VwGH vom 19.10.2017, Ro 2016/16/0019

VwGH vom 19.10.2017, Ro 2016/16/0019

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision der B Privatstiftung in S, vertreten durch die Rechtsanwälte Waldbauer Paumgarten Naschberger Partnerschaft in 6332 Kufstein, Josef Egger Straße 3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W208 2125770- 1/2E, betreffend Gerichtsgebühren, (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident des Landesgerichtes Innsbruck), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von 553,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Innsbruck vom , womit dieser der revisionswerbenden Partei Eintragungsgebühren nach TP 9 lit. b Z 1 GGG samt Einhebungsgebühr nach § 6a GEG in näher angeführter Höhe vorgeschrieben hatte.

2 Das Bundesverwaltungsgericht sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

3 Die revisionswerbende Partei (die B. Privatstiftung) habe beim Bezirksgericht R die Einverleibung des Eigentums an einem näher bezeichneten, damals im Eigentum der L. Privatstiftung stehenden Grundstück beantragt und dazu die Begünstigung nach § 26a GGG in Anspruch genommen.

4 Mit Beschluss vom sei dieser Antrag vom Bezirksgericht bewilligt worden; die Eintragungsgebühr sei auf Grundlage des dreifachen Einheitswertes entrichtet worden.

5 Nach Beanstandung durch den Revisor, dass die Voraussetzungen für eine Begünstigung nach § 26a GGG nicht vorlägen, Erhebung des Verkehrswertes der Liegenschaft, Vorschreibung der auf Grundlage des Verkehrswertes berechneten Eintragungsgebühr im noch nicht entrichteten Umfang durch Zahlungsauftrag der Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes und Erhebung einer Vorstellung dagegen durch die revisionswerbende Partei sowie Erlassung eines Bescheides des Präsidenten des Landesgerichtes Innsbruck über die Vorschreibung dieser Eintragungsgebühr abzüglich der bereits bezahlten Gebühr und der Einhebungsgebühr sei dagegen Beschwerde erhoben worden. Die Beschwerde stütze sich im Wesentlichen darauf, dass ein Erwerbsvorgang zwischen der Gesellschaft und deren Gesellschaftern zugrunde liege, weil auch der Erwerbsvorgang zwischen Privatstiftung und Stifter vom Gesetz begünstigt sei.

6 Die von der revisionswerbenden Partei in Anspruch genommene Begünstigung nach § 26a Abs. 1 Z 2 GGG stehe nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht zu, denn mit den dort verwendeten Begriffen "Gesellschaft" und "Gesellschafter" seien nicht Stiftungen und Stiftungsbegünstigte gemeint, sondern Übertragungen innerhalb "bestimmter gesellschaftsrechtlicher Konstellationen". Eine Stiftung sei keine vom Gesetz abschließend geregelte Gesellschaftsform, sondern eine Vermögensmasse, was unmissverständlich auch aus § 1 des Privatstiftungsgesetzes hervorgehe.

7 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Bundesverwaltungsgericht damit, dass eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Auslegung der Begriffe "Gesellschaft" und "Gesellschafter" in § 26a Abs. 1 Z 2 GGG fehle.

8 Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der vor ihm gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , E 2267/2016-5, abgelehnt und in der Begründung u. a. ausgeführt:

"Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob § 26a Abs. 1 Z 2 GGG bei einer Grundstückstransaktion zwischen zwei Privatstiftungen zu Recht nicht angewendet wurde, insoweit nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Gleichheitswidrigkeit des § 26a Abs. 1 Z 2 GGG behauptet wird, lässt ihr Vorbringen die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Es besteht in Bezug auf Rechtsgeschäfte ein Unterschied im Tatsächlichen zwischen dem Verhältnis eines Gesellschafters zu einer Gesellschaft und dem Verhältnis eines Stifters zur Privatstiftung. Es ist sohin nicht gleichheitswidrig, wenn der Gesetzgeber in § 26a Abs. 1 Z 2 GGG eine begünstigende gebührenrechtliche Behandlung nur im Verhältnis zwischen Gesellschaftern und im Verhältnis zwischen Gesellschaften und einem Gesellschafter (und nicht auch für Stifter und Privatstiftungen) vorsieht."

9 In der neben der Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof auch erhobenen Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die revisionswerbende Partei im Recht auf Berechnung der Eintragungsgebühr nach § 26a Abs. 1 Z 2 GGG auf Grundlage des dreifachen Einheitswertes verletzt.

10 Der Präsident des Landesgerichtes Innsbruck brachte eine Revisionsbeantwortung ein und begehrt die kostenpflichtige Abweisung der Revision.

11 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

12 Gemäß Tarifpost 9 lit. b Z 1 des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) unterliegen Eintragungen (Einverleibungen) zum Erwerb des Eigentums einer Gebühr in Höhe von 1,1 vH vom Wert des Rechtes.

13 Gemäß § 26 Abs. 1 GGG ist die Eintragungsgebühr vom Wert des jeweils einzutragenden Rechtes zu berechnen; der Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre. In bestimmten Fällen ist nach § 26 Abs. 3 GGG der Wert der Gegenleistung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen.

14 § 26a Abs. 1 GGG in der im Revisionsfall noch maßgebenden Fassung der Grundbuchsgebührennovelle (GGN), BGBl. I Nr. 1/2013, lautet samt Überschrift:

"Begünstigte Erwerbsvorgänge

§ 26a. (1) Abweichend von § 26 ist für die Bemessung der Eintragungsgebühr bei den nachstehend angeführten begünstigten Erwerbsvorgängen der dreifache Einheitswert, maximal jedoch 30% des Werts des einzutragenden Rechts (§ 26 Abs. 1), heranzuziehen:

1. bei Übertragung einer Liegenschaft an den Ehegatten oder

eingetragenen Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe (Partnerschaft), an den Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, an einen Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie, an ein Stief-, Wahl- oder Pflegekind oder deren Kinder, Ehegatten oder eingetragenen Partner, oder an Geschwister, Nichten oder Neffen des Überträgers;

2. bei Übertragung einer Liegenschaft aufgrund einer

Verschmelzung, Umwandlung, Einbringung, Realteilung, Spaltung oder eines Zusammenschlusses von Gesellschaften, aufgrund eines Erwerbsvorgangs zwischen einer Gesellschaft und ihrem Gesellschafter oder aufgrund der Vereinigung aller Anteile einer Personengesellschaft;

dies gilt jeweils auch für die Übertragung ideeller Anteile an diesen Grundstücken beziehungsweise Liegenschaften."

15 Die Materialien zur GGN (ErlRV 1984 BlgNR 24. GP, 7f) führen dazu auszugsweise an:

"§ 26a regelt begünstigte Erwerbsvorgänge, bei denen eine von

§ 26 abweichende Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist. ...

§ 26a findet unabhängig von der Art der Übertragung

Anwendung, das heißt sowohl bei unentgeltlichen wie auch bei entgeltlichen Liegenschaftsübertragungen. Eine Ungleichbehandlung der unterschiedlichen Erwerbsarten ist nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, G 34, 35/2011, nicht zulässig. Sehr wohl zulässig ist es jedoch, einzelne Transaktionen zu begünstigen, sofern dafür eine sachliche Rechtfertigung besteht. Mit den vorgeschlagenen Regelungen soll eine verfassungsrechtlich zulässige Begünstigung einzelner Liegenschaftstransaktionen (engerer Familienkreis sowie Strukturänderungen bei Gesellschaften) erzielt werden. ...

Z 2 erfasst die Übertragung von Liegenschaften in gesellschaftsrechtlichen Konstellationen. Von der Bestimmung erfasst sind zunächst im Wesentlichen die Tatbestände des UmgrStG sowie generell Übertragungen zwischen der Gesellschaft und ihrem Gesellschafter. Schließlich sind noch Übertragungen erfasst, die auf Grund der Vereinigung aller Anteile einer Personengesellschaft erfolgen. Die vorgesehenen Begünstigungen, sollen - ähnlich der Gebührenbefreiungen des NeuFöG, das der Förderung der Neugründung von Betrieben bzw. deren Übernahme durch Neuunternehmer und somit der Förderung des Wirtschaftswachstums dient - Eintragungen, die auf Grund gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungsmaßnahmen erforderlich werden, gebührenrechtlich begünstigen, um so Wachstumsanreize zu schaffen und die Betriebsfortführung zu erleichtern. Gleichzeitig soll die Bestimmung auch die Mittelzuführung an die Gesellschaft und Mittelrückführung an den Gesellschafter fördern. Auch hier wird dem Naheverhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft so wie im Bereich der natürlichen Personen Rechnung getragen."

16 Das Bundesverwaltungsgericht hat sich zutreffend auf die gesellschaftsrechtliche Bedeutung der Begriffe "Gesellschaft" und "Gesellschafter" in § 26a Abs. 1 Z 2 GGG gestützt, wie es aus den vom Bundesverwaltungsgericht zitierten Materialien hervorgeht, welche ausdrücklich die Übertragung von Liegenschaften in gesellschaftsrechtlichen Konstellationen und von gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungsmaßnahmen sprechen.

17 Die revisionswerbende Partei wirft dem Bundesverwaltungsgericht vor, dessen restriktive - am Wortlaut klebende - Interpretation lasse eine autonome, vom allgemeinen Zivilrecht losgelöste und verfassungskonforme Auslegung der gebührenrechtlichen Bestimmung vermissen. Die nach den Materialien zu begünstigende Zuführung als Ausstattung der Gesellschaft mit weiterem Vermögen in Form einer Erhöhung des Kapitals und die Rückführung durch Verminderung des Kapitals bis hin zur Liquidation der Gesellschaft fände sich genauso bei der Privatstiftung in Form der Errichtung einer Stiftungserklärung und Widmung des Vermögens oder Änderung der Stiftungserklärung zwecks Auskehr einzelner Vermögenswerte bis hin zum Widerruf der Privatstiftung. Während die Gesellschafter der Gesellschaft Mittel zuführen, um den definierten Gesellschaftszweck bestmöglich umsetzen zu können, statte der Stifter die Privatstiftung mit Vermögenswerten aus, um durch deren Nutzung Verwaltung und Verwertung der Erfüllung des Stiftungszwecks zu dienen. Zwischen Stifter und Privatstiftung müsse daher mit derselben Maßgabe ein Naheverhältnis wie zwischen Gesellschaft und Gesellschafter angenommen werden.

18 Die revisionswerbende Partei vernachlässigt dabei, dass eine Gesellschaft nach dem Gesellschaftsrecht und eine Stiftung nach dem Privatstiftungsgesetz unterschiedliche Zwecke verfolgen und zwischen dem Verhältnis eines Gesellschafters zu einer Gesellschaft und dem Verhältnis eines Stifters zur Privatstiftung Unterschiede bestehen. Der vom Verfassungsgerichtshof erwähnte Unterschied im Tatsächlichen erlaubt auch eine unterschiedliche gebührenrechtliche Behandlung. Verfassungsrechtliche Bedenken der revisionswerbenden Partei hat der Verfassungsgerichtshof im erwähnten Beschluss vom nicht geteilt. Die von der der revisionswerbenden Partei vertretene Auslegung ist daher auch nicht aus Gründen der Verfassungskonformität geboten.

19 Die teleologische Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht, welches sich auch auf die Materialien der GGN stützt und sich am Gesellschaftsrecht orientiert, wonach Privatstiftungen vom Begriff "Gesellschaft" nicht umfasst sind, sieht auch der Verwaltungsgerichtshof für rechtens an.

20 Eine planwidrige Lücke, welche durch Analogie zu schließen wäre, zeigt die revisionswerbende Partei mit ihrem Hinweis auf "das Gesetz (gemessen an der mit der seiner Erlassung verfolgten Absicht und seiner immanenten Teleologie)", welches "unvollständig, also ergänzungsbedürftig" sei, nicht auf. Die ausdrücklich gesellschaftsrechtliche Konstellationen und gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungsmaßnahmen anführenden Materialien der GGN lassen die auf Begriffe des Gesellschaftsrechts abzielende Absicht des Gesetzgebers erkennen und bieten keinen Hinweis darauf, der Gesetzgeber hätte mit der Regelung des § 26a Abs. 1 Z 2 GGG auch Privatstiftungen erfassen wollen.

21 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

22 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.

Wien, am