VwGH vom 22.11.2018, Ro 2017/07/0033

VwGH vom 22.11.2018, Ro 2017/07/0033

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revisionen

1. der Gemeinde Neustift im Stubaital (Ro 2017/07/0033), vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, sowie Dr. Lothar Stix in 1010 Wien, Kärntnerstraße 10/5, sowie

2. des Österreichischen Alpenvereins in Innsbruck (Ro 2017/07/0034),

3. des Deutschen Alpenvereins in München (Ro 2017/07/0035), und

4. des Umweltdachverbandes (UWD) in Wien (Ro 2017/07/0036), diese vertreten durch Dr. Andreas König, Dr. Andreas Ermacora, Dr. Barbara Lässer, Dr. Christian Klotz, Mag. Claudia Lantos und MMag. Mathias Demetz, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Erlerstraße 4,

gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W104 2134902-1/101E, betreffend die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Speicherkraftwerkes nach dem UVP-G 2000 (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Tiroler Landesregierung; mitbeteiligte Partei: T AG, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 19), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der zu Ro 2017/07/0033 revisionswerbenden Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 und den zu Ro 2017/07/0034 bis 0036 revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 I.

2 Mit Bescheid vom erteilte die Tiroler Landesregierung (in weiterer Folge: UVP-Behörde) der mitbeteiligten Partei die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des Vorhabens Speicherkraftwerk K (SKW K) nach dem UVP-G 2000 sowie weiteren materienrechtlichen Bestimmungen unter Vorschreibung zahlreicher Nebenbestimmungen.

3 Über die dagegen - unter anderem - von den revisionswerbenden Parteien eingebrachten Beschwerden entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mehrtägigen mündlichen Verhandlung mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis vom . Das BVwG änderte unter Spruchpunkt A) den angefochtenen Bescheid insofern ab, als näher bezeichnete Auflagen umformuliert und neue Auflagen eingefügt wurden. Im Übrigen wurden die Beschwerden abgewiesen.

4 Unter Spruchpunkt B) erklärte das BVwG die Revision für zulässig.

5 Das BVwG stellte zum Vorhaben fest, es sollten in den nordwestlichen Stubaier Alpen, südlich des Inntals zwischen dem Ötztal und dem Stubaital, in einer Seehöhe von durchwegs über

1.900 m zu den bestehenden Anlagen der Kraftwerksgruppe S der mitbeteiligten Partei - bestehend insbesondere aus dem unteren Speicher Längental und dem oberen Speicher Finstertal samt Beileitungen sowie dem Pumpspeicherkraftwerk K und dem Kraftwerk S - ein weiteres Pumpspeicherkraftwerk K 2 sowie ein weiterer Speichersee K samt Beileitungen aus dem hinteren Stubaital und dem hinteren Sulztal (Ötztal) errichtet werden. Das Vorhaben erstrecke sich auf die Gemeinden Silz, Längenfeld, Neustift im Stubaital, Umhausen, Ötz, Haiming, Sautens, Stams und Langkampfen; Teile des Vorhabens befänden sich im Ruhegebiet Stubaier Alpen.

6 In weiterer Folge traf das BVwG zu einzelnen Aspekten des Vorhabens Feststellungen, denen eine Darstellung des Themas, des diesbezüglichen Vorbringens der revisionswerbenden Parteien in ihren Beschwerden, des Inhalts dazu eingeholter Gutachten und erstatteter Stellungnahmen sowie beweiswürdigende Erwägungen vorangehen (Unterstreichungen im Original).

7 Zuerst befasste sich das BVwG mit dem "Öffentlichen Interesse am Vorhaben, und der effizienten Wassernutzung" und unter dem Titel "Keine andere wesentlich bessere Umweltoption" mit möglichen Varianten zum Projekt. Dabei hätten sich keine Optionen ergeben, die die nutzbringenden Ziele des Vorhabens zu zumutbaren Kosten so erreichten, dass sich wesentlich geringere negative Auswirkungen oder wesentlich mehr positive Auswirkungen auf die Umwelt ergäben. Weiters stellte es die "Auswirkungen auf Oberflächengewässer" näher dar und befasste sich mit den Aspekten von "Gletscherschmelze, Klimawandel, Wasserdargebot" zum einen sowie "Geologie, Grundwasser, Naturgefahren" zum anderen. Das BVwG traf daran anschließend begründete Feststellungen zu den Bereichen der "Siedlungswasserwirtschaft" und des "Lärms".

8 Unter dem Titel "Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Ökosysteme, Naturhaushalt" befasste es sich mit den Auswirkungen im Zusammenhang mit dem Speicher im Längental, mit den Wasserfassungen und letztlich mit dem Artenschutz.

9 Unter anderem heißt es dort, im Bereich der permanent vom Speicher beanspruchten Flächen lägen ca. 2,12 ha an Moorflächen. Diese würden als "Niedermoor - Kleinseggenbestand - sauer" klassifiziert. Die vorliegenden Bestände seien weitgehend von der Braunsegge bestimmt (Braunseggen-Niedermoore), wobei durchaus unterschiedliche Ausprägungen etwa mit einem höheren Torfmoosanteil (im nördlichen flacheren Bereich) oder solche mit Wollgras vorlägen. Aufgrund des geringen Nutzungsdrucks seien diese Moore im Vergleich zu anderen ähnlichen Moorstandorten im Bereich Kühtai-Sellrain (z.B. im Fotschertal) in einem sehr guten naturkundefachlichen Zustand, während an den anderen Standorten meist durch einen starken Beweidungsdruck eine deutliche Vorbelastung vorliege.

10 Die Eingriffe, die durch den Speicher in Bezug auf die betroffenen Lebensraumtypen entstünden, seien im Wesentlichen als Totalverlust für das Schutzgut Pflanzen und deren Lebensräume zu bewerten. Ebenso seien die Habitatverluste bei der Bewertung der Auswirkungen auf die untersuchten Tiergruppen berücksichtigt.

11 Unter Berücksichtigung der Sensibilität der vorliegenden Flora und Fauna ergäben sich damit zum Teil sehr hohe Eingriffsintensitäten, dies entspreche damit der höchsten vorgesehenen Bewertung im (vom BVwG) gewählten Bewertungssystem.

12 Anders als die Talräume weise die subalpine und alpine Höhenstufe, in welcher der Speicher im Längental geplant sei, in Tirol noch zahlreiche Naturräume mit geringen anthropogenen Vorbelastungen auf. Solche Vorbelastungen in einem größeren Ausmaß seien lokal nur durch Schigebiete gegeben. Der vom geplanten Speicher beanspruchte Bereich zeichne sich durch einen sehr vielfältigen Lebensraumkomplex aus, in dem die einzelnen Elemente zusammenwirkten. Für zahlreiche Arten sei das Vorhandensein solcher Lebensraumkomplexe ausschlaggebend, zB für Amphibien - Laichhabitate, Nahrungshabitate, Überwinterungsbereiche. Die unterschiedlichen Lebensraumtypen im Längental hingen zum Teil funktional voneinander ab (zum Beispiel Abflussdynamik der Fließgewässer, Dotierung der Stillgewässer, Dynamik der Uferbereiche, Quellaustritte als Wasserversorgung der Niedermoore, Silikatfelsen, Schuttfluren).

13 Ein solcher Lebensraumkomplex mit all den funktionalen Abhängigkeiten lasse sich in der Praxis nicht einfach rekonstruieren, insbesondere wenn die große Eingriffsfläche berücksichtigt werde. Einzelne Elemente benötigten Jahrzehnte bis Jahrhunderte (Moore), um sich zu entwickeln. Zudem müssten Flächen, auf denen eine hohe Ausgleichswirkung erzielt werden könnte, bereits stark vorbelastet sein, was im subalpinen Bereich eher die Ausnahme darstelle. Aus diesem Grund sei für einige Tiergruppen, die besonders auf Habitatkomplexe angewiesen seien, eine Wiederherstellbarkeit dieser Komplexe kaum möglich. Aufgrund der großen Ausdehnung der permanenten Eingriffsfläche im Bereich des Speichers und der genannten Faktoren werde es nicht möglich sein, für die unmittelbar betroffenen lokalen Populationen einen Ausgleich mit engem räumlichen und funktionalen Zusammenhang zu schaffen.

14 Flachere Gewässerabschnitte in der subalpinen Höhenstufe der Stubaier Alpen, in deren nordwestlichen Teil der Speicher geplant sei, zeichneten sich natürlicherweise meistens durch schotterreiche Verzweigungsstrecken aus. Ein mit einem Moor verzahnter mäandrierender Hochgebirgsbach trete vergleichsweise selten auf und sei für die Stubaier Alpen nur an vier Gewässerabschnitten bekannt, wobei zumindest an einem Abschnitt (Oberlauf Fotscherbach) eine starke anthropogene Vorbelastung durch Weidebetrieb vorliege. Eine extensive Nutzung gemeinsam mit dem seltenen Gewässertyp dürfte weit seltener zu finden sein. Die vier Abschnitte in den Stubaier Alpen (Längentalbach, Fotscherbach, Finstertalbach, Falbesonderbach) seien durchwegs deutlich kürzer als 1 km. Unter der Annahme, dass auch andere mäandrierende Hochgebirgsbachabschnitte nicht wesentlich länger seien, und verglichen mit dem gesamten Gewässernetz in Österreich (Berichtsgewässernetz: 39.297 km laut Homepage Umweltbundesamt) sei der Anteil an mäandrierenden Hochgebirgsbächen damit sehr gering und der Gewässertyp auch ohne Berücksichtigung allfälliger Vorbelastungen als sehr selten anzusprechen.

15 In der Roten Liste der gefährdeten Biotoptypen Österreichs sei der Biotoptyp "mäandrierender Hochgebirgsbach" als "stark gefährdet" eingestuft.

16 Diese Feststellungen ergäben sich aus dem naturkundefachlichen Gerichtsgutachten vom , das von keiner Partei bestritten worden sei.

17 Dennoch sei festzustellen, dass der Gewässertyp 2-5-1 (Unvergletscherte Zentralalpen, Seehöhe über 1600 m, Einzugsgebiet unter 10 km2), zu dem der zerstörte Gewässerabschnitt des Längentalbaches gehöre, allein in Tirol über 200, in ganz Österreich an die 500 Flusskilometer aufweise, wobei in Tirol 17, in ganz Österreich 53 Gewässerabschnitte die hier zutreffende Typausprägung "Verebnungsabschnitte mit Mäanderbildung" aufwiesen. Dies ergebe sich aus dem gewässerökologischen Gerichtsgutachten vom .

18 Das BVwG befasste sich anschließend mit den "Auswirkungen der Wasserfassungen" und traf schließlich im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung nähere Feststellungen zu einzelnen Vogelarten (Schneehuhn, Birkhuhn, Wiesenpieper, Tannenhäher, Ringdrossel, Fitis, Sperlingskauz, Turmfalke, Bergpieper, Steinschmetzer, Steinhuhn, Alpenbraunelle, Alpendohle, Schneefink/Schneesperling, Bachstelze, Wasseramsel, Gebirgsstelze) sowie zu Tierarten gemäß Anhang IV der FFH-Richtlinie (Zwergfledermaus, Alpensalamander, Sudeten-Mohrenfalter). Demnach würde absichtliches Töten oder die Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eier hintangehalten bzw. komme es zu keinen erheblichen Störungen mit negativen Effekten auf das Populationsniveau. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände würden nicht verwirklicht (wird jeweils näher dargelegt).

19 Das BVwG führte zu den "Auswirkungen auf den Boden" aus, die einzige Bodenfunktion, die der Stausee im Wesentlichen übernehmen könne, sei das Retentionsvermögen. Somit gingen praktisch alle anderen Bodenfunktionen hoch sensibler Böden im Ausmaß von 42,29 ha und mäßig sensibler Böden im Ausmaß von 14,45 ha, insgesamt somit 56,74 ha bzw. knapp 92 % der gesamt beanspruchten Bodenfläche, verloren, und das ohne Ausgleichsmöglichkeit. Ein geringer Anteil von 3,69 % gelte als sehr hoch sensibel - davon würden 2,67 ha ausgeglichen - 14,45 ha seien mäßig sensibel. Diese sei jedenfalls trotz Ausgleichsmaßnahmen ein hoher quantitativer Verlust.

20 Die Übernahme des Wasserrückhaltevermögens durch den Speichersee mildere zwar den Verlust der sonstigen Bodenfunktionen etwas ab, es verblieben aber wesentliche Auswirkungen. Dies ergebe sich aus dem Gerichtsgutachten Boden und Landwirtschaft vom .

21 Das BVwG traf weiters näher begründete Feststellungen zu den "Auswirkungen auf das Landschaftsbild und den Erholungswert der Landschaft" und den "Auswirkungen auf Raumordnung und Erholungsnutzung."

22 In Bezug auf "Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen" stellte das BVwG ua fest, für den Verlust von Mooren und hochwertigen Feuchtlebensräumen im Längental seien im Projekt bereits einige näher dargestellte Maßnahmen vorgesehen, die als Ausgleichsmaßnahmen im engen räumlichen Konnex einen Ausgleich für den unvermeidbaren Verlust darstellten.

23 Es traf näher begründete Erwägungen zur Bewertung der Kompensationsmaßnahmen nach den Vorgaben des Anwendungshandbuches zum "Kriterienkatalog Wasserkraft in Tirol" vor dem Hintergrund der Auswirkungen des "Weser-Urteils" des EuGH (vom , C- 461/13) und erläuterte die hinter den - nun in den Spruchpunkten A.I.5. und A.I.6. (des in Revision gezogenen Erkenntnisses) - vorgeschriebenen Maßnahmen stehenden Überlegungen.

24 Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung nahm das BVwG zuerst zu verschiedenen verfahrensrechtlichen Aspekten (mündliche Verhandlung, Parteiengehör, Änderungen des Genehmigungsantrages, Abweisung gemäß § 5 Abs. 6 UVP-G 2000, Plausibilitätsprüfung, Sachverständigengutachten) Stellung. Zum "Untersuchungsraum" führte es aus, Aufgabe des UVP-Verfahrens, der Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) und des Umweltverträglichkeitsgutachtens sei die Feststellung, Beschreibung und Bewertung erheblicher Umweltauswirkungen und die Prüfung von Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung solcher Auswirkungen. Entscheidend für die Abgrenzung des Untersuchungszeitraumes sei somit die Erheblichkeit der Auswirkungen. Im Fall der Ruetz lägen spätestens ab der Wehranlage Fulpmes der ÖBB, wo der Einfluss der bestehenden Wasserentnahme hinzukomme, Auswirkungen des Vorhabens SKW K in einer derartigen Dimension nicht mehr vor. Es sei daher nicht erforderlich gewesen, den Untersuchungsraum über diese Grenze hinaus auszudehnen.

25 Unter dem Titel "Öffentliches Interesse und Alternativenprüfung" befasste sich das BVwG mit den Vorschriften der § 30a und 30c WRG 1959, wonach Gewässer derart zu schützen, zu verbessern und zu sanieren seien, dass eine Verschlechterung des jeweiligen Zustands verhindert und bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ein vorgegebener Zielzustand erreicht werde. Dies beinhalte sowohl ein Verschlechterungsverbot als auch ein Verbesserungsgebot, sowie, dass durch ein Vorhaben die gebotene Verbesserung zur Erreichung des Zielzustandes nicht erschwert oder verunmöglicht werden dürfe.

26 Wie gutachterlich unbestritten festgestellt worden sei, komme es durch das Vorhaben bei zahlreichen Detailwasserkörpern zu Verschlechterungen im Sinne des § 30a WRG 1959, und zwar durch Veränderungen des Wasserhaushaltes.

27 Nach Wiedergabe des § 104a WRG 1959 befasste sich das BVwG mit der dort vorgesehenen Interessenabwägung und verwies darauf, dass der EuGH jüngst in Zusammenhang mit einem gegen Österreich gerichteten Vertragsverletzungsverfahren festgestellt habe, dass den Mitgliedstaaten bei der Frage, ob ein konkretes Vorhaben wie der Bau eines Wasserkraftwerkes im übergeordneten öffentlichen Interesse liege, ein gewisses Ermessen einzuräumen sei; im Rahmen dieses Ermessens habe die Republik Österreich zu Recht annehmen können, dass ein bestimmtes Vorhaben, das auf die Förderung erneuerbarer Energien durch Wasserkraft abziele, im übergeordneten öffentlichen Interesse liege (wird näher ausgeführt). Die Erhöhung des Anteils der Stromerzeugung an erneuerbarer Energie in der Europäischen Union und die Verbesserung der Speicherbarkeit des aus erneuerbaren Quellen erzeugten Stroms stelle also ein öffentliches Interesse dar, das durchaus übergeordnet sein könne.

28 Im Beschwerdeverfahren seien die Schlussfolgerungen der Behörde im angefochtenen Bescheid, wonach es sich um ein Vorhaben handle, das besonders gewichtigen öffentlichen Interessen diene, bestätigt worden. Im Vergleich zur Gewichtigkeit der Beeinträchtigung der Gewässer, die durch Sockelbeträge und anteilige Mindestrestwasserführung in ihrer Biozönose weitgehend erhalten blieben, sei dieses Interesse infolge der außerordentlich hohen Energieausbeute und Speicherfähigkeit auch als übergeordnet anzuerkennen. Auch das in § 105 Abs. 1 lit. F WRG 1959 genannte öffentliche Interesse an einer möglichsten Erhaltung des Gemeingebrauches, der notwendigen Wasserversorgung, der Landeskultur, eines Denkmals von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung oder eines Naturdenkmales und der Naturschönheit könne das hohe Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens nicht überwiegen, würden doch diese Schutzgüter nicht beeinträchtigt (Wasserversorgung, Denkmäler, Landeskultur, Gemeingebrauch) oder zwar beeinträchtigt (Naturschönheit), aber nicht zerstört.

29 Bestätigt worden sei auch, dass alle praktikablen Vorkehrungen getroffen worden seien, um die negativen Auswirkungen auf den Zustand des Wasserkörpers zu mindern. Auch seien keine zulässigen technischen Alternativlösungen erkennbar, die eine wesentlich bessere Umweltoption darstellten und die nicht zu unverhältnismäßigen Kosten führten.

30 Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme vom Verschlechterungsverbot im Sinne des § 104a WRG 1959 seien daher gegeben.

31 Auch § 29 Abs. 2 des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 (TNSchG 2005) enthalte ein Abwägungsgebot, wonach eine naturschutzrechtliche Bewilligung für Vorhaben, die die Interessen des Naturschutzes qualifiziert beeinträchtigten, nur erteilt werden dürfe, wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes überwögen.

32 Trotz sehr hoher Wertigkeit des zerstörten Abschnittes des Längentales im Bereich des Speichers K und wesentlicher Eingriffe in das Landschaftsbild und den Erholungswert der Landschaft durch das Vorhaben sei aus später dargestellten Gründen ein langfristiges öffentliches Interesse anzuerkennen, das als überwiegend anzuerkennen sei.

33 Das Beschwerdeverfahren habe auch keine Fehler bei der Abwägung der öffentlichen Interessen hervorgebracht, sodass der behördlichen Einschätzung folgend davon auszugehen sei, dass die langfristigen öffentlichen Interessen die Interessen des Naturschutzes ebenso wie der § 30a und 30c WRG 1959 überwögen.

34 Diese Einschätzung könne bereits für das Vorhaben an sich aufgrund einer isolierten Betrachtung seiner Auswirkungen, ohne Zugrundelegung der im Wasserwirtschaftlichen Rahmenplan Tiroler Oberland (WWRP TOL) dargestellten wasserwirtschaftlichen Ordnung als öffentliches Interesse getroffen werden. Für die zu treffende Abwägungsentscheidung spiele diese Verordnung keine Rolle.

35 Eine weitere Interessenabwägung nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 sei nicht mehr durchzuführen. Diese Bestimmung normiere eine zusätzliche Abweisungsmöglichkeit, wenn die sonstigen Genehmigungsvoraussetzungen jeweils für sich genommen zwar erfüllt seien, eine Gesamtbewertung aber zu einem negativen Ergebnis führe. Abs. 5 des § 17 UVP-G 2000 habe eine Auffangfunktion. Er diene nicht dazu, eine Interessenabwägung, die bereits nach Materiengesetz durchgeführt worden sei, nochmals durchzuführen. Es gebe keinen Hinweis dafür, dass eine Interessenabwägung nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 zu einem anderen Ergebnis führen würde.

36 Im Rahmen der "artenschutzrechtlichen Prüfung" befasste sich das BVwG zuerst mit einer behaupteten Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des TNSchG 2005 und verneinte diese mit näherer Begründung. Letztlich gelangte es zum Ergebnis, dass für keine der im Vorhabensgebiet vorkommenden Vogelarten und für keine der im Vorhabensgebiet vorkommenden Tierarten nach Anhang IV FFH-Richtlinie die angeführten artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände erfüllt seien.

37 Bezüglich "sonstiger naturschutzrechtlicher Genehmigungsvoraussetzungen" sei anzuführen, dass die Protokolle zur Alpenkonvention, so auch das Bodenschutzprotokoll, vom Nationalrat ohne Erfüllungsvorbehalt genehmigt worden seien. Dies bedeute, dass sie vom Gesetzgeber entsprechend zu berücksichtigen seien, aber auch von der Vollziehung, sofern sie aufgrund ihrer unmittelbaren Anwendbarkeit dazu geeignet seien.

38 In weiterer Folge befasste sich das BVwG mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2005/04/0044, und mit weiteren Interpretationen des Bodenschutzprotokolls und gelangte unter Hinweis auf Art. 31 ff Wiener Vertragsrechtskonvention zur Schlussfolgerung, dass eine Auslegung des Art. 9 des Bodenschutzprotokolls nach der gewöhnlichen Bedeutung in ihrem Zusammenhang und dem Sinn und Zweck einen strengen Schutz von Mooren ergebe, der jedoch in besonders begründeten Ausnahmefällen durchbrochen werden könne. In diesem Sinn sei auch der hier anzuwendende § 29 Abs. 2 Z 2 TNSchG 2005 zu interpretieren. Andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung, welche das Gebot einer Erhaltung eines Niedermoores überwögen, müssten besonders qualifiziert sein, um die Zerstörung des Moores rechtfertigen zu können. Die im Verfahren eingebrachten öffentlichen Interessen am gegenständlichen Vorhaben rechtfertigten den Eingriff aus Sicht des BVwG.

39 Nach Überlegungen zu den "sonstigen wasserrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen", insbesondere zur Gesetzeskonformität des WWRP TOL, verwies das BVwG darauf, dass jedenfalls eine Abwägung öffentlicher Interessen gemäß § 104a WRG 1959 durchzuführen sei. Bei dieser Abwägung der öffentlichen Interessen sei für jedes Vorhaben im Einzelfall das Überwiegen vor anderen Interessen zu prüfen. Die durch den WWRP TOL als öffentliche Interessen festgelegten Interessen könnten im Einzelfall als nicht überwiegend festgestellt werden und die Vorgaben des § 104a WRG 1959 seien unabhängig vom WWRP TOL jedenfalls einzuhalten.

40 Unter dem Titel "Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen; Schädigung von Boden, Pflanzen- oder Tierbestand, oder des Zustandes der Gewässer" führte das BVwG aus, der für die Zulässigkeit von Eingriffen in Oberflächengewässer beim konkreten Vorhaben anzuwendende § 104a WRG 1959 enthalte kein Gebot der Kompensation von Eingriffen. Die in Abs. 2 Z 1 vorgesehenen "praktikablen Minderungsmaßnahmen" müssten die negativen Auswirkungen auf den Zustand des Wasserkörpers mindern. Kompensationsmaßnahmen in anderen Wasserkörpern seien keine "praktikablen Vorkehrungen". In § 105 WRG 1959, auf den der Einleitungssatz des § 104a Abs. 2 verweise, sei aber die grundsätzliche Möglichkeit und Verpflichtung der Behörde zur Erteilung von Auflagen etwa zum Schutz des ökologischen Zustandes der Gewässer vorgesehen. Gemäß § 29 Abs. 5 TNSchG 2005 sei, wie ausgeführt, eine naturschutzrechtliche Bewilligung befristet, mit Auflagen oder unter Bedingungen zu erteilen, soweit dies erforderlich sei, um Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes zu vermeiden oder auf ein möglichst geringes Ausmaß zu beschränken.

41 Nach § 17 Abs. 1 UVP-G 2000 seien sowohl die wasser- und naturschutzrechtlichen Genehmigungskriterien anzuwenden, als auch die zusätzlichen Genehmigungskriterien, die Abs. 2 des § 17 UVP-G 2000 festlege. Danach seien jedenfalls Immissionen zu vermeiden, die geeignet seien, den Boden, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen. Unter Immissionen sei jede Form von Einwirkung zu verstehen, die von einem Vorhaben ausgehe und die die Schutzgüter des § 1 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 beeinträchtigen könne. Dies umfasse unter anderem die direkte Einwirkung auf den Boden, etwa in Form der Entfernung der Deckschicht und/oder der Versiegelung des Bodens, jedenfalls alle physischen Einwirkungen.

42 In welchen Fällen Immissionen vorlägen, die geeignet seien, den Boden, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen, bestimme das Gesetz nicht näher. In der Literatur werde dazu die Meinung vertreten, dieser Tatbestand ziele auf die Vermeidung schwerer und nachhaltiger Einwirkungen ab, die nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand rückgängig zu machen seien. Dies wäre etwa der Fall, wenn eine seltene Tier- oder Pflanzenart ausgerottet oder in ihrem nationalen oder regionalen Bestand nachhaltig geschädigt werde, der Charakter des Untergrundes so verändert werde, dass großflächige und nicht beherrschbare Erosionen und damit Veränderungen der Morphologie erfolgten, oder das Vorhaben starke Klimaveränderungen nach sich ziehe, bzw. seien darunter konkret zu erwartende, weder vermeidbare noch kompensierbare systemzerstörende oder nachhaltig beeinträchtigende Umweltauswirkungen zu verstehen. Auch die irreversible Schädigung und die Langfristigkeit des Eingriffes würden als Kriterien genannt.

43 Eine bleibende Schädigung des Pflanzen- oder Tierbestandes könne jedenfalls nicht immer schon dann angenommen werden, wenn es zu direkten physischen Eingriffen in Schutzgüter komme. Diesfalls müsste dieser Versagungsgrund bei fast allen UVP-pflichtigen Vorhaben zur Anwendung kommen. Vielmehr werde auf die Seltenheit des Umweltmediums, in das eingegriffen werde, und die Möglichkeit des Ausgleichs an anderer Stelle Rücksicht zu nehmen sein.

44 Sowohl nach der angeführten naturschutzrechtlichen Bestimmung als auch nach § 17 Abs. 4 UVP-G 2000 sei die Einhaltung der Genehmigungsfähigkeit durch die Vorschreibung von Nebenbestimmungen zu sichern, soweit dies erforderlich sei, um Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes zu vermeiden oder auf ein möglichst geringes Ausmaß zu beschränken bzw. zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt in ihrer Gesamtheit beizutragen. § 29 Abs. 5 TNSchG 2005 nenne explizit "Auflagen oder Bedingungen", § 17 Abs. 4 UVP-G 2000 darüber hinaus Befristungen, Projektmodifikationen, Ausgleichsmaßnahmen oder sonstige Vorschreibungen.

45 Mit den genannten Arten von Nebenbestimmungen sei aber nur ihre rechtstechnische Umsetzung angesprochen. Inhaltlich würden folgende Maßnahmen unterschieden, um für Eingriffe in Natur und Landschaft die Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen: Es seien dies Vermeidungsmaßnahmen, Verminderungsmaßnahmen, Ausgleichsmaßnahmen und Ersatzmaßnahmen. Laut Schmelz/Schwarzer, Kommentar zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, UVP-G, sei die "Ersatzmaßnahme" keine eigene Maßnahme, sondern eine besondere Form der Ausgleichsmaßnahme, wobei Ersatzmaßnahmen gegenüber Ausgleichsmaßnahmen im engeren Sinn einen gelockerten funktionalen Zusammenhang zum beeinträchtigten Schutzgut aufwiesen. Auch normiere das UVP-G 2000 keine Hierarchie zwischen den verschiedenen Arten von Maßnahmen etwa in dem Sinn, dass Ausgleichsmaßnahmen nur dann in Betracht kämen, wenn weder Vermeidungs- noch Minderungsmaßnahmen zum Ziel führten.

46 Die aktuelle Studie "Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft" von Knoll/Revital/Haslinger, Nagele & Partner, nenne als Maßnahmen, die dem System "mitigation" zuzuordnen seien, die Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen. Diese seien geeignet, Schäden im Vorhinein durch üblicherweise projektseitige Maßnahmen zu vermeiden. Erst wenn trotz Einsatzes aller zumutbaren Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen eine erhebliche Beeinträchtigung fortdauere, seien Maßnahmen aus dem Bereich "compensation" vorzusehen. Dabei seien zuerst Ausgleichsmaßnahmen vorzunehmen. Diese seien inhaltlich und räumlich so nah wie möglich dem ursprünglichen Schaden zuzuordnen. Zu diesen Ausgleichsmaßnahmen zählten beispielsweise Umlagerungen von Lebensräumen, Wiederherstellung und Schaffung von Lebensräumen oder Entwicklungsmaßnahmen für einzelne Arten. Sollte aufgrund der fehlenden fachlichen und räumlichen Möglichkeiten die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen nicht möglich sein, so sei die Umsetzung von Ersatzmaßnahmen als ultima ratio möglich. Bei diesen Ersatzmaßnahmen sei der funktionelle und räumliche Bezug deutlich gelockert, um die Umsetzbarkeit zu sichern. Bei der Umsetzung von Ersatzmaßnahmen sei jedoch darauf zu achten, dass die Prüfung des Stufenbaus umfassend erfolge und tatsächlich nachgewiesen worden sei, dass zur Vermeidung des Schadens keine Vermeidungs-, Verminderungs- oder Ausgleichsmaßnahmen geeignet und zumutbar wären.

47 Für Ausgleichsmaßnahmen werde ein enger funktionaler Zusammenhang mit den vorhabensbedingten Beeinträchtigungen gefordert. Die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts müssten demnach in gleichartiger Weise wiederhergestellt sein. Ersatzmaßnahmen ließen sich durch das Kriterium der Gleichwertigkeit von den Ausgleichsmaßnahmen abgrenzen. Dies bedeute eine Lockerung, jedoch keine gänzliche Aufhebung des Funktionalzusammenhangs zwischen der Beeinträchtigung und der Ersatzmaßnahme. Auch in räumlicher Hinsicht müsse ein Bezug der Ausgleichsmaßnahmen zum Eingriffsort bestehen. Dies bedeute jedoch nicht zwingend, dass der Ausgleich unmittelbar am Ort des Eingriffs zu erfolgen habe. Jedenfalls erforderlich sei aber ein Wirkungszusammenhang, die Ausgleichsmaßnahmen müssten sich dort ausgleichend auswirken, wo auch die mit dem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen aufträten. Bei den Ersatzmaßnahmen genüge eine Bezugnahme auf den betroffenen Naturraum.

48 Wie das Beschwerdeverfahren ergeben habe, werde es im Bereich des Längentales zu schweren Eingriffen kommen, die nicht an Ort und Stelle vollständig ausgeglichen werden könnten. Um eine bleibende Schädigung des Bodens sowie des Pflanzen- und Tierbestandes zu vermeiden, seien die von den Sachverständigen in ihrer Stellungnahme vom zusätzlich zu den bereits im Vorhaben enthaltenen Ausgleichsmaßnahmen vorgeschlagenen Ersatzmaßnahmen in Spruchpunkt A.I.4. dieses Erkenntnisses in Form einer Nebenbestimmung eingefügt worden.

49 Berücksichtigt würden die durch den geplanten Speicher im Längental betroffenen Feuchtlebensräume, welche aufgrund ihres Schutzstatus und ihrer Gefährdung als hoch sensibel eingestuft worden seien, selten seien und nur kleinräumig vorkämen.

50 Durch das geplante Speicherkraftwerk K seien insgesamt 3,54 ha Niedermoor-Kleinseggenbestände in Bau- und Betriebsphase betroffen. Zudem seien vegetationsarme Stillgewässer im Umfang von 0,13 ha und Bachquellfluren im Umfang von 0,2 ha betroffen (Bau- und Betriebsphase). Zum Ausgleich seien von der mitbeteiligten Partei mehrere Maßnahmen vorgesehen, doch fehle für einen flächengleichen Ausgleich des Verlusts von Feuchtlebensräumen im Längental eine Fläche von rd. 1 ha. Mit Hilfe der von den Sachverständigen angewandten Methode zur Bestimmung des Kompensationswertes von Ersatzmaßnahmen sei aufgrund des gelockerten funktionalen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhanges zwischen der Beeinträchtigung und der Ersatzmaßnahme der zusätzliche Maßnahmenbedarf auf agrarisch intensiv genutzten Flächen über Moorböden mit 2,5 ha errechnet worden. Es werde daher in Spruchpunkt A.I.4. eine Ersatzmaßnahme in dieser Größenordnung vorgeschrieben.

51 Dazu sei jedoch klarzustellen, dass bei Abnahmeprüfung noch kein Moorlebensraum entstanden sein müsse. Die Wiederherstellung eines Moores könne große Zeiträume in Anspruch nehmen, sodass bei Abnahmeprüfung jedenfalls sichergestellt sein müsse, dass sich die Fläche auf einem guten Weg zur Zielerreichung befinde.

52 Unzweifelhaft enthalte keine der angeführten wasser-, naturschutz- und UVP-rechtlichen Bestimmungen ein unbedingtes Gebot, alle Eingriffe vollständig zu vermeiden, auszugleichen oder zu kompensieren. Insofern gingen die Beschwerdevorbringen zur Kompensation für Gewässereingriffe nach dem Tiroler Kriterienkatalog ins Leere. Dieser Leitfaden, dessen Anwendung von den gewässerökologischen Sachverständigen eingehend und nachvollziehbar begründet worden sei, stelle offenbar eine gute fachliche Basis für die Frage dar, welche Eingriffe in welcher Form ausgeglichen werden könnten und sollten, um den Empfehlungen des § 15 WWRP TOL zu entsprechen und - wie der Kriterienkatalog selbst als Ziel formuliere - vorzugeben, wie Projekte gestaltet werden müssten, um eine möglichst hohe Chance auf Genehmigung in einer transparenten Interessenabwägung zu erhalten. Weder der Leitfaden noch eine andere Bewertungsmethode seien jedoch von einer Rechtsvorschrift als rechtsverbindlich erklärt worden. Aus diesem Grund verbleibe der Behörde und schlussendlich auch dem Gericht die Möglichkeit, im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Kriterien auf die Umstände des Einzelfalls Rücksicht zu nehmen.

53 Das Verfahren habe ergeben, dass zumindest bei einer Kompensationsmaßnahme für die Inanspruchnahme von Oberflächengewässern (Wehr B) zweifelhaft sei, ob nicht ein höherer Abwertungsfaktor anzuwenden gewesen wäre, weil es sich um eine Maßnahme handle, für deren Umsetzung bereits eine rechtliche Verpflichtung bestehe. Eine weitere Maßnahme (Unterwasserbecken S), die nur schwach wirksam sei und ihre volle Wirksamkeit erst in Kombination mit der Verwirklichung anderer Vorhaben entfalten werde, decke fast 50 % des fachlich als notwendig angesehenen Kompensationsbedarfs ab. Schließlich werde in Fachkreisen diskutiert, inwiefern auch Verschlechterungen innerhalb einer Zustandsklasse verstärkt zu kompensieren wären. All dies habe das BVwG dazu bewogen, in den Spruchpunkten A.I.5. und A.I.6. weitere Maßnahmen zu gewässerökologischen Zwecken als Auflagen vorzusehen, um eine bleibende Schädigung der Gewässer im Sinne des § 17 Abs. 2 UVP-G 2000 hintanzuhalten und dabei gleichzeitig ein hohes Schutzniveau für die Umwelt im Sinne des § 17 Abs. 4 UVP-G 2000 sicherzustellen.

54 Diese Maßnahmen verbesserten den Gewässerzustand des Inns und seien, weil bereits ausgearbeitete Projektunterlagen vorlägen, die der mitbeteiligten Partei von den Projektpartnern zur Verfügung gestellt worden seien, für diese auch kurzfristig verfügbar. Dabei werde ein weiterer Ausgleich im Sinne des Kriterienkatalogs angestrebt, aber nicht an der Erreichung einer exakten Kompensationslänge, ausgedrückt in Kilometern, sondern an der Sicherstellung eines hohen Umweltschutzniveaus insgesamt gemessen.

55 Da diese Maßnahmen als Auflage in diesem Erkenntnis nach einem konzentrierten Genehmigungsverfahren unter Beteiligung möglicherweise Betroffener in analoger Anwendung der § 18 Abs. 3 und 18b UVP-G 2000 vorgeschrieben würden, sei kein weiteres Genehmigungsverfahren dafür mehr durchzuführen.

56 Unter dem Titel "Erfüllung des Genehmigungskriteriums des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b iVm Abs. 4 UVP-G 2000" erwog das BVwG, dass durch das Vorhaben zwar sehr schwere Eingriffe erfolgten, aber durch weitreichende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sichergestellt werde, dass keine bleibende Schädigung des Zustands der Gewässer (durch Restwasserdotierung sowie umfangreiche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Unterlauf der Gewässer) oder des Bodens (Aufwertung von Böden an anderer Stelle im Rahmen von Ersatzmaßnahmen) erfolge. Das BVwG komme auch zum Schluss, dass aufgrund der Tatsache, dass zwar seltene, aber keine einzigartigen Naturstandorte zerstört würden, kein Natur-, Landschafts- oder Vogelschutzgebiet bzw. Natura-2000-Gebiet betroffen sei und für hoch sensible Lebensräume Ersatz geschaffen werde, auch das Genehmigungskriterium der Vermeidung einer bleibenden Schädigung des Pflanzen- und Tierbestandes als erfüllt anzusehen sei.

57 Durch die gerichtlich angeordneten Projektmodifikationen komme es auch zu keiner unzulässigen Änderung des Wesens des Vorhabens, weil diese entweder die Anwendbarkeit einer anderen Norm zur Folge hätten, die Frage der Genehmigung unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen gemäß § 17 Abs. 4 UVP-G 2000 bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen sei und die zur Genehmigung eingereichte Anlage eines neuen Pumpspeicherkraftwerks mit zusätzlichem Speicher und Wasserfassungen weder in Bezug auf ihren Standort, ihre Größe, ihre Kapazität noch in Bezug auf die zu errichtenden baulichen Anlagen, die einzusetzenden Geräte etc. verändert werde.

58 Unter dem Titel "Wasserpolizeiliche Aufträge gem. § 21a WRG; Eingriffe in die bestehende Anlage" führte das BVwG aus, die in den Beschwerden angezogene Forderung, im Zuge des Genehmigungsverfahrens mithilfe eines wasserpolizeilichen Auftrages bestehende Anlagenteile ins Verfahren mit einzubeziehen, könne nur so verstanden werden, dass Auflagen vorgeschrieben bzw. Projektmodifikationen an der bestehenden Anlage vorgenommen werden sollten.

59 Dazu sei festzustellen, dass die Anwendung des § 21a WRG 1959 voraussetze, dass öffentliche Interessen trotz Einhaltung von Auflagen und sonstiger einschlägiger Vorschriften "nicht hinreichend" geschützt seien. Anwendungsfälle für § 21a WRG 1959 seien nicht nur gravierende Veränderungen der wasserwirtschaftlichen Situation, sondern auch nach der Erteilung der Bewilligung erkennbar werdende Umstände, auf die bei der Bewilligung nicht geachtet worden sei oder die unrichtig eingeschätzt worden seien, sowie auch Umstände, die bereits bei Erteilung der Bewilligung bestanden hätten, aber nicht berücksichtigt worden seien. Das Verfahren nach § 21a WRG 1959 sei grundsätzlich als wasserpolizeiliches Einparteienverfahren ausgelegt, in dem nur der zu Verpflichtende Parteistellung habe. Ein Antragsrecht eines Dritten sei ausgeschlossen, weil der Schutz öffentlicher Interessen, dem § 21a WRG 1959 diene, ausschließlich der Behörde obliege. Die Anwendung in einem Genehmigungsverfahren sei ausgeschlossen, weil die Genehmigung ohnehin nur bei Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen zulässig sei. Für die Erteilung eines wasserpolizeilichen Auftrages wäre daher ausschließlich die für die Überwachung der bestehenden Anlage zuständige Wasserrechtsbehörde zuständig.

60 Dennoch sei ein Eingriff in die bestehende, durch das Vorhaben geänderte und erweiterte Kraftwerksgruppe nicht von vornherein ausgeschlossen. So sei es denkbar, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die projektierte Erweiterung vorzuschreiben, die in einer Modifikation der bestehenden Anlage bestünden. Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien ja möglichst in der Nähe und dort zu wählen, wo das beeinträchtigte Schutzgut am besten ausgeglichen bzw. ersetzt werden könne. Im Beschwerdeverfahren seien jedoch keine konkreten Vorschläge für derartige Maßnahmen vorgebracht worden, die über die pauschale Behauptung hinausgegangen wären, die bestehende Anlage müsste in die Genehmigung einbezogen werden. Die betreffenden Sachverständigen hätten vielmehr, wie oben ausgeführt, andere Vorschläge für Maßnahmen eingebracht, durch die ein effizienter Ersatz der beeinträchtigten Schutzgüter außerhalb der bestehenden Anlage erfolgen könne, und diese ausführlich begründet. Es hätte daher für das BVwG kein Grund bestanden, durch die Vorschreibung von Nebenbestimmungen in die bestehende Anlage einzugreifen.

61 Das BVwG ging schließlich noch ("Sonstiges") auf die Einwände der revisionswerbenden Gemeinde ein, wonach materiengesetzlich vorgesehene Zustimmungserfordernisse des Grundeigentümers nicht beachtet und von der Behörde "nach Art von privatrechtlichen Einwendungen Dritter unberücksichtigt gelassen" worden seien. Dabei übersehe sie aber, dass § 17 Abs. 1 UVP-G 2000 vorsehe, dass die Zustimmung Dritter insoweit keine Genehmigungsvoraussetzung sei, als für den betreffenden Teil des Vorhabens in einer Verwaltungsvorschrift die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen sei. Die Genehmigung sei in diesem Fall jedoch unter dem Vorbehalt des Erwerbs der entsprechenden Rechte zu erteilen.

62 Für das gegenständliche Vorhaben stellten die § 62 ff WRG 1959 weitreichende Möglichkeiten der Zwangsrechtsbegründung zur Verfügung, die nach Erteilung der Genehmigung bei der Wasserrechtsbehörde zu beantragen seien. Diese Verfahren seien, mit Ausnahme geringfügiger Grundinanspruchnahme gemäß § 111 Abs. 4 WRG 1959, nicht Teil des UVP-Verfahrens.

63 Zur Zulässigkeit der Revision führte das BVwG aus, diese sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil zur hier entscheidenden Frage, wann eine bleibende Schädigung des Pflanzen- und Tierbestandes im Sinne des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. B UVP-G 2000 vorliege, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe.

64 Die revisionswerbende Gemeinde wandte sich gegen dieses Erkenntnis auch an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom , E 3152/2017-21, die Behandlung der Beschwerde ablehnte.

65 II.

66 Gegen das Erkenntnis des BVwG vom richten sich die ordentlichen Revisionen der revisionswerbenden Parteien.

67 Die revisionswerbenden Parteien beantragten jeweils, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis kostenpflichtig wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben, in eventu in der Sache selbst entscheiden und das angefochtene Erkenntnis des BVwG dahingehend abändern, dass der mitbeteiligten Partei die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb des Vorhabens Speicherkraftwerk K versagt werde.

68 Die zweit- bis viertrevisionswerbenden Parteien beantragten zudem in eventu, der Verwaltungsgerichtshof möge die Auflage gemäß Spruchpunkt I.4. des bekämpften Erkenntnisses dahingehend abändern, dass der Beginn der gesamten Bauarbeiten des Vorhabens Speicherkraftwerk K gemäß § 17 Abs. 1 UVP-G 2000 an die Freigabe des nach Auflage A.XII.11.12 vorgeschriebenen Maßnahmenkonzepts durch die Behörde gebunden werde, sowie die Auflagen gemäß Spruchpunkt I.5.

(Auflage A.XII.12.27a, A.XII.12.27b, A.XII.12.27c) sowie gemäß Spruchpunkt I.6. (Auflage A.XII.17.29a) dahingehend abändern, dass der Beginn der gesamten Bauarbeiten an die vorherige Erfüllung, jedenfalls aber die rechtliche Sicherstellung dieser Auflagen, gebunden werde.

69 Die UVP-Behörde sowie die mitbeteiligte Partei erstatteten Revisionsbeantwortungen jeweils mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge die Revisionen kostenpflichtig zurückweisen bzw. als unbegründet abweisen.

70 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Rechtssachen wegen ihres rechtlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über die Revisionen erwogen:

71 III.

72 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

73 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

74 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

75 Das BVwG ließ die ordentliche Revision zu, weil keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage existiere, wann eine bleibende Schädigung des Pflanzen- und Tierbestandes im Sinne des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 vorliege.

76 Die revisionswerbenden Parteien beziehen sich jeweils im Rahmen der von ihnen geltend gemachten Zulässigkeitsgründe auf die vom BVwG aufgeworfene Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG. Zusätzlich bringen die revisionswerbenden Parteien jeweils noch weitere Zulässigkeitsgründe ihrer Revisionen vor.

77 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung begrenzt. In diesem Sinn hat der Revisionswerber nach der gefestigten Rechtsprechung auch in der ordentlichen Revision von sich aus die im Lichte des Art. 133 Abs. 4 B-VG maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision darzulegen, sofern er der Auffassung ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (; , Ro 2014/10/0086).

78 In einem solchen Fall ist von der revisionswerbenden Partei auf die vorliegende Rechtssache bezogen bezüglich jeder von ihr - hinausgehend über die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes - als von grundsätzlicher Bedeutung qualifizierten Rechtsfrage konkret (unter Berücksichtigung auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) aufzuzeigen, warum der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsfrage in einer Entscheidung über die Revision als solche von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln hätte, von der die Lösung der Revision abhängt (; , Ro 2015/07/0038, ua).

79 An diesen Grundsätzen ist das Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revisionen zu messen.

80 In weiterer Folge wird auf die Revisionen der revisionswerbenden Parteien näher eingegangen; die einzelnen Fragestellungen werden dabei jeweils thematisch überschrieben.

81 A. Zur Revision der erstrevisionswerbenden Gemeinde (Ra 2017/07/0033):

82 1. Zur Anwendung von Art. 9 des Bodenschutzprotokolls und der Alpenkonvention

83 1.1. Die Revisionswerberin meint unter Hinweis auf die unmittelbare Anwendbarkeit des gemäß Art. 2 Abs. 3 der Alpenkonvention vereinbarten, vom Nationalrat ohne Erfüllungsvorbehalt genehmigten und am in Kraft getretenen Protokolls zur Durchführung der Alpenkonvention von 1991 im Bereich Bodenschutz (Protokoll "Bodenschutz"), BGBl. III Nr. 235/2002, und auf das hg. Erkenntnis vom , 2004/03/0116, das BVwG habe den dort vorgesehenen absoluten Schutz von Mooren nicht beachtet.

84 Aus dem Umstand, dass der Nationalrat bei der Beschlussfassung des Bodenschutzprotokolls jedenfalls im Umfang und Anwendungsbereich des § 9 einen Erfüllungsvorbehalt nicht gesetzt habe, folge zwingend die unmittelbare Anwendbarkeit dieser Norm. Indizien für die gegenteilige Annahme lägen zudem nicht vor. Daraus ergebe sich aber ein gänzliches Beseitigungsverbot für schützenswerte Hoch- und Flachmoore, die noch dazu keinen wirtschaftlichen Zweck im Sinne eines Torfabbaues verfolgten. Kompensationsmaßnahmen oder Ausgleichsmaßnahmen kämen hier deshalb nicht in Frage, weil es sich bei der Schaffung neuer Moorkulturen nicht mehr um dieselben, sondern um andere Vorhaben handelte. Der Schutzzweck der Alpenkonvention werde dadurch vereitelt.

85 1.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits im Erkenntnis vom , 2005/04/0044, mit Art. 9 Abs. 1 erster Satz des Protokolls "Bodenschutz" befasst und näher begründet die Ansicht vertreten, dass damit kein ausnahmsloses und unbedingtes Erhaltungsgebot für alle - auch noch so kleinen und unbedeutenden - Moore normiert werden sollte, was sich daraus ergebe, dass nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung anzustreben sei, die Verwendung - und damit die dem Erhaltungsgebot widersprechende Gewinnung - von Torf "mittelfristig" zu ersetzen und Art. 9 Abs. 2 des zitierten Protokolls in begründeten Ausnahmefällen die Entwässerung von Feuchtgebieten und Mooren zulasse.

86 Anders als Art. 14 Abs. 1 dritter Teilstrich des zitierten Protokolls, der die Errichtung von Schipisten in labilen Gebieten verbiete - und auf dessen Grundlage der Verwaltungsgerichtshof eine Beschwerde gegen die Untersagung der Errichtung einer Schipiste in einem labilen Gebiet abgewiesen habe () -, beziehe sich das Erhaltungsgebot des Art. 9 Abs. 1 erster Satz des zitierten Protokolls nicht auf konkrete Eingriffsmaßnahmen; damit wären bei der von der (damaligen) Beschwerdeführerin gewünschten Auslegung alle Maßnahmen, unabhängig von ihrer sonstigen Wertigkeit (etwa für die menschliche Gesundheit oder für den Naturschutz) untersagt, während die Entnahme von Torf und die Entwässerung eingeschränkt möglich wären. Dass dieses Ergebnis nicht dem Zweck des Protokolls "Bodenschutz" entspreche, ergebe sich schon aus dessen Art. 2 Abs. 2, wonach selbst bei Gefahr schwerwiegender und nachhaltiger Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Böden den Schutzaspekten nur "grundsätzlich" - also nicht in jedem konkreten Einzelfall - der Vorrang einzuräumen sei. Daraus ergebe sich, dass Art. 9 Abs. 1 des zitierten Protokolls keine ausnahmslose Erhaltungspflicht für Moore normiere und daher die Bestimmung des (damals anzuwendenden) § 24 des Salzburger Naturschutzgesetzes, der in ganz bestimmten Ausnahmefällen einen Eingriff in Moore zulasse, zu Art. 9 Abs. 1 erster Satz des Protokolls "Bodenschutz" nicht in Widerspruch stehe.

87 1.3. Nichts anderes gilt aber für die hier zur Anwendung gelangende Ausnahmebestimmung des § 29 Abs. 2 Z 2 TNSchG 2005, derzufolge eine naturschutzrechtliche Genehmigung (ua für Vorhaben nach § 9 Abs. 1 und 2 leg. cit. - bestimmte Vorhaben in Feuchtgebieten) nur erteilt werden darf, wenn - ähnlich dem nach § 24 Abs. 3 und 5 Salzburger Naturschutzgesetz anzuwendenden § 3a Abs. 2 leg. cit. - andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen. Auch diese Bestimmung steht mit Art. 9 Abs. 1 erster Satz des Protokolls "Bodenschutz" daher nicht in Widerspruch.

88 1.4. Angesichts der in diesem Zusammenhang bereits bestehenden und auf die Rechtslage in Tirol übertragbaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelingt es der revisionswerbenden Gemeinde nicht, mit diesem Vorbringen eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung erfolgreich aufzuzeigen.

89 2. Zur Mitanwendung des § 21a WRG 1959

90 2.1. Die revisionswerbende Gemeinde brachte in ihrer Revision weiters vor, das BVwG habe sich mit seiner rechtlichen Beurteilung des § 21a WRG 1959 einerseits über die Vorgaben der WRRL und andererseits über die herrschende Meinung hinweg gesetzt. Die mit der WRRL zwingend einzuhaltenden Umweltziele könnten nur durch die Mitanwendung der Bestimmung des § 21a WRG 1959 erreicht werden. Dies werde mit einem Hinweis auf die Umformulierung des § 21a durch die WRG-Novelle 2003 unterstrichen.

91 Die Besorgnis einer wesentlichen Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer könne einen Auftrag nach § 21a WRG 1959 nach sich ziehen. Auch nach Ansicht des BVwG sei ein Eingriff in die bestehende Kraftwerksgruppe nicht von vornherein ausgeschlossen, seien doch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die projektierte Erweiterung vorzuschreiben, die in einer Modifikation der bestehenden Anlage bestünde. Was anderes als der Mitvollzug der Bestimmung des § 21a WRG 1959 könnte damit in Frage kommen, wenn solcherart in einen rechtskräftigen Bescheid eingegriffen werde?

92 Die unrichtige Anwendung der Bestimmung des § 21a WRG 1959 durch Unterlassung des gebotenen Mitvollzugs dieser Bestimmung habe erhebliche Auswirkungen auf das Verfahrensergebnis und sei von hoher Relevanz. Es sei mit den Zielbestimmungen der WRRL und der § 30a und 30c WRG 1959 als unvereinbar zu erkennen, dass eine Verschlechterung des Gütezustandes der Oberflächengewässer oder des Grundwasserkörpers unter Anwendung übergeordneter öffentlicher Interessen zulässig sei, ohne gleichzeitig unter Anwendung des § 21a WRG 1959 die Bestandsanlage in die Betrachtung miteinzubeziehen, wenn diese den Zielvorgaben widerspreche.

93 2.2. Die revisionswerbende Partei macht mit den oben wiedergegebenen Ausführungen mehrere unterschiedliche Aspekte im Zusammenhang mit einem geforderten Vorgehen der UVP-Behörde bzw. des BVwG nach § 21a WRG 1959 geltend.

94 2.2.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich wiederholt mit dem Anwendungsbereich des § 21a WRG 1959 in seiner Rechtsprechung beschäftigt (vgl. dazu insbesondere ). Das Verfahren nach § 21a WRG 1959 ist demnach ein eigenständiges und von einem Genehmigungsverfahren zu unterscheidendes Verfahren, das sich auf eine rechtskräftig erteilte Genehmigung bezieht und deren Änderung unter bestimmten Umständen möglich macht. Das Verfahren nach § 21a WRG 1959 dient ausschließlich dem Schutz öffentlicher Interessen, auf deren Wahrung subjektive Rechte nicht eingeräumt sind ().

95 § 21a WRG 1959 ist - im Gegensatz zu § 138 Abs. 1 lit. A WRG 1959 - kein Instrument zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, weil Anordnungen nach § 21a WRG 1959 von der Wasserrechtsbehörde nur zu treffen sind, wenn trotz Einhaltung des wasserrechtlichen Konsenses öffentliche Interessen nicht ausreichend geschützt sind, während durch einen Auftrag nach § 138 WRG 1959 vorzugehen ist, wenn der mangelnde Schutz öffentlicher Interessen auf konsenswidriges Verhalten des Bewilligungsinhabers zurückzuführen ist (; , 93/07/0063; , 96/07/0006, 0014, 0015, 0025 und 0026).

96 Grundsätzlich findet diese Bestimmung daher in einem Genehmigungsverfahren keine Anwendung; dies gilt auch für ein Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G 2000.

97 2.2.2. Hinter der Änderung der Bezeichnung von "Wasserrechtsbehörde" in "Behörde" in § 21a WRG 1959 durch die WRG-Novelle 2003, BGBl. Nr. 82/2003, stand - entgegen der Ansicht der revisionswerbenden Partei - keinesfalls das Motiv, die Handhabung dieser Bestimmung allen Behörden zur Verfügung zu stellen; diese Änderung ist vielmehr vor dem Hintergrund zu verstehen, dass die das WRG 1959 mitanwendenden Behörden dann, wenn sie wasserrechtliche Bewilligungen erteilen, auch zu einem nachfolgenden Vorgehen nach § 21a WRG 1959 berufen sein sollen.

98 Nach § 3 Abs. 3 und 21 Abs. 1 UVP-G 2000 ist die Zuständigkeit der UVP-Behörde aber auf das Genehmigungsverfahren und die Anwendung der materiellen Genehmigungsvoraussetzungen beschränkt, deren Zuständigkeit mit Rechtskraft des Abnahmebescheides endet. Daraus folgt, dass der UVP-Behörde nach Abschluss eines rechtskräftigen UVP-Verfahrens unter Erteilung (auch) einer wasserrechtlichen Bewilligung das Instrument des § 21a WRG 1959 nicht zur Verfügung steht (vgl. Bumberger/Hinterwirth, WRG2, K12 zu § 21a).

99 2.2.3. Wenn die revisionswerbende Gemeinde meint, auch das BVwG sei von einem Eingriff in die bestehende Kraftwerksgruppe durch die Vorschreibung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die projektierte Erweiterung ausgegangen, was nur auf Grundlage des § 21a WRG 1959 möglich wäre, übersieht sie, dass die Bestimmung des § 3a Abs. 7 UVP-G 2000 die Möglichkeit bietet, bei einem Änderungsvorhaben auch das bereits genehmigte Vorhaben miteinzubeziehen, und zwar insoweit, als es wegen der Änderung zur Wahrung der in § 17 Abs. 1 bis 5 UVP-G 2000 angeführten Interessen erforderlich ist. Die UVP-Behörde ist nach dieser Bestimmung befugt, im Rahmen einer Änderungsgenehmigung auch in den aufrechten behördlichen Konsens einzugreifen, soweit dies zur Wahrung der Schutzgüter des § 17 Abs. 1 bis 5 UVP-G 2000 erforderlich ist.

100 Eines Rückgriffs auf § 21a WRG 1959 für ein solches Vorgehen bedarf es dabei nicht.

101 2.2.4. Für die von der revisionswerbenden Gemeinde geforderte Anwendung des § 21a WRG 1959 in einem UVP-G-Genehmigungsverfahren fehlt daher die Rechtsgrundlage. Angesichts der insoweit klaren Rechtslage zeigt die revisionswerbende Gemeinde auch mit diesem Vorbringen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf.

102 3. Zur ausreichenden Bestimmtheit der mit dem angefochtenen Erkenntnis vorgeschriebenen Ersatzmaßnahme(n) und zur Berücksichtigung des Altbestandes nach § 3a Abs. 7 UVP-G 2000

103 Die revisionswerbende Gemeinde macht als weitere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung die Frage der Berücksichtigung des Altbestandes nach § 3a Abs. 7 UVP-G 2000 geltend und bringt - wie die zweit- bis viertrevisionswerbenden Parteien in ihrer Revision - auch vor, dass die zur Erlangung der Genehmigungsfähigkeit nach § 17 Abs. 2 Z 2 lit. B UVP-G 2000 vorgeschriebenen Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen (Auflagen) - wie etwa Spruchpunkt A.1.4. - dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht würden.

104 Dazu wird auf die unten unter Punkt III B 3 und 4, Rz 146 ff getroffenen Ausführungen verwiesen. In diesem Zusammenhang zeigt auch die Revision der Gemeinde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.

105 B. Zur Revision der zweit- bis viertrevisionswerbenden Parteien (Ro 2017/07/0034 bis 0036):

106 1. Implikationen der Entscheidung EuGH C-461/13 (Weservertiefung) auf das nationale wasserrechtliche Verschlechterungsverbot

107 1.1. Die revisionswerbenden Parteien bringen als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, dass sich das BVwG mit den "Implikationen der Entscheidung des EuGH zur Weservertiefung (EuGH C-461/13)" nicht ausreichend beschäftigt habe. Zur Frage, welche Auswirkungen diese Entscheidung auf die zentrale Frage der rechtsrichtigen Auslegung des in Art. 4 Abs. 7 der Wasserrahmenrichtlinie und des § 104a WRG 1959 normierten Verschlechterungsverbotes habe, bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

108 1.2. Die oben wiedergegebene Fragestellung in den Zulässigkeitsgründen der Revision zeigt keine ausreichend formulierte Rechtsfrage auf; ein Hinweis auf die "mangelnde Beschäftigung" des BVwG mit den Auswirkungen einer EuGH-Entscheidung allein spricht noch keine Rechtsfrage an, zu deren Lösung der Verwaltungsgerichtshof berufen wäre. Schon deshalb zeigt die unter diesem Titel aufgeworfene Rechtsfrage keine Frage auf, der nach Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

109 2. Bleibende Schädigung des Pflanzen- und Tierbestandes iSd § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000

110 2.1. Die revisionswerbenden Parteien meinen, zum Verständnis des Begriffes der "bleibenden Schädigung" in § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 bestünde noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; damit beziehen sie sich auf die Rechtsfrage, in deren Zusammenhang seitens des BVwG die ordentliche Revision zugelassen worden ist.

111 In der Revision heißt es dazu, dass gerade im gegenständlichen Fall, in welchem es feststellungsgemäß zu großflächigen und in großen Teilen auch irreversiblen Beeinträchtigungen des Pflanzen- und Tierbestandes im Projektgebiet kommen werde, die Auslegung des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 einer Befassung des Höchstgerichtes bedürfe. Bei rechtsrichtiger Beurteilung wäre die Bewilligung auf Grundlage dieser Bestimmung zu versagen gewesen.

112 In Ausführung dieses Argumentes verweisen die revisionswerbenden Parteien (Punkt 1.3. auf S. 22 der Revision) darauf, dass der gewässerökologische Gutachter auf den Totalverlust des hochwertigen Biotopverbundes im Längenbachtal hingewiesen und auch die UVP-Behörde in ihrem Bescheid festgestellt habe, dass es zu mannigfachen Beeinträchtigungen geschützter Pflanzenarten sowie zur vielfachen Gefährdung und Beeinträchtigung des Tierbestandes kommen werde. Festgestellt worden sei, dass die verbleibenden Auswirkungen des Vorhabens auf Tiere und deren Lebensräume in der Bau- und Betriebsphase als wesentlich und somit insgesamt als wesentlich zu qualifizieren sei, dies vor allem auf Grund der Flächenverluste und der Vielzahl der betroffenen Arten und deren Sensibilität.

113 Nach Ansicht der revisionswerbenden Parteien führten diese festgestellten tatsächlichen gravierenden Auswirkungen auf den Pflanzen- und Tierbestand, die nur teilweise durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert werden könnten, bei richtiger rechtlicher Beurteilung zu einer bleibenden Schädigung des Pflanzen- und Tierbestandes im Sinne des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000. Diese Frage sei vom BVwG nicht ausreichend behandelt und letztlich überhaupt offen gelassen worden. Schließlich erwiesen sich die diese Einwirkungen kompensierenden Auflagen auch als zu unbestimmt. Insgesamt wäre die Genehmigung nach § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 zu versagen, jedenfalls wären aber die Auflagen zu verschärfen und zu konkretisieren gewesen.

114 In ihrer Revisionsbeantwortung meint die mitbeteiligte Partei, darin liege keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, weil durch die höchstgerichtliche Rechtsprechung bereits klargestellt sei, dass das Schutzniveau des § 17 Abs. 2 UVP-G 2000 dem der anwendbaren Materiengesetze (etwa dem TNSchG 2005 oder dem WRG 1959) entspreche; zu diesen gebe es jahrzehntelange Rechtsprechung. Der Frage, ob fallbezogen konkret eine solche Schädigung vorliege, komme keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, weshalb der Verwaltungsgerichtshof zu ihrer Beantwortung nicht berufen sei.

115 2.2. Die UVP-Behörde hatte in ihrem Bescheid zu § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b leg. cit. ausgeführt, dass nicht jede Umweltbelastung zu vermeiden sei, sondern nur solche erhebliche Belastungen durch nachhaltige Einwirkungen, die den Boden, die Luft, den Pflanzen- und Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend schädigten. Diese Genehmigungsvoraussetzung ziele auf die Vermeidung schwerer, nachteiliger Einwirkungen ab, die nicht mehr oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand rückgängig gemacht werden könnten, also irreversibel seien oder eine sehr langfristige Schädigung verursachten. Die als Auffangtatbestand konzipierte Bestimmung solle jene Tatbestände erfassen, die geeignet seien, die dort genannten Beeinträchtigungen herbeizuführen und nicht schon im Materiengesetz entsprechend Berücksichtigung gefunden hätten. Gerade solche, weder vermeidbaren noch kompensierbaren systemzerstörenden oder nachhaltig beeinträchtigenden Umweltauswirkungen verblieben bei bescheid- und projektgemäßer Umsetzung des gegenständlichen Vorhabens aber feststellungsgemäß nicht.

116 2.3. Das BVwG verwies (in Punkt 2.8.2. des angefochtenen Erkenntnisses) darauf, dass das Gesetz nicht näher bestimme, in welchen Fällen Immissionen vorlägen, die geeignet seien, den Boden, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen. In der Literatur werde dazu die Meinung vertreten, dieser Tatbestand ziele auf die Vermeidung schwerer und nachhaltiger Einwirkungen ab, die nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand rückgängig zu machen seien. Dies werde etwa der Fall sein, wenn eine seltene Tier- oder Pflanzenart ausgerottet oder in ihrem nationalen oder regionalen Bestand nachhaltig geschädigt werde, der Charakter des Untergrundes so verändert werde, dass großflächige und nicht beherrschbare Erosionen und damit Veränderungen der Morphologie erfolgten oder das Vorhaben starke Klimaveränderungen nach sich ziehe (Baumgartner/Petek, UVP-G, 173), bzw. seien darunter konkret zu erwartende, weder vermeidbare noch kompensierbare systemzerstörende oder nachhaltig beeinträchtigende Umweltauswirkungen zu verstehen (Ennöckl/N. Raschauer, UVP-Verfahren vor dem Umweltsenat, 324). Auch die irreversible Schädigung und die Langfristigkeit des Eingriffes würden als Kriterien genannt.

117 Eine bleibende Schädigung des Pflanzen- oder Tierbestandes - so das BVwG weiter - könne jedenfalls nicht immer schon dann angenommen werden, wenn es zu direkten physischen Eingriffen in Schutzgüter komme. Diesfalls müsste dieser Versagungsgrund bei fast allen UVP-pflichtigen Vorhaben zur Anwendung kommen. Vielmehr werde auf die Seltenheit des Umweltmediums, in das eingegriffen werde, und die Möglichkeit des Ausgleichs an anderer Stelle Rücksicht zu nehmen sein.

118 Weiter heißt es im Erkenntnis des BVwG (Punkt 2.8.4.), dass es im Bereich des Längentals zu schweren Eingriffen kommen werde, die nicht an Ort und Stelle vollständig ausgeglichen werden könnten. Um eine bleibende Schädigung des Bodens sowie des Pflanzen- und Tierbestandes zu vermeiden, seien die von den Sachverständigen zusätzlich zu den bereits im Vorhaben enthaltenen Ausgleichsmaßnahmen vorgeschlagenen Ersatzmaßnahmen in Spruchpunkt A.I.4. dieses Erkenntnisses in Form einer Nebenbestimmung eingefügt worden.

119 Das Verfahren habe weiters ergeben, dass zumindest bei einer Kompensationsmaßnahme für die Inanspruchnahme von Oberflächengewässern (Wehr B) zweifelhaft sei, ob nicht ein höherer Abwertungsfaktor anzuwenden gewesen wäre, weil es sich um eine Maßnahme handle, für deren Umsetzung bereits eine rechtliche Verpflichtung bestehe. Eine weitere Maßnahme (Unterwasserbecken S), die nur schwach wirksam sei und ihre volle Wirksamkeit erst in Kombination mit der Verwirklichung anderer Vorhaben entfalten werde, decke fast 50 % des fachlich als notwendig angesehenen Kompensationsbedarfs ab. Schließlich werde in Fachkreisen diskutiert, inwiefern auch Verschlechterungen innerhalb einer Zustandsklasse verstärkt zu kompensieren wären. All dies habe das BVwG dazu bewogen, in den Spruchpunkten A.I.5 und A.I.6. weitere Maßnahmen zu gewässerökologischen Zwecken als Auflagen vorzusehen, um eine bleibende Schädigung der Gewässer i. S. des § 17 Abs. 2 UVP-G 2000 hintanzuhalten und dabei gleichzeitig ein hohes Schutzniveau für die Umwelt im Sinne des § 17 Abs. 4 UVP-G 2000 sicherzustellen (vgl. , Semmering Basistunnel, C IV.4.2).

120 Abschließend heißt es zur Erfüllung des Genehmigungskriteriums des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b in Verbindung mit Abs. 4 UVP-G 2000, dass insgesamt durch das Vorhaben zwar sehr schwere Eingriffe erfolgten, aber durch weitreichende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sichergestellt werde, dass keine bleibende Schädigung des Zustandes der Gewässer (durch Restwasserdotierung sowie umfangreiche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Unterlauf der Gewässer) oder des Bodens (Aufwertung von Böden an anderer Stelle im Rahmen von Ersatzmaßnahmen) erfolge. Das BVwG komme auch zum Schluss, dass aufgrund der Tatsache, dass zwar seltene, aber keine einzigartigen Naturstandorte zerstört würden, kein Natur-, Landschafts- oder Vogelschutzgebiet bzw. Natura-2000-Gebiet betroffen sei und für hoch sensible Lebensräume Ersatz geschaffen werde, auch das Genehmigungskriterium der Vermeidung einer bleibenden Schädigung des Pflanzen- und Tierbestandes als erfüllt anzusehen sei.

121 2.4. § 17 Abs. 1 und Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 i. d.g.F. hat folgenden Wortlaut:

"§ 17. (1) Die Behörde hat bei der Entscheidung über den Antrag die in den betreffenden Verwaltungsvorschriften und im Abs. 2 bis 6 vorgesehenen Genehmigungsvoraussetzungen anzuwenden. Die Zustimmung Dritter ist insoweit keine Genehmigungsvoraussetzung, als für den betreffenden Teil des Vorhabens in einer Verwaltungsvorschrift die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist. Die Genehmigung ist in diesem Fall jedoch unter dem Vorbehalt des Erwerbs der entsprechenden Rechte zu erteilen.

(2) Soweit dies nicht schon in anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist, gelten im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zusätzlich nachstehende Genehmigungsvoraussetzungen:

1. ...,

2. die Immissionsbelastung zu schützender Güter ist

möglichst gering zu halten, wobei jedenfalls Immissionen zu

vermeiden sind, die

a) ...,

b) erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige

Einwirkungen verursachen, jedenfalls solche, die geeignet sind,

den Boden, die Luft, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den

Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen, oder

..."

122 2.5. Die Frage, "wann eine bleibende Schädigung des Pflanzen- und Tierbestandes im Sinne des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 vorliegt", beinhaltet zum einen die Rechtsfrage nach dem Maßstab, der an den Begriff der "bleibenden Schädigung" angelegt werden soll; also, welches Schutzniveau durch diese Bestimmung eingezogen wird.

123 Die Ausführungen in der Revision gehen aber zum anderen auch dahin, dass im konkreten Einzelfall das Nichtvorliegen einer solchen "bleibenden Schädigung" nicht richtig bewertet worden sei.

124 2.5.1. Das BVwG formuliert selbst kein abstraktes Begriffsverständnis der "bleibenden Schädigung" (konkret: des Bodens bzw. des Pflanzen- und Tierbestands), an dem es die festgestellten Immissionsbelastungen misst; es verweist diesbezüglich auf die in der Literatur dazu vertretenen Meinungen, die weitgehend übereinstimmen und denen es sich offenbar anschließt. Fraglich erscheint dem BVwG möglicherweise - dies wird in der Fragestellung allerdings nicht offengelegt - die Bedeutung der Seltenheit eines Umweltmediums und der Kompensierbarkeit der durch einen Eingriff verursachten Umweltschäden (etwa durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen) vor dem Hintergrund des Versagungstatbestandes des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000.

125 2.5.2. Von den Verfahrensparteien wird nicht bestritten, dass unter dem in § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 genannten Begriff der "Immission" jede Form einer Einwirkung zu verstehen ist, die von einem Vorhaben ausgeht und die die Schutzgüter des § 1 Abs. 1 Z 1 des UVP-G 2000 beeinträchtigen kann. Dieser Begriff umfasst auch die direkte Einwirkung auf den Boden, etwa in Form der Entfernung der Deckschicht und/oder der Versiegelung des Bodens (Baumgartner/Petek, aaO, 171), jedenfalls alle physischen Einwirkungen (Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, UVP-G3, Rz 41 zu § 17).

126 § 17 Abs. 2 Z 2 UVP-G 2000 enthält kein generelles, absolutes Schadstoffminimierungsgebot, sondern ein Gebot, die Immissionsbelastung zu schützender Güter möglichst gering zu halten. Ein absolutes Gebot enthält diese Bestimmung nur hinsichtlich der Vermeidung der in lit. a bis c genannten Immissionen (Schmelz/Schwarzer, UVP-G, Rz 114 zu § 17; ).

127 Die in Abs. 2 des § 17 UVP-G 2000 verankerten Genehmigungsvoraussetzungen gelten im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge "zusätzlich", soweit die Anforderungen nicht schon in den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehen sind (vgl. AB 1179 BlgNR 18. GP). Daraus ergibt sich eine Subsidiarität des Abs. 2 gegenüber dem anzuwendenden Materienrecht. Sieht das Materiengesetz eine Anforderung vor, gilt diese; wenn dies nicht der Fall ist, weil der Schutzanspruch eines Materiengesetzes geringer ist, kommt § 17 Abs. 2 UVP-G 2000 zum Tragen (siehe Schmelz/Schwarzer, aaO, Rz 85 zu § 17).

128 Abs. 2 des § 17 UVP-G 2000 gewinnt somit den Charakter eines Auffangregimes, das über alle Vorhabensgruppen (des UVP-G 2000) hinweg einen Mindeststandard einzieht; mildere Beurteilungsmaßstäbe in den - auf ihren Anwendungsbereich fokussierten - Materiengesetzen werden verdrängt. § 17 Abs. 2 UVP-G 2000 stellt daher - von seiner Intention her - zusätzliche Genehmigungsvoraussetzungen auf (vgl. dazu Schmelz/Schwarzer, aaO, Rz 86 ff zu § 17).

129 Zur Struktur bzw. zum Zusammenspiel der § 17 Abs. 2 und 4 UVP-G 2000 ist somit festzuhalten, dass die in § 17 Abs. 2 leg. cit. genannten Genehmigungskriterien jene Mindeststandards darstellen, die ein Vorhaben jedenfalls zu erfüllen hat (vgl. Altenburger/Berger, UVP-G2, Rz 18 zu § 17; Schmelz/Schwarzer, aaO, Rz 86 zu § 17, Bergthaler/Weber/Wimmer, UVP, S. 465). Die UVP-Behörde hat ihre Einhaltung gegebenenfalls durch die Vorschreibung geeigneter Nebenbestimmungen (nach § 17 Abs. 4 UVP-G 2000) sicher zu stellen.

130 2.5.3. Nach dem Vorgesagten mag es zutreffen, dass in einem UVP-Verfahren der Schutz der Güter, die in der Z 2 lit. b des § 17 Abs. 2 leg. cit. genannt sind (Boden, Luft, Pflanzen- und Tierbestand, Zustand der Gewässer), durch die Mitanwendung von materienrechtlichen Vorschriften, etwa des Wasser- und Naturschutzrechtes, in inhaltlich gleicher Weise (oder sogar darüber hinaus) abgedeckt wird. Dennoch sind Fallkonstellationen denkbar, in denen der zusätzliche Genehmigungstatbestand des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000, der dem integrativen Ansatz dieses Gesetzes gerecht wird, zu prüfen ist und der - wie oben dargestellt - gegebenenfalls auch die Grundlage für die Vorschreibung zusätzlicher Nebenbestimmungen oder aber für die Versagung der Bewilligung bieten kann.

131 Der Hinweis der mitbeteiligten Partei, es läge bereits Rechtsprechung zum Verständnis des Z 2 lit. b des § 17 Abs. 2 leg. cit. vor, weil ja Rechtsprechung zu den einzelnen Versagungstatbeständen der jeweiligen Materiengesetze bestünde, geht an diesem Verständnis vorbei. Die conclusio der mitbeteiligten Partei, wonach das Schutzniveau des § 17 Abs. 2 UVP-G 2000 dem der anwendbaren Materiengesetze entspreche, trifft in dieser Allgemeinheit nach dem Obgesagten nicht zu.

132 2.6. Das führt fallbezogen aber vorerst zur Frage, ob § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 (im Zusammenhang mit dem Naturschutz) überhaupt anzuwenden war oder ob - wie die mitbeteiligte Partei meint - mit der Anwendung der Materiengesetze, hier des TNSchG 2005, mindestens das gleiche Schutzniveau erreicht worden wäre.

133 Nach § 9 TNSchG 2005, der den Schutz von Feuchtgebieten regelt, bedürfen bei Feuchtgebieten außerhalb geschlossener Ortschaften ua jede über die bisher übliche Art und den bisher üblichen Umfang hinausgehende Nutzung (lit. d) bzw. Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen sowie jede sonstige Veränderung der Bodenoberfläche (lit. e) einer naturschutzrechtlichen Bewilligung.

134 § 29 TNSchG 2005 i.d.g.F. hat folgenden (auszugsweisen) Wortlaut:

"§ 29. (1) ...

(2) Eine naturschutzrechtliche Bewilligung

a) ... für Vorhaben nach den § 9 Abs. 1 und 2, ...,

b) ...,

darf nur erteilt werden,

1. wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt

wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht

beeinträchtigt oder

2. wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der

Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen. In Naturschutzgebieten darf außerdem ein erheblicher, unwiederbringlicher Verlust der betreffenden Schutzgüter nicht zu erwarten sein.

(2a) ...

(4) Trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 lit. b, Abs. 2 Z 2, Abs. 3 lit. a oder § 14 Abs. 4 ist die Bewilligung zu versagen, wenn der angestrebte Zweck mit einem im Verhältnis zum erzielbaren Erfolg vertretbaren Aufwand auf eine andere Weise erreicht werden kann, durch die die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht oder nur in einem geringeren Ausmaß beeinträchtigt werden.

(5) Eine Bewilligung ist befristet, mit Auflagen oder unter Bedingungen zu erteilen, soweit dies erforderlich ist, um Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1, in den Fällen des Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 insbesondere unter Berücksichtigung des betreffenden Schutzzweckes, zu vermeiden oder auf ein möglichst geringes Ausmaß zu beschränken."

135 In der Bestimmung des § 29 Abs. 2 Z 2 TNSchG 2005 ist eine Interessenabwägung vorgesehen, die - ungeachtet der Art und Intensität der Auswirkungen eines konkreten Projekts auf ein Feuchtgebiet - bei Vorliegen anderer langfristiger öffentlicher Interessen eine Bewilligung auch in den Fällen ermöglicht, in denen es keine Alternative zum Projekt im Sinne des § 29 Abs. 4 leg. cit. gibt (vgl. zur Interessenabwägung des § 29 Abs. 2 Z 2 TNSchG 2005:; , 2012/10/0208).

136 Zwar können nach § 29 Abs. 5 TNSchG 2005 Auflagen und Bedingungen vorgeschrieben werden, um Beeinträchtigungen des Interesses des Naturschutzes zu vermeiden oder auf ein möglichst geringes Ausmaß zu beschränken. Darin liegt eine Möglichkeit der Gestaltung der zu erteilenden Bewilligung; eine Versagung der Genehmigung käme bei positiver Interessenabwägung nach Abs. 2 Z 2 leg. cit. aber auch dann nicht in Frage, wenn trotz Erteilung von Auflagen nach § 29 Abs. 5 TNSchG 2005 eine massive Beeinträchtigung der Umwelt im Sinne einer bleibenden Schädigung von Schutzgütern verbliebe.

137 Die Vorschrift des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 sieht hingegen eine Interessenabwägung dieser Art nicht vor. Auch die Prüfung der Wirtschaftlichkeit oder des Bedarfes ist kein Kriterium. Liegt eine bleibende Schädigung eines Schutzgutes im Sinne dieser Bestimmung vor, ist die Bewilligung nach dem UVP-G 2000 - egal, ob es sich dabei um ein im langfristigen öffentlichen Interesse liegendes Projekt handelt oder nicht - zu versagen. Diese Bestimmung lässt keine Interessenabwägung und auch keine wirtschaftliche Zumutbarkeitsprüfung zu (vgl. dazu Ennöckl/N.Raschauer/Bergthaler, aaO, Rz 43 zu § 17, mwN).

138 Das Immissionsverbot des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 sieht daher - bezogen auf den Eingriff in (wie hier: nicht in Naturschutzgebieten liegende) Feuchtgebiete - ein höheres Schutzniveau vor als im TNSchG 2005 gewährleistet. Diese Bestimmung gelangt daher im UVP-Verfahren ua neben den anzuwendenden Vorschriften des TNSchG 2005 zur Anwendung.

139 2.7. Die Staffelung der Verwendung des Wortes "jedenfalls" in Z 2 lit. b des § 17 Abs. 2 UVP-G 2000 in Verbindung mit der Aufzählung mehrerer unbestimmter Gesetzesbegriffe wirft Auslegungsfragen beim Verständnis dieser Bestimmung auf, die in der einschlägigen Literatur ausführlich behandelt wurden (vgl. etwa die Darstellung in Schmelz/Schwarzer, aaO, Rz 134 zu § 17).

140 Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich der Ansicht an, wonach unter § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 konkret zu erwartende, weder vermeidbare noch kompensierbare, systemzerstörende oder nachhaltig beeinträchtigende Umweltauswirkungen zu subsumieren sind (Bergthaler in Ennöckl/N.Raschauer, aaO, S. 324). Eine "bleibende Schädigung" liegt daher dann vor, wenn solche Umweltauswirkungen weder vermieden noch kompensiert werden können und wenn sich die Schädigung als nachhaltig, dh sehr lange und einschneidend auf die Umwelt wirkend, darstellt (Altenburger/Berger, UVP-G2, Rz 32 zu § 17). Darauf, ob die Schäden irreversibel sind oder nicht, kommt es hingegen nicht an; auch (in unbestimmter ferner Zukunft) reversible Eingriffe können gegebenenfalls den Tatbestand erfüllen.

141 In jedem Fall einer Prüfung des Versagungstatbestandes des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 sind die konkret im Einzelfall vorliegenden Einwirkungen auf gefährdete Schutzgüter zu prüfen. Bei der Beurteilung des Vorliegens einer systemzerstörenden Nachhaltigkeit des Eingriffs kann fallbezogen auch auf den Umstand der (fehlenden) Besonderheit eines konkret geschädigten Umweltmediums Bedacht genommen werden.

142 Wie bereits dem oben ausgeführten Begriffsverständnis zu entnehmen ist, steht die Kompensierbarkeit eines Eingriffs (zB durch geeignete Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen) einer Versagung der Genehmigung nach § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 entgegen.

143 2.8. Mit diesem abstrakten Verständnis des Begriffs der "bleibenden Schädigung" im Sinne des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 steht weder das Begriffsverständnis der UVP-Behörde noch dasjenige des BVwG im Widerspruch.

144 Trotz der Zugrundelegung eines insofern gleichen Begriffsverständnisses zeigt sich aber im vorliegenden Fall ein maßgeblicher Unterschied in der Beurteilung des Nichtvorliegens einer bleibenden Schädigung nach § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 durch die UVP-Behörde zum einen und das BVwG zum anderen.

145 Während die UVP-Behörde davon ausging, dass bei bescheid- und projektgemäßer Umsetzung des gegenständlichen Vorhabens keine weder vermeidbaren noch kompensierbaren, systemzerstörenden oder nachhaltig beeinträchtigenden Umweltauswirkungen verblieben, schrieb das BVwG (ua in seinem Spruchpunkt A.1.4.) Maßnahmen vor, die seines Erachtens notwendig seien, um den Eintritt einer bleibenden Schädigung nach § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 (und damit die Abweisung der beantragten Genehmigung) zu vermeiden.

146 3. Zur Ersatzmaßnahme nach Spruchpunkt A.1.4 des angefochtenen Erkenntnisses

147 3.1. Fallbezogen stellten die revisionswerbenden Parteien im Zusammenhang mit der zur Hintanhaltung einer bleibenden Schädigung des Bodens und des Pflanzen- und Tierbestandes mit Spruchpunkt A.1.4. vorgeschriebenen Ersatzmaßnahme A.XII.11.12 mehrere Fragen in den Raum, unter anderem nach der ausreichenden Bestimmtheit oder nach der notwendigen, aber fehlenden Zustimmung der über potentielle Ausgleichsflächen Verfügungsberechtigten. Das BVwG habe § 17 Abs. 1 UVP-G 2000 auch insofern unrichtig interpretiert, als die Genehmigung lediglich in Bezug auf den Baubeginn eines Teils des Projektes unter den Vorbehalt des Erwerbs dieser Rechte (der Verfügungsberechtigen) gestellt worden sei, nicht aber die gesamte Genehmigung.

148 3.2. Diesem Vorbringen entgegnet die mitbeteiligte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung zum einen damit, dass die Frage, ob es zu einer bleibenden Schädigung kommt oder nicht, das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Gesamtbewertung darstellte und nicht revisibel wäre. Zum anderen habe die Genehmigungsfähigkeit der Anlage bereits vor Einfügung der Auflage A.XII.11.12. bestanden. Über die Genehmigungserfordernisse hinaus sei sie ausschließlich zur Erreichung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt in ihrer Gesamtheit vorgeschrieben worden. Diese zusätzliche (vom BVwG aktenwidrig als zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit als notwendig erachtete) Auflage könne daher keine Rechte der revisionswerbenden Parteien verletzen. Es sei mehr vorgeschrieben worden als gesetzlich und sachverständig gefordert. Zudem seien nach der Rechtsprechung die Bestimmtheitserfordernisse an Auflagen im UVP-Verfahren gelockert zu sehen (Verweis auf ; , 2011/03/0160, 0162, 0164 und 0165).

3.3. Die UVP-Behörde hatte zu den naturschutzrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen unter Berufung auf die eingeholten Gutachten die Ansicht vertreten, dass unter Berücksichtigung der vorhabensimmanenten sowie der zusätzlich in den Spruch aufgenommenen Maßnahmen die Auswirkungen des Vorhabens zwar als "wesentlich", hinsichtlich keines einzigen Schutzgutes aber als "untragbar" zu qualifizieren seien. In Hinblick auf eine bleibende Schädigung im Sinne des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 heißt es - wie bereits dargestellt -, dass gerade solche, weder vermeidbaren noch kompensierbaren, systemzerstörenden oder nachhaltig beeinträchtigenden Umweltauswirkungen bei bescheid- und projektgemäßer Umsetzung des gegenständlichen Vorhabens feststellungsgemäß nicht verblieben.

149 In den Beschwerden an das BVwG wurde in diesem Zusammenhang von einzelnen Verfahrensparteien, insbesondere vom Landesumweltanwalt, die Ansicht vertreten, dass die festgelegten Maßnahmen keinesfalls dazu geeignet seien, die von der Behörde festgestellten Auswirkungen auf die Schutzgüter bestmöglich auszugleichen bzw. zu kompensieren und dass die Bewilligung daher zu versagen wäre.

150 In der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG legte der Umweltanwalt näher begründet dar, dass eine ausgleichende Kompensation der betroffenen Lebensbereiche nur im Ausmaß von ca. 16 % vorgesehen sei. Die Frage der Höhe des Kompensationsbedarfs und die Möglichkeit der Vorschreibung geeigneter Maßnahmen wurden mit dem Amtssachverständigen und dem Projektwerber ausführlich diskutiert. Aus der Stellungnahme des Amtssachverständigen ergibt sich, dass Ausgleichsmaßnahmen gesucht und - soweit aufgrund der räumlichen Gegebenheiten möglich - vorgeschrieben worden seien und dass zur Erreichung eines allenfalls notwendigen höheren Kompensationsgrades Ersatzmaßnahmen vorgeschrieben werden müssten, bei denen - im Gegensatz zu den Ausgleichsmaßnahmen - der räumlich-inhaltliche Zusammenhang gelockert zu sehen wäre.

151 In seinem Ergänzungsgutachten vom stellte der gerichtlich bestellte Sachverständige vor dem Hintergrund einer näher genannten Kompensationsberechnung dar, wo in etwa diese Ersatzmaßnahmen liegen könnten.

152 Er beginnt dieses Gutachten mit dem Hinweis auf die bislang angewendete verbal-argumentative Methode, die Stand der Technik sei, und darauf, dass nach der Lage des Falls keine weiteren Ausgleichsmaßnahmen erforderlich seien. Die Eingriffe, insbesondere durch den Speicher, seien aufgrund der fehlenden fachlichen und räumlichen Möglichkeiten nicht vollständig ausgleichbar. Um eine 1:1-Kompensation zu erreichen, könnten zusätzlich zu den bereits im Vorhaben enthaltenen Ausgleichsmaßnahmen auch noch (die in der Folge näher dargestellten) Ersatzmaßnahmen vorgeschlagen werden.

153 3.4. Das BVwG stellte im angefochtenen Erkenntnis zum Ausgleich der Eingriffe im Bereich "Pflanzen, Tiere und deren Lebensräume" (Punkt 1.13.1. des angefochtenen Erkenntnisses) fest, für den Verlust von Mooren und hochwertigen Feuchtlebensräumen im Längental seien im Projekt bereits einige Maßnahmen vorgesehen worden, die als Ausgleichsmaßnahmen in engem räumlichen Konnex einen Ausgleich für den unvermeidbaren Verlust darstellten (A-Bet- 07, A-Bet-08). Als direkte Auswirkung des Speichers entstünde ein Verlust an Moorflächen von mindestens 2,12 ha. Das vorhandene Moor werde nicht ausschließlich zerstört. Ein Teil der Niedermoore werde als Inhalt der Maßnahmen A-Bet-02 (Umpflanzung von Kleinseggenrieden aus dem Baufeld Staudamm zur Hemerwaldalm - 0,29 ha) und A-Bet-08 (Umpflanzung von Kleinseggenrieden aus dem Längental - 0,69 ha) umgepflanzt, in Summe 0,98 ha. Die Ausgleichsflächen Kleinseggenried umfassten insgesamt 0,98 ha bzw. 46 % der in der Betriebsphase beanspruchten Moorflächen. Die Maßnahmenwirksamkeit würde lediglich mit mäßig eingestuft. Des Weiteren würden in die geplante Entwicklungsfläche Kleinseggenried Längental (Maßnahme A-Bet-07) Kleinseggenried-Soden im Umfang von 0,1 ha eingebracht. Die Maßnahmenwirksamkeit werde ebenfalls mit mäßig eingestuft. Diese Feststellung ergebe sich aus dem Gerichtsgutachten vom und sei in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten worden.

154 Das Maßnahmenziel der Maßnahme A-Bet-16 (Naturschutzfachliche Aufwertung Sulztalalm) sei es, die naturschutzfachlichen hochwertigen Vegetationstypen "Niedermoor-Kleinseggenbestand - sauer", "Bachquellflur", "Alpigene Kiesbettflur", "Silikatschutt-Pioniervegetation" und "Bach mit Umlagerungsstrecke" von Beeinträchtigungen durch die aktuelle Beweidung - d.h. Vertritt, Verbiss und Eutrophierung - zu entlasten (wird näher dargestellt). Zur Vermeidung negativer Auswirkungen bei der Herstellung strukturreicher Magerweiden durch Schwenden und Entsteinen würden im Bescheid der UVP-Behörde zusätzlich zu den Nebenbestimmungen der UVE-Maßnahmenbeschreibungen weitere Nebenbestimmungen zur Maßnahme A-Bet-16, Maßnahmenteilfläche 5, vorgeschrieben. Die Maßnahmenfläche betrage insgesamt 31,21 ha. Strukturreiche Magerweiden bestünden aus einem Mosaik von Rasenflächen, Zwergsträuchern, Krummholzbeständen, Felsblöcken, Lesesteinhaufen und Feuchtflächen. Dieses Mosaik solle nach Maßnahmenumsetzung 31,21 ha betragen. Die Neuschaffung von Weideflächen (Schwenden) bzw. Verbesserung bestehender Weideflächen (Entsteinen) umfasse dabei 7,71 ha (Angriffsfläche). Die Umsetzung der auf 5,48 ha vorgesehenen Schwendungsmaßnahmen im Gesamtbereich von 31,21 ha sei durchführbar. Dies ergebe sich aus dem Gerichtsgutachten Naturhaushalt vom , dem Gerichtsgutachten zu Boden und Landwirtschaft und den Erläuterungen des Gutachters dazu in der mündlichen Verhandlung.

155 Alle diese Maßnahmen insgesamt - so das BVwG weiter - vermöchten jedoch nur einen kleinen Teil des Verlustes an sensiblen und hoch sensiblen Lebensräumen im Längental auszugleichen. Der Landesumweltanwalt habe in der mündlichen Verhandlung eine Kompensationsberechnung präsentiert, wonach nur 16 % aller Flächen mit Lebensräumen, deren Sensibilität mit mäßig, hoch und sehr hoch bewertet wurde, ausgeglichen werde. Dies stehe im Widerspruch zur fachlichen Forderung nach möglichst vollständigem Ausgleich. Diese Berechnung sei von der Projektwerberin und dem naturschutzfachlichen Sachverständigen weder bestätigt noch in Abrede gestellt worden, doch sei vom naturschutzfachlichen Sachverständigen, der für die Beurteilung der Kompensationsmaßnahmen zuständig gewesen sei, betont bzw. bestätigt worden, dass ein auch nur nahezu vollständiger Ausgleich wegen Fehlens von entsprechenden vorbelasteten Flächen im Hochgebirge - und demnach im naturschutzfachlich anzustrebenden räumlichen Nahebereich - nicht möglich sei.

156 Die naturschutzfachlichen Sachverständigen hätten daher nach der mündlichen Verhandlung im Auftrag des BVwG Vorschläge für Auflagen erstattet, in welcher Form ein Ersatz für jene durch das Vorhaben ersatzlos zerstörten Lebensräume geschaffen werden könne, für die im Verfahren eine entsprechend hohe naturkundefachliche Bewertung erfolgt ist. Eine entsprechende Auflage sei als Spruchpunkt A.I.4. in dieses Erkenntnis aufgenommen worden.

157 Das BVwG wies auch in Punkt 2.8.4. seines Erkenntnisses darauf hin, dass das Beschwerdeverfahren ergeben habe, dass es im Bereich des Längentals zu schweren Eingriffen kommen werde, die nicht an Ort und Stelle vollständig ausgeglichen werden könnten. Um eine bleibende Schädigung des Bodens sowie des Pflanzen- und Tierbestandes zu vermeiden, seien die von den Sachverständigen in ihrer Stellungnahme vom zusätzlich zu den bereits im Vorhaben enthaltenen Ausgleichsmaßnahmen vorgeschlagenen Ersatzmaßnahmen in Spruchpunkt A.I.4. dieses Erkenntnisses in Form einer Nebenbestimmung eingefügt worden.

158 3.5. Es trifft zu - wie die mitbeteiligte Partei meint -, dass die Frage, ob es zu einer bleibenden Schädigung im Sinne des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 kommt oder nicht, das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Gesamtbewertung der vorliegenden Beweisergebnisse (Gutachten) und allenfalls sonstiger Umstände und Gegebenheiten darstellt. Wurde diese auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen, so ist eine solche einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht revisibel (, mwN).

159 Die revisionswerbenden Parteien wenden sich aber in ihrer Revision nicht gegen diese Annahme; im Gegenteil, sie vertreten - ebenso wie das BVwG - die Ansicht, die Umsetzung des Projektes, so wie es von der UVP-Behörde bewilligt worden sei, führe zum Vorliegen einer bleibenden Schädigung. Dass diese Annahme in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre, wird seitens der mitbeteiligten Partei, die sich in erster Linie gegen die Anwendbarkeit dieser Bestimmung wandte, allerdings nicht substantiiert vorgebracht, sodass der Verwaltungsgerichtshof in weiterer Folge von dieser Annahme ausgeht.

160 3.6. Aus den oben (Rz 157) wiedergegebenen Ausführungen des BVwG ergibt sich weiters entgegen der Annahme der mitbeteiligten Partei, dass nach Ansicht des BVwG ohne die zusätzliche Auflage in Spruchpunkt A.I.4. des angefochtenen Erkenntnisses (= Einfügung einer neuen Auflage A.XII.11.12 in den Auflagenkatalog des Kapitels "Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume, Naturhaushalt") ein ersatzlos bzw. kompensationslos und daher bleibend zerstörter Lebensraum im Längental verbliebe und der Versagungstatbestand des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 verwirklicht worden wäre. Damit stellte das BVwG diese zusätzliche Auflage aber in einen direkten Zusammenhang zu einer Genehmigungsvoraussetzung; ihre Vorschreibung erfolgte nicht unter Hinweis auf das anzustrebende hohe Umweltschutzniveau, sondern dient (lediglich) "gleichzeitig" diesem Ziel (vgl. zu den mit Spruchpunkten A.I.5. und A.I.6. vorgeschriebenen Auflagen die diesbezüglich noch eindeutigeren Ausführungen im angefochtenen Bescheid auf Seite 114 oben).

161 3.7. Die mitbeteiligte Partei meint, es wäre auch in Hinblick auf diese Ersatzmaßnahme mehr vorgeschrieben worden als gesetzlich und sachverständig gefordert worden sei; eine überflüssige Vorschreibung der Ersatzmaßnahme Spruchpunkt A.I.4. könne aber keine Rechte der revisionswerbenden Parteien verletzen. Sie nennt - in Bezug auf diese Ersatzvornahme - als Beleg dafür den eingangs des Gutachtens des Sachverständigen zu findenden Hinweis auf das Fehlen der Notwendigkeit weiterer Ausgleichsmaßnahmen.

162 Die nach dem jeweiligen Stand der Technik zu erfolgende Ermittlung des Kompensationsbedarfs, die konkret schutzgutbezogen vorzunehmende Art der Kompensationsberechnung und die sich daraus ergebenden Kompensationsmaßnahmen stellen jeweils von Sachverständigen zu beantwortende Fragen dar (vgl. zur Notwendigkeit von Sachverständigengutachten über die Auswirkungen eines Vorhabens und von Ausgleichmaßnahmen auf den Naturhaushalt ; , Ro 2014/02/0061). Im Verfahren standen einander zu diesem Thema teilweise konträre Ansichten des Projektwerbers, des Sachverständigen und - gestützt auf fachkundige Ausführungen - des Landesumweltanwaltes gegenüber.

163 Nun ist weder der Stellungnahme des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung noch seinem Gutachten (siehe dessen Einleitung) eindeutig zu entnehmen, dass es der vom Landesumweltanwalt geforderten weiteren Kompensationsmaßnahmen zur Vermeidung einer bleibenden Schädigung der in § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 genannten Schutzgüter nicht bedürfte; der Verweis auf die fehlende Notwendigkeit weiterer Ausgleichsmaßnahmen kann auch der fehlenden fachlichen und räumlichen Möglichkeiten für solche Maßnahmen im Längental geschuldet sein, auf die ausdrücklich hingewiesen wird. Dem Gutachten ist zu entnehmen, dass eine Kompensierbarkeit der massiven Eingriffe in den Naturhaushalt gerade durch die Vorschreibung der dort zusätzlich vorgeschlagenen Ersatzmaßnahme gewährleistet wäre.

164 Der Verwaltungsgerichtshof kann - vor dem Hintergrund seiner im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung eingeschränkten Prüfungsbefugnis (, mwN) - keine grob fehlerhafte, unvertretbare und die Rechtssicherheit beeinträchtigende Vorgangsweise darin erblicken, dass sich das BVwG auf die in der mündlichen Verhandlung und im Gutachten erstatteten sachverständigen Feststellungen zum Kompensationsbedarf und den dazu vorgeschlagenen Kompensationsmaßnahmen stützte.

165 Aber selbst wenn die Vorgangsweise des BVwG diesbezüglich einen Begründungsmangel aufwiese, könnte keinesfalls ausgeschlossen werden, dass es der Vorschreibung der Ersatzmaßnahme mit Spruchpunkt A.I.4. bedürfte, um die bleibende Schädigung nach § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 hintanzuhalten. Auch in diesem Fall einer unzureichenden Begründung der Beweiswürdigung könnte nicht gesichert von der Annahme der mitbeteiligten Partei ausgegangen werden, es bedürfte dieser Ersatzmaßnahme gar nicht. Diesfalls könnte aber eine aus den nachstehenden Überlegungen gegebene Verletzung der von den revisionswerbenden Parteien zu wahrenden Umweltschutzinteressen ebenfalls nicht ausgeschlossen werden.

166 4. Ist die vorliegende Anlage aber nur bei Vorschreibung der Auflage A.XII.11.12 durch Spruchpunkt A.I.4.

genehmigungsfähig, wovon das BVwG ausging, so bekommt die von den revisionswerbenden Parteien aufgeworfene Frage der ausreichenden Bestimmtheit und auch der rechtlichen Absicherung der Umsetzbarkeit dieser Auflage rechtliches Gewicht.

167 Wäre die Auflage notwendig, aber aus rechtlichen Gründen ungeeignet, ihr Ziel zu erreichen, würden Rechte der revisionswerbenden Parteien verletzt. Davon ist aber aus nachstehenden Gründen auszugehen:

168 4.1. Die Auflage A.XII.11.12, die mit Spruchpunkt A.I.4. des angefochtenen Erkenntnisses als neue Auflage im Kapitel "Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume, Naturhaushalt" eingefügt wurde, hat folgenden Wortlaut (Unterstreichung im Original):

"I.4. Im Kapitel ‚Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume, Naturhaushalt' wird eine neue Auflage A.XII.11.12 eingefügt, die wie folgt lautet:

‚12. Vor Beginn der Bauarbeiten im Längental für das Vorhaben ist der Behörde für den Verlust von Feuchtlebensräumen im Längental (Niedermoore, Bachquellfluren, vegetationsarme Stillgewässer) ein Maßnahmenkonzept für eine Ersatzmaßnahme mit einer Maßnahmenfläche im Umfang von 2,5 ha vorzulegen. Die Maßnahme ist auf agrarisch intensiv genutzten Flächen über Moorböden umzusetzen und muss zur Wiederherstellung eines Moorlebensraumes mit dafür typischem Wasserhaushalt auf der gesamten Fläche in einem angemessenen Zeitraum führen.

Im Rahmen des Maßnahmenkonzeptes sind folgende Mindestangaben zu machen (siehe auch RVS Umweltmaßnahmen):

* Bezeichnung und Nummer

* Maßnahmentyp

* Kompensationsfläche (Flächenumfang der Maßnahme)

* Maßnahmenraum und Verortung

* Wirkungsziel (Beschreibung der angestrebten Qualität

einer Umweltmaßnahme, angestrebter Soll-Zustand)

* Standortanforderung (z.B. Beschreibung Biotoptyp,

Ausstattungsqualität, Aufwertungspotential)

* Maßnahmenbeschreibung

* Zeitpunkt der Umsetzung

* Pflege (Beschreibung der Pflegeerfordernisse zur

Erreichung des Wirkungsziels: Unterscheidung zwischen

Entwicklungspflege zu einem Zielzustand und Erhaltungspflege des

bereits erreichten Zielzustandes)

* Monitoring/Kontrolle (Monitoringkonzept mit folgenden

Angaben: Zeitpunkt bzw. Zeitraum, nachvollziehbare Methodik, Art

der Dokumentation)

* Flächensicherung (Status der Flächenverfügbarkeit/-

sicherung).

Ein Beginn der Bauarbeiten im Längental für das Vorhaben ist erst nach Freigabe des Maßnahmenkonzepts durch die Behörde zulässig.

Bis zur Abnahmeprüfung ist der Behörde das Ergebnis der ersten Kontrollen der Maßnahme vorzulegen. Im Bericht sind folgende Mindestangaben zu machen:

* Dokumentation der Maßnahmenumsetzung

* Dokumentation der durchgeführten Pflegemaßnahmen

* Dokumentation der Vegetationsentwicklung

* Beurteilung der Maßnahmenwirksamkeit

* Beschreibung Pflegekonzept für die Folgejahre inkl.

Adaptierungen von Pflegemaßnahmen, wodurch die Zielerreichung verbessert wird.

Die Wirksamkeit der Maßnahme im Sinn der Erreichung einer Wiederherstellung und Aufrechterhaltung des Moorlebensraumes ist für die gesamte Dauer des Bestehens des Vorhabens sicherzustellen.' "

169 4.2. Die Auflage sieht die Vorlage eines Konzeptes für eine Maßnahme vor, die den Verlust von Feuchtlebensräumen im Längental kompensieren soll; die Ersatzmaßnahme soll eine Fläche im Umfang von 2,5 ha aufweisen, auf agrarisch intensiv genutzten Flächen über Moorböden umgesetzt werden und zur Wiederherstellung eines Moorlebensraumes mit dafür typischem Wasserhaushalt auf der gesamten Fläche in einem angemessenen Zeitraum führen.

170 Es handelt sich bei dieser Auflage also nicht um die Vorschreibung einer konkreten Maßnahme, sondern um den Auftrag, ein (inhaltlich näher definiertes) Konzept für eine solche Maßnahme vorzulegen.

171 Die Auflage sieht zwar eine Verpflichtung der mitbeteiligten Partei vor, nach Vorlage des Maßnahmenkonzepts eine "Freigabe" durch die Behörde zu erwirken und danach die Maßnahme umzusetzen. Die Behörde hat nach dem Wortlaut der Auflage das (entsprechend aufbereitete) Maßnahmenkonzept "freizugeben", es also in irgendeiner Form zu prüfen, zu beurteilen und zu bewilligen und gleichzeitig die mitbeteiligte Partei zur Umsetzung dieses Konzepts zu verpflichten. Diese "Freigabe" beinhaltet die für die Genehmigungsfähigkeit des gesamten Projektes relevante Verpflichtung der mitbeteiligten Partei zur Durchführung einer Maßnahme, die letztlich den Verlust von Feuchtlebensräumen im Längental kompensieren soll. Wie das Verfahren, das zur "Freigabe" des Konzeptes und zu seiner Verbindlichkeit gegenüber der mitbeteiligten Partei führen soll, aber konkret ausgestaltet wird, bleibt offen.

172 Um Missverständnisse auszuschließen, sei betont, dass es sich hier nicht - wie fallweise an anderen Stellen von Bewilligungsbescheiden vorgeschrieben - um die "Freigabeerklärung" einer Bauausführung durch technisch befugte Personen im Zuge der Umsetzung eines bewilligten Projektes geht. Im vorliegenden Fall geht es vielmehr (erst) um die inhaltliche Gestaltung eines entscheidungsrelevanten Teils eines Bewilligungsbescheides, wobei in einem abgesonderten behördlichen "Freigabeverfahren" ohne erkennbare Mitwirkung von Verfahrensparteien Kompensationsmaßnahmen konkretisiert und letztlich verbindlich vorgeschrieben werden sollen.

173 4.3. Solche maßgeblichen Festlegungen eines Konsenses haben aber nicht in einem nur zwischen dem Konsenswerber und der Behörde zu führenden, dem Bewilligungsverfahren nachgelagerten Verfahren, sondern im Bewilligungsverfahren selbst durch Konkretisierung im Bewilligungsbescheid zu erfolgen; nur so steht den anderen Verfahrensparteien auch die Möglichkeit zur Mitsprache und allenfalls zur Erhebung von Rechtsmitteln einerseits sowie zur Überprüfung der Einhaltung des Konsenses andererseits offen (vgl. zu einem ähnlichen Sachverhalt, in dem für den Fall der Nichteinigung zwischen zwei Verfahrensparteien die ökologische Bauaufsicht zur verbindlichen Festlegung einer Maßnahme im Auflagenweg verpflichtet wurde: ).

174 Dass es unzulässig ist, eine wasserrechtliche Bewilligung mit einer Beweissicherung zu verknüpfen, deren positives Ergebnis Voraussetzung für die Erteilung der Bewilligung sein soll, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht (; , 95/07/0174, 0178, 0180 und 0184). Auch im vorliegenden Fall bewirkt die Auflage A.XII.11.12 die Auslagerung desjenigen Teils des Ermittlungsverfahrens, dessen positives Ergebnis erst Voraussetzung für die Erteilung der Bewilligung selbst ist, in ein gesondertes Verfahren (vgl. dazu auch ). Der Umstand, dass es sich im vorliegenden Fall bei der Vorschreibung der Ersatzmaßnahme in Spruchpunkt A.I.4. um eine die Genehmigungsfähigkeit des Projektes erst herstellende Auflage handelt, macht im Übrigen den Unterschied zu den Fällen aus, die den hg. Erkenntnissen vom , Ro 2014/03/0035, oder vom , 2011/03/0160, zu Grunde lagen, und die sich mit Auflagen im Zusammenhang mit dem Monitoring des Vorhabens im Zuge der Projektumsetzung befassten.

175 4.4. Die vom BVwG im Zusammenhang mit dieser Ersatzmaßnahme gewählte Vorgangsweise widerspricht daher der Rechtsprechung und führt zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit der vorgeschriebenen Auflage.

176 4.5. Dazu kommen in Bezug auf den Inhalt der genannten Auflage A.XII.11.12 weitere Bedenken:

177 4.5.1. Aus dieser Auflage ergibt sich keine Verortung der Ausgleichsmaßnahme. Das Gutachten des naturfachlichen Sachverständigen vom , auf das sich die Vorschreibung dieser Auflage offenbar inhaltlich stützt, nennt einige Beispiele für mögliche geeignete Bereiche für Ersatzmaßnahmen in unterschiedlichen Tiroler Gemeinden. Nach dem Inhalt des angefochtenen Erkenntnisses bzw. der Auflage steht aber nur fest, dass ein Konzept vorzulegen sein wird, nicht aber, auf welchen konkreten Flächen die vorgeschriebenen Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Es stünden theoretisch auch andere, sehr viel weiter entfernte Möglichkeiten der Situierung von Ersatzmaßnahmen offen.

178 Gerade die Beurteilung eines notwendigen sachlichen (wenn auch gelockerten räumlich-inhaltlichen) Konnexes wäre vor der Vorschreibung einer solchen Maßnahme im Rahmen des Bewilligungsverfahrens durchzuführen gewesen.

179 4.5.2. Die revisionswerbenden Parteien werfen auch die Frage nach der Verfügbarkeit allfällig betroffener Grundflächen bzw. der Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten auf:

180 Mangels einer örtlichen Zuordenbarkeit der der Behörde noch vorzuschlagenden Maßnahme bleibt auch offen, wer Eigentümer der von der Maßnahme betroffenen Grundflächen ist. Daher kann derzeit nicht beantwortet werden, ob es zur Vorlage einer allenfalls notwendigen Zustimmungserklärung kommt oder nicht. Das TNSchG 2005 (vgl. dazu § 43 Abs. 2 TNSchG 2005) selbst bietet aber keine Rechtsgrundlage dafür, in naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren Zwangsrechte einzuräumen.

181 Auch der Umstand, dass das vorzulegende Maßnahmenkonzept ua die Angabe "Flächensicherung (Status der Flächenverfügbarkeit/- sicherung)" zu enthalten hat, hilft nicht weiter, gewährleistet doch diese Angabe noch nicht die rechtliche Verfügbarkeit über diese Flächen, sondern hat lediglich deskriptiven Charakter. Entgegen der Annahme der mitbeteiligten Partei in der Revisionsbeantwortung handelt es sich dabei um keinen Nachweis der Flächensicherung.

182 4.5.3. Es kann hier dahinstehen, ob die Möglichkeit, auf der Rechtsgrundlage des WRG 1959 (§§ 60 ff leg. cit.) Zwangsrechte für das Projekt, also für jene Flächen, die für das Vorhaben selbst in Anspruch genommen werden, einzuräumen, auch als rechtliche Basis für die Einräumung von Zwangsrechten für die Durchführung von Ersatzmaßnahmen, die für die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens erforderlich sind und nicht im Eigentum des Projektwerbers stehen, herangezogen werden kann (so das BVwG in den allgemeinen Ausführungen auf S. 117) oder nicht (vgl. dazu Schmelz/Schwarzer, aaO, Rz 83 zu § 17, und die allgemeinen Überlegungen zu der für Vorhaben des 3. Abschnittes des UVP-G 2000 erweiterten Enteignungsmöglichkeit des § 24f Abs. 15 UVP-G 2000, Rz 123), weil sich die Vorschreibung der Ersatzmaßnahme bereits aus den oben dargestellten Gründen als rechtswidrig erwies.

183 Ergänzend ist aber darauf hinzuweisen, dass sich dann, wenn man - wie offenbar das BVwG - davon ausginge, dass auch für eine solche Ersatzmaßnahme eine Einräumung von Zwangsrechten nach dem WRG 1959 in Frage komme, eine weitere Rechtswidrigkeit ergäbe:

184 Wäre eine solche Zwangsrechtseinräumung notwendig, stünde nach § 17 Abs. 1 letzter Satz UVP-G 2000, der sich auch im Spruch des insofern unverändert gebliebenen Bescheides der UVP-Behörde findet, die gesamte Genehmigung unter dem Vorbehalt des Erwerbs der entsprechenden Rechte.

185 Zu diesem Vorbehalt stünde aber die Anordnung des BVwG, wonach lediglich der Baubeginn im Längental mit der "Freigabe des Maßnahmenkonzepts" junktimiert wurde, im Widerspruch; ein solcher Vorbehalt wäre rechtswidrig. Erst mit dem gegebenenfalls durch eine nachgeschaltete Zwangsrechtseinräumung erworbenen Recht zur Umsetzung der Ersatzmaßnahme erlangte die gesamte Genehmigung ihre Rechtswirksamkeit.

186 Daher führt die durch die Art der Formulierung der Auflage A.XII.11.12. bewirkte Ungewissheit darüber, wo die Maßnahme gesetzt wird, auch zur Ungewissheit darüber, ob bzw. wann die Genehmigung für das gesamte Projekt ihre Rechtswirksamkeit erlangte. Auch dieser Aspekt zeigt auf, dass die Vorschreibung einer so formulierten Ersatzmaßnahme bereits aus rechtlichen Gründen verfehlt ist.

187 5. Zur Berücksichtigung des Altbestandes im Sinne des § 3a Abs. 7 UVP-G 2000 und zur Gesamtwertung nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000

188 5.1. Die revisionswerbenden Parteien führen weiters aus, weder das BVwG noch die UVP-Behörde hätten im Zuge des revisionsgegenständlichen Änderungsverfahrens den bereits bestehenden Altbestand berücksichtigt und hätten es deshalb unterlassen, eine gesamtheitliche Bewertung aller mit dem antragsgegenständlichen Vorhaben einhergehenden Auswirkungen auf umweltrelevante Schutzgüter vorzunehmen. Zur Frage, welche additiven Auswirkungen das nunmehrige Änderungsvorhaben auf die Immissionen der Altanlagen habe, fehlten Feststellungen überhaupt und es seien auch keine Feststellungen getroffen worden, inwieweit dadurch Änderungen der in § 17 Abs. 1 bis 5 UVP-G 2000 angeführten Interessen betreffend den Altbestand bewirkt würden. Insofern weiche das BVwG von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

189 An anderer Stelle machen die revisionswerbenden Parteien geltend, die Bewilligung sei auch deshalb in rechtswidriger Weise erteilt worden, weil das BVwG die in § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 normierte Gesamtbewertung nicht vorgenommen habe. Hätte das BVwG eine derartige Interessenabwägung vorgenommen, so wäre hervorgekommen, dass insgesamt schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten seien, die zu einer Abweisung des Antrags geführt hätten, weil sich nach dieser Gesamtbetrachtung der Umweltauswirkungen kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Realisierung des Projektes ergeben hätte. Insofern komme der Verletzung des § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Auf Grundlage der Feststellungen des BVwG sei nicht einmal nachvollziehbar, von welchen gesamthaften Auswirkungen überhaupt ausgegangen werde; das Unterbleiben einer entsprechenden Gesamtabwägung erweise sich daher als klar rechtswidrig.

190 5.2. Beiden aufgeworfenen Fragestellungen ist gemeinsam, dass sich die UVP-Behörde damit näher beschäftigte und in der Begründung ihres Bescheides entsprechende Ausführungen traf.

191 So stellte sie in ihrem Bescheid vom (S. 326f) zu § 3a Abs. 7 UVP-G 2000 fest, dass neue oder größere Auswirkungen, die von den bestehenden Wasserfassungen ausgingen, von den Prüfgutachtern nicht erkannt werden hätten können. Es sei auch nicht vorstellbar, inwiefern das gegenständliche Änderungsvorhaben neue oder größere Auswirkungen bei den bestehenden Wasserfassungen bewirken könne. Auch Wechselwirkungen und Kumulierungen wurden umfassend geprüft, beschrieben und bewertet.

192 Die UVP-Behörde beschäftigte sich (auf S. 467 f ihres Bescheides) auch differenziert mit den Vorgaben des § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 und legte dieser Bestimmung zum einen das Verständnis zu Grunde, dass es bei der dort vorgesehenen Gesamtprüfung (nur) um die Wechselwirkungen, Verlagerungen und Kumulierungen von Umweltauswirkungen aus Bereichen gehe, die nicht bereits Gegenstand der materiellrechtlichen Prüfungen waren (wie etwa Klimaschutz, Sach- und Kulturgüterschutz), zum anderen - im Rahmen einer Alternativbegründung - aber auch das Verständnis, wonach es um die Einbeziehung aller Umweltauswirkungen des Vorhabens gehe, also auch jener, die bereits in den anzuwendenden Materiengesetzen vollumfänglich behandelt worden seien.

193 Weiter hieß es, dass Verlagerungs- und Kumulationseffekte bzw. Wechselwirkungen vorliegendenfalls nicht erkennbar seien und dass sich die Umweltbelastungen daher auf die Summe der detailliert dargestellten Auswirkungen auf die einzelnen Umweltmedien beschränkten. An dieses Verständnis schloss eine entsprechende Interessenabwägung an, die letztlich zugunsten der Bewilligung ausschlug.

194 5.3. Die Beschwerden der revisionswerbenden Parteien stützten sich (ua) mit näherer Begründung auch auf diese Aspekte.

195 5.4. Das BVwG unterließ es im vorliegenden Fall, sich mit der Beantwortung der Frage, ob durch das beantragte Vorhaben das Ausmaß der von den bestehenden Anlagen ausgehenden und verursachten Emissionen verändert bzw. erhöht würde, näher auseinander zu setzen.

196 Zur Interessenabwägung nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 führte es lediglich aus (S. 84 des angefochtenen Erkenntnisses), eine solche sei nicht mehr durchzuführen. Diese Bestimmung normiere eine zusätzliche Abweisungsmöglichkeit, wenn die sonstigen Genehmigungsvoraussetzungen jeweils für sich genommen zwar erfüllt seien, eine Gesamtbewertung aber zu einem negativen Ergebnis führe. § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 habe eine Auffangfunktion und diene nicht dazu, eine Interessenabwägung, die bereits nach einem Materiengesetz durchgeführt worden sei, nochmals durchzuführen. Es gäbe keinen Hinweis dafür, dass eine Interessenabwägung nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 zu einem anderen Ergebnis führte.

197 5.5. Jede Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, welche - allenfalls unter Rückgriff auf den Inhalt bzw. Abspruch eines (in Beschwerde gezogenen) verwaltungsbehördlichen Bescheides - die Angelegenheit erledigt, die zunächst von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war, tritt an die Stelle des beim Verwaltungsgericht bekämpften Bescheides. Dies ist bei der Gestaltung sowohl des Spruches als auch der Begründung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zu berücksichtigen (vgl. ; , Ro 2017/07/0028).

198 Daraus folgt, dass ein Verwaltungsgericht, wenn es eine in der Beschwerde in Frage gestellte Beurteilung der Behörde teilt, entweder mit näheren Hinweisen auf die entsprechenden Teile der Begründung des Bescheides verweist oder sie aus Eigenem wiederholt. Das Unterlassen jeglicher argumentativer Auseinandersetzung mit einem Beschwerdevorbringen führt jedenfalls zu einem Begründungsmangel einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtes.

5.6. Das Unterlassen einer Begründung im Zusammenhang mit § 3a Abs. 7 UVP-G 2000 stellt einen wesentlichen Begründungsmangel des angefochtenen Erkenntnisses dar.

199 Aber auch die knappen begründenden Ausführungen im Zusammenhang mit § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 erweisen sich als mangelhaft.

200 Die Gesamtbewertung nach dieser Bestimmung erfordert eine zusammenfassende Gesamtschau, die - unter Berücksichtigung aller Synergien, Überlagerungen, Kumulationseffekte etc. - die in den jeweiligen Teilgutachten fachlich-naturwissenschaftlich festgestellten Belastungen und Beeinträchtigungen der einzelnen Schutzgüter zu einem Gesamtbild der zu erwartenden Umweltauswirkungen zusammenführt. Die Gesamtbewertung setzt daher eine möglichst vollständige Einbeziehung aller vorhabensbedingten Umweltauswirkungen voraus, die dann in einen Gesamtkontext zu stellen, also in Summe und im Verhältnis zueinander zu beurteilen sind (Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, aaO, Rz 87 zu § 17).

201 Vor einer Sachentscheidung über einen Bewilligungsantrag hat daher eine Gesamtbeurteilung nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 zu erfolgen.

202 Es bleibt - insbesondere im Gegensatz zu dem seitens der UVP-Behörde differenziert dargestellten Verständnisses des Begriffs "Gesamtbewertung" - zunächst unklar, von welcher Art der Gesamtprüfung (Gesamtbewertung) das BVwG ausgeht. Es scheint in den oben wiedergegebenen knappen Ausführungen zuerst die Meinung zu vertreten, eine Interessenabwägung könne hier gänzlich entfallen ("sei nicht durchzuführen"), weil die einzelnen materiellen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt und die dortigen Interessenabwägungen nicht zu wiederholen wären. Daran schließt der Hinweis, dass keine Indizien für ein anderes (negatives) Ergebnis bei einer Interessenabwägung nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 vorlägen.

203 Diese Art der "Gesamtprüfung", die sich letztlich in dem Satz erschöpft, es wären keine Indizien für ein anderes (negatives) Ergebnis bei einer Interessenabwägung nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 vorgelegen, genügt den gesetzlichen Vorgaben an die Begründung einer Entscheidung nicht. Auch der Hinweis des BVwG auf die Erfüllung der einzelnen materiellen Genehmigungsvoraussetzungen und die dortigen Interessenabwägungen greift in Hinblick auf die aufgetragene Prüfung "auch" von intradisziplinären Wechselwirkungen, Kumulierungs- und Verlagerungswirkungen zu kurz. Um das Fehlen von Indizien für ein anderes Ergebnis ins Treffen führen zu können, hätte es einer Darstellung bedurft, dass und aus welchen Gründen es auszuschließen sei, dass es zu den genannten Wechselwirkungen, Kumulierungs- und Verlagerungswirkungen komme. Dabei hätte man sich zuvor überhaupt mit diesen möglichen Wirkungen (oder ihrem Fehlen) befassen müssen.

204 Darin liegt ein weiterer wesentlicher Begründungsmangel des angefochtenen Erkenntnisses.

205 6.1. Zu den Normbedenken der revisionswerbenden Gemeinde genügt der Hinweis auf den ihre Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ablehnenden Beschluss vom , E 3152/2017 (siehe dazu auch die Ablehnung der Beschwerde einer weiteren - vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht revisionsführenden - Umweltorganisation mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , E 3209/2017).

206 6.2. Insoweit die revisionswerbende Gemeinde im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit des WWRP TOL mit der WRRL ein Vorabentscheidungsansuchen an den EuGH anregt, so fehlt es diesem Vorbringen mangels unmittelbarer Anwendung der WWRP TOL an der dafür notwendigen Entscheidungserheblichkeit (vgl. idS ). Die diesbezüglich ins Treffen geführte Rechtsprechung des EuGH zur Verhinderung einer "Salamitaktik" bei Vorhaben ist schon deshalb nicht von Relevanz, weil die bereits bestehende Anlage in das gegenständliche UVP-Genehmigungsverfahren einbezogen wurde.

207 7. Aus den oben (in den Punkten III B 3. ff) näher dargestellten Erwägungen war das angefochtene Erkenntnis wegen prävalierender Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Angesichts dessen erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Revisionsvorbringen der revisionswerbenden Parteien.

208 IV.

209 Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RO2017070033.J00
Schlagworte:
Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes Fachgebiet Begründung Begründungsmangel Besondere Rechtsgebiete sachliche Zuständigkeit Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4 Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4 Verfahrensbestimmungen Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

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