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VwGH vom 19.12.2017, Ro 2017/08/0011

VwGH vom 19.12.2017, Ro 2017/08/0011

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätin Dr. Julcher sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Stickler als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des Arbeitsmarktservice Graz West und Umgebung gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , G305 2146554- 1/10E, betreffend Notstandshilfe (mitbeteiligte Partei: P N, in K), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Begründung

1 Mit dem im Instanzenzug ergangenen in Revision gezogenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht ausgesprochen, dass dem Mitbeteiligten "aufgrund des Antrages mit Notstandshilfe gebührt" und dass eine Revision gegen dieses Erkenntnis gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei, weil Rechtsprechung zu § 81 Abs. 10 AlVG fehle.

2 Der Mitbeteiligte sei 53 Jahre alt und habe seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet. Er habe den Beruf eines KFZ-Mechanikers erlernt und sei bis zum bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt gewesen. Vom bis zum habe er eine selbständige Tätigkeit ausgeübt. Er habe in Gratkorn ein Kaffeehaus betrieben und ein Gewerbe für die Aufstellung von Geldspielautomaten ausgeübt, die er an 30 verschiedenen Standorten aufgestellt habe. Er sei in diesem Zeitraum gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 und Z 3 GSVG in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach dem GSVG pflichtversichert gewesen. Im Anschluss daran weise er keine Beschäftigungszeiten auf.

3 Am habe der Mitbeteiligte bei dem revisionswerbenden Arbeitsmarktservice (im Folgenden: AMS) vorgesprochen und bekannt gegeben, dass er ab einen Auslandsaufenthalt in Spanien plane. Der Notstandshilfebezug habe am geendet. Der Mitbeteiligte sei in der Folge von bis zur Jahresmitte 2012 in Marokko erwerbstätig gewesen und in diesem Zeitraum weder einer Krankenversicherung noch einer Pensionsversicherung unterlegen. Ab Mitte des Jahres 2012 bis November 2016 habe er sich mit Unterbrechungen in Ungarn aufgehalten, um dort einer "planerischen Tätigkeit im Hinblick auf ein Leben als Selbstversorger" nachzugehen. Auch während dieses Auslandsaufenthaltes sei er weder kranken- noch pensionsversichert gewesen. Er sei vom bis November 2016 keiner Ausbildung nachgegangen und habe während dieser Zeit auch keine Leistungen wegen Arbeitslosigkeit oder Kindererziehung bezogen. Nach der Rückkehr aus Ungarn habe er am einen Antrag auf Zuerkennung von Notstandshilfe gestellt.

4 In rechtlicher Hinsicht vertrat das Verwaltungsgericht die Auffassung, die in § 37 erster Satz AlVG festgelegte Frist von fünf Jahren für die Gewährung des Fortbezugs der Notstandshilfe nach deren Unterbrechung werde im Sinn des zweiten Satzes der genannten Bestimmung gemäß § 81 Abs. 10 AlVG um die Zeitspanne der krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit des Mitbeteiligten nach dem GSVG vom bis zum verlängert, sodass ihm Notstandshilfe zustehe.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision. Der Mitbeteiligte hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Die Revision ist aus dem vom Verwaltungsgericht genannten

Grund zulässig.

7 Gemäß § 37 AlVG in der zeitraumbezogen anzuwendenden

Fassung BGBl. I Nr. 82/2008 kann dem Arbeitslosen, wenn er den Bezug der Notstandshilfe unterbricht, innerhalb von fünf Jahren - gerechnet vom Tag des letzten Bezuges der Notstandshilfe - deren Fortbezug gewährt werden, wenn er die sonstigen Bedingungen für die Gewährung der Notstandshilfe erfüllt. Nach dem zweiten Satz der genannten Gesetzesstelle verlängert sich die vorstehende Frist um Zeiträume gemäß § 15 und gemäß § 81 Abs. 10 AlVG.

8 Strittig ist, ob der Zeitraum vom bis zum in Anbetracht des am gestellten Fortbezugsantrags die Voraussetzungen des § 37 zweiter Satz AlVG erfüllt.

9 Nach der zu § 15 Abs. 1 AlVG ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verlängert sich unter anderem die Rahmenfrist nach § 14 Abs. 1 AlVG, wenn innerhalb dieser Frist einer oder mehrere der in § 15 AlVG erschöpfend aufgezählten Tatbestände liegt (liegen) oder in sie hineinreicht (hineinreichen), zunächst um den dem jeweiligen Tatbestand entsprechenden Zeitraum. Ragt in die so verlängerte Rahmenfrist ein weiterer rahmenfristerstreckender Zeitraum hinein, so verlängert sich die Rahmenfrist neuerlich um den Zeitraum, der diesem weiteren Tatbestand entspricht (vgl. , mwN).

10 Dieselben Grundsätze müssen nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch für eine Verlängerung der Fortbezugsfrist gemäß § 37 zweiter Satz AlVG durch Zeiträume gemäß § 15 und gemäß § 81 Abs. 10 AlVG gelten.

11 Im Sinne des sachverhaltsbezogen in Betracht kommenden § 15 Abs. 5 AlVG in der hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 104/2007 verlängert sich die Fortbezugsfrist (unbegrenzt) um Zeiträume einer der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegenden oder gemäß § 5 GSVG von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung ausgenommenen Erwerbstätigkeit, wenn davor mindestens fünf Jahre einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung liegen. In den übrigen Fällen verlängert sich die Fortbezugsfrist um höchstens fünf Jahre um Zeiträume einer der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegenden oder gemäß § 5 GSVG von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung ausgenommenen Erwerbstätigkeit.

12 Die Verlängerung der fünfjährigen Frist iSd § 37 erster Satz AlVG (hier: vom Beginn des bis zum Ablauf des ) setzt nach dem Gesagten voraus, dass der Zeitraum der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG in ihr liegt oder in sie hineinreicht, was in Anbetracht des Pflichtversicherungszeitraums vom bis zum nicht der Fall ist. Dieser kann keine Verlängerung der Fortbezugsfrist bewirken.

13 Für Personen, die vor dem sowohl Versicherungszeiten in der Arbeitslosenversicherung erworben haben, als auch Zeiträume einer krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nach dem GSVG oder BSVG aufweisen, verlängert sich gemäß § 81 Abs. 10 AlVG in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2007 die Rahmenfrist um Zeiträume einer krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nach dem GSVG oder BSVG. Auch diese Bestimmung kann nicht so verstanden werden, dass die fünfjährige Fortbezugsfrist des § 37 erster Satz AlVG durch Zeiträume einer krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nach dem GSVG oder BSVG, die weder innerhalb der Fortbezugsfrist liegt noch in diese hineinreicht, verlängert werden könnte.

14 Das angefochtene Erkenntnis war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Wien, am