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VwGH vom 14.12.2017, Ro 2017/07/0030

VwGH vom 14.12.2017, Ro 2017/07/0030

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , Zl. LVwG-550384/35/Wim/KaL, betreffend Aufhebung eines Bescheides und Zurückverweisung in einer Wasserrechtsangelegenheit (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen (BH) erteilte dem Wasserverband T (in weiterer Folge: Wasserverband) mit Bescheid vom die wasserrechtliche Bewilligung für die Sanierung des linksufrigen X Dammes zwischen km 14,600 und km 15,050 in der Ortschaft T, Gemeindegebiet S; dies in Abänderung eines Bescheides der BH vom in der Fassung eines Bescheides vom (Spruchabschnitt A). Das Projekt soll der Sicherstellung eines bis zum 100-jährlichen Ereignis bemessenen Hochwasserschutzes für das Siedlungsgebiet T und das dicht besiedelte westliche Stadtgebiet von G dienen.

2 A G. als Eigentümer der Grundstücke Nr. 744/2 und 744/3 KG M. (in weiterer Folge: Grundeigentümer) erhob gegen diese Bewilligung Beschwerde und brachte - soweit hier von Bedeutung - vor, es erfolge eine Verletzung seiner subjektiven Rechte als Grundeigentümer durch eine Verschärfung der Überschwemmungsgefahr, durch eine Verunreinigung seiner Grundstücke, durch zusätzliche Auswaschungen und Abschwemmungen im Hochwasserfall, durch den vermehrten Abtransport von Treibgut und durch das intensivere und häufigere Ausufern der X und die damit verbundenen Beschädigungen. Durch eine Änderung der Abflussgeschwindigkeiten und der Abflussmenge komme es auch zu Beeinträchtigungen und Einschränkungen der landwirtschaftlichen Nutzung seiner Grundstücke in der bisher ausgeübten Art und zu einer Verschlechterung der Bodenbeschaffenheit, somit zu einer Substanzschädigung der Grundstücke.

3 Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) führte zwei mündliche Verhandlungen durch und ergänzte das Ermittlungsverfahren. In der Verhandlung vom wurde das aktuelle Ergebnis der eingeholten fachlichen Berechnungen erläutert; ihnen zufolge ergäben sich zumindest bis zu einem Szenario eines HQ100 für die Grundstücke des A G. tendenziell eher Vorteile. Bei einem HQ300 komme es aber auf jeden Fall zu zusätzlichen Überflutungen im Bereich seiner Grundstücke.

4 In weiterer Folge wurde versucht, eine einvernehmliche Lösung hinsichtlich der Entschädigungshöhe zwischen dem Grundeigentümer und dem Wasserverband zu finden.

5 Mit Schreiben vom teilte der Wasserverband dem LVwG mit, dass die Versuche zur Erzielung einer einvernehmlichen Lösung gescheitert seien. Es werde aber angeregt, insofern eine Änderung der mit Bescheid vom erteilten Bewilligung vorzunehmen, als der Hochwasserschutzdamm linksufrig der X in einem näher genannten Bereich entgegen dem Auflagepunkt 2 des behördlichen Bescheides auf die ursprünglich bewilligte Dammhöhe bewilligt werden solle, welche zum Zeitpunkt der Antragstellung als Rechtsbestand gegeben gewesen sei. Um dem Stand der Technik trotz Entfalls des Freibordes zu entsprechen und den Damm erosionssicher zu gestalten, werde in Abweichung zum ursprünglich eingereichten Projekt begehrt, luftseitig Erosionsschutzmatten zur Erosionssicherung aufzubringen.

Der Damm am rechten Ufer der X (im verfahrensgegenständlichen Bereich) sei entsprechend den Erkenntnissen aus dem Verwaltungsverfahren gegenüber der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung um bis zu 20 cm zu niedrig. In diesem Bereich liege am rechten Ufer auf der Dammkrone auch der asphaltierte Weg "K", für welchen die Stadtgemeinde G. eine wasserrechtliche Bewilligung habe. Der Wasserverband beabsichtige, diesen Mangel zu beheben, und es sei geplant, die Dammhöhe auf das bewilligte Maß herzustellen. Es werde davon ausgegangen, dass für diese Instandhaltungsarbeiten keine gesonderte Bewilligung nach dem WRG 1959 erforderlich sei.

6 Das LVwG gab mit dem nun in Revision gezogenen Beschluss vom der Beschwerde des Grundeigentümers insofern statt, als der gesamte Spruchabschnitt B des Bescheides der BH vom aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die BH zurückverwiesen wurde. Die ordentliche Revision wurde zugelassen.

7 Dies wurde damit begründet, dass der Grundeigentümer eine Beeinträchtigung seines Grundstückes durch Überflutungen infolge der X Sanierung eingewandt habe. Im Ermittlungsverfahren vor dem LVwG habe sich ergeben, dass zumindest beim derzeitigen Stand der Dammsanierung und zumindest bei 300-jährlichen Hochwässern eine solche Beeinträchtigung möglich wäre. Es komme dem Grundeigentümer eines nachteilig beeinflussten Grundstückes auf jeden Fall Parteistellung im gegenständlichen Verfahren zu.

8 Bei der Verletzung von Rechten Dritter gebe es keine Geringfügigkeitsgrenze. Auch eine bloß geringfügige Verletzung von Rechten Dritter in qualitativer und quantitativer Hinsicht stelle eine maßgebliche und der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung entgegenstehende Rechtsverletzung dar. Beim gegenständlichen Vorhaben handle es sich um einen Schutz- und Regulierungswasserbau gemäß § 41 WRG 1959. Gegenstand des Bewilligungsbescheides seien die Regulierungswasserbauten, aber nicht ein Projektziel. Daher sei nicht die Auslegung eines Schutzwasserbaus auf Hochwässer bestimmter Häufigkeit rechtlich bedeutsam, sondern nur der Bau der Anlage selbst, für dessen Dimensionierung das Bemessungshochwasserereignis nur Motiv bzw. fachliche Grundlage bilde.

9 Im Gegensatz zu § 38 WRG 1959, bei dem nur Auswirkungen der Bauten oder Anlagen im 30-jährlichen Hochwasserabflussbereich zu prüfen seien und auch nur eine Beeinträchtigung bis zu dieser Hochwasserjährlichkeit als Verletzung fremder Rechte maßgeblich sei, sei nach Auffassung des LVwG bei Schutz- und Regulierungswasserbauten eine Beeinträchtigung fremder Rechte bei jedwedem Hochwasserereignis zu prüfen und es sei bei einer merklichen Beeinträchtigung die Einräumung von Zwangsrechten unter allfälliger Festsetzung einer Entschädigung zu prüfen.

10 Es ergebe sich daher, dass auf jeden Fall noch eine Ergänzung des behördlichen Ermittlungsverfahrens erforderlich sei, wobei bei der vom Wasserverband nunmehr angestrebten Erreichung des von ihm geschilderten Zustandes sogar ein Eingriff in eine fremde Bewilligung (betreffend den "K") erforderlich sein werde. Weiters werde in jedem Fall auch eine beim angestrebten Zustand noch allenfalls auftretende nachteilige Beeinflussung der Grundstücke des Grundeigentümers zu prüfen und bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Duldungsverpflichtung samt Entschädigungsfestsetzung durch die Behörde auszusprechen sein.

11 Im gesamten bisherigen Verfahren sei die Einräumung von Zwangsrechten noch nicht behandelt worden und es seien von der Behörde auch noch keine Ermittlungsschritte zur Prüfung der Zulässigkeit einer solchen Einräumung gesetzt worden. Weiters sei auch nicht über eine allfällige Entschädigung abgesprochen worden, gegen die der Rechtszug nicht zum Verwaltungsgericht, sondern zu den ordentlichen Gerichten gehe. Diesbezüglich sei jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen worden. Die BH werde daher insgesamt noch umfassende Verfahren und Ermittlungen durchzuführen haben.

12 Es seien daher im konkreten Fall die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung gegeben. Da das LVwG in eine nicht angefochtene Entscheidung bezüglich des "Kaisersteiges" überhaupt nicht eingreifen könne und den Verfahrensparteien bei einer Entscheidung des LVwG über die Zulässigkeit eines Zwangsrechts eine Instanz genommen würde, außerdem eine Feststellung einer allfälligen Entschädigungsleistung durch das LVwG in quasi erster Instanz nicht zulässig sei und überdies der Rechtszug dagegen zur ordentlichen Gerichtsbarkeit führe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

13 Die ordentliche Revision wurde zugelassen. Das LVwG begründete dies damit, dass unter anderem als Grund für die Zurückverweisung davon ausgegangen worden sei, dass bei Schutz- und Regulierungswasserbauten auch über den Regulierungszweck, das heiße, über ein 100-jährliches Hochwasser hinaus jegliche merkliche Beeinträchtigung des Grundeigentums Dritter eine Verletzung fremder Rechte darstelle und nur durch ein Zwangsrecht samt allenfalls Entschädigung überwunden werden könne. Für eine derartige Rechtsauffassung fänden sich keine dezidierten höchstgerichtlichen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

14 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende ordentliche Revision des amtsrevisionswerbenden Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Beschlusses geltend gemacht wird.

15 Der Grundeigentümer erstattete dazu eine Gegenäußerung, in der er die Zurück- bzw. Abweisung der Amtsrevision unter Kostenersatz begehrte.

16 Die BH erstattete ebenfalls eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, der Amtsrevision stattzugeben und den angefochtenen Beschluss wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

17 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

18 1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

19 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

20 2. Das LVwG hat die ordentliche Revision zugelassen, weil sich zur Frage, ob jegliche merkliche Beeinträchtigung des Grundeigentums Dritter durch Schutz- und Regulierungswasserbauten nach § 41 WRG 1959 eine Verletzung fremder Rechte darstellen könne, keine Rechtsprechung finde. Im Gegensatz zu § 38 WRG 1959 seien nicht nur Auswirkungen der Bauten oder Anlagen im 30- jährlichen Hochwasserabflussbereich zu prüfen und es sei daher eine Beeinträchtigung fremder Rechte bei jedwedem Hochwasserereignis als Verletzung fremder Rechte maßgeblich.

21 Es geht im vorliegenden Fall um die Relevanz von Rechtsverletzungen bei Verfahren nach § 41 WRG 1959. Entgegen der Annahme des LVwG besteht dazu bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, zu der sich der angefochtene Beschluss allerdings in Widerspruch setzt.

22 Die Revision ist daher zulässig und begründet. 23 3. Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 41 WRG 1959 lautet:

24 "Schutz- und Regulierungswasserbauten

§ 41. (1) Zu allen Schutz- und Regulierungswasserbauten in öffentlichen Gewässern einschließlich der Vorkehrungen zur unschädlichen Ableitung von Gebirgswässern nach dem Gesetze vom 30. Juni 1884, RGBl. Nr. 117, muß, sofern sie nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, vor ihrer Ausführung die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde eingeholt werden.

(2) Bei Privatgewässern ist die Bewilligung zu derartigen Bauten, sofern sie nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, dann erforderlich, wenn hiedurch auf fremde Rechte oder auf die Beschaffenheit, den Lauf oder die Höhe des Wassers in öffentlichen oder fremden privaten Gewässern eine Einwirkung entstehen kann.

(3) Der Eigentümer des Ufers an den nicht zur Schiff- oder Floßfahrt benutzten Strecken der fließenden Gewässer ist jedoch befugt, Stein-, Holz- oder andere Verkleidungen zum Schutz und zur Sicherung seines Ufers sowie die Räumung des Bettes und Ufers auch ohne Bewilligung auszuführen. Er muß aber über Auftrag und nach Weisung der Wasserrechtsbehörde auf seine Kosten binnen einer bestimmten Frist solche Vorkehrungen, falls sie öffentlichen Interessen oder Rechten Dritter nachteilig sind, umgestalten oder den früheren Zustand wiederherstellen.

(4) Schutz- und Regulierungswasserbauten einschließlich größerer Räumungsarbeiten sind so auszuführen, daß öffentliche Interessen nicht verletzt werden und eine Beeinträchtigung fremder Rechte vermieden wird. Die Bestimmungen des § 12 Abs. 3 und 4 finden sinngemäß Anwendung.

(5) Bei der Ausführung von Schutz- und Regulierungswasserbauten haben die §§ 14 und 15 Abs. 1, ferner, wenn mit solchen Bauten Stauanlagen in Verbindung sind, auch die §§ 23 und 24, bei Auflassung von derlei Bauten § 29 sinngemäße Anwendung zu finden."

25 Gemäß § 12 Abs. 2 WRG 1959 ist ein bestehendes Recht, dessen Beeinträchtigung bei der Erteilung einer Bewilligung zu vermeiden ist, u.a. das Grundeigentum.

26 4. Das verfahrensgegenständliche Projekt dient der Sicherstellung des Hochwasserschutzes für ein näher bezeichnetes Gebiet und zwar bis zum 100-jährlichen Hochwasserereignis (HQ100). Es handelt sich dabei unbestritten um die angestrebte Erteilung einer wasserrechtliche Bewilligung nach § 41 WRG 1959; eine solche Bewilligung geht einer Bewilligung nach der subsidiär normierten Bewilligungsvorschrift des § 38 Abs. 1 WRG 1959 vor ().

27 5. Zu den in § 41 Abs. 4 WRG 1959 genannten "fremden Rechten" zählen jedenfalls auch die Rechte nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 (; , 2013/07/0152), somit etwa das Grundeigentum.

28 5.1. Nach § 41 WRG 1959 ist mit Blick auf den in dessen Abs. 4 erhaltenen Verweis auf § 12 Abs. 3 WRG 1959 eine nach dieser Bestimmung erforderliche Bewilligung unter anderem dann zu versagen, wenn fremde Rechte dieser Bewilligung entgegenstehen, die nach entsprechender Interessenabwägung nicht durch Zwangsrechte überwunden werden können (; , 2008/07/0134; , 2008/07/0089 ).

29 Sofern daher die in § 41 Abs. 4 WRG 1959 genannte "Beeinträchtigung fremder Rechte" - wie etwa des Grundeigentums - etwa nach § 63 lit. b und c WRG 1959 zulässig ist, steht sie der Erteilung einer Bewilligung nach § 41 WRG 1959 nicht entgegen ().

30 5.2. Daher irrt der Grundeigentümer, wenn er in seiner Revisionsbeantwortung meint, die wasserrechtliche Bewilligung nach § 41 WRG 1959 wäre im Fall der Beeinträchtigung seines Grundeigentums auf jeden Fall zu versagen, weil es diesbezüglich keine Geringfügigkeitsgrenze gebe.

31 Im Gegensatz zu § 38 WRG 1959, wo diese Annahme wegen des Fehlens der Möglichkeit einer Zwangsrechtseinräumung zutrifft, führt eine Beeinträchtigung des Grundeigentums (oder sonstiger Rechte nach § 12 Abs. 2 WRG 1959) im Verfahren nach § 41 WRG 1959 nicht auf jeden Fall zur Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, auf die der Grundeigentümer seine Argumentation stützt (), erging auch nicht zur hier verfahrensgegenständlichen Bestimmung des § 41 WRG 1959, sondern zum hier nicht zur Anwendung gelangenden § 38 leg. cit. und erweist sich daher nicht als einschlägig.

32 5.3. Im vorliegenden Fall ist die Frage zu lösen, welche Art einer möglichen Rechtsverletzung im Verfahren nach § 41 WRG 1959 relevant ist; ob es - wie das LVwG meint - auf jegliche merkliche Beeinträchtigung des Grundeigentums, etwa auch im Fall von Extremereignissen ("bei jedwedem Hochwasserereignis"), ankommt oder - wie der Amtsrevisionswerber meint - nur auf solche Ereignisse, mit deren Eintritt mit einem bestimmten Grad der Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist.

33 5.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom , 2005/07/0132, bereits in einem Verfahren nach § 41 WRG 1959 mit der Frage befasst, wie die zu erwartenden Beeinträchtigungen beschaffen sein müssen, um - die Frage der Zwangsrechtseinräumung ausgeklammert - zu einer Abweisung der begehrten wasserrechtlichen Bewilligung zu kommen.

34 Im dortigen Fall wurden Einwände des damaligen Beschwerdeführers mit dem Hinweis abgewiesen, dass es bei Umsetzung des bewilligten Projektes mit einer an größte Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit in Hinkunft zu keinen Vernässungserscheinungen (auf dem Grundstück des Beschwerdeführers) komme. Die Abweisung einer beantragten wasserrechtlichen Bewilligung sei aber nur dann gerechtfertigt - so der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis weiter -, wenn mit einem entsprechend hohen Kalkül der Eintrittswahrscheinlichkeit die von einer Partei in ihren Einwendungen behaupteten Beeinträchtigungen im Verfahren hervorkommen (, mwN). Könne aber der Eintritt solcher Beeinträchtigungen bei Umsetzung der Auflagen mit an größter Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, sei die Bewilligung zu erteilen.

35 Im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wurde auf die bereits bestehende allgemeine Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für die Abweisung begehrter wasserrechtlicher Bewilligungen Bezug genommen. Demnach reicht die bloße Möglichkeit einer Gefährdung fremder Rechte nicht zur Abweisung eines wasserrechtlichen Bewilligungsantrages aus. Von einem Erfordernis absoluter Gewissheit einer solchen Rechtsverletzung darf als Bedingung der Abweisung eines wasserrechtlichen Bewilligungsantrages auch nicht ausgegangen werden, weil eine absolute Gewissheit keiner Prognose innewohnt. Eine wasserrechtliche Bewilligung - die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten ausgeklammert - darf wegen einer mit ihrer Ausübung verbundenen Verletzung fremder Rechte nur dann nicht erteilt werden, wenn eine solche Verletzung fremder Rechte durch die Ausübung der begehrten wasserrechtlichen Bewilligung mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten wird ().

36 Die Abweisung der beantragten wasserrechtlichen Bewilligung ist somit erst dann gerechtfertigt, wenn mit einem entsprechend hohen Kalkül der Eintrittswahrscheinlichkeit die von einer Partei in ihren Einwendungen behaupteten Beeinträchtigungen im Verfahren hervorkommen (). Nicht die Partei muss die von ihr behauptete Beeinträchtigung ihrer Rechte beweisen, sondern die Behörde hat auf Grund solcher Einwendungen von Amts wegen den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu ermitteln ().

37 6. Im hier vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass das Projekt im Falle seiner Umsetzung, also bei der Gewährleistung eines Schutzes vor einem HQ100, die Grundstücke des Grundeigentümers nicht beeinträchtigt. Eine solche Beeinträchtigung wurde erst bei Eintritt eines Extremhochwasserereignisses von HQ300 gesichert angenommen.

38 Solche Extremhochwasserereignisse treten aber derart selten auf, dass der (wenn auch gesicherte) Eintritt einer Beeinträchtigung im äußerst unwahrscheinlichen Fall eines solchen Hochwasserereignisses nicht anders zu beurteilen ist als der Fall, in dem die Verletzung fremder Rechte nicht das entsprechend hohe Kalkül der Eintrittswahrscheinlichkeit erreicht, also ihrerseits äußerst unwahrscheinlich ist. Kommen Beeinträchtigungen aber nicht mit einem entsprechend hohen Kalkül der Eintrittswahrscheinlichkeit im Verfahren hervor, können sie nicht zur Abweisung der wasserrechtlichen Bewilligung führen; die darauf gerichteten Einwände wären abzuweisen.

39 Es ist daher dem Amtsrevisionswerber insofern zuzustimmen, als er die Ansicht vertritt, eine wasserrechtlich relevante Beeinträchtigung in einem Verfahren nach § 41 WRG 1959 liege nur dann vor, wenn eine Liegenschaft durch die Auswirkungen einer durch das Projekt bzw. das Bauwerk oder die Betriebsweise bedingten Änderung der Hochwasserabfuhr eines mit hoher Wahrscheinlichkeit wiederkehrenden Hochwassers größere Nachteile als zuvor erlitte. Dazu zählt ein 300-jährliches Hochwasser aber nicht.

40 Der angefochtene Beschluss erweist sich daher in diesem Punkt im Hinblick auf die gleichzeitig mit der Aufhebung des Bescheides erfolgte Überbindung einer rechtlich nicht zutreffenden Beurteilung des LVwG als inhaltlich rechtswidrig.

41 7. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass das LVwG auch nicht weiter geprüft hat, ob der Wasserverband mit seiner Eingabe vom (in Bezug auf Auflagepunkt 2 der Bewilligung der BH) eine Antragsänderung vorgenommen hat und ob diese vor dem Hintergrund des § 13 Abs. 8 AVG zulässig war oder nicht. In Bezug auf den "Kaisersteig" ging der Wasserverband hingegen ausdrücklich vom Fehlen einer wasserrechtlichen gesonderten Bewilligungspflicht im Zusammenhang mit den von ihm diesbezüglich genannten Maßnahmen (der Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes) aus, sodass die seitens des LVwG angenommene Notwendigkeit des Eingriffs in eine einem Dritten erteilte wasserrechtliche Bewilligung nicht ohne weiteres nachvollzogen werden kann. Bevor die Äußerungen des Wasserverbandes in seiner Eingabe vom als Begründung für eine Vorgangsweise nach § 28 Abs. 3 VwGVG herangezogen wurden, hätte es daher einer Ergründung des wahren Willens des Wasserverbandes bzw. des aktuellen Antragsgegenstandes bedurft.

42 8. Aus den oben dargestellten Gründen war der angefochtene Beschluss wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am

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