VwGH vom 01.08.2017, Ro 2017/06/0008
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision des V S in S, vertreten durch Dr. Christof Joham und Mag. Andreas Voggenberger, Rechtsanwälte in 5301 Eugendorf, Gewerbestraße 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , 405- 3/130/1/8-2016, betreffend Übertretung des Salzburger Raumordnungsgesetzes 2009 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Salzburg), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Salzburg vom wurde über den Revisionswerber gemäß § 78 Abs. 1 Z 4 erster Fall in Verbindung mit § 31 Abs. 5 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (ROG 2009) eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 500 (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt, weil er als Eigentümer die Wohnung Top 24 in einem näher bezeichneten Objekt in Salzburg zumindest am touristisch genutzt habe, indem er diese tageweise als Ferienwohnung an Beherbergungsgäste vermietet habe, obwohl eine touristische Nutzung von Wohnungen außerhalb von ausgewiesenen Zweitwohnungsgebieten in Bauten mit mehr als fünf Wohnungen nicht zulässig sei.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers keine Folge, bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis und verpflichtete den Revisionswerber zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei.
3 In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht zunächst fest, dass der als "Wohnhaus" baubehördlich bewilligte Bau, in dem sich die Wohnung Top 24 befinde, mehr als fünf Wohnungen aufweise und sich laut rechtsgültigem Flächenwidmungsplan der Stadt Salzburg in der Kategorie Bauland, Widmung "Erweitertes Wohngebiet" befinde. Weiters stellte das Verwaltungsgericht im Einzelnen dar, dass die gegenständliche Wohnung bereits seit den 1970er Jahren von den Rechtsvorgängerinnen des Revisionswerbers immer wieder tage- und wochenweise an Touristen vermietet worden sei. Der Revisionswerber selbst vermiete die Wohnung seit 2013 über eine Internetplattform tage- und wochenweise an Beherbergungsgäste. Eine Ausnahmebewilligung für eine touristische Nutzung liege nicht vor. Für die Nächtigungen im Zusammenhang mit der tage- und wochenweisen Vermietung der gegenständlichen Wohnung zu touristischen Zwecken sei weder vor dem noch bis zum heutigen Zeitpunkt die allgemeine Ortstaxe nach den landesabgabenrechtlichen Vorschriften entrichtet worden.
4 In seiner rechtlichen Beurteilung legte das Verwaltungsgericht dar, es sei davon auszugehen, dass der Revisionswerber zur vorgeworfenen Tatzeit die Wohnung durch tageweises Vermieten an Beherbergungsgäste "touristisch genutzt" habe. Es liege weder eine bescheidmäßige Ausnahme vom Verbot der touristischen Nutzung gemäß § 31 Abs. 5 dritter Satz ROG 2009 vor, noch seien gesetzliche Ausnahmen gemäß § 31 Abs. 5 Z 1 bis 3 ROG 2009 hervorgekommen.
5 Insbesondere sei die gegenständliche Wohnung nicht gemäß § 31 Abs. 5 Z 3 ROG 2009 bereits vor dem Inkrafttreten des ROG 2009 rechtmäßig touristisch genutzt worden. Zwar sei die gegenständliche Wohnung nach den Sachverhaltsfeststellungen schon von den Rechtsvorgängerinnen des Revisionswerbers vor dem Stichtag touristisch genutzt worden. Damit allein könne aber die in § 31 Abs. 5 Z 3 ROG 2009 geforderte "rechtmäßige" touristische Nutzung nicht nachgewiesen werden. Für die Annahme einer "rechtmäßigen" touristischen Nutzung seien neben der baurechtlichen Zulässigkeit der Verwendung als Wohnung auch die ordnungsgemäßen Abgabenmeldungen (bzw. Abgabenerklärungen) und die Entrichtung der Tourismusabgaben (allgemeine Ortstaxe) nach dem Ortstaxengesetz für den maßgeblichen Zeitraum vor dem Stichtag nachzuweisen. Nach den Sachverhaltsfeststellungen seien weder vor noch nach dem maßgeblichen Stichtag die für die touristische Nutzung der gegenständlichen Wohnung nach den jeweils geltenden Ortstaxengesetzen vorgeschriebenen Abgabenmeldungen (Erklärung der allgemeinen Ortstaxe) erfolgt, weshalb für das Verwaltungsgericht das Tatbestandsmerkmal "rechtmäßig touristisch genutzt" in § 31 Abs. 5 Z 3 ROG 2009 nicht erfüllt sei. Die vorgeworfene Übertretung des § 78 Abs. 1 Z 4 ROG 2009 durch den Revisionswerber werde somit als erwiesen angenommen.
6 Die ordentliche Revision sei im Hinblick auf die erforderliche Auslegung des vorgebrachten Ausnahmetatbestandes der "rechtmäßigen" touristischen Nutzung gemäß § 31 Abs. 5 Z 3 ROG 2009 zulässig.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision mit dem Begehren, das angefochtene Erkenntnis dahingehend abzuändern, dass der Beschwerde des Revisionswerbers Folge gegeben und das Straferkenntnis aufgehoben werde, in eventu dieses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
8 Das Verwaltungsgericht legte die Akten des Verfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Die Revision erweist sich angesichts der im angefochtenen Erkenntnis enthaltenen Zulässigkeitsbegründung, der sich der Revisionswerber anschließt, als zulässig.
10 Die im Revisionsfall maßgeblichen Bestimmungen des ROG 2009, LGBl. Nr. 30 - § 31 in der Fassung LGBl. Nr. 53/2011, § 78 in der Fassung LGBl. Nr. 106/2013 und § 81 in der Stammfassung - lauten auszugsweise:
"Zweitwohnungen
§ 31
...
(5) Eine touristische Nutzung von Wohnungen ist außerhalb von ausgewiesenen Zweitwohnungsgebieten in Bauten mit mehr als fünf Wohnungen nicht zulässig. Dieses Verbot gilt nicht:
1. in Betrieben zur gewerblichen Beherbergung;
2. in Apartmenthäusern, die als solche vor dem
oder später auf Grund einer unter Anwendung des
Art III Abs. 2 der Raumordnungsgesetz-Novelle 1972, LGBl Nr 126,
baubehördlich bewilligt worden sind;
3. für Wohnungen, die bereits vor dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes (§ 81 Abs. 1) rechtmäßig touristisch genutzt worden sind.
Für Wohnungen, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits bestehen, aber nicht unter die Ausnahmen gemäß Z 1 bis 3 fallen, hat der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin die touristische Nutzung durch Bescheid zu bewilligen, wenn für die Errichtung der Wohnung keine Wohnbauförderungsmittel in Anspruch genommen worden sind und die Wohnung keine gute Eignung für Hauptwohnsitzzwecke aufweist oder in der Gemeinde keine Nachfrage besteht, die das Angebot an für Hauptwohnsitzzwecke geeigneten Wohnungen erheblich übersteigt. Im Fall des Fehlens einer solchen Nachfrage ist die Bewilligung auf höchstens zehn Jahre zu befristen.
..."
"5. Abschnitt
SchlussbestimmungenStrafbestimmungen
§ 78
(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, soweit die Tat nicht den Tatbestand einer mit höherer Strafe bedrohten strafbaren Handlung bildet, wer
...
4. eine Wohnung entgegen § 31 Abs 5 touristisch nutzt oder wissentlich nutzen lässt;
..."
"In- und Außerkrafttreten
§ 81
(1) Dieses Gesetz tritt mit in Kraft.
..."
11 Der Revisionswerber bringt im Wesentlichen vor, dass eine rechtmäßige touristische Nutzung vor dem Stichtag auch dann vorliege, wenn zu keinem Zeitpunkt die Ortstaxe abgeführt worden sei. Der Gesetzgeber habe bei Schaffung des gegenständlichen Ausnahmetatbestandes des § 31 Abs. 5 Z 3 ROG 2009 das Abführen der Ortstaxe als Voraussetzung der "Rechtmäßigkeit" nicht vor Augen gehabt, sonst hätte er wohl eine gesetzliche Regelung dafür geschaffen. Darüber hinaus sei der Begriff "rechtmäßige Nutzung" keineswegs restriktiv auszulegen, sondern verfassungskonform. Relevant für die Auslegung des unbestimmten Begriffes der Rechtmäßigkeit könne nur der raumordnungs- und baurechtliche Gesetzesbestand sei. Zudem unterlägen Strafnormen einem Bestimmtheitsgebot und müssten erkennen lassen, was verboten sei und was nicht. Eine derart weite Auslegung des Begriffes der Rechtmäßigkeit durch die Behörde würde dazu führen, dass etwa auch die Nichtabführung von Grundsteuer, Gemeindeabgaben, etc. eine Nutzung, sohin auch eine touristische Nutzung, einer Wohnung bzw. eines Hauses im Nachhinein als unrechtmäßig erscheinen lassen würde.
12 Mit diesem Vorbringen zeigt der Revisionswerber eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.
13 Im Revisionsfall ist nicht strittig, dass eine touristische Nutzung der gegenständlichen Wohnung durch den Revisionswerber bzw. durch dessen Rechtsvorgängerinnen bereits vor dem gegeben ist. Strittig ist hingegen, ob diese touristische Nutzung rechtmäßig war.
14 Zur Frage der Rechtmäßigkeit der touristischen Nutzung einer Wohnung im Sinn des § 31 Abs. 5 Z 3 ROG 2009 hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ro 2014/06/0079, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass die vom Verwaltungsgericht dort vertretene Rechtsansicht, wonach aus der Entrichtung von Abgaben auf die raumordnungsrechtliche Zulässigkeit einer Nutzung geschlossen werden könne, nicht zutrifft. Dieser Umstand kann zwar als Indiz dafür gewertet werden, dass eine touristische Nutzung erfolgt ist, er besagt aber nichts über die Rechtmäßigkeit der touristischen Nutzung. Diese muss auf der Grundlage der Flächenwidmung und der Baubewilligung beurteilt werden.
15 Daraus ergibt sich für den Revisionsfall, dass entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes allein aus der Nichtentrichtung von Abgaben nicht geschlossen werden kann, dass die - unbestritten erfolgte - touristische Nutzung der gegenständlichen Wohnung vor dem Inkrafttreten des ROG 2009 raumordnungsrechtlich nicht zulässig gewesen sei. Diese Frage wäre vielmehr auf der Grundlage der Flächenwidmung und der Baubewilligung zu beurteilen.
16 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
17 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014. Wien, am
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Schlagworte: | Planung Widmung BauRallg3 |
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