltsbereich - ohne Belang wäre.

44 3.3.5. Für den Revisionsfall ergibt sich daraus Folgendes:

45 3.3.5.1. Sowohl nach der vom Verwaltungsgericht übernommenen und bestätigten Tatumschreibung als auch nach dessen Feststellungen bestand das zu beurteilende Verhalten des Revisionswerbers bei der als "Energieübertragung" bezeichneten "Behandlung" von Frau B. darin, dieser unter Beten mit den Händen beginnend von den Füßen bis zum Kopf hinauf zu streichen. Dass dabei spezieller Druck im Sinne einer besonderen manipulierenden Tätigkeit ausgeübt worden wäre, hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt.

46 Im Lichte der dargestellten Judikatur gibt es auf der Grundlage dieser Feststellungen keinen Hinweis darauf, dass für die Durchführung einer solchen "Behandlung" das typischerweise durch ein Medizinstudium vermittelte umfassende Wissen erforderlich ist oder diese Methode ein Mindestmaß an Rationalität im oben dargestellten Sinn aufweist.

47 3.3.5.2. Soweit sich das Verwaltungsgericht die Tatumschreibung des Straferkenntnisses zu eigen gemacht hat und dem Revisionswerber auch vorwirft, er habe Frau B. die Heilung versprochen, steht dies im Übrigen auch in einem Widerspruch zu den Sachverhaltsfeststellungen des Verwaltungsgerichtes, denen zufolge nicht habe festgestellt werden können, dass der Revisionswerber die Heilung konkret versprochen hätte.

48 3.3.5.3. Soweit sich das Verwaltungsgericht in seiner rechtlichen Würdigung auf seine in freier Beweiswürdigung (von Aussagen des Ehemannes von Frau B.) gewonnene Feststellung stützt, der Revisionswerber habe Frau B. von einer Chemotherapie abgeraten, ist ihm entgegenzuhalten, dass dieses Verhalten in der Tatumschreibung nicht angelastet wurde. Auf die Frage, ob dieses nicht näher festgestellte "Abraten" seinerseits in den ärztlichen Vorbehaltsbereich fallen könnte, braucht im Revisionsfall daher nicht eingegangen zu werden.

49 3.3.6. Das angefochtene Erkenntnis war aus diesen Erwägungen wegen Verkennung der Rechtslage gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

50 4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RO2017110018.J00

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