VwGH vom 03.05.2017, Ro 2017/03/0004

VwGH vom 03.05.2017, Ro 2017/03/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des M K in P, vertreten durch Mag. Gunter Österreicher, Rechtsanwalt in 2020 Hollabrunn, Hauptplatz 10, 1. Stock, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl LVwG-AV-862/001-2016, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I. Sachverhalt

1 A. Aus den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses ergibt sich, dass die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn (BH) dem Revisionswerber einen Ausweis für den Dienst als beeidete Wache in seiner Eigenschaft als Jagdaufseher für das Genossenschaftsjagdgebiet D ausgestellt hat, der Revisionswerber in Ausübung seines Dienstes als beeidete Wache anzusehen ist und als solche den besonderen Schutz genießt, welcher § 74 StGB Beamten einräumt.

2 Am beantragte der Revisionswerber bei der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn die Ausstellung eines Waffenpasses für zwei Schusswaffen der Kategorie B und führte dazu aus, dass er bestelltes, bestätigtes und beeidetes Jagdschutzorgan im Verwaltungsbezirk H sei. Seine Rechte würden sich aus den Bestimmungen der §§ 64 und 72 des Niederösterreichischen Jagdgesetzes (Nö JagdG) ableiten. Demnach sei er berechtigt, Personen, die des Wilddiebstahls verdächtig seien (Wilderer) und Personen, die jagdrechtlichen Vorschriften zuwiderhandelten, anzuhalten, ferner in beiden Fällen die Person festzuhalten und ihr gefangenes oder erlegtes Wild, Eier, Abwurfstangen, Waffen und Fanggeräte abzunehmen sowie zu diesem Zweck Behältnisse und Transportmittel zu durchsuchen, weiters bei Vorliegen von Festnahmegründen als Wacheorgan Personen zum Zwecke der Vorführung vor die Behörde festzunehmen, dazu eine Faustfeuerwaffe in Ausübung seines Dienstes zu tragen, und schließlich nach § 72 Nö JagdG auch von der Faustfeuerwaffe Gebrauch zu machen.

3 B. Mit Bescheid vom wies die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn den Antrag des Revisionswerbers auf Ausstellung eines Waffenpasses ab. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass der Umschreibung des Bedarfsbegriffes des § 21 Abs 2 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) zu entnehmen sei, dass vom Vorliegen besonderer Gefahren nur gesprochen werden könne, wenn diese Gefahren das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren erheblich übersteige. Es obliege demjenigen, der einen Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 23 Abs 2 WaffG glaubhaft zu machen habe, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen spreche, ihn treffe also eine erhöhte Behauptungslast. In den Jahren 2011 bis 2015 seien jährlich sieben bzw acht Stück Rehwild, zwischen 5 und 28 Feldhasen bzw zwischen null und vier Fasane erlegt worden. Aufgrund dieser jährlichen Abschusszahlen sei mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass der Revisionswerber im Zuge der Ausübung seiner Tätigkeit als Jagdaufseher in diesem Jagdgebiet mit einem Wilderer in Kontakt kommen werde. Eine besondere Gefahrenlage werde daher in diesem Zusammenhang nicht zu erwarten sein. Der Behörde sei auch nicht bekannt, dass es in diesem Jagdrevier jemals zu Wilderei gekommen sei. Aufgrund des § 72 Nö JagdG seien bestätigte und beeidete Jagdaufseher berechtigt, in Ausübung ihres Dienstes ua eine Faustfeuerwaffe zu tragen und unter bestimmten Umständen von dieser Waffe Gebrauch zu machen. Daraus könne aber nicht abgeleitet werden, dass aufgrund dieser Bestimmung entgegen den Vorgaben des WaffG ein Rechtsanspruch auf die Ausstellung eines Waffenpasses bestünde. Die Bestimmungen des WaffG seien jedenfalls als höherwertiger zu sehen als die Bestimmungen des Nö JagdG. Unter Beachtung der derzeitigen Rechtssituation sehe die Behörde beim Revisionswerber keinen Bedarf gegeben, der die Ausstellung eines Waffenpasses ermögliche. Es sei dem Revisionswerber somit insgesamt nicht gelungen, der Behörde glaubhaft zu machen, dass er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder eingefriedeter Liegenschaft besonderen Gefahren ausgesetzt sei, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne.

4 C. Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde. Mit Erkenntnis vom wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde als unbegründet ab und erklärte die Revision für zulässig.

5 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, es sei auf Basis der bestehenden Rechtslage Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfs zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne, glaubhaft zu machen. Die Stellung des Revisionswerbers als Jagdaufseher werde seitens des Verwaltungsgerichts ebenso wie von der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn nicht als ausreichend erachtet, dass ihm alleine daraus die Berechtigung auf das zusätzliche Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe (Faustfeuerwaffe) zukäme, bzw er nur aufgrund der Bestimmungen des Nö JagdG berechtigt wäre, diese zu führen.Wenn der Revisionswerber auf seine Stellung als Jagdaufseher verweise und dazu Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs anführe, wonach Fischereischutzorganen in Ausübung ihres Dienstes aufgrund der gegebenen erhöhten Gefahrenlage die Berechtigung zum Führen von Faustfeuerwaffen für die Dauer dieser Tätigkeit zuerkannt worden sei, und ferner auf die Ähnlichkeit dieser beiden Funktionen und die sich daraus ergebenden Befugnissen hinweise, sei dahingehend zu differenzieren, dass Jagdaufseher in Ausübung ihrer Funktion im Gegensatz zu beeideten Fischereischutzorganen bereits Langwaffen mit sich führten, weshalb hier die Gefahrenlage bei Durchführung einer Anhaltung von vornherein anders gelagert sei. Ebenso ergebe sich aus der Bestimmung des § 72 Nö JagdG der Bedarf für die beantragte Faustfeuerwaffe der Kategorie nicht ex lege, sondern komme auch diesbezüglich der Behörde die Berechtigung zu, eine Überprüfung der behaupteten besonderen Gefahren im Sinne des WaffG durchzuführen.

6 D. Dagegen richtet sich die vorliegende ordentliche Revision. Der Revisionswerber bringt im Wesentlichen vor, dass Jagdwacheorgane in Ausübung des Jagdschutzes nach den Bestimmungen des Nö JagdG im Zuge eines Zwischenfalls nicht ausreichend Hilfe holen könnten. Die Ansicht des Verwaltungsgerichts, wonach es schon aufgrund des Mitführens einer Langfeuerwaffe zu keiner Angriffshandlung durch eine angehaltene Person kommen würde, sei unzutreffend. Gleiches gelte für die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass das Mitführen einer Langwaffe das Führen einer Faustfeuerwaffe erübrige. Ein Jagdaufseher führe als Langwaffe entweder ein Kugelgewehr oder eine Schrotflinte mit sich. In der Regel sei mit einem Kugelgewehr auf kurze Distanzen keine Schussabgabe möglich, weil das Ziel aufgrund der Vergrößerung des Zielfernrohrs nicht erkennbar sei. Bei einer Schrotabgabe auf kurze Distanz sei davon auszugehen, dass es - unabhängig von der Trefferlage - zu tödlichen Verletzungen des Angreifers komme. Aus der Luft gegriffen und mit Willkür behaftet sei die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach aufgrund der Größe des Jagdreviers und der festgestellten Abschusszahlen in den Jahren 2011 bis 2014 mit dem Vorkommen von Wilderei nicht zu rechnen sei. Im Hinblick auf das angedrohte hohe Strafmaß von drei Jahren für die Begehung des Delikts des schweren Eingriffs in ein fremdes Jagd- oder Fischereirecht gemäß § 137 iVm § 138 StGB sei mit einem dermaßen hohen kriminellen Vorsatz des Täters zu rechnen, dass die Verwendung einer Faustfeuerwaffe geboten erscheine. Zudem übergehe das Verwaltungsgericht, dass der Revisionswerber als beeidetes Jagdaufsichtsorgan gemäß § 72 Nö JagdG einen Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Waffenpasses für genehmigungspflichtige Schusswaffen habe. Schließlich habe das Verwaltungsgericht den in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Antrag auf Einholung eines Gutachtens aus dem Fachgebiet des Jagdbzw Waffenwesens übergangen, weshalb der Entscheidung ein wesentlicher Verfahrensmangel anhafte.

7 E. Die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Revision.

II. Rechtslage

8 A. Die hier einschlägigen Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), BGBl Nr 1/1930 idF BGBl I Nr 62/2016 (Art 10), BGBl I Nr 51/2012 (Art 15) und BGBl I Nr 101/2014 (Art 130), lauten auszugsweise:

"Artikel 10. (1) Bundessache ist die Gesetzgebung und

die Vollziehung in folgenden Angelegenheiten:

...

7. Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und

Sicherheit einschließlich der ersten allgemeinen Hilfeleistung, jedoch mit Ausnahme der örtlichen Sicherheitspolizei; Vereins- und Versammlungsrecht; Personenstandsangelegenheiten einschließlich des Matrikenwesens und der Namensänderung; Fremdenpolizei und Meldewesen; Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesen, Schießwesen;

...

Artikel 15. (1) Soweit eine Angelegenheit nicht ausdrücklich durch die Bundesverfassung der Gesetzgebung oder auch der Vollziehung des Bundes übertragen ist, verbleibt sie im selbständigen Wirkungsbereich der Bundesländer.

...

Artikel 130. ...

(4) Über Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 1 in

Verwaltungsstrafsachen hat das Verwaltungsgericht in der Sache

selbst zu entscheiden. Über Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 1 in

sonstigen Rechtssachen hat das Verwaltungsgericht dann in der

Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch

das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist."

9 B. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Waffenpolizei (Waffengesetz 1996 - WaffG), BGBl I Nr 12/1997 idF BGBl I Nr 43/2010, lauten auszugsweise:

"Ausstellung von Waffenbesitzkarte und Waffenpass

§ 21. ...

(2) Die Behörde hat verlässlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B nachweisen, einen Waffenpass auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verlässliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde.

(3) Die Ausstellung von Waffenpässen an verlässliche Menschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und den Nachweis erbringen, dass sie entweder beruflichen oder als Inhaber einer Jagdkarte jagdlichen Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B haben, liegt im Ermessen der Behörde. Bezieht sich der Bedarf nur auf Repetierflinten oder halbautomatische Schusswaffen, kann die Behörde die Befugnis zum Führen durch einen Vermerk im Waffenpass so beschränken, dass der Inhaber bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres Faustfeuerwaffen nicht führen darf.

(4) Wird ein Waffenpass nur im Hinblick auf die besonderen Gefahren ausgestellt, die bei der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit auftreten, so hat die Behörde die Befugnis zum Führen durch einen Vermerk im Waffenpass so zu beschränken, dass die Befugnis zum Führen erlischt, sobald der Berechtigte diese Tätigkeit künftig nicht mehr ausüben will oder darf. Tritt dies ein, so berechtigt ein solcher Waffenpass nur mehr zum Besitz der Waffen im bisherigen Umfang; einer gesonderten Rechtfertigung bedarf es hierfür nicht.

...

Rechtfertigung und Bedarf

§ 22. (1) Eine Rechtfertigung im Sinne des § 21 Abs. 1 ist jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, dass er die Schusswaffe der Kategorie B innerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften zur Selbstverteidigung bereithalten will.

(2) Ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 2 ist jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, dass er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann."

10 C. Die relevanten Bestimmungen des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974 (Nö JagdG), Nö LGBl 6500- 0 idF Nö LGBl 6500-29, lauten auszugsweise:

"Jagdschutz

§ 64. (1) Der Jagdschutz umfasst die Abwehr von Verletzungen der zum Schutz des Wildes und der Jagd erlassenen Bestimmungen dieses Gesetzes, der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und behördlichen Anordnungen sowie der einschlägigen sonstigen, insbesondere strafrechtlichen Vorschriften. Er umfasst auch das Recht und die Pflicht zur Betreuung des Wildes und Hintanhaltung seiner Schädigung durch Wilddiebe und Raubzeug. Unter Raubzeug sind sonstige dem gehegten Wild schädliche Tiere, insbesondere revierende oder wildernde Hunde und umherstreifende Katzen zu verstehen.

(2) Die zur Ausübung des Jagdschutzes berufenen Organe sind demnach insbesondere berechtigt und im Falle der Z 1 sowie der ersten beiden Worte der Z 2 auch verpflichtet, in ihrem dienstlichen Wirkungskreis

1. Personen, die des Wilddiebstahls verdächtig sind oder

jagdrechtlichen Vorschriften zuwiderhandeln, anzuhalten, ihre Person festzustellen und ihnen gefangenes oder erlegtes Wild, Eier des Federwildes, Abwurfstangen, Waffen und Fanggeräte abzunehmen und zu diesem Zweck Behältnisse und Transportmittel zu durchsuchen;

2. wildernde Hunde, sowie Hunde, die sich erkennbar der

Einwirkung ihres Halters entzogen haben und außerhalb ihrer Rufweite im Jagdgebiet abseits öffentlicher Anlagen umherstreunen und Katzen, welche in einer Entfernung von mehr als 300 m von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden umherstreifen, zu töten. Das Recht zur Tötung von Hunden besteht nicht gegenüber den Jagd-, Blinden-, Behinderten-, Lawinen-, Katastrophensuch- und Hirtenhunden, wenn sie als solche erkennbar sind, für die Aufgaben, für die sie ausgebildet wurden, verwendet werden und sich bei der Erfüllung dieser Aufgaben vorübergehend der Einwirkung ihres Halters entzogen haben. Das Recht zur Tötung besteht auch nicht gegenüber Hunden, die aufgrund ihrer Rasse, ihrer Größe oder ihrer Schnelligkeit erkennbar für das freilebende Wild keine Gefahr darstellen; zum Abschuss revierender oder wildernder Hunde und umherstreifender Katzen sind neben den Jagdaufsehern in gleicher Weise auch die Jagdausübungsberechtigten und über deren besondere Ermächtigung auch andere ortskundige im Jagdgebiet ständig zur Jagd berechtigte Personen mit Jagderlaubnisschein berechtigt; den Eigentümern der nach Maßgabe der vorstehenden Vorschriften getöteten Hunde und Katzen gebührt kein Schadenersatz; die Erlegung eines Hundes ist unter Darlegung der hiefür maßgebenden Umstände der Bezirksverwaltungsbehörde bekanntzugeben;

3. Raubwild und Raubzeug unter Bedachtnahme auf

Beschränkungen bei der Verfolgung auf Grund jagd- oder naturschutzrechtlicher Bestimmungen zu fangen und zu töten.

Jagdaufsicht

§ 65. (1) Die Eigentümer von nichtverpachteten Eigenjagdrevieren, die Pächter von Eigen- oder Genossenschaftsjagdgebieten sowie die Jagdausschüsse von Genossenschaftsjagdgebieten, für welche ein Genossenschaftsjagdverwalter bestellt wurde, sind verpflichtet, für einen ausreichenden Jagdschutz (§ 64) zu sorgen und zu diesem Zweck Jagdaufseher in entsprechender Anzahl zu bestellen.

(2) Wenn der Jagdausübungsberechtigte den Erfordernissen des § 67 entspricht, kann er selbst den Jagdschutz in seinem Jagdgebiet ausüben. Er kann jedoch nur dann auf den Stand der nach Abs. 1 zu bestellenden Jagdaufseher angerechnet werden, wenn er die Gewähr dafür bietet, dass er den Jagdschutz regelmäßig und ausreichend ausüben wird.

...

Jagdaufseher

§ 66. (1) Die Bestätigung und Beeidigung der Jagdaufseher, der Dienstausweis, das Dienstabzeichen und die Aberkennung der Rechte der Jagdaufseher werden, unbeschadet der Aberkennung der Rechte nach § 68 Abs. 1, durch das NÖ Landeskulturwachengesetz, LGBl. 6125, geregelt.

(2) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat unbeschadet der Voraussetzungen nach § 67 die Bestellung von Jagdaufsehern nur dann zu bestätigen, wenn diese Gewähr dafür bieten, dass sie in dem Jagdgebiet, für das sie bestellt wurden, den Jagdschutz ausreichend ausüben werden und sie in derselben Gemeinde, in der das Jagdgebiet gelegen ist, oder in einer nahegelegenen Gemeinde wohnhaft sind. Darüber hinaus können zusätzlich Jagdaufseher bestellt werden, auch wenn sie nicht ständig den Jagdschutz ausüben können.

(3) Jagdaufseher müssen während des ganzen Jagdjahres im Besitz einer gültigen Jagdkarte sein.

(4) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat dem NÖ Landesjagdverband die Bestätigung und Beeidigung von Jagdaufsehern sowie den Widerruf derselben mitzuteilen.

Erfordernisse zur Bestätigung und Beeidigung als

Jagdaufseher

§ 67. (1) Als Jagdaufseher kann bestätigt und beeidigt

werden, wer

1. das 21. Lebensjahr vollendet oder die Berufsjägerprüfung

(§ 70) bestanden hat,

2. die österreichische Staatsbürgerschaft, eine

Staatsangehörigkeit eines EU- oder EWR-Mitgliedstaates oder der

Schweizerischen Eidgenossenschaft besitzt,

2a. Staatsangehöriger eines Drittstaates ist, dessen

Staatsangehörige hinsichtlich der Anerkennung von

Berufsqualifikationen nach dem Recht der Europäischen Union oder

aufgrund eines Staatsvertrages gleichzustellen sind,

3. eine gültige Jagdkarte besitzt,

4. über körperliche und geistige Eigenschaften verfügt,

welche seine Betrauung mit den Rechten und Pflichten, wie sie auch

von einem öffentlichen Aufsichtsorgan verlangt werden

gerechtfertigt erscheinen lassen,

5. vertrauenswürdig ist und

6. die Staatsprüfung für den höheren Forstdienst oder für

den Försterdienst oder diesen im Sinne der forstrechtlichen Bestimmungen gleichzuhaltende Prüfungen oder die Prüfung für den Jagd- und Jagdschutzdienst oder die Hilfs- oder Revierjägerprüfung oder die Prüfung für den Wachdienst zum Schutze der Jagd (§ 68) oder die Berufsjägerprüfung (§ 70) mit Erfolg abgelegt hat. Liegt die Prüfung länger als 3 Jahre zurück, ist der Besuch eines Weiterbildungskurses gemäß § 68a nachzuweisen.

...

(2) Wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit sind von der Bestätigung und Beeidigung für den Jagdaufsichtsdienst insbesondere Personen ausgenommen, die wegen strafbarer Handlungen im Sinne des § 61 Abs. 1 Z 11 verurteilt worden sind, solange die Strafe nicht getilgt oder die Strafnachsicht nicht erteilt worden ist; ferner Personen, auf welche die Bestimmungen des § 61 Abs. 1 Z 12 zutreffen, für die Dauer von drei Jahren ab Rechtskraft des letzten Straferkenntnisses oder der letzten Strafverfügung.

...

Waffengebrauch der Jagdaufseher

§ 72. Die bestätigten und beeidigten Jagdaufseher sind berechtigt, in Ausübung ihres Dienstes ein Jagdgewehr, eine Faustfeuerwaffe sowie eine kurze Seitenwaffe zu tragen und von diesen Waffen Gebrauch zu machen, wenn ein rechtswidriger Angriff auf Leib oder Leben ihrer eigenen oder einer anderen Person unternommen wird oder unmittelbar droht oder wenn eine mit einer Schusswaffe versehene Person, die beim verbotswidrigen Durchstreifen des Jagdgebietes betreten wird, die Waffe nach Aufforderung nicht sofort ablegt oder die abgelegte Waffe ohne Erlaubnis des Jagdaufsehers wieder aufnimmt. Der Gebrauch der Waffe ist jedoch nur insoweit zulässig, als er zur Abwehr des unternommenen oder drohenden Angriffes notwendig ist."

III. Erwägungen

11 A.1. Nach § 64 Abs 2 Nö JagdG sind Jagdschutzorgane - dazu zählen Jagdaufseher (vgl § 65 Abs 1 leg cit) - verpflichtet, Personen, die des Wilddiebstahls verdächtig sind oder jagdrechtlichen Vorschriften zuwiderhandeln, anzuhalten, ihre Person festzustellen und ihnen gefangenes oder erlegtes Wild, Eier des Federwildes, Abwurfstangen, Waffen und Fanggeräte abzunehmen und zu diesem Zweck Behältnisse und Transportmittel zu durchsuchen (Z 1) sowie wildernde Hunde zu töten (Z 2 erster Fall). § 72 Nö JagdG ermächtigt die bestätigten und beeidigten Jagdaufseher, in Ausübung ihres Dienstes ein Jagdgewehr, eine Faustfeuerwaffe sowie eine kurze Seitenwaffe zu tragen und von diesen Waffen Gebrauch zu machen, wenn ein rechtswidriger Angriff auf Leib oder Leben ihrer eigenen oder einer anderen Person unternommen wird oder unmittelbar droht oder wenn eine mit einer Schusswaffe versehene Person, die beim verbotswidrigen Durchstreifen eines Jagdgebietes betreten wird, die Waffe nach Aufforderung nicht sofort ablegt oder die abgelegte Waffe ohne Erlaubnis des Jagdaufsehers wieder aufnimmt. Dabei ist der Gebrauch der Waffe jedoch nur insoweit zulässig, als er zur Abwehr des unternommenen oder drohenden Angriffs notwendig ist. Gemäß § 66 leg cit sind Jagdaufseher zu bestätigen und zu beeiden sowie mit einem Dienstausweis und einem Dienstabzeichen zu versehen. Angesichts dieser Befugnisse bzw Stellung sind solche Jagdaufsichtsorgane auf dem Boden der Rechtsprechung zur Erfüllung von Hoheitsaufgaben in Pflicht genommene Private (vgl (VwSlg 18.526 A/2012), worauf gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird). Nach der zitierten Entscheidung steht das Jagdschutzorgan während seines Aufenthaltes im betreffenden Jagdgebiet stets in Ausübung seiner Aufgaben, weshalb nicht gesagt werden kann, dass ein Jagdaufseher den ihm übertragenen Jagdschutz nicht regelmäßig ausüben würde.

12 A.2. Nach § 21 Abs 2 WaffG hat die Behörde verlässlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B nachweisen, einen Waffenpass auszustellen. Wird ein Waffenpass nur im Hinblick auf die besonderen Gefahren ausgestellt, die bei der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit auftreten, so hat die Behörde nach § 21 Abs 4 WaffG die Befugnis zum Führen durch einen Vermerk im Waffenpass so zu beschränken, dass die Befugnis zum Führen erlischt, sobald der Berechtigte diese Tätigkeit künftig nicht mehr ausüben will oder darf. § 22 Abs 2 WaffG legt fest, dass ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs 2 leg cit jedenfalls dann als gegeben anzunehmen ist, wenn der Betroffene glaubhaft macht, dass er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass im Sinn dieser Bestimmungen grundsätzlich ein jagdlicher Bedarf für einen anerkannten jagdlichen und regelmäßig tätigen Hundeführer im Rahmen der Nachsuche auf Wild zur Abgabe eines Fangschusses besteht (vgl , worauf gemäß § 43 Abs 2 und 9 VwGG verwiesen wird; vgl ferner ).

13 A.3. Die Ausstellung eines Waffenpasses und die Bestätigung und Beeidigung eines Jagdaufsehers fallen nicht nur in der Gesetzgebung, sondern auch in der Vollziehung in die Kompetenz verschiedener Gebietskörperschaften. Bei der Ausstellung eines Waffenpasses gemäß § 21 Abs 2 oder 3 WaffG wird die nach § 48 Abs 1 WaffG hierfür zuständige BH funktionell als Bundesbehörde tätig, weil der Kompetenztatbestand des Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesens sowie des Schießwesens nach Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG eine diesbezügliche Kompetenz des Bundes sowohl zur Gesetzgebung als auch zur Vollziehung begründet. Bei der Bestätigung und Beeidigung eines Jagdaufsehers nach § 66 Nö JagdG vollzieht die in § 131 Nö JagdG zur Durchführung dieses Gesetzes zuständige Bezirksverwaltungsbehörde hingegen Landesrecht, weil das hier maßgebliche Jagdrecht mangels ausdrücklicher Übertragung in die Gesetzgebungs- oder Vollziehungskompetenz des Bundes durch die Bundesverfassung nach Art 15 Abs 1 B-VG im selbständigen Wirkungsbereich der Länder verbleibt.

14 Die vom bundesstaatlichen Grundprinzip des B-VG gebotene Trennung der Gesetzgebung in eine solche des Bundes und eine der Länder verhält jeden zuständigen Gesetzgeber, bei seiner Regelung alle in Betracht kommenden Rechtsvorschriften der gegenbeteiligten Gebietskörperschaften zu berücksichtigen ( (VfSlg 3163/1957)). Der den Bundesstaat konstituierenden Bundesverfassung muss unterstellt werden, die Grundlage einer harmonisierten Rechtsordnung zu sein, in der allenfalls divergierende Interessen von Bund und Ländern, auch soweit diese in Akten der Gesetzgebung ihren Niederschlag finden, aufeinander abgestimmt sind. Der rechtspolitische Gestaltungsspielraum des Bundesgesetzgebers ist deshalb insoweit eingeschränkt, als es ihm verwehrt ist, Regelungen zu treffen, die sich als sachlich nicht gerechtfertigte Beeinträchtigung der Effektivität landesgesetzlicher Regelungen darstellen. Dasselbe gilt auch umgekehrt im Verhältnis des Landesgesetzgebers zum Bundesgesetzgeber. Diese der Bundesverfassung innewohnende Rücksichtnahmepflicht verbietet dem Gesetzgeber der einen Gebietskörperschaft, die vom Gesetzgeber der anderen Gebietskörperschaft wahrgenommenen Interessen zu negieren und dessen gesetzliche Regelung damit zu unterlaufen (vgl etwa , mwH). Diese Pflicht verhält ihn dazu, eine zu einem angemessenen Ausgleich führende Abwägung der eigenen Interessen mit jenen der anderen Gebietskörperschaft vorzunehmen und nur eine Regelung zu treffen, die zu einem solchen Interessenausgleich führt ( ua (VfSlg 10.292/1984)). Die Rücksichtnahmepflicht ist nicht nur von der Gesetzgebung, sondern auch von der Vollziehung zu beachten ().

15 B.1. Für den vorliegenden Fall hat dies zur Folge, dass die BH bei der Vollziehung des WaffG alle in Betracht kommenden Rechtsvorschriften der Länder zu berücksichtigen hat. Dazu zählt jedenfalls auch das Nö JagdG. Aus der Bundesverfassung ergibt sich im Hinblick auf ihre Funktion als Grundlage einer harmonisierten Rechtsordnung, dass allenfalls divergierende Interessen von Bund und Ländern auch dort, wo diese in Akten der Vollziehung ihren Niederschlag finden, aufeinander abgestimmt werden müssen. Dies gilt auch für die Anwendung der §§ 21 und 22 WaffG in Bezug auf die hier einschlägigen §§ 64 und 72 Nö JagdG. Die dem B-VG innewohnende Rücksichtnahmepflicht verbietet sohin der Waffenbehörde, das von den Ländern wahrgenommene Interesse an einer effektiven Ausübung des Jagdschutzes zu vernachlässigen und deren gesetzliche Regelung damit zu unterlaufen. Die Rücksichtnahmepflicht verlangt von der Waffenbehörde vielmehr, eine zu einem angemessenen Ausgleich führende Abwägung des Interesses des Bundes an der Beschränkung des Erwerbs, Besitzes und Führens von Schusswaffen der Kategorie B mit dem Interesse des betroffenen Landes an einer effektiven Ausübung des Jagdschutzes vorzunehmen und im Verfahren über die Ausstellung eines Waffenpasses eine Entscheidung zu treffen, die zu einem solchen Interessenausgleich führt.

16 B.2. Die in §§ 64 und 72 Nö JagdG (bzw in vergleichbaren landesgesetzlichen Regelungen anderer Länder) festgelegte Stellung samt Zuständigkeiten des Jagdaufsehers für die effektive Erfüllung der Aufgaben des Jagdschutzes (vgl dazu Punkt A.1), insbesondere die dort ausdrücklich verankerte Zuständigkeit zum Tragen (Führen) einer Faustfeuerwaffe und den Waffengebrauch begründen einen waffenrechtlichen Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B. Insoweit erweist sich die vorliegende Revision daher als berechtigt.

17 Mit seiner gegenläufigen bedarfsverneinenden Beurteilung hat das Verwaltungsgericht daher nicht der Rechtslage entsprochen. In der Folge hat das Verwaltungsgericht eine Beurteilung anderer einschlägiger waffenrechtlicher Fragen, insbesondere die waffenrechtliche Verlässlichkeit des Revisionswerbers (vgl § 8 WaffG), unterlassen. Die waffenrechtliche Verlässlichkeit des Revisionswerbers wird das Verwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren eigenständig aus dem Blickwinkel des WaffG zu prüfen haben. Aus der Rücksichtnahmepflicht ergibt sich nämlich keine waffenrechtliche Bindung an die jagdrechtliche Beurteilung der Jagdbehörde, dass eine als Jagdaufseher bestätigte und beeidigte Person iSd § 67 Abs 1 Z 5 Nö JagdG vertrauenswürdig ist (vgl ). Vielmehr kommt insoweit das verwaltungsrechtliche Kumulationsprinzip (vgl dazu etwa , mwH) zum Tragen.

IV. Ergebnis

A. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben. B. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war im Grunde des § 39 Abs 2 Z 4 VwGG entbehrlich (vgl dazu , Rz 137).

C. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am