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VwGH vom 22.11.2017, Ro 2017/06/0007

VwGH vom 22.11.2017, Ro 2017/06/0007

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision 1. des S F und 2. der E F, beide vertreten durch Dr. Gerhard Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19/5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , 405- 3/73/1/4-2016, betreffend Duldung der Inanspruchnahme fremder Liegenschaften (mitbeteiligte Parteien: 1. M M und 2. H M, beide vertreten durch die Zumtobel und Kronberger Rechtsanwälte OG in 5020 Salzburg, Rainbergstraße 3c; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Infrastrukturausschuss der Stadtgemeinde Neumarkt am Wallersee), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Die mitbeteiligten Parteien (im Folgenden: bauwerbenden Parteien) erwarben im Jahr 2010 die Grundstücke Nr. X und Nr. Y, KG M (im Folgenden: Baugrund), mit einem Wohnhaus und einem alten bäuerlichen Wirtschaftsgebäude. Die revisionswerbenden Parteien sind Eigentümer des westlich unmittelbar an den Baugrund anschließenden Grundstückes Nr. Z, KG M; darauf befindet sich ein Wohnhaus. Die einzige Verbindung des Baugrundes zum öffentlichen Wegenetz bildet ein Dienstbarkeitsweg über das Grundstück Nr. Z der revisionswerbenden Parteien. Der Dienstbarkeitsvertrag wurde im Jahr 1996 zwischen den Rechtsvorgängern der bauwerbenden Parteien und den revisionswerbenden Parteien abgeschlossen und sieht eine Dienstbarkeit des Weges zugunsten der Grundstücke Nr. Y und Nr. X im Rahmen des bisherigen Umfanges vor, das heißt, ausschließlich für Wohnzwecke im bestehenden Bauernhaus; eine eigenmächtige Ausweitung des Dienstbarkeitsrechts, wie sie zum Beispiel bei betrieblicher oder gewerblicher Nutzung der berechtigten Grundstücke entstehen könnte, wurde ausdrücklich nicht gestattet. Der überwiegend unbefestigte Wiesenweg führt kurvenförmig ost-süd-westlich am Wohnhaus der revisionswerbenden Parteien auf dem Grundstück Nr. Z vorbei, ist etwa 3 m breit und kann mit einem PKW nur im Schritttempo befahren werden.

2 Bereits 2006 war dem Rechtsvorgänger der bauwerbenden Parteien ein baupolizeilicher Auftrag zur Sicherung des Gebäudes auf dem Baugrund erteilt worden.

3 Mit Bescheid vom bewilligte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Neumarkt am Wallersee den bauwerbenden Parteien die Sanierung und den Umbau des bestehenden Objektes auf dem Baugrund. Gegen diesen Bescheid erhobene Rechtsmittel der revisionswerbenden Parteien blieben erfolglos.

4 Die bauwerbenden Parteien beantragten zunächst beim Bezirksgericht Neumarkt am Wallersee die Einräumung einer über die einverleibte Dienstbarkeit hinausgehenden Fläche als Notwegerecht gemäß § 1 Notwegegesetz (NWG). Dieses Notwegerecht wurde ihnen zunächst eingeräumt, das Landesgericht Salzburg gab dem Rekurs der revisionswerbenden Parteien mit Beschluss vom jedoch Folge und wies den Antrag der bauwerbenden Parteien ab; der OGH wies den dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs der bauwerbenden Parteien mit Beschluss vom , 6 Ob 36/16m zurück. In der Begründung führte der OGH im Wesentlichen aus, die mangelnde Wegverbindung sei bereits beim Erwerb der Liegenschaft bekannt gewesen und die "eingeschränkte Verwertbarkeit" habe zu einem reduzierten Verkaufspreis geführt. Beim Mangel der Wegverbindung handle es sich aufgrund der auffallenden Sorglosigkeit der Grundeigentümer nicht um eine Notwegversorgung gemäß § 2 Abs. 1 NWG.

5 Mit Schriftsatz vom beantragten die bauwerbenden Parteien die Duldung der Inanspruchnahme einer fremden Liegenschaft gemäß § 14 Salzburger Baupolizeigesetz (BauPolG) für das mit Bescheid vom rechtskräftig bewilligte Sanierungs- und Umbauverfahren für einen Zeitraum bis . Konkret sollte der bestehende Dienstbarkeitsweg im Ausmaß von insgesamt 63,42 m2 insbesondere in den Kurven ausgeweitet und befestigt werden, damit auch große Baufahrzeuge (Vierachsbetonmischer und große LKW) zufahren können. Dem Antrag lag ein verkehrstechnisches Gutachten von Dipl. Ing. R. vom bei, wonach die bestehenden Durchfahrtsbreiten zwischen 2,7 m und 3,2 m lägen und der Weg nur mit einspurigen Fahrzeugen oder mit einem PKW in Schrittgeschwindigkeit befahren werden könne. Für das Befahren mit einem LKW habe die Zufahrt laut technischer Richtlinie für untergeordnete Zufahrten (befahrbarer Wohnweg) auf geraden Strecken eine Mindestbreite von 3 m aufzuweisen, für eine Linienführung mit Radius (Kurve) seien Breitenzuschläge erforderlich. Für das Befahren mit LKW seien jedenfalls eine Verbreiterung sowie eine Befestigung der Fahrfläche des Dienstbarkeitsweges erforderlich.

6 Die revisionswerbenden Parteien wandten sich gegen diesen Antrag.

7 Einem Aktenvermerk der erstinstanzlichen Baubehörde vom zufolge führte der beigezogene Bautechnische Sachverständige Architekt DI F zur Notwendigkeit der Verbreiterung und Befestigung des Dienstbarkeitsweges aus, die zur Durchführung der Umbau- und Sanierungsmaßnahmen befugten Unternehmen seien "großteils ausschließlich im Besitz von 3- oder 4-Achsern"; die Errichtung einer Umladestation würde jedenfalls eine unwirtschaftliche Bauabwicklung bedingen; darüber hinaus sei eine Anlieferung eines Kranes als Hebehilfe ohnehin nicht möglich, sodass LKW mit aufgebautem Kran für die Bauabwicklung eine Notwendigkeit darstellten.

8 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Neumarkt am Wallersee vom wurde dem Antrag der bauwerbenden Parteien - unter Hinweis auf die Aussagen des Bautechnischen Sachverständigen DI F - stattgegeben.

9 Die Berufung der revisionswerbenden Parteien wurde mit Bescheid des Infrastrukturausschusses der Stadtgemeinde Neumarkt am Wallersee vom abgewiesen.

10 Das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) wies mit dem angefochtenen Erkenntnis (vom ) die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid vom als unbegründet ab.

Begründend führte das LVwG im Wesentlichen unter Hinweis auf § 14 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 1 BauPolG aus, entgegen dem Beschwerdevorbringen seien die genannten Gesetzesbestimmungen ausreichend klar und bestimmt (Hinweis auf ). Fallbezogen sei der vorhandene Dienstbarkeitsweg erwiesenermaßen für die Umsetzung der Sanierung des Wohnobjektes nicht ausreichend dimensioniert. Die Ausführung des genehmigten Sanierungsvorhabens werde unnötig erschwert, weil eine privatrechtliche Einigung betreffend die Ausweitung des Dienstbarkeitsweges aus nicht nachvollziehbaren Gründen unmöglich sei. In diesem Fall liege es nicht außerhalb des Regelungsinhaltes des § 14 Abs. 1 BauPolG, die vorübergehende Inanspruchnahme von 63,42 m2 einer Liegenschaft, die insgesamt 2198 m2 umfasse, zu genehmigen. Mit § 14 Abs. 2 letzter Satz BauPolG werde exakt der Umstand, welcher im gegenständlichen Verfahren vorliege, formuliert, als die Maßnahme insoweit als unumgänglich anzusehen sei, wenn das Ziel auf andere Weise als durch Inanspruchnahme fremder Liegenschaften nur mit unwirtschaftlichen Aufwendungen erreicht werden könne. Abs. 2 leg. cit. regle die dauerhafte Inanspruchnahme einer Liegenschaft, gegenständlich sei jedoch nur von einer vorübergehenden Inanspruchnahme die Rede. Unwirtschaftliche Aufwendungen lägen dann vor, wenn diese in krassem Missverhältnis zum Nachteil des Liegenschaftseigentümers stünden (Hinweis auf ). Dass durch die geringfügige vorübergehende Erweiterung des Dienstbarkeitsweges ein erheblicher Nachteil der revisionswerbenden Parteien vorliege, könne objektiv nicht erkannt werden (Hinweis auf VwGH 29.(richtig: 20.)9.1994, 94/05/0188). Die zu erwartenden Schäden am Liegenschaftseigentum durch schwere Baufahrzeuge außerhalb des Dienstbarkeitsweges seien in sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 2 BauPolG den revisionswerbenden Parteien angemessen zu ersetzen. Dass der von den bauwerbenden Parteien bezahlte Kaufpreis im Jahr 2010 gering gewesen sei, stelle nach Ansicht des LVwG keine Rechtfertigung für die Auferlegung erheblicher Erschwernisse bei der vorübergehenden Aufschließung des Kaufobjektes dar und rechtfertige nicht erhebliche Aufwendungen in organisatorischer und finanzieller Hinsicht aufgrund der Verweigerung der Einigung für die vorübergehende Erweiterungsfläche des Dienstbarkeitsweges.

Die Abwägung des geringsten Mittels zur Zielerreichung sei ebenfalls eindeutig zu beurteilen. LKW mit entsprechender Tonnage und üblichen Fahrzeugabmessungen könnten den bestehenden Wiesenweg zur Abwicklung der Sanierungs- und Umbaumaßnahmen nicht gefahrlos benützen, was nachvollziehbar und umfassend untersucht und im Akt dokumentiert worden sei. Der für die revisionswerbenden Parteien zu erwartende Nachteil aus der vorübergehenden Benützung im Vergleich zu den erheblichen wirtschaftlichen Aufwendungen der mitbeteiligten Parteien für die Umsetzung des bewilligten Sanierungsvorhabens scheine unbedeutend, jedenfalls aber geringfügig.

Sofern die revisionswerbenden Parteien auf Entscheidungen des Landesgerichtes Salzburg und des OGH verwiesen, so hätten diese Gerichte aufgrund ihrer kompetenzrechtlichen Zuständigkeit Entscheidungen nach dem NWG getroffen. Diese Entscheidungen nach dem NWG seien für die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die vorübergehende Inanspruchnahme fremder Liegenschaften gemäß § 14 BauPolG nicht bindend.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für zulässig erklärt, "weil zu § 14 Abs. 1 Salzburger Baupolizeigesetz keine Judikatur vorliegt, welche vollumfänglich auf den oben festgestellten Sachverhalt umgelegt werden kann. Dass die vorübergehende Inanspruchnahme nach § 14 BauPolG auch für eine Erweiterungsfläche neben einem bestehenden Dienstbarkeitsweg anzuwenden ist, wurde zwar nach Sicht des LVwG nicht bezweifelt. Allerdings geht aufgrund der fehlenden Rechtsprechung hiezu die Bedeutung der hier zu lösenden Rechtsfrage der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt jedenfalls über jene des Einzelfalls hinaus."

11 Gegen dieses Erkenntnis erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , E 143/2017, ablehnte. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, nach dem Beschwerdevorbringen seien keine spezifisch verfassungsrechtlichen Überlegungen zu den gerügten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG und Art. 2 StGG, auf Unverletzlichkeit des Eigentums gemäß Art. 5 StGG, Art. 1 Erstes Zusatzprotokoll zur EMRK und Art. 17 GRC sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG anzustellen. Soweit eine Verfassungswidrigkeit der §§ 6 Abs. 1 und 14 Abs. 1 BauPolG behauptet werde, lasse das Vorbringen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. § 6 Abs. 1 und § 14 Abs. 1 BauPolG seien außerdem einer Auslegung zugänglich und verstießen daher nicht gegen Art. 18 B-VG.

12 In der ordentlichen Revision an den VwGH wird in der Zulässigkeitsbegründung ebenfalls auf die fehlende Judikatur des VwGH zu der Frage, ob § 14 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 BauPolG eine geeignete gesetzliche Grundlage für die Anordnung einer Duldung betreffend die Erweiterung eines Dienstbarkeitsweges darstelle, verwiesen.

13 Die mitbeteiligten Parteien beantragten in ihrer Revisionsbeantwortung die Zurückweisung der Revision wegen Nichtvorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage, respektive die Abweisung der Revision.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

14 Die Revision ist zulässig, weil keine hg. Rechtsprechung zur Frage vorliegt, ob § 14 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 BauPolG auch auf die Erweiterung eines Zufahrtsweges anwendbar ist. Sie ist jedoch nicht berechtigt.

15 §§ 6 und 14 BauPolG, LGBl. Nr. 40/1997 in der Fassung

LGBl. Nr. 107/2013, lauten:

"Duldung technischer Vorarbeiten

§ 6 (1) Ist zur Vornahme von Vorarbeiten zur Herstellung der im § 5 angeführten Unterlagen eine vorübergehende Inanspruchnahme fremder Liegenschaften notwendig und weigert sich der Eigentümer bzw Besitzer oder Inhaber ohne triftigen Grund, solche Vorarbeiten vornehmen zu lassen, so kann die Baubehörde auf Antrag für eine bestimmte, dem Erfordernis angemessene Frist die Bewilligung zur Vornahme derartiger Vorarbeiten erteilen. Diese Bewilligung berechtigt, im erforderlichen Ausmaß und unter möglichster Schonung fremde Liegenschaften zu betreten und auf ihnen Grunduntersuchungen und sonstige technische Arbeiten vorzunehmen, sowie solchen Arbeiten entgegenstehende kleinere Hindernisse zu beseitigen. Über Einwendungen gegen die Notwendigkeit und Zulässigkeit einzelner vorzunehmender Handlungen entscheidet die Baubehörde.

(2) Für die durch Vorarbeiten erwachsenden vermögensrechtlichen Nachteile hat der Inhaber der Bewilligung Ersatz sowie auf Verlangen des Betroffenen vor dem Beginn der Arbeiten eine angemessene Sicherstellung zu leisten. Ein Ersatzanspruch kann nur innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung der Vorarbeiten geltend gemacht werden. Ansprüche auf die Leistung eines Ersatzes für vermögensrechtliche Nachteile oder einer Sicherstellung sind gerichtlich geltend zu machen.

(3) Für Grundstücke, die Zwecken dienen, für die nach anderen gesetzlichen Vorschriften ein Enteignungsrecht besteht, darf eine Bewilligung nach Abs 1 nur im Einvernehmen mit den für diese Zwecke sachlich zuständigen Behörden erteilt werden.

Duldung der Inanspruchnahme fremder Liegenschaften§ 14 (1) Bei der Ausführung einer baulichen Maßnahme sowie

bei allen Instandsetzungen gelten hinsichtlich der hiefür erforderlichen vorübergehenden Inanspruchnahme fremder Liegenschaften die Bestimmungen des § 6 sinngemäß.

(2) Über Antrag des Eigentümers eines Baues kann die Baubehörde, wenn und soweit dies für Maßnahmen zur Erhaltung eines bestehenden Baues oder zur Wahrung seiner Funktion unumgänglich notwendig erscheint, die Eigentümer, Besitzer und Inhaber fremder Liegenschaften mit Ausnahme öffentlicher Verkehrsflächen zur Duldung auch bleibender Inanspruchnahmen verhalten, wenn die Inanspruchnahme geringfügig und der hieraus erwachsende Nachteil unbedeutend ist und wenn das Interesse an der Abwehr dieses Nachteiles erheblich geringer erscheint als das Interesse an der Erhaltung oder Wahrung der Funktion des Baues. Für die vermögensrechtlichen Nachteile ist vom Antragsteller Entschädigung zu leisten, die in sinngemäßer Anwendung des § 6 zu bestimmen ist. Als unumgänglich notwendig ist eine Maßnahme nur insoweit anzusehen, als ihr Ziel auf andere Weise als durch Inanspruchnahme fremder Liegenschaften nur mit unwirtschaftlichen Aufwendungen erreicht werden könnte.

(3) Die Bestimmung des Abs 2 gilt sinngemäß auch für Liegenschaften, die im Miteigentum nach materiellen Anteilen stehen, hinsichtlich der einzelnen Eigentumsanteile mit der Maßgabe, daß auch für eine Verbesserung eines Anteiles die Verpflichtung zur Duldung der Inanspruchnahme anderer Anteile auferlegt werden kann."

§ 12 Abs. 1 und § 14 Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz (BGG), LGBl. Nr. 69/1968 zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 31/2009, lauten auszugsweise:

"§ 12 (1) Baubewilligungen für Bauführungen (§ 1 Abs 1 des Baupolizeigesetzes 1997 - BauPolG) dürfen, abgesehen von den im Baupolizeigesetz geregelten Voraussetzungen, nur erteilt werden, wenn die Grundfläche zur Bebauung geeignet und zum Bauplatz erklärt ist.

(2) ...

Entscheidung über das Ansuchen

§ 14 (1) Die Bauplatzerklärung ist zu versagen, wenn die Grundfläche vom Standpunkt des öffentlichen Interesses für die Bebauung ungeeignet erscheint. Dies ist der Fall, wenn

  1. ...

  2. eine entsprechende Verkehrsverbindung der Grundfläche

  3. mit den öffentlichen Verkehrsflächen nicht sichergestellt ist. Als geeignet gilt hiebei nur eine selbst öffentliche Verkehrsfläche oder eine Verkehrsfläche, die in einer den Aufschließungsbestimmungen entsprechenden und gesicherten Weise die Verkehrsverbindung dauernd gewährleistet;

  4. e)..."

  5. 16 Zunächst wird zu den in der Revision ausgeführten verfassungsrechtlichen Erwägungen zum Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums gemäß Art. 5 StGG und einem verfassungswidrigen Eigentumsbegriff vom Grad einer Enteignung im engeren Sinn des Begriffes sowie zu den Ausführungen betreffend die Verfassungswidrigkeit des Eigentumseingriffs zufolge Unbestimmtheit der dem Eigentumsbegriff zugrunde liegenden gesetzlichen Rechtsnormen der §§ 14 Abs. 1 und 6 Abs. 1 BauPolG und in diesem Zusammenhang einen Widerspruch zu Art. 18 Abs. 1 B-VG sowie zum Rechtsstaatsprinzip auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom verwiesen. Damit lehnte der Verfassungsgerichtshof eine Behandlung dieser verfassungsrechtlichen Überlegungen ab. Die Frage der Rechtmäßigkeit genereller Normen ist keine Rechtsfrage, die vom Verwaltungsgerichtshof in der Sache zu lösen ist. Auf das umfangreiche verfassungsrechtliche Vorbringen in der Revision war daher nicht einzugehen.

  6. 17 Verwaltungsrechtliche Fragen betreffend bringt die Revision vor, § 14 Abs. 1 BauPolG betreffe seinem Wortlaut nach ausdrücklich nur die "Ausführung einer baulichen Maßnahme" sowie "alle Instandsetzungen". Die Errichtung einer Weganlage/Straße finde darin keine Deckung. Auch die Gesetzesmaterialien (Regierungsvorlage LGBl. Nr. 40/1997) führten als Beispiel lediglich das Aufstellen eines Gerüstes auf dem Nachbargrundstück an. Der Gesetzgeber habe daher nur an solche Grundinanspruchnahmen gedacht, die unbedingt notwendig seien, um eine bauliche Maßnahme oder Instandsetzungsarbeit ausführen zu können.

Auch eine systematische Gesetzesauslegung führe zum gleichen Ergebnis. Gemäß § 12 Abs. 1 Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz (BGG) dürfe eine Baubewilligung für eine Bauführung nur auf Grundstücken erfolgen, welche zum Bauplatz erklärt worden seien. Eine Grundfläche sei jedoch dann für die Bebauung ungeeignet, wenn eine entsprechende Verkehrsverbindung mit den öffentlichen Verkehrsflächen nicht sichergestellt sei (§ 14 Abs. 1 erster Satz iVm § 14 Abs. 1 lit. d BGG). "Nachdem somit grundsätzlich Grundstücke, an denen bauliche Maßnahmen oder Instandsetzungsarbeiten ausgeführt werden, zur Bebauung geeignet sein müssen und deshalb auch über eine entsprechende Verkehrsverbindung mit den öffentlichen Verkehrsflächen verfügen müssen, konnte für den Gesetzgeber kein Anlass bestanden haben, Eigentumseingriffe des § 14 Abs. 1 leg. cit. (gemeint wohl: BauPolG) auch auf Grundinanspruchnahmen zum Zwecke der Schaffung einer ‚vorübergehenden entsprechenden Verkehrsverbindung' iSd § 14 Abs. 1 lit.d Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz auszudehnen." (Hervorhebungen im Original).

18 Diese Argumentation verkennt die Rechtslage. § 14 Abs. 1 BGG regelt, ob eine Grundfläche zu einem Bauplatz erklärt werden kann. Dies setzt unter anderem voraus, dass eine Anbindung des Bauplatzes an eine öffentliche Verkehrsfläche oder eine Verkehrsfläche, die in einer den Aufschließungsbestimmungen entsprechenden und gesicherten Weise die Verkehrsverbindung dauernd gewährleistet, besteht. Fallbezogen geht es aber weder um die Frage einer Bauplatzerklärung, noch ist strittig, dass zwischen dem Baugrundstück und einer öffentlichen Verkehrsfläche ein Dienstbarkeitsweg besteht, welcher die Verkehrsverbindung dauernd gewährleistet. § 14 Abs. 1 BauPolG, der im gegenständlichen Verfahren auszulegen ist, hat einen über § 14 Abs. 1 BGG hinausgehenden Inhalt. Während § 14 Abs. 1 BauPolG die dauernde Gewährleistung einer Verkehrsverbindung sicherstellen soll, regelt § 14 Abs. 1 BGG die Duldung einer kurzfristigen Inanspruchnahme fremder Liegenschaften anlässlich der Durchführung von Baumaßnahmen. Mit dem Hinweis auf § 14 Abs. 1 BGG ist für die revisionswerbenden Parteien in Bezug auf die verfahrensgegenständliche Verbreiterung eines Zufahrtsweges für den Zeitraum der Bauführung somit nichts zu gewinnen.

19 Für den Verwaltungsgerichtshof besteht kein Zweifel, dass sich die Duldungsverpflichtung gemäß § 14 Abs. 1 BauPolG nicht bloß auf die unmittelbar zur Ausführung der Bautätigkeit benötigten Flächen beschränkt, sondern auch die Grundinanspruchnahme etwa für den Transport übergroßer Bauteile oder Kranfahrzeuge über benachbarte Grundstücke zum Bauplatz (vgl. die Ausführungen bei Giese, Salzburger Baurecht, Anmerkung 3 zu § 14 BauPolG) oder - wie im vorliegenden Fall - die geringfügige Verbreiterung und Befestigung des Dienstbarkeitsweges zeitlich begrenzt für den Zeitraum der Bauführung umfasst. Diesbezüglich zeigt die Revision somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.

20 Die Revision weist weiter darauf hin, dass mit dem Dienstbarkeitsvertrag vom die bestehende Wegdienstbarkeit abschließend und endgültig räumlich genau definiert worden sei. Die rechtlichen Erwägungen, die zur Abweisung des Notwegeantrages geführt hätten, müssten auch im gegenständlichen Verfahren gelten, zumal die mitbeteiligten Parteien verpflichtet seien, die ihnen zustehende Dienstbarkeit schonend auszuüben; der erlassene Duldungsauftrag würde zu einer ganz deutlichen Erweiterung der Dienstbarkeit im Vergleich zum Dienstbarkeitsvertrag vom führen. Im Dienstbarkeitsvertrag sei "eine eigenmächtige Ausweitung der Dienstbarkeit" zum Beispiel bei betrieblicher oder gewerblicher Nutzung der berechtigten Grundstücke ausdrücklich ausgeschlossen worden. Dieser Verzicht sei rechtlich als "Verzicht auf die Erweiterung der Dienstbarkeit im Wege einer Antragstellung nach § 14 Salzburger BauPolG" und somit als bindende zivilrechtliche Vereinbarung zu werten, wonach eine Ausweitung des Dienstbarkeitsrechts "ausdrücklich nicht gestattet" sei. Die zivilrechtliche Vereinbarung wirke als privatrechtlich vereinbarter Verzicht und entziehe den mitbeteiligten Parteien das Recht, im Weg einer Antragstellung gemäß § 14 Abs. 1 BauPolG doch noch eine privatrechtlich ausdrücklich ausgeschlossene "Ausweitung des (streitverfangenen) Dienstbarkeitsrechts" erreichen zu können.

21 Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Eine Ausweitung des Dienstbarkeitsvertrages etwa zur betrieblichen oder gewerblichen Nutzung des Baugrundstückes ist gegenständlich nicht zu beurteilen. Der verfahrensgegenständliche Antrag auf Duldung der Inanspruchnahme von 63,42 m2 des im Eigentum der revisionswerbenden Parteien stehenden Wiesengrundstückes ist auf § 14 BauPolG gestützt und die Duldungsverpflichtung bis begrenzt. Diese baurechtliche Duldungsverpflichtung bewirkt keine Ausweitung des mit abgeschlossenen Dienstbarkeitsvertrages. Abgesehen davon, dass dem Dienstbarkeitsvertrag kein ausdrücklicher Verzicht auf eine Antragstellung gemäß § 14 Abs. 1 BauPolG zu entnehmen ist, wäre eine solche privatrechtliche Vereinbarung auf dem Zivilrechtsweg durchzusetzen. Die Baubehörde und in der Folge das LVwG hätten jedenfalls über einen dennoch eingebrachten Antrag gemäß § 14 BauPolG zu entscheiden.

22 Die Revision bestreitet auch die Notwendigkeit der Erweiterung des Dienstbarkeitsweges, weil es möglich sei, eine Umladestation einzurichten und dort die Materialien auf kleinere Fahrzeuge umzuladen; die konkreten Mehrkosten dieser Variante seien nicht geprüft worden. Dabei wird jedoch außer Acht gelassen, dass nach den unbestritten gebliebenen Aussagen des Bautechnischen Sachverständigen DI F, die sowohl den Entscheidungen der Baubehörden als auch des LVwG zugrunde lagen, LKW mit aufgebautem Kran für die Bauabwicklung jedenfalls notwendig sind. Daraus ergibt sich, dass eine Verbreiterung und Befestigung des Dienstbarkeitsweges selbst bei Einrichtung einer Umladestation erforderlich wäre. Die in diesem Zusammenhang gerügten Ermittlungsmängel liegen somit nicht vor.

23 Schließlich bringen die revisionswerbenden Parteien eine Unzulässigkeit der Antragstellung gemäß § 14 BauPolG vor, weil es die bauwerbenden Parteien unterlassen hätten, eine zivilrechtliche Übereinkunft über die vorübergehende Grundinanspruchnahme zu erwirken. Sie treten jedoch den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis, wonach sie bereits in ihrem Schreiben vom ausgeführt hätten, die bauwerbenden Parteien hätten sie mehrfach aufgesucht, um die Zustimmung zu einer Verbreiterung des Dienstbarkeitsweges zu erreichen, nicht entgegen. Dass ein Bemühen um ein privatrechtliches Einvernehmen ein konkretes Entschädigungsangebot enthalten müsse, ist § 14 Abs. 1 BauPolG nicht zu entnehmen.

24 Die Revision erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

25 Ein Kostenzuspruch konnte mangels Kostenbegehren unterbleiben.

Wien, am