VwGH vom 24.04.2018, Ro 2017/03/0016
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Gmunden gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , Zl. LVwG-700174/2/MZ, betreffend Übertretung des Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG (mitbeteiligte Partei: K S in B, vertreten durch Mag. Bernhard Stimitzer, Rechtsanwalt in 4822 Bad Goisern, Obere Marktstraße 2), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Begründung
1 Mit Bescheid der revisionswerbenden Bezirkshauptmannschaft vom wurde der mitbeteiligten Partei Folgendes zur Last gelegt:
"Sie haben am durch die Veranlassung und Veröffentlichung der Postings mit dem Text
‚## Wir sind ab jetzt wieder Asylantenfrei ##' auf der öffentlich einsehbaren Twitter-Seite des Lokals (C)
sowie durch das Posting
‚## Wir sind ab jetzt wieder Asylantenfrei ##Um dieses Problem zu stoppen, Haben wir wieder einen Eintritt von 2,- EUR eingeführt.
Als Gegenleistung bekommt ihr einen Shot dafür!!
Hoffe euch alle wieder bald Willkommen zu heissen!
Cheers Euer (C) Team'
auf der öffentlich einsehbaren Facebook-Seite des Lokals (C), dessen Gewerbeinhaberin Sie sind, eine Personengruppe ungerechtfertigt benachteiligt, obwohl eine Verwaltungsübertretung begeht, wer zumindest eine Person aus dem Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung ungerechtfertigt benachteiligt oder sie hindert, Orte zu betreten oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind."
(Zitiert nach dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden; nach den im vorgelegten Verwaltungsakt enthaltenen Screenshots war die Aussage "## WIR SIND AB JETZT WIEDER ASYLANTENFREI ##" jeweils durchgängig in Großbuchstaben gehalten.)
Die mitbeteiligte Partei habe dadurch Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG verletzt. Wegen dieser Übertretung wurde über sie eine Geldstrafe in der Höhe von 550 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von einer Woche) verhängt.
2 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht der von der mitbeteiligten Partei gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden erhobenen Beschwerde stattgegeben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.
Das Verwaltungsgericht ging - unter Hinweis auf die Wiedergabe des behördlichen Straferkenntnisses - von einem unstrittigen Sachverhalt (gemeint offensichtlich im Hinblick auf die Veranlassung und den Wortlaut der im Spruch des Straferkenntnisses genannten Postings) aus und stellte ergänzend fest, dass mit einer näher bezeichneten Anordnung der Staatsanwaltschaft Wels die Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen Verletzung des § 283 StGB (gegen die mitbeteiligte Partei) gemäß § 190 Z 1 StPO verfügt worden sei. Weiters hielt das Verwaltungsgericht der Vollständigkeit halber fest, dass dem gesamten Verwaltungsakt kein Hinweis entnommen werden könne, "wonach konkret eine (oder mehrere) Person(en) aufgrund des Postings vom Betreten des Lokals der (mitbeteiligten Partei) Abstand genommen haben oder trotz Bereitschaft zur Zahlung der Eintrittsgebühr nicht in das Lokal eingelassen wurden."
In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, es hege zwar keine Bedenken dahingehend, Diskriminierungen von Asylwerbern unter den Tatbestand des Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG zu subsumieren, auch wenn diese nicht ausdrücklich in dieser Bestimmung genannt würden. Asylwerbern sei gemein, nicht österreichischer Herkunft zu sein. Eine Diskriminierung von Nicht-Österreichern sei daher dem Grund der "nationalen Herkunft" zuordenbar.
Fraglich sei, ob im vorliegenden Fall eine aufgrund von Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG unter Strafsanktion stehende Diskriminierung vorliege. Von der mitbeteiligten Partei sei eine für alle Gäste geltende Eintrittsgebühr in das Lokal eingeführt worden. Da diese Eintrittsgebühr nicht nur von Asylsuchenden, sondern von sämtlichen Gästen eingehoben und jeder zahlenden Person Eintritt gewährt werde (gegenteilige Hinweise lägen zumindest nicht vor), sei keine unmittelbare Diskriminierung zu erkennen.
Bei näherer Betrachtung freilich ziele die Eintrittsgebühr im Zusammenhang mit den Aussagen in den Postings, "jetzt wieder Asylantenfrei" zu sein bzw. - eindeutig auf den Aufenthalt von "Asylanten" im Lokal abstellend - die Aussage, "dieses Problem zu stoppen", darauf ab, finanziell benachteiligte Personen, zu denen Asylwerber oftmals zählen würden, vom Lokalbesuch abzuhalten. Zudem schwinge in den Postings unzweifelhaft die Botschaft mit, dass Asylwerber im Lokal an sich unerwünscht seien. Von einer mittelbaren Diskriminierung sei daher auszugehen.
Dem Wortlaut des Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG zufolge begehe allerdings lediglich eine Verwaltungsübertretung, wer "einen anderen" aufgrund verschiedener Gründe diskriminiere oder ihn hindere, Orte zu betreten oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Vor dem Hintergrund des Art. 7 EMRK seien Strafvorschriften eng auszulegen. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes dürfte die Bestimmung daher aufgrund der vom Gesetzgeber gewählten Diktion auch nur in der Weise verstanden werden, dass eine (oder mehrere) Personen tatsächlich eine Benachteiligung oder Zurücksetzung erfahren müssten. Ein gemäß Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG strafbares Verhalten liege nicht schon bei einer bloß angekündigten Benachteiligung oder Zurücksetzung eines geschützten Personenkreises vor, sondern erst dann, wenn etwa tatsächlich von einem Asylwerber (aufgrund dessen Stellung als Asylwerber) eine Eintrittsgebühr verlangt worden wäre, von einem Nichtasylwerber hingegen nicht, bzw. wenn einem Asylwerber (aufgrund dessen Stellung als Asylwerber) im Gegensatz zu einer anderen Person der Zutritt zum Lokal verweigert worden wäre. Eine Strafbarkeit könnte zudem anzunehmen sein, wenn ein konkreter Asylwerber aufgrund der Postings den Schluss ziehe, im Lokal nicht erwünscht zu sein und vor diesem Hintergrund von einem sonst beabsichtigten Lokalbesuch Abstand nehme. Derartiges könne dem Verwaltungsakt jedoch nicht entnommen werden.
Aufgrund der Nichterfüllung des Tatbestandes des Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG könne daher auch die Prüfung unterbleiben, ob das Verhalten der mitbeteiligten Partei nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe als mit Geldstrafe von bis zu 1.090 Euro bedroht sei, weshalb die Verwirklichung des Tatbestandes der zitierten Bestimmung zurücktrete. Gleiches gelte im Hinblick auf die Prüfung der Staatsanwaltschaft Wels wegen einer Anklage der mitbeteiligten Partei wegen Verletzung des § 283 StGB in Bezug auf einen allfälligen Verstoß gegen Art. 4 7. ZPEMRK.
Die ordentliche Revision sei zulässig, da es sich bei der Frage, ob bei Diskriminierungen im Sinne des Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG auf eine (oder mehrere) konkrete Person(en) abzustellen sei, bzw. ob "bloß" feststellende Äußerungen eine strafbare Diskriminierung darstellen könnten, um eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung handle, der über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme und zu der keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Amtsrevision der Bezirkshauptmannschaft Gmunden mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis dahingehend abzuändern, dass das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden bestätigt wird, in eventu, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Ergänzend zur Zulässigkeitsbegründung im angefochtenen Erkenntnis bringt die Revision zur Zulässigkeit unter anderem vor, dass zur Frage, ob "feststellende" Äußerungen eine strafbare Diskriminierung darstellen können, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe. Auch sei die erstinstanzliche Rechtsprechung (Landesverwaltungsgerichte bzw. zuvor der unabhängigen Verwaltungssenate) zu Einlassverweigerungen von Personen unterschiedlich und eine Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof sei zur Herstellung von Rechtseinheitlichkeit erforderlich.
Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie (der Sache nach) die Abweisung der Revision als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
4 Die Revision ist zulässig, da - worauf in der Zulässigkeitsbegründung der Revision auch hingewiesen wird - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem mit BGBl. I Nr. 50/2012 erweiterten Straftatbestand des Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG fehlt. Sie ist im Ergebnis auch berechtigt.
5 Art. III Abs. 1 Z 3 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 (EGVG), BGBl. I Nr. 87/2008 (Wiederverlautbarung) in der im Revisionsfall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 33/2013 lautet:
"(1) Wer
(...)
3. einen anderen aus dem Grund der Rasse, der Hautfarbe,
der nationalen oder ethnischen Herkunft, des religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung diskriminiert oder ihn hindert, Orte zu betreten oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind, (...)
begeht, in den Fällen der Z 3 oder 4 dann, wenn die Tat nicht nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde (...) im Fall der Z 3 mit einer Geldstrafe von bis zu 1 090 Euro (...) zu bestrafen. (...)"
6 Die Einführung eines verwaltungsstrafrechtlich sanktionierten Verbots (unter anderem) rassischer Diskriminierung im EGVG erfolgte mit Bundesgesetz BGBl. Nr. 232/1977; die damals als Art. IX Z 6 EGVG eingefügte Bestimmung hatte folgenden Wortlaut:
"(1) Wer
(...)
6. Personen öffentlich allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer
Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft oder ihres religiösen Bekenntnisses ungerechtfertigt benachteiligt oder sie hindert, Orte zu betreten oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind,
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde (...) mit Geldstrafe bis zu S 3000,-- zu bestrafen. (...)"
7 Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (438 BlgNR 14. GP) zur EGVG-Novelle BGBl. Nr. 232/1977 begründeten die Einführung dieser Bestimmung wie folgt:
"Zu Z. 6:
Der unter Z. 6 vorgeschlagene Straftatbestand stellt sich als Ausführungsbestimmung zu Art. 2 Abs. 1 lit. d und Art. 5 lit. f des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. Nr. 377/1972, dar. Gemäß der erstgenannten Konventionsbestimmung verpflichten sich die Vertragsstaaten, rassische Diskriminierung durch Personen, Gruppen oder Organisationen mit geeigneten Mitteln, einschließlich der durch Umstände erforderlichen Gesetzgebung, zu verbieten und zu beendigen. Art. 5 lit. f verpflichtet die Vertragsstaaten, das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz, insbesondere hinsichtlich des Genusses u. a. des Rechtes, "jeden Ort zu betreten oder jede Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind, wie Verkehrsmittel, Hotels, Gaststätten, Kaffeehäuser, Theater und Parks", zu gewährleisten.
Der vorgeschlagene Straftatbestand bezieht sich auf ein allgemeines Diskriminierungsverbot, wobei allerdings der Straftatbestand nur dann erfüllt ist, wenn die Ungleichbehandlung (Benachteiligung) einer Person allein aufgrund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer Abstammung, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft erfolgt. Das Motiv des Handelns muß daher in der durch das genannte Übereinkommen verpönten diskriminatorischen Haltung gelegen sein. Sofern andere Motive für eine bestimmte Handlung von Personen vorliegen, ist der Straftatbestand nicht erfüllt.
Die Strafbarkeit eines diskriminierenden Verhaltens soll nur dann gegeben sein, wenn sich dieses Verhalten in der Öffentlichkeit vollzieht. Diese Einschränkung ergibt sich aus praktischen Gründen einerseits und liegt im Schutz der Privatsphäre andererseits begründet. Bei der Straftatbestand ganz allgemein gefaßt ist, war auch auf Art. 1 Abs. 2 des genannten Internationalen Übereinkommens und Art. 1 Abs. 2 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung der internationalen Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl Nr. 390/1973, Rücksicht zu nehmen, wonach Inländer und Ausländer durchaus unterschiedlich behandelt werden können. Dieser Gesichtspunkt sollte durch das Wort "ungerechtfertigt" eingefangen werden."
8 Die in diesen Erläuterungen zitierten Bestimmungen des Art. 2 Abs. 1 lit. d und Art. 5 lit. f des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl Nr. 377/1972, lauten:
"Artikel 2
(1) Die Vertragsstaaten verurteilen die rassische Diskriminierung und verpflichten sich, mit allen geeigneten Mitteln und unverzüglich eine Politik der Beseitigung der rassischen Diskriminierung in allen ihren Formen und Förderung des Verständnisses unter allen Rassen zu verfolgen; zu diesem Zweck
(...)
(d) verbietet und beendigt jeder Vertragsstaat mit allen
geeigneten Mitteln, einschließlich der durch die Umstände erforderlichen Gesetzgebung, rassische Diskriminierung durch Personen, Gruppen oder Organisationen;
(...)
Artikel 5
In Übereinstimmung mit den in Artikel 2 dieses Übereinkommens niedergelegten grundlegenden Verpflichtungen werden die Vertragsstaaten rassische Diskriminierung in allen ihren Formen verbieten und beseitigen und jedermann ohne Unterschied der Rasse, der Hautfarbe, des nationalen Ursprungs oder der ethnischen Herkunft das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz, insbesondere hinsichtlich des Genusses folgender Rechte, gewährleisten:
(...)
(f) das Recht, jeden Ort zu betreten oder jede
Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind, wie Verkehrsmittel, Hotels, Gaststätten, Kaffeehäuser, Theater und Parks.
(...)"
9 Art. I des Bundesverfassungsgesetzes vom zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. Nr. 390/1973, lautet:
"(1) Jede Form rassischer Diskriminierung ist - auch soweit ihr nicht bereits Art. 7 des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 und Art. 14 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegenstehen - verboten. Gesetzgebung und Vollziehung haben jede Unterscheidung aus dem alleinigen Grund der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung oder der nationalen oder ethnischen Herkunft zu unterlassen.
(2) Abs. 1 hindert nicht, österreichischen Staatsbürgern besondere Rechte einzuräumen oder besondere Verpflichtungen aufzuerlegen, soweit dem Art. 14 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten nicht entgegensteht."
10 Eine wesentliche inhaltliche Änderung erfuhr der nun in Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG normierte Verwaltungsstraftatbestand durch Art. 26 des Sicherheitsbehörden-Neustrukturierungs-Gesetzes (SNG), BGBl. I Nr. 50/2012. Mit dieser Novelle wurde in Art. III Abs. 1 Z 3 die Wortfolge "Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung ungerechtfertigt benachteiligt oder sie" durch die Wortfolge "einen anderen aus dem Grund der Rasse, der Hautfarbe, der nationalen oder ethnischen Herkunft, des religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung diskriminiert oder ihn" ersetzt.
11 Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu dieser Novelle (1726 BlgNR 24. GP, S. 9) begründen dies wie folgt:
12 Zu Z 5 (Art. III Abs. 1 Z 3) und Z 6 (Art. III Abs. 1 erster Satz):
"Die Volksanwaltschaft hat in der Vollziehung des verwaltungsstrafrechtlichen Diskriminierungsverbotes gemäß der geltenden Fassung des (heutigen) Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG Missstände in der Verwaltung gemäß Art. 148a B-VG festgestellt und der Bundesregierung empfohlen, mittels geeigneter Maßnahmen dafür zu sorgen, dass diese Bestimmung bundeseinheitlich und wirksam vollzogen wird (vgl. die Missstandsfeststellungen und Empfehlungen vom , VA W/536-LAD/06, und vom , VA-ST-LAD/0007-A/1/2010). Laut Wahrnehmung der Volksanwaltschaft werden Verwaltungsstrafverfahren gemäß dieser Bestimmung selten eingeleitet und enden wenige der eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren mit einer Bestrafung.
Die geltende Fassung des Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG stellt nicht jedes vorsätzliche Handeln unter Strafe, sondern nur Benachteiligungen "allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung" (besonderer Vorsatz, sog. dolus coloratus; siehe auch Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4, 2009, Rz 54). Für diesen Verwaltungsstraftatbestand ist das Motiv des Täters wesentlich; es ist von der Verwaltungsstrafbehörde nachzuweisen (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens. Ergänzungsband, 2009, 88; Panthene, Diskriminierungsverbot im Verwaltungsstrafrecht, ÖJZ 2009, 1049 (1050)). Bei realistischer Betrachtung kann der Beweis, dass jemand "allein auf Grund" seiner Rasse usw. benachteiligt wurde, von der Verwaltungsstrafbehörde allerdings kaum erbracht werden:
Denn erstens müssen sich die "wahren" Motive des Beschuldigten nicht notwendigerweise in dessen Verhalten manifestieren (eine Verweigerung des Zutritts oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen kann völlig unterschiedliche Motive haben). Zweitens bleibt der Beschuldigte bereits dann straflos, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sein Verhalten (zumindest auch) andere als die in Art. III Abs. 1 Z 3 genannten Motive hatte. Solche (zusätzlichen) Motive lassen sich dem eigenen Verhalten jedoch unschwer im Nachhinein in Form von Schutzbehauptungen unterstellen (zB Verhütung strafbarer Handlungen oder Sicherheitsbedenken, Vermeidung von Beschwerden oder rassistischen Reaktionen anderer Personen, Vermeidung von Konflikten zwischen Gruppen unterschiedlicher nationaler oder ethnischer Herkunft, reale oder irreale Befürchtungen usw.).
Das Tatbild des geltenden Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG ist ferner nur dann verwirklicht, wenn die Benachteiligung "ungerechtfertigt" ist. Mit dieser Formulierung soll laut Erläuterungen (RV 438 BlgNR 14. GP 11) auf Art. 1 Abs. 2 des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. Nr. 377/1972, (im Folgenden: Übereinkommen) Rücksicht genommen werden, wonach "Inländer und Ausländer durchaus unterschiedlich behandelt werden können". Im Gesetzestext hat die beabsichtigte Beschränkung auf die Zulässigkeit einer Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit des Betroffenen allerdings keinen Niederschlag gefunden. Auch andere Benachteiligungen können daher "gerechtfertigt" sein, was der Verwaltungsstrafbehörde einen tendenziell weiteren Beurteilungsspielraum einräumt.
Es wird daher eine - strafbarkeitsausdehnende - Neufassung des gesetzlichen Straftatbestandes des Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG vorgeschlagen, die diese Bestimmung in Wortlaut und Inhalt an das Übereinkommen angleichen soll: Das Tatbestandsmerkmal des "alleinigen Grundes" soll entfallen und das Tatbestandsmerkmal der "ungerechtfertigten Benachteiligung" soll durch das Tatbestandsmerkmal der "Diskriminierung" ersetzt werden.
(...) Die schadenersatzrechtlichen Sanktionen nach dem Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz - GlBG), BGBl. I Nr. 66/2004, bleiben unberührt."
13 Die revisionswerbende Bezirkshauptmannschaft führt aus, Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG enthalte zwei Tatbestandselemente, die alternativ für die Strafbarkeit infrage kämen. Den Straftatbestand des Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG erfülle, wer entweder aus den dort genannten Gründen diskriminiere oder jemanden daran hindere, Orte zu betreten bzw. Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Zu prüfen sei daher, ob die mitbeteiligte Partei mit dem Posting Asylwerber als Personen mit bestimmter nationaler Herkunft entweder unzulässigerweise diskriminiere oder am Betreten von Orten bzw. an der Inanspruchnahme von Dienstleistungen gehindert habe. Für das erste Tatbestandsmerkmal der Diskriminierung würden weder das EGVG selbst noch die Erläuterungen eine Definition enthalten. Wie das Verwaltungsgericht richtig ausführe, werde nach allgemeinem Rechtsverständnis sowie der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, des Verwaltungsgerichtshofes, des EuGH und des EGMR zwischen unmittelbarer und mittelbarer Diskriminierung unterschieden, wobei beide Formen gleichermaßen verpönt seien.
Auch das Gleichbehandlungsgesetz, das ebenfalls ungerechtfertigte Benachteiligungen, Behinderungen bzw. weniger günstige Behandlungen aufgrund ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht usw. bei der Inanspruchnahme von der Öffentlichkeit zur Verfügung stehenden Dienstleistungen verbiete und sich somit mit dem Anwendungsbereich des Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG überschneide, verbiete sowohl die direkte als auch die indirekte, mittelbare Diskriminierung und enthalte jeweils Definitionen. Beispielsweise liege gemäß § 13a Abs. 2 GlBG eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehörten, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen könnten, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren seien durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel seien zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.
Umgelegt auf den vorliegenden Fall sei die Einführung des Eintritts für den Besuch der Bar als mittelbare Diskriminierung zu werten (was näher ausgeführt wird). Davon abgesehen erfülle das Posting jedoch auch den Tatbestand der Hinderung am Betreten eines öffentlichen Ortes bzw. an der Inanspruchnahme von Dienstleistungen. Laut Duden bedeute "hindern" "jemanden in die Lage zu bringen, dass er etwas Beabsichtigtes nicht tun kann, jemandem etwas unmöglich machen; jemanden von etwas abhalten" oder "bei etwas stören, behindern".
Vom UVS Tirol sei bereits zur alten Rechtslage schon das bloße Aufhängen eines Schildes mit der Aufschrift "kein Platz für Zigeuner" als Betretungsverbot aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit und somit richtigerweise als unsachliche Benachteiligung qualifiziert worden. Wenn aber schon das bloße Aufstellen eines Schildes als Diskriminierung in Form eines Betretungsverbotes für den öffentlichen Ort bedingte Behinderung an der Inanspruchnahme der Dienstleistung zu werten sei, so müsse das ebenfalls für die öffentliche Äußerung, ein Lokal "asylantenfrei" machen zu wollen, mit der gleichzeitigen Ankündigung eines Eintrittspreises gelten. Im vorliegenden Fall werde zum öffentlichen Statement, dass Asylwerber unerwünscht seien, nämlich noch die zusätzliche Hürde/Hemmschwelle des Eintrittspreises eingerichtet.
Klares und selbsterklärtes Motiv des Postings sei es gerade gewesen, Asylwerber vom Besuch des Lokals abzuhalten; diese Absicht sei im Übrigen im Verfahren auch nicht geleugnet worden. Durch die Eintrittsbeschränkung sei somit klar darauf abgezielt worden, Personen mit bestimmter nationaler Herkunft vom Besuch des Lokals und der dortigen Konsumation von Getränken auszuschließen.
14 Die mitbeteiligte Partei hat im Verwaltungsverfahren wie auch in ihrer Beschwerde an das Verwaltungsgericht eingestanden, die verfahrensgegenständlichen Postings veranlasst zu haben. Sie hat sich im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Wesentlichen damit gerechtfertigt, dass diesen Postings Belästigungen der im Lokal tätigen Kellnerin vorangegangen seien, die von Personen "veranlasst" worden seien, die in einer Asylwerberunterkunft aufhältig seien. Sie habe aufgrund der sie als Arbeitgeberin treffenden Fürsorgepflicht zum Schutz ihrer Dienstnehmerin handeln müssen. Die von ihr verlangte Eintrittsgebühr gelte für alle Personen gleichermaßen. In der Revisionsbeantwortung wendet sie sich gegen die Auffassung, die Einführung einer Eintrittsgebühr für die Bar sei als mittelbare Diskriminierung zu werten; sie führt dazu auch näher aus, weshalb die Einführung einer "Gebühr für die Mindestkonsumation" nicht diskriminierend sei.
15 Dazu ist zunächst festzuhalten, dass nach dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden die der mitbeteiligten Partei angelastete Tathandlung das Veranlassen und Veröffentlichen zweier Postings auf Facebook bzw. Twitter ist (nach dem im vorgelegten Verwaltungsakt enthaltenen Screenshot dürfte es sich bei der Veröffentlichung auf Twitter um eine automatisierte Übernahme des Facebook-Postings handeln, da dort auch der Beginn des weiteren Textes des Facebook-Postings - "Um dieses Problem zu stoppen, haben wir wieder einen Eintritt von 2 ..." - sowie ein Link zu Facebook aufscheint, wobei dieser weitere Text jedoch weder von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden noch vom Verwaltungsgericht festgestellt wurde).
16 Der mitbeteiligten Partei wurde - ungeachtet der diesbezüglich unscharfen Begründung des angefochtenen Erkenntnisses sowie der teilweise in diese Richtung gehenden Revisionsausführungen - damit nicht angelastet, eine "Eintrittsgebühr" in das von ihr betriebene Lokal eingeführt zu haben. Vor dem Verwaltungsgerichtshof verfahrensgegenständlich ist denn auch nicht die Frage, ob eine Preisgestaltung, wie sie die mitbeteiligte Partei vorgenommen hat, eine (mittelbare) Diskriminierung darstellen könnte. Das Revisionsvorbringen, soweit es sich auf die Einführung der "Eintrittsgebühr" bezieht, geht damit ins Leere, ebenso wie das - nur auf die "Eintrittsgebühr" bezogene - Vorbringen der Revisionsbeantwortung der mitbeteiligten Partei.
17 Der Vollständigkeit halber ist zudem noch festzuhalten, dass der mitbeteiligten Partei auch nicht vorgeworfen wurde, konkrete Personen, etwa weil diese der Belästigung ihrer Mitarbeiterin verdächtig gewesen wären, am Betreten des Lokals gehindert zu haben.
18 Die sich im Revisionsverfahren stellende Frage ist damit, ob durch Postings, in denen auf der Facebook-Seite eines Lokals (und auf dem Twitter-Account des Lokals) "Wir sind ab jetzt wieder asylantenfrei" verkündet wird (wobei dies auf Facebook um einen Satz ergänzt wird, in dem darauf hingewiesen wird, dass, um dieses "Problem" - womit nur gemeint sein kann, dass das Lokal zwischenzeitlich nicht "asylantenfrei" gewesen sei - zu stoppen, ein Eintritt eingeführt worden sei), eine Diskriminierung im Sinne des Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG bewirkt werden kann.
19 Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG verbietet die Diskriminierung unter anderem aus Gründen der nationalen oder ethnischen Herkunft oder des religiösen Bekenntnisses. Eine demnach verpönte Diskriminierung kann sowohl darauf abstellen, dass die diskriminierte Person einer Ethnie, Nation oder Religion angehört, als auch, dass sie einer solchen Ethnie, Nation oder Religion nicht angehört.
20 Im Revisionsfall bezogen sich die Postings auf "Asylanten"; dabei handelt es sich um keinen Rechtsbegriff, sondern um eine - auch als abwertend empfundene (vgl. Österreichisches Wörterbuch, 41. Auflage, S. 64) - Bezeichnung für Personen, die Asyl suchen. Die Personengruppe der Asylwerber ist verbunden durch das ihnen gemeinsame charakteristische Merkmal, nicht österreichische Staatsangehörige zu sein, mögen sie auch unterschiedlichen Staaten angehören und sich von anderen Ausländern, die nicht Asylwerber sind, unterscheiden. Eine Diskriminierung aufgrund der nationalen Herkunft verlangt nicht zwingend, dass die diskriminierte Personengruppe durch das Vorhandensein oder Fehlen einer bestimmten nationalen Herkunft bereits abschließend definiert ist, sodass auch eine Einschränkung auf einen ausreichend bestimmten Teil einer nach der nationalen Herkunft abgegrenzten Gruppe (hier: Asylwerber) dann nichts daran ändert, dass eine Diskriminierung aufgrund der (Nicht-)Zugehörigkeit zu einer Nation vorliegen kann, wenn die (fehlende) Zugehörigkeit ein wesentliches Element der Zielrichtung der Tathandlung darstellt (in diesem Sinn , zur vergleichbaren Frage der Abgrenzung der von Verhetzung im Sinne des § 283 Abs. 1 Z 1 StGB betroffenen Gruppe). Wie das Verwaltungsgericht bereits ausgeführt hat - und von der mitbeteiligten Partei auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wie auch in der Revisionsbeantwortung nicht in Zweifel gezogen wurde - bestehen daher keine Bedenken dagegen, Diskriminierungen von Asylwerbern unter den Tatbestand des Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG (als Diskriminierung aufgrund nationaler Herkunft) zu subsumieren.
21 Der in Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG seit der Novelle BGBl. I Nr. 50/2012 verwendete Begriff "diskriminiert" wird weder im Gesetz selbst noch in den Gesetzesmaterialien definiert. Bei Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG handelt es sich um eine Ausführungsbestimmung zum Internationalen Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung (das auf die "Beseitigung der rassischen Diskriminierung in allen ihren Formen" gerichtet ist). Diese Bestimmung ist daher im Lichte dieses Übereinkommens sowie des BVG zur Durchführung des genannten Übereinkommens, BGBl Nr. 390/1973 (das "jede Form rassischer Diskriminierung" verbietet), auszulegen. Schon dies steht einem einschränkenden Verständnis des Diskriminierungsbegriffes, wonach bloß unmittelbare, nicht aber mittelbare Diskriminierung verboten wäre, entgegen.
22 Für dieses Verständnis spricht auch, dass zum Zeitpunkt der Novelle BGBl. I Nr. 50/2012 bereits auf einen gefestigten Diskriminierungsbegriff im österreichischen (und europäischen) Gleichbehandlungsrecht - das eine vergleichbare Schutzrichtung verfolgt - zurückgegriffen werden konnte, der sowohl die unmittelbare als auch die mittelbare Diskriminierung umfasst (vgl. - zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen - § 32 in Verbindung mit 40b GlbG bzw. Art. 2 der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft). Vor diesem Hintergrund ist - auch aufgrund des Hinweises auf unberührt bleibende schadenersatzrechtliche Sanktionen nach dem GlBG in den oben wiedergegebenen Erläuterungen (RV 1726 BlgNR 24. GP, S. 9) - davon auszugehen, dass der Gesetzgeber der EGVG-Novelle BGBl. I Nr. 50/2012 der Verwendung des Wortes "diskriminiert" das Begriffsverständnis des Gleichbehandlungsrechts zugrunde gelegt hat. Eine Diskriminierung im Sinne des Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG liegt daher sowohl bei einer unmittelbaren Diskriminierung vor - wenn eine Person aus den in dieser Bestimmung genannten Gründen in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, erfahren hat oder erfahren würde als eine andere Person - als auch bei einer mittelbaren Diskriminierung, wenn also dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer der in dieser Bestimmung genannten Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.
23 Im Revisionsfall bezog sich der Tatvorwurf gegen die mitbeteiligte Partei auf zwei Postings, unter anderem auf der öffentlich einsehbaren Facebook-Seite des von ihr betriebenen Lokals, in denen ausdrücklich die Rede davon war, dass das Lokal "wieder asylantenfrei" sei. Ein Posting einer Lokalbetreiberin auf der öffentlichen - also nicht nur eingeschränkt zugänglichen - Facebook-Seite ihres Lokals, die zur Kommunikation mit (potentiellen) Gästen genutzt wird (etwa für Veranstaltungsankündigungen, Hinweisen zu den Öffnungszeiten, zur Lage oder zu den Kontaktmöglichkeiten), in dem "mitgeteilt" wird, das Lokal sei (wieder) "frei" von Personen einer bestimmten ethnischen oder nationalen Herkunft oder einer bestimmten Religionszugehörigkeit, kann nicht anders verstanden werden, als dass die solcherart umschriebenen Personen dort nicht erwünscht sind und gegebenenfalls damit rechnen müssten, nicht eingelassen zu werden (vgl. zu historischen Beispielen etwa Bajohr, "Unser Hotel ist judenfrei", Bäder-Antisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert (2003)); dies umso mehr, wenn zusätzlich der Umstand, dass das Lokal - zwischenzeitlich - nicht "frei" von solcherart umschriebenen Personen gewesen sei, als "Problem" benannt wird. Damit liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, würden die betroffenen Personen doch aus einem in Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG genannten Grund in einer vergleichbaren Situation - beim Versuch, das Lokal zu betreten, um dort die angebotenen Leistungen in Anspruch zu nehmen - eine weniger günstige Behandlung erfahren als andere Personen. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Postings tatsächlich dahin zu verstehen waren, dass damit ein generelles Lokalverbot für Asylwerber verhängt werden sollte (dieses Verständnis liegt freilich den im vorgelegten Verwaltungsakt enthaltenen Medienberichten zugrunde, deren Überschriften "Bar erteilt allen Flüchtlingen Lokalverbot" bzw. "Bar erteilt Asylwerbern Lokalverbot" lauten), da Asylwerber aufgrund der an die potentiellen Gäste gerichteten Mitteilung, das Lokal sei (wieder) "asylantenfrei", jedenfalls mit einer ungünstigeren Behandlung rechnen mussten (vgl. zur Diskriminierung im Arbeitsleben durch eine öffentliche Äußerung, keine Personen bestimmter nationaler Herkunft einzustellen, Feryn, C-54/07). Ebenfalls nicht entscheidend ist, ob eine bestimmte Person aus einem in Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG genannten Grund gehindert wurde, das Lokal zum Zweck der Konsumation zu betreten (wodurch der zweite Fall des Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG verwirklicht würde).
24 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Die von der revisionswerbenden Bezirkshauptmannschaft beantragte Entscheidung in der Sache kam schon deshalb nicht in Betracht, weil die mitbeteiligte Partei in ihrer Beschwerde einen Verhandlungsantrag gestellt hat und die Sache daher nicht im Sinne des § 42 Abs. 4 VwGG entscheidungsreif ist.
25 Das Verwaltungsgericht hat aufgrund der von ihm getroffenen Entscheidung ausdrücklich die Frage offen gelassen, ob im Hinblick auf die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen die mitbeteiligte Partei wegen § 283 StGB gemäß § 190 Z 1 StPO eine Bestrafung wegen der Übertretung nach Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG allenfalls eine Verletzung des Art. 4 7. ZPMRK darstellen könnte. Dazu ist für das fortzusetzende Verfahren festzuhalten, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Rechtsprechung zu Art. 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK Kriterien entwickelt hat, nach denen die Frage der Doppelbestrafung zu prüfen und zu beurteilen ist. Im Urteil vom (Große Kammer), A und B/Norwegen, 24130/11, Rn. 131 bis 134, hat er seine Judikatur wie folgt zusammengefasst:
Werden gegen eine Person aus ein- und demselben Vorfall von verschiedenen Behörden in verschiedenen Verfahren mehrere Sanktionen verhängt, die als Strafen im Sinne der EMRK angesehen werden können, so liegt kein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vor, wenn ein ausreichend enger Zusammenhang zwischen den Verfahren gegeben war, und zwar sowohl inhaltlich ("in substance") als auch zeitlich ("in time"). Bei einem solchen engen Zusammenhang kann nämlich nicht davon gesprochen werden, dass der Betroffene nach einer endgültigen Entscheidung wegen derselben Sache nochmals bestraft worden ist. Die Verfahren werden vielmehr als Einheit betrachtet.
26 Um von einem ausreichend engen inhaltlichen Zusammenhang ausgehen zu können, sind nach der Rechtsprechung des EGMR mehrere Faktoren entscheidend: Zum einen ist maßgeblich, ob die verschiedenen Verfahren auch verschiedene Zwecke verfolgen und damit, nicht bloß abstrakt, sondern auch konkret, verschiedene Aspekte des in Rede stehenden Fehlverhaltens sanktioniert werden. Zum anderen ist zu beachten, ob die unterschiedlichen Verfahren für den Beschuldigten vorhersehbar waren, ob die Verfahren so aufeinander abgestimmt sind, dass eine doppelte Beweisaufnahme und unterschiedliche Beweiswürdigung möglichst vermieden bzw. Beweisergebnisse in den jeweils anderen Verfahren berücksichtigt werden, und, vor allem, ob die später auferlegte Sanktion auf die bereits erfolgten vorangegangenen Sanktionen Bedacht nimmt, sodass die Gesamtstrafe als verhältnismäßig anzusehen ist. Selbst wenn diese inhaltlichen Kriterien erfüllt sind, ist zusätzlich erforderlich, dass zwischen den in Rede stehenden Verfahren ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht, also die Verfahren möglichst gleichzeitig geführt und abgeschlossen werden (vgl. ).
27 Diese Überlegungen haben auch für die Frage Geltung, in welchem Umfang durch eine Einstellung eines Verfahrens nach § 190 Z 1 StPO Sperrwirkung für ein Verwaltungsstrafverfahren eintritt (siehe dazu - noch vor dem eben zitierten Urteil des EGMR - ).
28 Fallbezogen ist von einem engen zeitlichen Zusammenhang auszugehen, zumal - nach Ausweis der vorgelegten Verfahrensakten - die Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft am erfolgte, nachdem die Anzeige am eingelangt war. Das Verwaltungsstrafverfahren wurde aufgrund einer Anzeige am eingeleitet; der Akt der Staatsanwaltschaft wurde im Verfahren beigeschafft und das Straferkenntnis mit Datum vom erlassen. Die Verfahren verfolgten unterschiedliche Zwecke (den Schutz vor Aufrufen zu Gewalt und Beschimpfung nach § 283 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB, den Schutz vor Diskriminierung nach Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG), wobei unterschiedliche Aspekte eines Verhaltens beurteilt wurden. Schließlich ist für die betroffene Person vorhersehbar, dass sie wegen öffentlicher Postings, die einerseits den Verdacht der Verhetzung begründen könnten, andererseits aber auch im Hinblick auf ein von ihr betriebenes Lokal ein diskriminierendes Verhalten in Aussicht stellen, einer Verfolgung sowohl nach § 283 StGB als auch nach Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG ausgesetzt sein könnte. Nach den vorgelegten Verfahrensakten waren die Verfahren zudem so aufeinander abgestimmt, dass der Akt der Staatsanwaltschaft der Verwaltungsbehörde zur Verfügung stand, die in ihrer Verfahrensführung darauf Bedacht nehmen konnte.
Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen, dass einer Bestrafung der mitbeteiligten Partei nach Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG eine Sperrwirkung des wegen § 283 StGB geführten, nach § 190 Z 1 StPO eingestellten Ermittlungsverfahrens entgegenstünde.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2018:RO2017030016.J00 |
Schlagworte: | Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 |
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