VwGH 24.10.2017, Ro 2017/10/0032
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | Ein Mangel der Partei- und Prozessfähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen. |
Normen | |
RS 2 | Beim geltend gemachten Recht auf Gewährung einer Sozialhilfeleistung in Form eines Kostenzuschusses zu einer 24- Stunden-Betreuung - und daher auch beim Recht auf meritorische Erledigung dieses Antrages - handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht (vgl. B , 2011/10/0020; B , 2006/10/0033). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2013/10/0189 B RS 1 |
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RS 3 | § 33 Abs. 1 VwGG lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem VwGH versteht. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, ist diese unzulässig, fällt die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens (vgl. B , 2011/03/0228; B , 2013/03/0111; B , Ro 2015/03/0028). Diese Überlegungen über das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses als Voraussetzung für eine zulässige Beschwerdeerhebung können auch auf das Verfahren vor dem VwG übertragen werden (vgl. E , Ra 2015/11/0027). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2017/07/0014 B RS 2 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Bezirkshauptmannschaft Liezen, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom , Zl. LVwG 47.2-1376/2017-8, betreffend Sozialhilfe (mitbeteiligte Partei: ruhender Nachlass nach M), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
2 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch bei Amtsrevisionen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG zulässig. Als "unverhältnismäßiger Nachteil für den Revisionswerber" ist dabei eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen als Folge einer Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses in die Wirklichkeit zu verstehen. Insoweit treten diese öffentlichen Interessen im Falle einer Amtsrevision bei der vorzunehmenden Interessenabwägung an die Stelle jener Interessenlage, die sonst bei einem "privaten" Revisionswerber als Interesse an dem Aufschub des sofortigen Vollzugs der angefochtenen Entscheidung in die Abwägung einfließt (vgl. , mwN).
3 In diesem Zusammenhang obliegt es der eine Amtsrevision erhebenden Partei, bereits im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jene Umstände im Einzelnen darzutun, aus denen sich ein solcher "unverhältnismäßiger Nachteil" ergibt (vgl. , mwN).
4 Derartige Darlegungen enthält der vorliegende, keine Begründung aufweisende Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung allerdings nicht, sodass diesem nicht stattzugeben war.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Liezen gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom , Zl. LVwG 47.2-1376/2017-8, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen - der nunmehrigen Revisionswerberin - vom wurde der Antrag von M K auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes "in Form eines Kostenzuschusses zu den monatlichen Kosten der 24-Stunden-Betreuung" abgewiesen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom wurde einer dagegen von M K erhobenen Beschwerde Folge gegeben und dieser gemäß § 9 Abs. 2 lit. a Steiermärkisches Sozialhilfegesetz (Stmk. SHG) ein monatlicher Zuschuss zur 24-Stunden-Betreuung ab Oktober 2016 in näher genannter Höhe gewährt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
3 Den Ausspruch nach § 25a VwGG begründete das Verwaltungsgericht damit, dass es sich bei der Frage, "ob für eine 24-Stunden-Betreuung ein Rechtsanspruch in Form der mobilen Pflege" nach § 9 Abs. 2 Stmk. SHG bestehe, um eine grundsätzliche Rechtsfrage handle, zu der es noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gebe.
4 Gegen dieses - der Bezirkshauptmannschaft Liezen am zugestellte - Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision der belangten Behörde, die den Ausführungen zum Umfang der Anfechtung nach den mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses erfolgten Zuspruch von Sozialhilfe zur Gänze anficht.
5 Das Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
6 Der vorliegenden - zulässigen - Amtsrevision kommt im
Ergebnis schon aus folgenden Gründen Berechtigung zu:
7 Nach dem vorliegenden Akteninhalt ist M K am -
sohin vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses - verstorben.
Ein Mangel der Partei- und Prozessfähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG, 1. Teilband,
2. Ausgabe 2014, Rz 2 und 5 zu § 9, und die dort zitierte hg. Judikatur).
8 Beim von M K mit dem verfahrenseinleitenden Antrag geltend gemachten Recht auf Gewährung einer Sozialhilfeleistung in Form eines Kostenzuschusses zu einer 24-Stunden-Betreuung handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht. In höchstpersönliche Rechte des Verstorbenen findet eine Rechtsnachfolge nicht statt, weshalb die Fortsetzung des Verfahrens über solche Rechte durch die Verlassenschaft oder die Erben des Verstorbenen nicht in Betracht kommt (vgl. hinsichtlich eines Kostenzuschusses zu einer 24- Stunden-Betreuung nach dem Wiener Sozialhilfegesetz , mwN). Gegenteiliges ergibt sich für einen Anspruch wie den hier geltend gemachten auch nicht aus dem Stmk. SHG (vgl. für stationäre Einrichtungen hingegen § 13 Abs. 6 Stmk. SHG).
9 Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass sich § 33 Abs. 1 VwGG entnehmen lasse, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof versteht. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, ist diese unzulässig, fällt die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens. Der Verwaltungsgerichtshof hat ebenfalls zum Ausdruck gebracht, dass diese Überlegungen über das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses als Voraussetzung für eine zulässige Beschwerdeerhebung auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht übertragen werden können (vgl. , mwN).
10 Demnach kam infolge des Todes von M K während des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ein Zuspruch einer Sozialhilfeleistung in Form eines Kostenzuschusses zu einer 24- Stunden-Betreuung nicht mehr in Betracht. Vielmehr wäre das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht einzustellen gewesen.
11 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | VwGG §30 Abs2; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2017:RO2017100032.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAE-94449