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VwGH vom 06.03.2017, Ro 2017/02/0001

VwGH vom 06.03.2017, Ro 2017/02/0001

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Beschwerde des V P in L, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , Zl. VGW- 031/082/13351/2015-5, betreffend Übertretungen kraftfahrrechtlicher Bestimmungen (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Landespolizeidirektion Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber wurde mit Straferkenntnis der LPD Wien vom für schuldig erachtet, er habe am um 7:35 Uhr in W den mit einem analogen Kontrollgerät ausgestatteten Lastkraftwagen mit einem näher genannten Kennzeichen, bei dem sowohl die zulässige Höchstmasse als auch das Eigengewicht 3.500 kg überstiegen habe, im Rahmen einer Güterbeförderung gelenkt,

1. obwohl er die von ihm in den vorausgegangenen 28 Tagen verwendeten Schaublätter, falls der Revisionswerber in dieser Zeit ein Fahrzeug gelenkt habe, das mit einem analogen Kontrollgerät ausgestattet gewesen sei, nicht mitgeführt habe bzw. auf Verlangen dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht ausgehändigt habe, es fehlten die Schaublätter vom 1. bis zum ;

2. obwohl er die von ihm in den vorausgegangenen 28 Tagen entsprechenden Bestätigungen des Arbeitgebers über lenkfreie Tage, die der Mindestanforderungen des von der Kommission gemäß Art. 11 Abs. 3 der Richtlinie 2006/22/EG erstellten Formblattes entsprechen müsse, nicht mitgeführt habe bzw. auf Verlangen dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht ausgehändigt habe, es fehlten die Bestätigungen vom 1. bis zum .

2 Der Revisionswerber habe dadurch zu 1. Art. 15 Abs. 7 lit. a sublit i EG-VO Nr. 3821/85 iVm § 102 Abs. 1a KFG und zu 2. § 102 Abs. 1a KFG verletzt, weshalb über ihn Geldstrafen von EUR 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage 18 Stunden) und EUR 100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag und sechs Stunden) verhängt wurden.

3 Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Beschwerde hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass in beiden Spruchpunkten nach dem Komma hinter der Wortfolge "im Rahmen einer Güterbeförderung gelenkt" der Wortlaut jeweils bis zum Satzende im Spruchpunkt 1. durch den Text "ohne einem Kontrollbeamten auf Verlangen ein Schaublatt für jeden Tag auszuhändigen, an dem Sie ein mit einem analogen Kontrollgerät ausgestattetes Fahrzeug gelenkt haben, was im Zeitraum vom bis nicht ausschließlich, aber zumindest an einem Tag der Fall war" und im Spruchpunkt 2. durch den Text "ohne einem Kontrollbeamten auf Verlangen eine Bestätigung des Arbeitgebers über lenkfreie Tage für jeden lenkfreien Tag auszuhändigen, obwohl in den nicht nur aus lenkfreien Tagen bestehenden Zeitraum vom bis zumindest ein lenkfreier Tag fiel" ersetzt wurde. Hinsichtlich Spruchpunkt 1. habe in der Wiedergabe der übertretenen Rechtsvorschriften der Verweis auf § 102 Abs. 1a KFG zu entfallen.

4 Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig. In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht den Verfahrensgang dar und stellte die in den Spruchpunkten angelasteten Tathandlungen mit den vorgenommenen Abänderungen als Sachverhalt fest. In der Folge traf das Verwaltungsgericht Feststellungen zur Verfahrensdauer und begründete seine Beweiswürdigung.

5 Nach Wiedergabe der maßgebenden Rechtsnormen führte das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht aus, der Revisionswerber habe nicht bestritten, dass das von ihm im Tatzeitpunkt gelenkte Fahrzeug in den Anwendungsbereich der Straßenverkehr-Kontrollgerät-VO falle oder dass er im Zeitraum vom 1. September bis zum andere als in ihren Anwendungsbereich fallende Fahrzeuge gelenkt habe. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt sei das Tatbild der beiden ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen erfüllt. Der Revisionswerber habe die entsprechenden Nachweise bei einer Fahrzeugkontrolle einem Kontrollorgan nicht ausgehändigt, obwohl er dazu - zum Nachweis der Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten - verpflichtet gewesen wäre. Von dieser Verpflichtung, zumindest für einen (davorliegenden) Tag jeweils ein Schaublatt und eine Bestätigung des Arbeitgebers vorzulegen, sei der Beschwerdeführer nicht entbunden gewesen, weil er im Zeitraum vor seiner Anhaltung vom 1. bis zum nicht ausschließlich und nicht ohne zumindest einen lenkfreien Tag mit einem Fahrzeug mit digitalem Kontrollgerät gefahren sei. Der Revisionswerber sei bei der Fahrzeugkontrolle am zur Aushändigung zweier (mitzuführender) Nachweise verpflichtet gewesen, wofür zwei Strafen verhängt worden seien.

6 Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig, weil Rechtsprechung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu Lenkerpflichten nach der Straßenverkehr-Kontrollgerät-VO und § 102 Abs. 1a KFG, insbesondere der Tatbestände im Verhältnis zueinander, in einer Konstellation wie der vorliegenden fehle, in der ein Lenker ein Fahrzeug (im vorangegangenen Kontrollzeitraum) mit digitalem und (bei Tatanhaltung) mit analogem Kontrollgerät zu lenken behaupte.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

8 Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9 Der Revisionswerber erachtet die Revision als zulässig, weil nach den angewendeten Bestimmungen zum Nachweis der Lenk- und Ruhezeitbestimmungen zunächst die Schaublätter und Fahrerkarte mitzuführen und auf Verlangen auszuhändigen seien, und nur wenn dadurch für den Kontrolltag und die 28 vorausgegangenen Tage nicht alles nachgewiesen sei, sei eine Bestätigung des Arbeitgebers über lenkfreie Tage vorzulegen. Der Lenker eines Fahrzeuges mit analogem Kontrollgerät habe zuerst die Schaublätter, dann die Fahrerkarte und bei Aufzeichnungslücken handschriftliche Aufzeichnungen und Ausdrucke mitzuführen bzw. vorzulegen.

10 Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt. 11 Artikel 15 Abs. 7 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom über das Kontrollgerät im Straßenverkehr in der durch die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates geänderten Fassung lautet:

"(7) a) Lenkt der Fahrer ein Fahrzeug, das mit einem

Kontrollgerät gemäß Anhang I ausgerüstet ist, so muss er den

Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit Folgendes vorlegen können:

i) die Schaublätter für die laufende Woche und die vom

Fahrer in den vorausgehenden 15 Tagen verwendeten Schaublätter,

ii) die Fahrerkarte, falls er Inhaber einer solchen Karte

ist, und

iii) alle während der laufenden Woche und der

vorausgehenden 15 Tage erstellten handschriftlichen Aufzeichnungen und Ausdrucke, die gemäß der vorliegenden Verordnung und der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 vorgeschrieben sind.

Nach dem umfassen die in den Ziffern i und iii genannten Zeiträume jedoch den laufenden Tag und die vorausgehenden 28 Tage.

b) Lenkt der Fahrer ein Fahrzeug, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I B ausgerüstet ist, so muss er den Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit Folgendes vorlegen können:

i) Die Fahrerkarte, falls er Inhaber einer solchen Karte ist,

ii) alle während der laufenden Woche und der

vorausgehenden 15 Tage erstellten handschriftlichen Aufzeichnungen und Ausdrucke, die gemäß der vorliegenden Verordnung und der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 vorgeschrieben sind, und

die Schaublätter für den Zeitraum gemäß dem vorigen Unterabsatz, falls er in dieser Zeit ein Fahrzeug gelenkt hat, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I ausgerüstet ist.

Nach dem umfasst der in Ziffer ii genannte Zeitraum jedoch den laufenden Tag und die vorausgehenden 28 Tage.

c) Ein ermächtigter Kontrollbeamter kann die Einhaltung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 überprüfen, indem er die Schaublätter, die im Kontrollgerät oder auf der Fahrerkarte gespeicherten Daten (mittels Anzeige oder Ausdruck) oder anderenfalls jedes andere beweiskräftige Dokument, das die Nichteinhaltung einer Bestimmung wie etwa des Artikels 16 Absätze 2 und 3 belegt, analysiert."

12 § 102 Abs. 1a KFG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 43/2013 lautet:

"(1a) Lenker von Lastkraftwagen und Sattelzugfahrzeugen mit einem Eigengewicht von mehr als 3 500 kg oder von Omnibussen haben dafür zu sorgen, dass der Wegstreckenmesser und der Fahrtschreiber auf Fahrten in Betrieb sind und dass im Fahrtschreiber ein geeignetes, ordnungsgemäß ausgefülltes Schaublatt eingelegt ist. Es darf pro Person und pro Einsatzzeit im Sinne des § 16 Arbeitszeitgesetz, BGBl. Nr. 461/1969, nur ein Schaublatt im Fahrtschreiber eingelegt sein, in das der Name des Lenkers einzutragen ist. Die Schaublätter, handschriftlichen Aufzeichnungen und die in der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 vorgesehenen Ausdrucke aus einem digitalen Kontrollgerät des laufenden Tages und der vorausgehenden 28 Tage sowie die Fahrerkarte sind mitzuführen. Fehlen auf der Fahrerkarte einzelne Arbeitstage oder werden für einzelne Arbeitstage keine Schaublätter mitgeführt, so sind für diese Tage entsprechende Bestätigungen des Arbeitgebers, die den Mindestanforderungen des von der Kommission gemäß Artikel 11 Abs. 3 der Richtlinie 2006/22/EG erstellten Formblattes entsprechen müssen, mitzuführen. Die Lenker haben auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht diesen das Schaublatt des Fahrtschreibers oder des Kontrollgerätes gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 sowie die mitgeführten Schaublätter, handschriftlichen Aufzeichnungen, die in der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 vorgesehenen Ausdrucke aus dem digitalen Kontrollgerät für Zeiträume, in denen ein Fahrzeug mit digitalem Kontrollgerät gelenkt worden ist, und die Fahrerkarte sowie allfällige Bestätigungen über lenkfreie Tage auszuhändigen. Hierüber ist dem Lenker eine Bestätigung auszustellen. Ist das Fahrzeug mit einem digitalen Kontrollgerät ausgerüstet, so gelten die Bestimmungen des § 102a."

13 Gemäß § 134 Abs. 1 Satz 1 KFG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu EUR 5.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt.

14 Die Bestrafung gemäß Spruchpunkt 1. stützte das Verwaltungsgericht auf Artikel 15 Abs. 7 lit. a) sublit. i) der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85, wonach ein Lenker eines Fahrzeuges mit analogem Kontrollgerät die Schaublätter für den laufenden Tag und die vorausgehenden 28 Tage vorlegen können muss.

15 Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes hat der Revisionswerber ein Fahrzeug mit analogem Kontrollgerät gelenkt und trotz Aufforderung dem Kontrollbeamten weder die Schaublätter für die dem Anhaltetag vorausgehenden 28 Tage noch die Fahrerkarte oder sonstige Aufzeichnungen vorgelegt. Der Verantwortung des Revisionswerbers, er hätte in den vorausgehenden 28 Tagen kein Fahrzeug mit analogem Kontrollgerät gelenkt, schenkte das Verwaltungsgericht keinen Glauben.

16 Dadurch hat der Revisionswerber den Tatbestand von

Artikel 15 Abs. 7 lit. a) sublit. i) bis iii) der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 erfüllt. Dass ihm lediglich die Nichtvorlage der Schaublätter angelastet wurde, ändert an der Strafbarkeit des Verhaltens des Revisionswerbers nichts.

17 Die in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision zu den Daten auf der Fahrerkarte gehen insofern ins Leere, als die Fahrerkarte nach den oben wieder gegebenen Feststellungen vom Revisionswerber nicht vorgelegt worden ist.

18 Die Bestrafung gemäß Spruchpunkt 2. stützte das Verwaltungsgericht auf § 102 Abs. 1a KFG, wonach unter anderem dann, wenn für einzelne Arbeitstage keine Schaublätter mitgeführt werden, für diese Tage entsprechende Bestätigungen des Arbeitgebers, die den Mindestanforderungen des von der Kommission gemäß Artikel 11 Abs. 3 der Richtlinie 2006/22/EG erstellten Formblattes entsprechen müssen, mitzuführen sind.

19 Trotz des Fehlens der Schaublätter für die dem Anhaltetag vorausgehenden 28 Tage hat der Revisionswerber solche Bestätigungen über lenkfreie Tage (etwa wegen Urlaubs oder Krankheit) nicht vorgelegt, weshalb sich auch die Bestrafung in diesem Punkt als rechtmäßig erweist.

20 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

21 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014. Wien, am

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Schlagworte:
Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2

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