VwGH vom 24.10.2016, Ro 2016/17/0002

VwGH vom 24.10.2016, Ro 2016/17/0002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterinnen bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , LVwG-S-711/001-2014, betreffend Übertretung des GSpG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Gmünd; mitbeteiligte Partei: M A F in B, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top 11), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom legte die Bezirkshauptmannschaft Gmünd der mitbeteiligten Partei als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der C AG wegen der Veranstaltung von Ausspielungen vom 1. März bis in einem näher bezeichneten Lokal zwei Übertretungen des § 52 Abs 1 Z 1 iVm § 2 Abs 1, 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) zur Last. Sie verhängte über die mitbeteiligte Partei Geldstrafen von insgesamt EUR 4.000,- (sowie Ersatzfreiheitsstrafen) zuzüglich eines Kostenbeitrags.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der von der mitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerde statt, hob das angefochtene Straferkenntnis auf, stellte das Verwaltungsstrafverfahren ein und sprach aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei.

3 Begründend führte das Landesverwaltungsgericht zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus, dass in dem Lokal zwei Glücksspielgeräte betriebsbereit aufgestellt gewesen seien, für die weder eine Bewilligung noch eine Konzession nach dem GSpG vorgelegen sei. Es handle sich auch nicht um eine Landesausspielung gemäß § 5 GSpG. Die mitbeteiligte Partei sei zum Tatzeitpunkt das zur Vertretung nach außen befugte Organ der C AG gewesen, die mit dem Vorsatz, fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen zu erzielen, die gegenständlichen Ausspielungen veranstaltet habe. Die Geräteeigentümerin habe ihren Sitz in der Slowakei, sodass ein Unionsrechtsbezug gegeben sei.

4 Das Landesverwaltungsgericht habe im Zuge eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens zu prüfen, ob die Regelungen des GSpG hinsichtlich ihrer tatsächlichen Wirkung den unionsrechtlichen Vorgaben entsprächen. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen das GSpG erlassen worden sei und durchgeführt werde, seien auch Studien über Spielsucht, mit Glücksspiel verbundene Kriminalität, Geschäftspolitik und Werbemaßnahmen des Monopolinhabers und deren Auswirkungen einzuholen, wobei all diese Studien räumlich gesehen österreichweit und zeitlich gesehen für den entscheidungserheblichen Zeitraum zu erstellen wären. Der Verweis der Abgabenbehörde auf den "Glücksspiel-Bericht 2010 - 2013" sei angesichts des im gegenständlichen Fall zeitlich später liegenden relevanten Zeitraums nicht ausreichend; andere Beweismittel seien von keiner Partei angeboten worden. Wenn die Anwendung einzelner Normen des GSpG von deren tatsächlicher Wirkung abhänge, müsse es sich dabei um einen zeitlich dynamischen Prozess handeln. Wegen der Bezugnahme auf den präjudiziellen Zeitraum seien Studien für jeden Fall individuell zu erstellen. Für diese höchst umfangreichen Studien stünden dem Landesverwaltungsgericht tatsächlich keine Amtssachverständigen zur Verfügung, sodass sich neben der Frage, durch wen und wie diese Studien angesichts § 43 Abs 1 VwGVG in angemessener Zeit eingeholt werden sollten, auch die Frage ihrer Finanzierung stelle.

5 Es seien nicht nur Strafbehörden und Verwaltungsgerichte mit diesen Problemen konfrontiert, sondern im selben Maß die Normunterworfenen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei es im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip erforderlich, die Freiheit des Einzelnen von dem Gebiet des Unerlaubten durch eine deutliche Grenzziehung zu scheiden, indem der Gesetzgeber klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringe, wo er strafen wolle, und indem die Rechtsordnung dem Einzelnen die Möglichkeit geben müsse, sich dem Recht gemäß zu verhalten. Der Unrechtsgehalt eines Handelns oder Unterlassens müsse dem Einzelnen eindeutig vor Augen gestellt werden. Nur dann dürfe er wegen des Zuwiderhandelns bestraft werden. Auch Art 7 MRK schließe das Gebot ein, Strafvorschriften so klar zu gestalten, dass es dem Einzelnen möglich sei, sein Verhalten am Gesetz zu orientieren.

6 In seinem Erkenntnis vom , 2007/02/0273, habe der Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass "das Bestimmtheitsgebot des Art. 18 Abs. 1 B-VG für Strafbestimmungen - aus dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses - eine besonders genaue gesetzliche Determinierung des unter Strafe gestellten Verhaltens verlangt" und "ferner für Strafbestimmungen auf dem Boden des Art. 7 MRK im Zusammenhalt mit § 1 Abs. 1 VStG der Grundsatz zu beachten ist, dass eine Tat nur bestraft werden darf, wenn sie gesetzlich vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war, und strafgesetzliche Vorschriften das strafbare Verhalten unmissverständlich und klar erkennen lassen." Da die Umschreibung des gesollten Verhaltens der Notwendigkeit einer besonders genauen Determinierung unterliege und das Gesollte klar und unmissverständlich erkennbar sein müsse (Hinweise auf , und vom , 2011/05/0031), fehle es bereits an einem objektiven Tatbestand, wenn eine Norm aus welchen Gründen auch immer diesen Anforderungen nicht entspreche. Aufgrund von Art 18 Abs 1 B-VG und Art 7 MRK müsse dem Rechtsunterworfenen klar sein, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht sei. Der Betroffene müsse notfalls mithilfe der Auslegung durch die Rechtsprechung erkennen können, welche Handlungen und Unterlassungen ihn strafrechtlich verantwortlich machten. Dies gelte nicht nur für vom nationalen Gesetzgeber erlassene Normen, sondern für "die Rechtsordnung", also die durch das Unionsrecht bereinigte Rechtslage.

7 Nun sei für die Normunterworfenen - auch nach Heranziehung sämtlicher Interpretationsmethoden - nicht beurteilbar, was bei der Veranstaltung von Ausspielungen im Einzelfall rechtens sein solle. Die zitierte Rechtsprechung verlange nicht von ihnen, aus eigenem die oben angeführten umfangreichen Studien erstellen zu lassen, um für den Einzelfall herauszufinden, ob im präjudiziellen Zeitraum die Regelungen des GSpG hinsichtlich ihrer tatsächlichen Wirkungen den unionsrechtlichen Vorgaben entsprächen und im Besonderen die Sanktionsnormen des GSpG anzuwenden seien. Da gegenständlich schon für die mitbeteiligte Partei nicht klar und unmissverständlich erkennbar sei, ob die Veranstaltung der gegenständlichen Ausspielungen strafbar oder straffrei sei, mangle es "nicht bloß am subjektiven, sondern bereits am objektiven Tatbestand einer Verwaltungsübertretung" (Hinweis auf VwSlg 8.316 A/1972). Der objektive Tatbestand sei also nicht erfüllt und das zitierte Erkenntnis sehe auch den subjektiven Tatbestand als nicht erfüllt an. Diese Ansicht werde vom Landesverwaltungsgericht bezogen auf das gegenständliche Verfahren geteilt, zumal es der mitbeteiligten Partei nicht zumutbar sei, die beschriebenen Studien jeweils aktuell anzustellen, um herauszufinden, ob und welche Normen des GSpG gerade anwendbar seien und welche nicht.

8 Aus diesen Gründen sei der Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht erfüllt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

9 Die ordentliche Revision sei zulässig, da sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme. Soweit überschaubar, habe sich das Höchstgericht mit der Frage, ob die durch das Unionsrecht bereinigte Rechtslage im Bereich des Glücksspielverwaltungsstrafrechts ausreichend determiniert sei bzw ob der objektive Tatbestand des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG angesichts dessen, dass die Anwendung dieser Norm von ihrer jeweiligen tatsächlichen Wirkung abhänge, überhaupt erfüllt sein könne, noch nicht befasst.

10 Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Amtsrevision.

Die mitbeteiligte Partei und die vor dem Landesverwaltungsgericht belangte Behörde erstatteten Revisionsbeantwortungen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

11 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

Die Revision erweist sich als zulässig und auch als berechtigt:

13 § 52 Abs 1 und 2 GSpG, BGBl Nr 620/1989

idF BGBl I Nr 13/2014, lauten samt Überschrift:

"Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen

im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;

...

(2) Bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei

Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden

Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6 000 Euro bis zu 60 000 Euro zu verhängen."

14 Nach dem vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich festgestellten Sachverhalt liegt eine von der C GmbH im Inland veranstaltete Ausspielung iSd § 2 Abs 1 GSpG vor, für die keine Bewilligung oder Konzession erteilt wurde und die auch nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen ist. Damit wird aber das in § 52 Abs 1 Z 1 GSpG umschriebene Tatbild erfüllt.

15 Das Landesverwaltungsgericht hegt keine Zweifel an der gehörigen Kundmachung des GSpG in der im Revisionsfall anzuwendenden Fassung. Es vertritt auch nicht die Auffassung, § 52 Abs 1 Z 1 GSpG sei eine unvollständige oder seinem Wortlaut nach nicht eindeutige Strafnorm. Auch beim Verwaltungsgerichtshof bestehen keine derartigen Bedenken.

16 Zu den vom Landesverwaltungsgericht dennoch angesprochenen Bestimmungen des Art 18 Abs 1 B-VG und Art 7 MRK ist darauf hinzuweisen, dass das Landesverwaltungsgericht bei tatsächlichem Vorliegen verfassungsrechtlicher Bedenken gemäß Art 135 Abs 4 iVm Art 89 Abs 2 B-VG zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofes verpflichtet gewesen wäre (vgl ). Keinesfalls war das Landesverwaltungsgericht berechtigt, bei Annahme eines Verstoßes gesetzlicher Bestimmungen gegen Art 18 B-VG und/oder Art 7 EMRK diese gesetzlichen Bestimmungen unangewendet zu lassen.

17 Das Landesverwaltungsgericht vertritt zusammengefasst die Auffassung, dass das bloße Vorliegen unionsrechtlicher Bedenken betreffend die Anwendbarkeit von Bestimmungen des nationalen Rechts bereits ausreichen würde, von einer Bestrafung nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG abzusehen; das (verwaltungs)strafrechtliche Bestimmtheitsgebot sei (nicht mehr) erfüllt.

18 Aus der Pflicht der Mitgliedstaaten, alle geeigneten Maßnahmen zur Erfüllung ihrer unionsrechtlichen Verpflichtungen zu treffen, leitet der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Verpflichtung der mitgliedstaatlichen Gerichte ab, das nationale Recht unionsrechtskonform auszulegen und im Sinne des Unionsrechts fortzubilden. Verstößt eine österreichische Strafnorm gegen unmittelbar anzuwendendes Unionsrecht, zu dem auch die unionsrechtlich garantierten Grundfreiheiten gehören, so hat das Gericht die österreichische Strafnorm nicht anzuwenden. Eine formelle Beseitigung durch ein Gericht oder durch den Gesetzgeber bedarf es nicht (vgl Höpfel in Höpfel/Ratz , Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch2, Rz 29f zu § 1 StGB).

19 Diesem Grundsatz trägt auch die hg Rechtsprechung zur Strafbarkeit nach § 52 Abs 1 GSpG Rechnung, wenn den Verwaltungsgerichten unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH zum Glücksspielrecht aufgetragen wird, vor Anwendung einer Strafnorm des § 52 Abs 1 GSpG zu prüfen, ob durch Bestimmungen des GSpG eine unzulässige Beschränkung der unionsrechtlich garantierten Freiheiten, insbesondere der Dienstleistungsfreiheit nach Art 56 AEUV, vorliegt und dabei eine Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und unter denen sie durchgeführt werden, vorzunehmen (vgl zB , und vom , Ra 2016/17/0066).

20 Eine solche Prüfung hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich im angefochtenen Erkenntnis nicht durchgeführt. Es hat vielmehr bereits aus dem bloßen Umstand, dass eine Unionsrechtswidrigkeit der gegenständlichen Strafbestimmung vorliegen könnte, geschlossen, dass diese Strafbestimmung im Ergebnis als solche nicht anzuwenden sei, weil für den Normadressaten nicht ersichtlich wäre, was bei der Veranstaltung von Ausspielungen "im Einzelfall rechtens sein soll", sei es dem Normadressaten doch nicht zumutbar, eine solche Gesamtwürdigung durchzuführen.

21 Damit übersieht das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, dass es nach der Rechtsprechung des EuGH und nach jener des Verwaltungsgerichtshofes Aufgabe der nationalen Gerichte ist, eine Gesamtwürdigung im obigen Sinne durchzuführen. Ergäbe eine solche Gesamtwürdigung, dass die Strafnorm dem Unionsrecht widerspricht, so würde dies nicht die generelle Strafnorm beseitigen, sondern nur dazu führen, dass im Einzelfall eine Bestrafung aufgrund dieser Strafnorm (im Revisionsfall § 52 Abs 1 Z 1 erster Tatbestand GSpG) nicht zulässig wäre.

22 Wenn hingegen der Normadressat unionsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung einer nationalen Strafnorm hat und (allenfalls nach Durchführung einer Gesamtwürdigung im obigen Sinne) gegen diese (bestehende) Strafnorm verstößt, so kann dies - so sich seine Auffassung über die Unionsrechtswidrigkeit dieser Strafnorm als unrichtig erweist - allenfalls bei der Beurteilung seines Verschuldens von Bedeutung sein. Er trägt jedenfalls das Risiko des Rechtsirrtums, wenn er es unterlässt, an geeigneter Stelle Erkundigungen über die Plausibilität seiner Rechtsauffassung einzuholen (vgl , mwN).

23 Das Landesverwaltungsgericht vermag für seine Rechtsansicht auch nicht den etwa in § 1 Abs 1 VStG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken ins Treffen zu führen. Nach dieser Bestimmung kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur dann als Verwaltungsübertretung bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Aus dem Wortlaut des § 52 Abs 1 Z 1 erster Tatbestand GSpG ergibt sich im Revisionsfall bereits eine eindeutige Strafdrohung für den Fall des Veranstaltens von verbotenen Ausspielungen vor und während des revisionsgegenständlichen Tatzeitraums. Allein der Umstand, dass gegen eine verwaltungsstrafrechtliche Norm unionsrechtliche Bedenken vorgebracht werden, die (bei deren Zutreffen) dazu führen würden, dass der Normadressat nicht wegen eines Verstoßes gegen diese Verwaltungsstrafnorm bestraft werden könnte, hat noch nicht zur Folge, dass dieser Strafnorm entgegen ihres eindeutigen Wortlauts die Strafdrohung "abhanden käme". Vielmehr bewirkt das Vorbringen unionsrechtlicher Bedenken, dass sich das Gericht in seiner Entscheidung über die Strafe auch mit diesen Bedenken auseinander setzen und eine Gesamtwürdigung im obigen Sinne durchführen muss.

24 Die vom Landesverwaltungsgericht zur Untermauerung seines Standpunktes angeführte höchstgerichtliche Rechtsprechung enthält auch nicht die ihr vom Landesverwaltungsgericht beigemessenen Aussagen. Sie betrifft nämlich Fälle, bei denen die Strafbarkeit deswegen verneint wurde, weil die vorgeworfene Tathandlung vom Wortlaut der generellen Strafnorm nicht abgedeckt war (vgl , und vom , 2007/02/0273) oder eine individuelle Strafnorm keinen eindeutigen Inhalt aufwies (vgl , VwSlg 8316/A, und vom , 2011/05/0031, jeweils iZm behördlichen Bauaufträgen). Dass die im Revisionsfall vorgeworfene Tat in der von der belangten Behörde angewendeten generellen Strafnorm keine Deckung gefunden hätte, wird aber von Landesverwaltungsgericht nicht aufgezeigt und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Daraus ergibt sich aber für den Revisionsfall, dass das Landesverwaltungsgericht zu Unrecht davon ausging, dass bereits das Vorliegen von Bedenken dahingehend, dass Bestimmungen des GSpG gegen die unionsrechtlich garantierte Dienstleistungsfreiheit verstoßen könnten, zum Wegfall des objektiven Tatbestandes des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG führen würde, sodass sich aus diesem Grunde die ansonsten geforderte Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die Dienstleistungsfreiheit beschränkenden Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und unter denen sie durchgeführt werden, erübrigen würde.

25 Indem das Landesverwaltungsgericht aufgrund von bloßen Bedenken betreffend die Anwendbarkeit des Gesetzes aus unionsrechtlichen Erwägungen vom Wegfall des objektiven Tatbestands des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG ausging, verkannte es die Rechtslage. Es belastete daher das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

26 Im fortzusetzenden Verfahren wird das Landesverwaltungsgericht daher die Gesamtwürdigung im obigen Sinne vorzunehmen haben. Da sich die mitbeteiligte Partei in ihrer Beschwerde gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft auf Rechtsunkenntnis und Rechtsirrtum berufen hat, wird sich das Landesverwaltungsgericht - im Falle der Bejahung der Unionsrechtskonformität der relevanten Bestimmungen des GSpG - auch mit der Frage der subjektiven Vorwerfbarkeit der objektiven Tatbestandserfüllung befassen müssen.

27 Das angefochtene Erkenntnis war aus den dargelegten Gründen aufgrund der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am